Bougainville die Erste.
Inspiriert durch die Erzählungen eines Urlaubsbekannten, er lag über 10 Monate im Wachkoma, schrieb ich diese Geschichte. Die Geschichte ist frei erfunden und Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Wehrlos ausgeliefert.
Betrogen und geschändet im Wachkoma.
Ein Zeitungsartikel der Morgen Post vom Mittwoch den 14. April 2010
Tragischer Unfall
Am Montag dem 12. 04. 2010 fanden Passanten gegen 11 Uhr im Vorgarten des Hauses Schillerstraße 46 eine bewusstlose Frau. Die Frau wurde von dem herbeigerufenen Notarzt versorgt und mit dem Verdacht eines Schädelhirntraumas in das Bürger Hospital eingeliefert. In der Pressemitteilung am folgenden Tag wurden, nach Auskunft der Ärzte, die Kopfverletzungen der Frau als so schwerwiegend eingestuft, dass sie vorsorglich in ein künstliches Koma gelegt wurde. Die Polizei geht davon aus, dass die Frau kurz vor 11 Uhr aus einem Fenster ihrer im ersten Stock liegenden Wohnung stürzte. Um den Unfallhergang vollständig klären zu können, sucht die Polizei in diesem Zusammenhang noch Zeugen. Wenn sie etwas gesehen haben oder sonst zur Klärung des Unfallherganges beitragen können, wenden sie sich bitte an die ermittelnde Polizeidienststelle in der Jahnstraße 12 oder an eine andere Polizeidienststelle.
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Das Erwachen.
Inmitten der Dunkelheit kumuliert sich aus dem Nichts ein Gefühl, ein Gedanke. Er schwebt, gleich einer Sprechblase in einem leeren Komikheft, frei im Raum. Ohne Worte, ohne Bilder, bis ihr es bewusst wird, dass sie es ist.
„Ich…..?
Ja ich! … Ich lebe!
Doch warum fühle ich nichts?
Bin ich in einem Traum? „
Sie versuchte einen Bezugspunkt in der sie umgebenden Schwärze zu finden, versuchte in sich hinein zu hören. Doch da war nichts. Rein gar nichts. Sie war sich vollkommen unsicher, ob das, was sie fühlte, überhaupt Leben ist. Oder ob ihr ganzes, eben entdecktes Bewusstsein, nichts weiter war, als eine nicht vorgesehene Fehlschaltung eines elektronischen Schaltkreises. Ein elektronischer Ionen Klumpen, der mit dem Abschalten des Gerätes sich in Nichts auflöst.
„So ein Quatsch, natürlich bin ich es…….. Ich lebe!“
Doch im selben Moment war sie sich wieder unsicher, „aber warum fühlt sich dann alles so kraftlos an, so wage, so ohne Anfang und Ende? Ist das doch alles nur ein Traum? „
Sie spürte, dass allein schon das Denken ihre letzten Kraftreserven verzehrte. Doch im Dahinschwinden ihrer Sinne hörte sie eine Stimme, hörte sie Worte, deren Bedeutung sie aber nicht festhalten konnte. Überglücklich dachte sie nur, „wunderbar, eine Stimme, eine weibliche Stimme. Sie war nicht allein. Doch wer war das………..?“
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Ein erstes Hören.
Ein helles freundliches Lachen weckte sie. Sie hörte Stimmen, weibliche Stimmen. „Wer ist das? Was haben die in meiner Wohnung zu tun. Wo bin ich überhaupt?“ fragte sie sich. Doch bei all ihren Gedanken spürte sie weder ihren Körper, noch konnte sie etwas sehen. Sie rief, „Hallo! Hallo hören sie mich?“ Keine Antwort. Die Stimmen plapperten einfach weiter. Langsam wurden aus dem Plappern einzelne Worte, deren Bedeutung sie so nach und nach registrieren konnte.
