Was man in der ersten Nacht in einem neuen Bett träumt…

Kapitel 1: Am Frühstückstisch

Der gestrige Tag fing mies an und hörte genauso mies auch auf. Obendrein hatte ich die Nacht über ziemlich schlecht geschlafen. Wenn ich genau darüber nachdachte, schlief ich schon die ganze Zeit schlecht.

Vor mir dampfte der Kaffee in der Tasse und die beiden aufgebackenen Brötchen wollten geschmiert werden.

Wie jeden Samstag auch, hatte ich meine kleine Frühstückstafel aufgebaut und genoss es, ohne Zeitdruck gemütlich in den Tag zu starten.

Der Blick aus dem Fenster versprach nichts Gutes. Die letzten Tage waren in Dauerregen förmlich untergegangen… abgelöst von Hagelschauern, Blitz und Donner.

Und so etwas nannte sich jetzt Sommer.

Ich räkelte mich ein wenig und gönnte mir einen Schluck. Ich trank meinen Kaffee immer schwarz und ohne Zucker.

In meinem Blickfeld lagen die Mathearbeiten von der 8b und die Referate von der Berufsfelderkundung meiner 10a.

Ich musste schmunzeln. Eigentlich alles Rabauken. Aber ich kam ganz gut mit ihnen zurecht. Lag wahrscheinlich daran, dass ich mit meinen zwei Metern und meinen knapp 130 Kilogramm, eine durchaus imposante Persönlichkeit war. Vielleicht aber auch einfach an meiner tiefen, ruhigen Stimme. Überhaupt war ich nur schwer aus der Ruhe zu bringen.

Mir tat der Rücken weh.

Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass ich die letzten drei Tage neben der Schule überwiegend mit Wasserschöpfen beschäftigt war. Es war ein altes Haus mitten im gewachsenen Ortskern und der seit Tagen stetig ansteigende Grundwasserspiegel, drückte unerbittlich in den Keller.

Auch mein Garten war regelrecht untergegangen. Regen war gut für die Natur — nur die letzten Tage waren einfach zu viel des Guten.

„Wann wird´s mal endlich wieder Sommer?“

Ein kleiner Stoßseufzer. Aber bald waren Schulferien und dann konnte ich endlich durchstarten. Wohin? Keine Ahnung – aber definitiv ein Platz an der Sonne!

Mein Rücken nervte mich. Also stand ich kurz auf, nahm mir die Packung Ibuprofen aus dem Küchenschrank.

Es führte wohl kein Weg vorbei. Eine neue Matratze musste her. Meine alte hatte es nach sieben Jahren wohl endgültig hinter sich.

Es war Samstag, die Geschäfte hatten offen und vor vier Tagen lag ein Gutschein von „Möbel Höffner“, einem großen in der Nachbargemeinde beheimateten Möbel- und Einrichtungshaus über 25 % Stammkundenrabatt in meinem Briefkasten. Quasi ein Schicksalswink.

Mal wieder raus zu kommen, würde mir wahrscheinlich ganz gut tun. Ein wenig unschlüssig schaute ich den Regentropfen zu, die an der Küchenfensterscheibe herunterliefen.

Regen!!!

Der doppelte Frust wegen gestern saß noch tief.

Sandra, ihres Zeichens Leiterin der Sekundarstufe, war nach einigem „Herumgedruckse“ gleich mit zwei Hiobsbotschaften für mich herausgerückt… Jana hatte sich mit Burnout auf längere Zeit in den Krankenstand verabschiedet; ab Montag hatte ich ihre stellvertretende Fachbereichsleitung an der Backe und mit der 8d, ihrer Klasse, auch noch die Leitung einer wirklich ganz „besonderen“ Klasse.

Alle hoffnungslosen Fälle… Unruhestifter, Idioten, Verweigerer, Schläger, Kiffer und… eben der Bodensatz der Gesellschaft vereint in einer Klasse. Das brauchte nun wirklich kein Mensch. Wenn man dann noch die unterschiedlichen Muttersprachen und kulturellen Hintergründe zu Grunde legte… Durchschnittlich nur dreißig Prozent der Klasse anwesend — ich sah für die Zukunft der anderen schwarz…

Einfach nur verdammt viel Arbeit!

