Schnell kam er die Treppen hinunter gestapft und hatte sich seine Kombi bereits bis zur Hüfte runter gezogen unter der er ein weißes Unterhemd trug.
„Ach her je, was machst Du denn für Sachen?“ lachte er.
„Siehst Du doch! Hilf mir bitte!“
Erst half er mir hoch und dann zog er mit einem Ruck meine Arme aus der Kombi. Erschöpft setzte ich mich auf einen weiteren Hocker und keuchte erst mal. Kevin sah sich um, als er den zerbrochenen Hocker sah.
„Die sind alle zu schwach, setz Dich doch auf die Holzbank und dann zieh ich Dir den Rest aus.“
„Guter Plan!“ antwortete ich röchelnd.
Mit vereinten Kräften befreite er mich aus dem engen Leder. Als er endlich das 2. Bein befreit hatte, fiel mir erst ein, dass ich ja gar nichts drunter trug. Verlegen erklärte ich ihm:
„Die ist noch so eng, da kann man nichts drunter tragen!“
„Verstehe!“ antwortete er kurz.
„OK, willst Du auch duschen?“
„Nein, Danke, ich schau schon mal was die oben so treiben!“
„OK, bin in 5 Minuten da.“
Schnell sprang ich unter die Dusche, trocknete mich ab und stieg in Shorts und Shirt. Als ich oben ankam, stand Kevin in der Terrassentür und beobachtete wie mehr oder minder mehr als die halbe Motorradgang nackt im meinem Pool herumtollte.
„Warum machst Du nicht mit?“
„Nee, das ist nichts für mich. Kann ich Dir wobei helfen?“
„Auf keinen Fall, Du bist doch jetzt Gast hier.“
Sehr entschlossen antwortete er feist grinsend darauf und baute sich mit verschränkten Armen vor mir auf:
„Ich lass doch einen Bro nicht hängen, das gibt´s bei mir nicht!“
„OK, dann komm mit in die Küche, wir holen die Salate, das Brot und das Fleisch, ich hoffe ein paar haben sich wenigstens schon mal um den Grill gekümmert.“
Schnell schnappten wir uns das vorbereitete Essen und folgten den Anderen.
Unter großem Hallo wurden wir begrüßt. In der Tat hatten einige Männer sich nicht am Pool Plantschen beteiligt und den Grill angefeuert. Somit konnte das Grillen gleich losgehen und Kevin und ich kümmerten sich um Geschirr und Besteck, dass wir auf den aufgestellten Bierbankgarnituren verteilten. Kevin ging dabei sehr geübt vor.
„Hey Kevin, bist Du neben KFZ-Schlosser auch noch Kellner?“
Sein Gesicht wurde etwas traurig, als er leise antwortete:
„Nein, das musste ich früher auch immer machen.“
„Naja, wie viel wart Ihr denn zu Hause?“ wollte ich wissen, als Kevin zögernd und noch leiser mir zugewandt antwortete:
„Ich hatte nie ein Zu Hause, ich bin im Heim aufgewachsen!“
„Hey, da seid Ihr ja endlich!“ unterbrach uns Horst, der nackt vom Pool auf uns zu gerannt kam. Als Kevin Horst´ Bullenschwanz sah, fiel er fast in Ohnmacht. Er konnte gar nicht hinschauen.
„Na Kevin, bist Du so prüde? Wir Kerle sind doch unter uns!“
Ich sah intuitiv wie sehr Kevin die Situation belastete. Doch zog zunächst die falschen Schlüsse.
„Ja, Kevin ist mir eine große Hilfe. Wir sind aber noch lange nicht fertig und müssen uns noch um Gläser und Servietten und so weiter kümmern. Unterhalt Du soweit die Gäste, das kannst Du eh am Besten!“
Horst schaute ein wenig finster drein, ließ uns aber gewähren und schon waren wir verschwunden. In der Küche angekommen, schloss ich erst mal die Türe.
„Kevin, das wussten wir doch alles nicht!“
„Konntet Ihr ja auch nicht, ich rede eigentlich auch nicht gerne drüber, aber gerade ist mir das so rausgerutscht. Irgendwie habe ich so´n Vertrauen zu Dir, weil Du vorhin so nett warst. Enttäusche mich bitte nicht. Ich habe echt schon so viel Scheiße in meinem Leben erlebt und ich hoffe es wird jetzt wo ich endlich volljährig bin, endlich besser.“
„Danke Kevin, dass Du so ehrlich bist. Sei Dir ganz sicher, Dein Leben wird besser. Jetzt hast Du die Lehrstelle bei Fred, ich hoffe er behandelt Dich gut?“
„Ja absolut, er ist der beste Chef, den man sich vorstellen kann und das Bike ist ja eine von seinen eigenen Maschinen, die ich fahren darf. Erst hat er mir das Geld für den Führerschein vorgestreckt und das arbeite ich jetzt eigentlich immer an Wochenenden bei ihm ab und weil er so zufrieden mit mir ist, darf ich jetzt sein Bike fahren. Alles Geld was mir übrig bleibt, zahle ich an ihn zurück. Ich wohne ja nur in einem kleinen möblierten Zimmer mit Küche. Mehr brauche ich ja nicht. Ich arbeite viel und ich brauch ja eigentlich nur was zum pennen.“
„Das klingt gut für den Anfang. Du kriegst jetzt Dein Leben selber auf die Kette. Darauf kannst Du stolz sein.“
„Meinst Du das wirklich?“
„Klar, ein Mann ein Wort, äh ich meine ein Bro — ein Wort!“
Und nun fiel mir Kevin vor lauter Freude in die Arme.