„Oh schau unsere Schöne. Ist sie heute nicht wieder hinreisend hübsch. Ein Jammer, so ein toller Körper und total leer im Kopf!“
„Das ist doch jetzt schon über 10 Wochen her, dass die Ärzte sie aus dem künstlichen Koma geholt haben?“
„Ja, und nichts ist passiert. Kein Mucks hat sie von sich gegeben. Dr. Wegner sagte, sie hat auf unbestimmte Zeit ihr Bewusstsein verloren. Aber es könnte auch sein, dass sie in einer Art Wachkoma liegt!“
„Die Arme. Wenn sie uns doch nur hören könnte, um sich dann irgendwie bemerkbar zu machen. Aber nichts, rein gar nichts ist da. Was für ein Jammer.“
„Dr. Wegner sagte, dieser Zustand kann noch Monate so bleiben, bis sie wieder zu sich kommt!“
„Oder überhaupt nicht!“
„Was ein Glück, das sie weiteratmete, als man das Gerät für die künstliche Beatmung abgeschaltet hatte!“
„Ja, Glück für sie, Pech für die Empfänger!“
„Die Empfänger?“
„Klar doch, sie hat doch ein Organspender Pass, da waren schon einige, die nur noch auf ihren Tod warteten.“
Monika erschauderte, „die Ärmste!“ Sie war also hier in diesem Raum nicht allein. Sie wusste wohl nicht, was passiert war, aber eines war ihr jetzt klar, sie musste in einem Krankenhaus sein. Und nach allem Anschein in einem Zweibettzimmer. Sie, zusammen mit der armen Person, die jetzt schon über 10 Wochen im Koma lag.“
Sie konzentrierte sich wieder auf die Stimmen.
„Sie sieht so gesund aus! Vielleicht etwas mager, aber ansonsten ist alles dran.“
„Ja, sie hatte sich bei dem Sturz kaum verletzt. Ein paar Anschürfungen und jede Menge blaue Flecken. Sie hätte wirklich Glück gehabt, wenn das mit dem Kopf nicht gewesen wäre. Volle Kanne drauf. Dass da das Hirn was abbekommen hat, ist doch klar! Aber ob und wie schlimm, wird sich erst rausstellen, wenn sie aufwacht!“
Monika war traurig und hatte Mitleid mit ihrer Zimmergenossin. Gott sei Dank konnte sie Denken und Hören. Sie war wesentlich besser dran als sie, ganz bestimmt. Sie spürte wohl sonst nichts, noch nicht, aber sie konnte Hören und Denken. Daran klammerte sie sich als Zeichen ihrer langsamen Genesung. Sie hatte wohl lange geschlafen. Doch jetzt war sie auf dem Wege der Besserung. So viel Glück hatte die andere wohl nicht. Dachte sie so für sich.
Schubladen wurden geschoben, Rollen quietschten, eine Schranktür klapperte, etwas schlug gegen ein Glas. Eine der Frauen summte ein Lied. Dann hörte sie Schritte und die Tür fiel ins Schloss.
„Und ich! Wann komm ich dran?“ dachte sie noch, doch dann überführte ein warmes träges Gefühl sie in den Schlaf.
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Mitleid mit der Zimmergenossin.
Geräusche, eine Stimme weckten sie wieder. Es war eine männliche Stimme. Doch das war auch schon alles. Sie fühlte immer noch nichts, weder ihren Körper, noch konnte sie sehen, oder Riechen. Sie hörte die Worte jetzt sehr viel deutlicher, doch musste sie sich immer noch anstrengen, deren Bedeutung zu erfassen.
„Schau sie an die Schöne! Da liegt sie jetzt und hat nichts mehr von ihrem tollen Leben. Gepampert und vor sich hin vegetierend. Ohne Bewusstsein und ohne jegliches Gefühl. Woche für Woche ohne ein Lebenszeichen. Alles funktioniert wieder, doch ihr Gehirn ist auf Pause.“
„Komm hör auf mit deinem tiefsinnigem Geschwafel, wir müssen sie jetzt waschen und zurechtmachen, in einer halben Stunde ist Besuchszeit,“ und begleitet von einem höhnischen Lachen hörte sie noch, „und da muss sie doch aussehen, wie das blühende Leben!“
Sie kannte weder die Stimmen noch die Person, über die sie sprachen. Doch sie war glücklich hier nicht allein in …………. „Wo war sie überhaupt? Ach ja, das Krankenzimmer.“
Ihr leerer Kopf füllte sich langsam wieder mit Erinnerungen. Ja sicher, da war ihre Zimmernachbarin, die arme lag im Koma. Doch warum war ich hier. Habe ich auch eine ähnliche Verletzung, bin ich auch so schlimm dran, oder?