Die meisten meiner künftigen „Eleven“ hatten bereits wiederholt… Und ich wusste, egal wie viel Mühe ich da investieren musste — der qualifizierte Hauptschulabschluss würde nur für sechs oder sieben Schülerinnen und ein wirkliches Thema sein… leider!

Ich konnte Jana verstehen. Die war fertig.

Nicht verstehen konnte ich das System. Warum hatte Sandra eine Klasse dieses Kalibers an Jana, eine frischgebackene, zarte abgedrückt, die anstelle eines sachten Einstiegs, neben der stellvertretenden Fachbereichsleitung Physik, mit dieser Klasse und an dieser kaum bewältig baren Aufgabe scheitern musste.

Jetzt war Jana auf Jahre hin „verbrannt“.

Warum hatte Sandra diese „Monster“ nicht von vornhinein an Roland oder mich abgetreten. Nun war das Kind in den Brunnen gefallen.

Ich war nicht etwa resigniert. Ich war regelrecht sauer.

Und sauer war ich auch, weil ich jetzt dadurch nicht nur eine unwillkommene Mehrbelastung an der Backe hatte… Nein, ich musste obendrein auch noch fachfremd unterrichten.

Das letzte Mal hatte ich im Referendariat Physik unterrichtet. Und das lag jetzt knapp zehn Jahre zurück. Ab Montag durfte ich mir die ganzen Lehrpläne ansehen und ein Konzept entwickeln. Und dann noch dieser Elternsprechtag am Dienstagnachmittag?!?!

Ich war restlos bedient.

Jetzt drehten meine Gedanken ja schon wieder um diesen Mist. Ich hatte heute frei!

Resolut schob ich die Klassenarbeiten zur Seite und legte demonstrativ meine nunmehr ausgelesene und immer noch klamme, Tageszeitung darüber.

„Aus den Augen, aus dem Sinn!“

Gut. Um mich selbst zu überzeugen, reichte es gerade so. Ich drehte das Radio lauter, schnappte mir eines der beiden Brötchen, und fing mit dem eigentlichen Frühstück an.

Kapitel 2: Auf Shoppingtour

Jeder kennt diese Situation. Man kommt in ein Möbelhaus und will einfach nur eine bestimmte Sache und dann, wenn man auf dem Weg in die passende Abteilung ist, fallen einem wohl an die hunderttausend „Kleinode“ auf, bei denen man stehen bleibt und die auf mysteriöser Art und Weise ihren Weg in den eigenen Einkaufswagen finden…

Na ja, als ich dann irgendwann endlich in der Schlafzimmerabteilung ankam, war mein Einkaufswagen bereits bis oben hin gefüllt mit den unterschiedlichsten Utensilien. Eigentlich hatte ich zwar alles — und ein Single braucht nicht wirklich viel — aber da waren so viele tolle oder nützliche Sachen, dass ich irgendwie nicht daran vorbei gehen konnte.

Hier ein Besen, da eine Vase und das Seltsamste dabei — es machte mir sogar Spaß einzukaufen.

Solchermaßen gut gelaunt, trat ich an den Infostand der Abteilung und strahlte die drei, angeregt in ein Gespräch über Bestellformulare vertieften, Verkäuferinnen an.

„Hallo.“

„Hallo. Was können wir für sie tun?“

Die ältere von den Dreien schnappte sich die Jüngste, offensichtlich eine , verschwand mit einem freundlichen Kopfnicken in den hinteren Bereich der Abteilung und überließ mich ihrer Kollegin.

So stand ich also einer sympathischen Blondine Ende Dreißig gegenüber und ihre warme und dunkle Stimme fuhr mir durch Mark und Bein… Der Archetypus einer Schlafzimmerstimme.