„Hey, was ist denn hier los?“ unterbrach uns ein immer noch nackter Horst.
Kevin verließ augenblicklich die Küche und Horst sah mich mit großen Augen an.
„Kevin hat mir gerade viel Privates von sich erzählt. Er hat es nicht immer leicht gehabt, sei bitte nett zu ihm. Mir scheint, als sucht er tierisch nach unserer Anerkennung.“
„Ja Fred hat mir erzählt, dass er im Heim aufgewachsen ist. Er sagt aber auch, dass er bis jetzt der beste und zuverlässigste Lehrling sei, denn er je gehabt hat.“
„Das glaube ich auch, aber mit dem Selbstvertrauen hapert es immer noch. Deswegen ja auch unsere Bro Geschichte, der braucht einfach einen Kumpel und zu mir hat er scheinbar Vertrauen.“
„Das ist doch toll. Ja mach das und vielleicht können wir ihm ja auch irgendwie helfen mit Geld oder so?“
„Ich glaube, dass wäre das Falscheste was wir machen können. Ich denke, Kevin braucht Halt und Freundschaft, klare Strukturen.“
„Ja was hältst Du davon, wenn er uns hier beim Aufräumen hilft, gegen ein kleines Taschengeld vielleicht in Form eines Tankgutscheins oder so?“
„Vielleicht laden wir ihn einfach ein über Nacht zu bleiben, wenn er nur so eine kleines Zimmer hat und morgen früh verwöhnen wir ihn mit Deinem Super Rührei?“
„Das ist eine ganz grandiose Idee!“
„Dann schlag Du es ihm bitte vor. Vielleicht macht er Dich dann auch zum Bro? Aber bitte, auch wenn Du es gut meinst, wedel nicht mit Deinem Scheckheft!“
„Hab´s kapiert. Krieg ich schnell nen Kuss? Die Tür ist doch zu!“
„Wenn ich Dich nicht schon so lieben würde!“
„Und ich Dich!“
„Und jetzt schleicht Dich und kümmer Dich um die Gäste und denk dran…“
„Kein Trinkgeld.“
Die Party wurde noch ganz lustig und Kevin zeigte sich einmal mehr als sehr aufmerksame Unterstützung, noch bevor ich aufstehen konnte um den Kameraden die Biere oder Schnapsgläser aufzufüllen, so war er schon auf den Beinen und schenkte der Horde ein, immer beruhigte er mich vorher, dass es ihm Spaß mache und ich ruhig sitzen bleiben solle und mich amüsieren. Gegen 23 Uhr klingelte es plötzlich an der Tür und alle sprangen schnell wieder in ihre Klamotten.
„Wie wollt Ihr schon gehen?“ rief Horst enttäuscht.
„Wir haben beim Bunzer einen Kleinbus gemietet, der bringt uns alle jetzt ins Näschd!“
„Und Eure Maschinen?“
„Morgen früh bringt er uns wieder her und dann machen wir Teil 2 der Ausfahrt!“
„Schön, dass ich das auch mal erfahre!“ wunderte sich Horst.
Kevin schaute unterdessen auf das hinterlassene Chaos und meinte, dass er noch bleiben könne und helfen könne aufzuräumen. Er habe schließlich nichts getrunken und könne ja hinterher noch nach hause fahren.
„Ich glaube, wir nehmen Deine Hilfe gerne an, Kevin. Du warst uns ohnehin heute eine sehr große Hilfe.“
Horst´ Worte gingen ihm runter wie Öl und er strahlte von einem Ohr zum anderen.
„Das habe ich doch gerne gemacht. Und außerdem….!“
„Von Bro zu Bro, meinst Du?“ grinste Horst.
„Wenn Du magst?“
„Sehr gerne, Kevin. Ich wusste ja schon vorher, dass Du ein feiner Kerl bist, aber seit heute bin ich mir darüber absolut sicher.“
Kevin wurde sichtlich verlegen und ich schlug vor, dass wir alle rausgingen um die Kameraden im Bus zu verabschieden. Das lenkte Kevin etwas ab. Wir gingen also raus und unter großem Hallo verabschiedeten wir uns alle voneinander. Als der Bus sich endlich in Bewegung setzte, winkten wir noch hinterher und gingen dann rein um uns dem Chaos zu widmen. Schnell waren wir mit allem wieder fertig und die Spülmaschine lief bereits, als sich Kevin begann von Horst zu verabschieden.
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