Auf einmal rauschte ein Glücksfunken durch ihren Geist.
„Ich weiß wohl nicht genau, wo ich bin, aber ich weiß, wer ich bin!“
Sie hatte einen Namen, Monika, Monika Schwarz, geboren am 17. Mai 1976, verheiratet, 18 Jahre verheiratet mit Oliver Schwarz.
Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Sie hatte ihr Gedächtnis oder wenigstens Teile davon wieder. Sie hatte ihren Körper wieder. Sie spürte ihn wohl nicht, aber auf jeden Fall wusste sie jetzt wieder wie er, wie sie aussah. Schlank, ovales Gesicht, 167 groß, brünette schulterlange Haare, stups Nase, einen sinnlich geschwungenen Mund, grüne Augen.
„Doch warum kann ich nichts sehen? Ich spüre nicht mal meine Hände, meine Füße, nicht meinen Körper. Ist es hier kalt oder warm. Schwitze oder friere ich. Liege ich oder……. oder was?“ fragte sie sich.
Nur hören konnte sie. Hören und Denken. Doch da schlug ihr grenzenloser Optimismus wieder durch, „Hören und Denken, immerhin schon mal eine Sache mehr. Das erste Mal als ich aufwachte konnte ich nur denken!“
„Hast du nicht auch das Gefühl, dass sie sich heute anders anfühlt?“ sprach die tiefere Männerstimme.
„Wie anders?“ fragte die jüngere hellere, fast piepsieche Stimme.
„Ja, anders. Lebendiger. Ich habe das Gefühl ihr Körper reagiert auf unsere Berührungen!“
„Meinst du wirklich? Wir waschen sie jetzt schon genau zwölf Wochen, jeden Tag und jetzt meinst du auf ein Mal, sie fühlt sich anders an!“
„Sie doch. Die Haut. Wenn ich hier entlang streife, stellen sich die Härchen!“
„Ob das überall so ist?“ Piepste es lüstern.
„Probier es doch einfach mal aus. Da nimm ihre Brustwarze. Da kann man es am besten sehen.“ Kurze Pause. „Keine Angst!“ fuhr die tiefe Stimme fort, „merken tut sie ja doch nichts und wenn, kann sie ja nicht petzen!“
„Ich weiß nicht. Die klotzt mit ihren offenen Augen so blöd. Auf einmal wacht sie noch auf.“
„Du Angsthase!“, man hörte ein Fingerschnippen, „schau, gar nichts passiert, die ist blind!“
„Geil sieht sie ja aus, mit ihren straffen Titten.“ Piepste es wieder.
Es klatschte Haut auf Haut. „Da man sieht die vier Finger auf der Titte und keine Reaktion, nichts, kein Lebenszeichen!“
„Eine gute Handvoll.“ Eine kurze Pause „Genau richtig zum Kneten!“ Brummte es.
Viel zu schön für eine Leiche!“ wieder Stille.
„Das ist keine Leiche. Das ist eine lebendige Puppe! Da schau, die Warzen stellen sich auf! Ist…. das….. geil.“
„Ihr Schweine“, schrie Monika, „lasst meine Zimmernachbarin in Ruhe! Langt es nicht, dass sie sich schon wochenlang nicht mehr rühren kann!“ Doch kein Laut kam über ihre Lippen.
Monika war aufgebracht und verzweifelt. Nicht einen Schrei hatte sie aus ihrem Mund gehört, nichts. Total erschöpft von der Aufregung, spürte sie, wie sie wieder langsam in das schwarze Loch absank. Sie wollte noch weiter den Stimmen lauschen, doch ihre Kraft war am Ende, die Dunkelheit hatte sie wieder………….