„Ich glaube meine Matratze ist so langsam über ihrer Zeit. Ich brauch eine neue.“

„Was haben sie für ein Bett und wie groß ist es?“

„Na ja, ehrlich gesagt ist es auch schon ein wenig in die Jahre gekommen. Hundertvierzig mal zweihundert Zentimeter. Den Lattenrost habe ich auch schon mit einem Brett verstärken müssen.“

Beinahe entschuldigend warf ich ein: „Ich bin halt groß und schwer.“

„Das ist kein Problem. Es gibt für alle Gewichtsklassen und Größen optimale Lösungen. Sind sie mit ihrer Matratze bisher gut zurechtgekommen?“ Sie lächelte mich offen und verständnisvoll an.

„Wenn ich ehrlich bin, habe ich in der letzten Zeit schlechter geschlafen. Ich wache oft nachts auf und ich habe häufig Rückenschmerzen.“

„Ihr Bett ist für ihre Größe recht kurz. Ist das Fußteil geschlossen?“

„Nein. Ich schlafe auch auf der Seite mit angewinkelten Beinen. Mache ich immer so.“

„Hhmm, verstehe. Nennt man Fetus Stellung. Platzsparend. So schlafen viele in Deutschland. Haben sie eine Federkern- oder eine Latexmatratze?“

„Federkern. Jetzt mit Kuhle, Frau Röll.“ Ich lachte ein wenig selbstironisch. Offensichtlich freute sie sich, dass ich sie mit dem Namen ansprach. Nun, dazu sind Namensschilder ja wohl da. Machte aber wohl nicht jeder…

„Möchten sie eine neue Matratze mit neuem Lattenrost oder gleich ein neues Bett. Ehrlich gesagt, sind die Preise so, dass sie für diese Kombination, wenn es halbwegs was taugen soll, schon fast ein komplett neues Bett bekommen.“

„Womit muss ich denn so rechnen?“

„Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten aber bei ihrer Konstitution und bereits vorhandenen Rückenschmerzen, macht bei einer Matratze Latexkern Sinn — etwas härter ausgelegt. Dazu der passende Lattenrost… hundertvierzig mal zweihundert… mittlere Qualitätsstufe… da sind wir bei etwa vierhundert Euro. Zweihundertachtzig für die Matratze und hundert für den Lattenrost.

Wenn sie sich da hinten mal die Boxspringbetten ansehen. Wir haben da auch eine Aktion, die mit ihrem Gutschein verrechenbar ist. Da beginnen wir bei etwa 350 Euro, wobei ich ihnen von denen Betten dringend abraten möchte.“

Sie setzte sich in Bewegung. Eine zierliche Schönheit. Und sie trug keinen Ring an ihrem Finger. Mit etwa Einssechzig deutlich kleiner als ich, ging sie in Richtung der benannten Ausstellungsstücke. Ich folgte ihr. Die Frau hatte irgendetwas. Ich merkte, dass ich auf sie „ansprang“.

Sie blieb bei den ersten Betten stehen.

„Die heißen zwar Boxspringbetten, aber sie sind es nicht. Ein Boxspringbett besitzt einen modularen Aufbau aus unterschiedlichen, exakt aufeinander abgestimmten Matratzen. Das merkt man dann auch beim Liegen in Hinblick auf Federung und Klima. Diese Betten können „atmen“.

Hier“, sie hob bei dem ersten Polsterbett zwei Lagen an, „hier hat man einfach zwei Lagen eingespart und durch leere Holzkästen ersetzt. Das funktioniert zwar auch, aber der eigentliche Effekt, dass sich für den Körper im Schlaf quasi ein Schwebezustand einstellt, der tritt nicht ein.“

Beinahe andächtig lauschte ich ihren Ausführungen. Ihre Stimme ging direkt in mein Herz. „Was für eine Frau!“ Ich musste mich wirklich beherrschen, diesen Gedanken nicht laut auszusprechen.

„Dagegen haben diese Modelle einen Polsterkern, der sich bis in den Sockelbereich erstreckt. Wenn man alle Prozente berücksichtigt, wären wir bei diesen Modellen im Bereich um die fünfhundert Euro.“

Ich verzog unwillkürlich etwas das Gesicht. Wohl eine Reaktion, die sie kannte.