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Die Erkenntnis.
„Es war ein Schweres Schädel Hirn Trauma, eine richtige „Compressio Cerebri“! Deren Spätschäden wahrscheinlich, aber nicht zwingend sind.“ Sagte eine melodische Stimme.
„Wie lange war das künstliche Koma?“ fragte eine strenge Stimme.
„10 Tage, danach war der Hirndruck fast wieder normal und die Schwellung vollständig abgeklungen“.
„Was hatten sie gegen mögliche Ödeme unternommen? Gab es Hämatome?“ strenge Stimme.
„Keine Blutungen. Es gab Ödeme. Wir haben den Schädel geöffnet, um den Druck der Ödeme zu vermindern. EEG war den Umständen entsprechend normal. Keine regionalen Ausfälle. Vor drei Wochen haben wir eine Platte eingesetzt“ wieder die weichere Stimme.
„Sonstige Verletzungen, die auf den Unfall zurückzuführen sind?“
„Abschürfungen, Hämatome, eine Becken Luxation aber keine Brüche! Ist alles inzwischen wieder verheilt!“
Das waren die ersten Worte, die sie wieder in einen Wachzustand zurückgeholt hatten. „Verdammt noch mal,“ entrüstete sich Monika jetzt doch, „müssen die sich immer nur um die andere kümmern.“
„Hallo hier ist noch jemand!“ Rief sie in ihrer Verzweiflung, wohl ahnend, dass auch jetzt wieder kein Laut über ihre Lippen kommen würde. Und dennoch probierte sie es erneut, „könntet ihr vielleicht auch mal nach mir sehen!“
Sie hörte, wie eine Tür geöffnet wurde.
Ach, guten Tag Herr Schwarz. Gut, dass sie kommen. Wir unterhielten uns gerade über ihre Frau.“
Monika war über glücklich. Oliver, ihr Mann war da.
„Jetzt wird alles gut“, dachte sie, „oder doch nicht?“ Ein Schatten legte sich auf ihre Freude. „was hatte noch diese andere Stimme gerade behauptet. Doch das konnte nicht wahr sein. Sie sprachen doch eindeutig über die andere…….. oder doch nicht? War sie die andere?“ Sie verstand die Welt nicht mehr. Gespannt lauschte sie weiter.
„Wie geht es meiner Frau? Haben sie Fortschritte zu berichten?“ fragte Oliver, in seiner Stimme schwangen Vorwürfe mit.
„Wir haben alles getan, was möglich ist. Ihre Frau ist wieder soweit gesund. Das EEG zeigt keine geschädigten Bereiche im Hirn. Ob wirklich keine Schäden zurückgeblieben sind, können wir erst beurteilen, wenn sie aufgewacht ist!“
„Wann wacht sie endlich auf? Können sie da gar nichts machen? Geld spielt keine Rolle. Ich will einfach nur meine Frau wieder haben!“ Oliver war nun lauter und aggressiver in seinem Ton.
„Ich kann sie ja verstehen“, warf nun die andere Stimme ein, „Von unserer Seite ist wirklich alles getan worden. Es liegt nun einzig und allein bei ihrer Frau, aufzuwachen!“
Monika war erschüttert. Die Neuigkeiten erschlugen sie. Sie konnte und wollte es nicht glauben. Sie war es, die hier gemeint war, die hier wach werden sollte. Die hier schon 12 Wochen lang lag. Die täglich gewaschen wurde. Bei dem Gedanken wurde es ihr schlecht. Sie hätte kotzen können, als sie daran dachte, was die zwei Männerstimmen mit ihr gemacht hatten. Eine unbändige Wut stieg in ihr auf.
„Warum behaupten die einfach, dass sie keine Lebenszeichen von mir gebe. Ich bin doch wach, das müssen sie doch sehen! Irgendein Zeichen musste doch sichtbar sein. So helft mir doch, schaut mich an, ICH BIN WACH!!!!!“
Die Aufregung war zu viel und die Dunkelheit holte sie wieder ein.