„Hhhm, wenn sie eine Cola kaufen, entscheiden sie sich dann für eine Marke oder ein Neutralprodukt? Wenn Sie sich Socken kaufen, entscheiden sie sich dann für den Zehnerpack von Kick oder eher für eine Marke mit passend unauffälligem Emblem? Und bei den Turnschuhen – erkennbare Marke oder etwas Neutrales?“

„Wenn ich ehrlich bin, kaufe ich eher Marke.“

„Und mit jedem Kauf geben sie gegenüber der Neutralmarke ein Cent, Euro oder auch ein Euro mehr aus. Sie bevorzugen das Markenprodukt, weil es für Qualität steht. Nicht immer liefert das Markenprodukt auch die versprochene Qualität. Aber hier bei Matratzen oder Betten ist es so, dass beispielsweise etwa einhundertfünfzig Euro mehr, einen wirklichen Unterschied einen regelrechten Quantensprung bedeuten.

Jeder Mensch verbringt etwa ein Drittel seiner Lebenszeit im Bett und das Bett hält im Mittel etwa acht Jahre. Wenn wir das jetzt auf die einhundertfünfzig Euro Preisunterschied zum billigsten Modell umrechnen…“

Ich musste ihr zustimmen. Wahrscheinlich in unzähligen Verkaufsgesprächen perfektioniert, war diese Taktik doch zwingend und es machte für mich durchaus Sinn, hier nicht am falschen Ende zu sparen zu wollen. Insgesamt verließ ich mich auf mein Bauchgefühl.

Und das sagte mir, dass sie zwar verkaufen wollte, sich jedoch bemühte, das kundengerecht zu machen. „Ich gebe ihnen Recht Frau Röll. Es war gut von ihnen, mich daran zu erinnern, dass hier der höhere Preis auf lange Sicht auch einen wirklichen Mehrwert bringt.“

Sie lächelte und ihr Gesichtsausdruck wurde etwas weicher. „Es ist ziemlich selten, dass ein Mann so schnell einlenkt.“

„Wenn die Argumente stimmen… Ich bin Lehrer, ich muss meine auch immer von irgendetwas überzeugen, was sie eigentlich gar nicht wollen… Teilweise, weil ich wirklich der Meinung bin, dass es besser für sie wäre. Also kann ich mich doch selbst solcherlei Argumenten zumindest nicht völlig verschließen.“

Sie lachte. Ich mochte dieses Lachen. Es war ein ehrliches Lachen.

„Ich empfehle diese drei Betten“, sagte sie und wies kurz auf drei Ausstellungsstücke. „Sie können gerne einmal Probe liegen.“

Wie gut, dass ich mir heute Morgen ein neues Paar Socken aus dem Aldi Fünferpack angezogen hatte… so von wegen Marke. Ich zog meine Schuhe aus und nahm Platz. Das erste Bett war mir zu weich. Sie wies sogleich direkt auf das Dritte. Und das war in der Tat perfekt — aber mit einhundertachtzig Zentimetern Breite, eigentlich für mich allein eine Spur zu groß.

„Sie haben Recht. Ich liege phantastisch. Gibt es das auch eine Nummer kleiner. Ich will ehrlich sein. Ich lebe allein.“

„Gibt es, ist aber fast genauso teuer. Diese Größe wird mehr nachgefragt und damit produziert. Vergessen sie nicht, so ein Bett hält ein paar Jahre. Ich möchte ihnen ungern zu nahe treten, aber vielleicht werden sie ja auch nicht immer alleine leben und dementsprechend auch nächtigen.“

Sie lächelte mich entwaffnend an. Ich konnte ihr nicht böse sein, auch wenn das Gespräch gerade in eine ziemlich private Ebene abzugleiten drohte.

Ich weiß auch nicht genau, was mich in diesem Moment ritt, aber mir kamen da so ein paar Gedanken in den Sinn und ehe ich genauer darüber nachdenken konnte, waren sie schon ausgesprochen.

„Ich bin schon eine Weile auf der Suche, aber irgendwie dann doch wieder nicht. Viele denken immer, ein Lehrer hätte unendlich viel Zeit und Ferien. Genau genommen komme ich kaum dazu, mal raus zu gehen, um meine bessere Hälfte zu finden.