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Der Schock.
Sie hörte eine Frauenstimme. Es war Carla. Eindeutig. Carla ihre beste Freundin. Mit ihr ging sie schon in der Grundschule zusammen in eine Klasse. So lange kannten sie sich schon. Carla war größer als sie, auch sehr schlank, hatte lange schwarze Haare, dunklen Teint, hatte so was Zigeunerhaftes an sich. Sie hatten sich nie aus den Augen verloren und sahen sich wenigstens einmal die Woche. Carla war ihre engste Vertraute und sie stand ihr bei allen Lebenslagen und Problemen mit Rat zur Seite. Sie hatten voreinander keine Geheimnisse. Wie oft hatten sie sich schon gegenseitig ihr Herz ausgeschüttet. Selbst auch intime Dinge vertrauten sie sich gegenseitig an. In der Zeit von Carlas Ehe war der Kontakt weniger, aber seit sie vor zwei Jahren sich von ihrem Mann trennte, sahen sie sich wieder regelmäßig.
Sie musste sich konzentrieren, um sie zu verstehen. Sie lauschte der vertrauten Stimme ihrer besten Freundin. Den Inhalt ihrer Worte konnte sie immer noch nicht verstehen. Erst langsam war ihre Aufnahmebereitschaft so gestärkt, dass sie den Worten eine Bedeutung zu ordnen konnte. Sie glaubte fest daran, dass neben ihrem Mann, ihre Freundin ihr bestimmt helfen könnte. Der einzige Grund, warum Carla sie besuchte, war doch ihr zu helfen? „Komm Carla, komm zu mir. Sprich mit mir. Ich versuche, dir zu antworten. Bitte, bitte komm!“ Schrie Monika in stummer Verzweiflung. Sie war so einsam, einsam unter diesen von ihr geliebten Menschen. Sie war wach, konnte sich aber in keinster Weise bemerkbar machen. Sie war bei vollem Bewusstsein in ihrem scheinbar leblosen Körper gefangen. Sie weinte ohne Tränen.
„Wie lange willst du die Hülle ohne Geist noch hier lassen. Da ist doch eh nichts mehr zu machen!“ hörte sie Carla fragen.
Nun war da die Stimme von Oliver, „Lass mal gut sein, meine Liebe, ich denke noch eins, zwei Wochen, dann können wir sie verlegen. Ich will mir nicht nachsagen lassen, ich hätte nicht alles getan, um ihr zu helfen!“
Wie sprachen die denn da über sie? Zorn stieg in Monika auf. Und was heißt hier verlegen. Das war doch gleichbedeutend mit Abschieben. Die haben sie doch nicht mehr alle. „He, ihr zwei, schaut her, ich bin wach!“
Monika hörte ein schmatzendes Geräusch. „War das ein Kuss?“ Da wieder. „War da noch jemand im Zimmer?“ Monika wurde ganz unruhig.
„Schatz, aber nur noch aller höchstens zwei Wochen, länger nicht. In einem Heim oder sonst wie ist sie dann doch besser unter unserer Kontrolle und wir können dann besser das Entmündigungsverfahren einleiten. Und außerdem fällt es dann überhaupt nicht auf, wenn wir mal eine Woche weg sind!“ säuselte Carla und wieder war ein Schmatzer zu hören.
„Ja, du hast wie immer recht!“
Ein sich dahinziehendes leises Schmatzen war zu hören.
„Ist schon irgendwie komisch, dich so vor Monika, so vor deiner Frau zu küssen! Einfach so. Es fühlt sich so leicht und so schön an. Gut sie bekommt davon nichts mit, aber geil ist es trotzdem!“
Eine weitere mit leisem Schmatzen erfüllte Pause.
„Lass uns sie mal am Abend besuchen, da können wir noch ganz andere Sachen machen!“
Ein tiefes Lachen erschallte, in das sich ein helles Lachen mit einstimmte.