Wenn ich mit meinem Tagespensum durch bin und der Haushalt gemacht, bin ich nur allzu häufig so erschlagen, dass ich Couch, Fernsehgerät und Bett bevorzuge. Wahrscheinlich bin ich irgendwie zu bequem dazu. Kennen sie das auch?“

„Klar. Aber bei mir ist da noch ein fünfzehnjähriges Kraftbündel, was so Einiges an Zeit und Energie schluckt.“

Sie wirkte etwas nachdenklich und zugleich hatte ich das Gefühl, sie wolle noch etwas hinzufügen, hätte sich es aber in der letzten Sekunde anders überlegt.

„Ich denke, ich nehme das Bett. Da werde ich noch ein paar passende Spannbetttücher zu brauchen.“

„Dann nehmen wir jetzt hier ihre Daten auf und vereinbaren einen Liefertermin. Wir liefern morgens, mittags und abends. Sie bekommen einen Schein, mit dem sie bei der Warenausgabe bezahlen… Die Kollegen schlagen zum vereinbarten Termin bei ihnen auf, bauen das Bett, nehmen, wenn gewünscht, das alte Bett mit und dann können sie ihr neues Bett im besten Falle bereits Montagabend einweihen. Nicht vergessen. Was man in der ersten Nacht in einem neuen Bett träumt, geht in Erfüllung.“

„Versprechen sie das?“

„Klar!“

Wir gingen zurück zum Infopoint, wo sie sich sogleich in den Computer einloggte.

Währenddessen betrachtete ich sie mir etwas genauer. Diese Frau war genau mein Typ und sie hatte keinen Mann erwähnt. Nur ein Kind. Ich wusste nicht genau, was ich wollte… Doch! Ich wollte diese Frau näher kennen lernen.

„Ich bräuchte dann mal ihre Daten.“

„Mein Name ist Kai Schönemann.“ Ich schob ihr meine Visitenkarte rüber.

„Der Name passt zu ihnen.“ Sie grinste, als sie die Daten eingab.

„Wann möchten sie das Bett geliefert haben? Wir hätten am Montag zwischen 17:00 und 19:00 einen Transporter, der in ihrer Gegend unterwegs ist.“

„Das wäre perfekt.“

„Lieferung, Aufbau und Entsorgung sind im Preis inbegriffen.“ Sie druckte den Liefer- und Zahlschein aus und gab ihn mir. „Garantie- und Umtauschrecht haben sie natürlich auch. Steht alles im Kleingedruckten… Schriftgröße sechs.“ Lächelnd schob sie mir die Visitenkarte wieder rüber.

Ich ging in die Vollen. „Vielleicht möchten sie die ja behalten. Ich würde mich über einen Anruf freuen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich sie vielleicht privat auf einen Kaffee einladen dürfte…“

„Um danach mit mir vielleicht auch gleich zusammen das neue Bett einweihen zu können?“

Ein Hauch von Entrüstung, gepaart mit einer guten Portion sibirischen Permafrostes, lag in der zuvor so warmen Stimme. Aber was hätte ich auch anderes zu ihr sagen sollen … verdammt ich das hatte ich wohl gerade mal wieder völlig versemmelt.

„Danke, aber sie können ihre Visitenkarte ruhig wieder einstecken. Ich werde sie nicht brauchen.“ Es lag nur ein kurzer Moment, kaum mehr als ein Wimpernschlag, zwischen diesen beiden Sätzen und ihre Stimme klang wieder ruhig, gefasst und neutral distanziert.

Ihre beiden Kolleginnen waren derzeit wieder zurückgekommen und hatten den letzten Rest dieser Szene wohl noch mitbekommen.

Sie lächelte mich wieder an. Es wirkte nicht aufgesetzt, auch nicht neutral. Eher amüsiert. Ich steckte die Karte ein, nahm meinen vollen Einkaufswagen, drehte mich um und strebte in Richtung Ausgang zu. Dabei versuchte ich zumindest einen kleinen Rest von Würde und Selbstwertgefühl zu bewahren. Aber mein Timing war wirklich mies.

In Gedanken an diesen Fauxpas versunken, bemerkte ich nicht, wie beim Anschieben des Wagens der frisch ergatterte Besenstiel zwischen die Gitter des Einkaufswagens rutschte und sich verselbstständigte. „Natürlich“ kam er mir zwischen meine Beine und ich schlug der Länge nach hin.

Das schallende Lachen der Drei gab mir jetzt endgültig den Rest. Ich rappelte mich auf so gut es eben ging und setzte meinen Weg, ohne mich umzudrehen, schnellstmöglich fort.

An „Würde“ war jetzt wohl nicht mehr zu denken. Das „würde“ jetzt wahrscheinlich hier wie ein Lauffeuer die Runde machen. Am liebsten wäre ich vor Scham im Boden versunken, so peinlich war mir die Situation.

Kurz vor dem Ausgangs- und Kassenbereich des Möbelhauses kam der Restaurantbereich. Verschiedene Reklametafeln erinnerten mich daran, dass es schon fast drei Uhr war und mein Magen meldete sich knurrend zu Wort.

Die Angebotspalette lockte und ehe ich mich versah, hatte ich den randvollen Wagen in eine Ecke geschoben und eines der bereitstehenden Tabletts vollgepackt mit Leckereien…

Zur Vorspeise ein paar Ziegenkäsetaler mit Preiselbeeren. Dann ein richtig tolles Lachssteak mit Hollandaise, Safranreis und Blattspinat — ich liebte Spinat, so mit kleinen Zwiebelchen, Sahne, Knoblauch und einem Hauch von Muskat… Genau dieser Duft schlug mir gerade entgegen. Und als Nachtisch eine schöne, mit frischen Beeren garnierte Rotweinmousse. Das Essen war für eine Großkantine wirklich lecker und nach zwei alkoholfreien Hefeweizen, hatte ich meine „Ich springe todsicher in jedes Fettnäpfchen“ — Tour auch schon beinahe wieder vergessen… na ja, wohl eher schon beinahe verdrängt.

Kapitel 3: Was man in der ersten Nacht in einem neuen Bett träumt…

Die Lieferung klappte reibungslos. Ich war am Montag nach der Schule direkt nach Hause gefahren und hatte gerade meinen letzten Bissen der Tiefkühlpizza gegessen, als es auch schon klingelte. Die Herren waren etwas früher als vereinbart gekommen. Dafür — und gegen ein kleines Trinkgeld — halfen sie mir auch beim Abschlagen des alten Bettes. Vorgesäubert hatte ich schon und so musste ich nachdem das alte Bett weg war, nur noch kurz etwas Staub saugen.

Eine knappe Stunde später, stand ein wirkliches Prachtstück fertig bezogen in meinem Schlafzimmer. Es roch neu, aber keineswegs aufdringlich und ich musste mir eingestehen, dass da jetzt wohl noch ein neues Sideboard und ein neuer Kleiderschrank fällig waren. Der neue Plasmafernseher und das neue Bett… Zum Glück waren Sideboards und Kleiderschränke in anderen Abteilungen zu finden. Ich schüttelte kurz den Kopf, um dieses kurz aufkeimende Déjà-vu zu verdrängen… Diese Bilder im Kopf. Ich lachte kurz halbgequält auf. Diese Verkäuferin wollte mir einfach partout nicht aus dem Kopf gehen.

Aber mit eins, zwei Gläschen Wein … einem leckeren Bolognese Schnitzel vom Pizzaservice und einer Tüte Chips, wollte ich das Bett gebührend einweihen. Ich liebte Essen im Bett. Die Slowakei gegen die Briten. Das versprach ein gutes Fußballspiel zu werden. Ging ja schließlich um den Gruppensieg… Und das wollte ich in meinem neuen Bett ansehen. Es war wirklich super bequem. Ich streckte mich aus und ließ meinen Blick nochmals kurz durch den Raum schweifen. Ein paar neue Accessoires zum „Aufhübschen“ des Raums hatte ich auch schon an den richtigen Stellen arrangiert.

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