Monika war wie vor den Kopf geschlagen. Sie war wütend und geschockt zu gleich. „In nur wenigen Wochen war aus denen ein Liebespaar geworden oder hatten die schon vorher ein Techtelmechtel?“ Fragte sie sich. Es war für sie die schlimmste Folter, dem zuhören zu müssen. Wie eine Schaufensterpuppe hier zu liegen, und ohne dagegen etwas tun zu können, alles mit anhören zu müssen.
Sie hörte den Stöckelabsatz auf dem Boden klackern. Schritte entfernten sich. Dann eine Tür. Sie war alleine.
Über 12 Wochen war es jetzt schon her. Fast ein viertel Jahr ohne Hoffnung auf eine Genesung. Kein Zeichen der Besserung. Was hätte sie an seiner Stelle gemacht? Ein paar Wochen gewartet? Vielleicht hatte Oliver ja auch einige Wochen gewartet, bis er sich hat trösten lassen. Und objektiv gesehen ist Carla, in dieser Situation, nicht der geeignetste Beistand für ihn? Umgekehrt hätte sie sich doch auch von Carla helfen und trösten lassen. Aber das mit dem Küssen in ihrer Gegenwart war schon ein harter Brocken. Es tat einfach weh! Aber Mal angenommen sie wäre nicht zu Bewusstsein gekommen, beziehungsweise der jetzige Zustand würde sich nicht verbessern, dann wüsste sie Oliver wenigstens in guten Händen. Sie beruhigte sich ein wenig und schlief ein.
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Ein Höhepunkt in Farben.
Wie in einem Traum sah sie eine bewegte Szene, in der sie um und in großen bunten Tropfen schwamm. Wie bei einer Öllampe stiegen diese Tropfen auf und senkten sich wieder. Manches Mal drückten sie sich an ihr vorbei, streichelten sie. Dann wieder wurde sie in den Tropfen aufgenommen und stieg mit ihnen nach oben, wurde wieder herausgedrückt oder sank in ihnen wieder ab. Erst waren es rote, tief rote Tropfen, die dann anfingen ihre Farbe zu wechselten. Von Rot über Violett zu Blau, dann ein grelles Orange, das über Gelb in Grün mündete. Nun mischten sich die Tropfen und dadurch die Farben. Es wurde bunt wie in einem Kaleidoskop. Wie das Wogen des Meeres wurden die Blasen hin und her geschoben. Und in ihr entstand dabei ein irrsinniges Glücksgefühl. Sie fühlte sich so voller Energie. Sie war so euphorisch. Blitzlichter zuckten durch diese Farbenpracht. Das Wogen wurde schneller. Die Farben noch intensiver. Sie hatte das Gefühl ihre Gedanken würden zerplatzen, würden an eine nicht sichtbare, weiche Wand geschleudert. Wieder und immer wieder. Schneller und immer schneller. Intensiver und noch intensiver. Gleich einer Geburt durchstieß ihr Geist plötzlich diese Membran, diese Barriere und gleich einer Explosion öffnete sich über ihr ein weiter, Azur blauer Himmel. Ihre Gefühle schlugen Purzelbäume. Die Endorphine brachten sie an den Rand des Wahnsinns. Ein nicht endendes überirdisches Glücksgefühl erfüllte ihren Geist. Sie hatte ein Gefühl, als hätte sie den Hauptpreis gezogen, den Jackpot geknackt. Ein solch überwältigendes Gefühl hatte sie bis jetzt nur einmal, als sie damals mit Oliver und einem Freund von ihm einen Dreier machte und dabei einen gewaltigen überirdischen Orgasmus hatte…….. Ein Orgasmus……? Ja genau, auch das war ein Orgasmus. Sie hatte, wenn es so etwas überhaupt gibt, gerade einen Non korporalen Orgasmus erlebt. Wie ein Brecher überrollte sie die Erkenntnis, schleuderte sie über die Klippe und sie fiel hinab, tiefer und tiefer in den schwarzen Schlund. Und dieses Schwarz löschte ihr Bewusstsein.
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