Diese Fortsetzung von Teil 1 ist für Leser gedacht, die Dreiecksgeschichten lieben.
Prolog
Renate Berk und Leo Berk sind Cousins erstens Grades. Ihre jeweiligen Väter sind Brüder. Ihre gemeinsame Großmutter väterlicherseits stammt aus der Türkei und deren verstorbener, deutscher Ehemann war Hartmut Berk. Mütterlicherseits war Leo’s Mutter eine Amerikanerin. Renate’s Mutter kam aus der Türkei und lebte dort nach der Trennung mit ihren Verwandten, während ihr Vater in Deutschland geblieben war. Es war ursprünglich einmal traurig für Renate gewesen, dass ihre Eltern nach der Trennung kein einziges Wort mehr gewechselt hatten, aber jetzt kann ihr das zupass.
Renate und Leo sind nämlich nach türkischem Recht in einer Imam-Ehe verheiratet. In der Türkei durften alle Verwandten und Freunde davon wissen. In den USA und Deutschland deswegen keiner, weil die Ehe zwischen Cousins ersten Grades in Texas strikt verboten war. Genau dort hatten sie sich aber kennengelernt.
Leo machte es aber immer noch zu schaffen, dass seine Heirat so eine komplizierte Angelegenheit war. In seiner Heimat durfte keine Menschenseele etwas davon wissen, selbst sein Vater nicht. In Deutschland durften nur die türkischen Verwandten – und enge Freunde von denen – etwas davon wissen. Die deutschen Freunde durften nichts davon wissen, da von denen viele auch wieder Freunde und Verwandte in den USA hatten. Es war sehr kompliziert!
Das mit den Namen war das einzige, was leicht zu erklären war. Für türkische Verwandte und Freunde war es absolut normal, dass die Ehefrau nach der Heirat den Familiennamen behielt. Für den deutschen Freundeskreis seiner Frau aus dem Studium deklarierte sie ihn als ihren Bruder, der wegen seiner mageren Finanzen bei ihr wohnen durfte. Sie hatte tatsächlich einen Stief-Bruder namens Leopold, von dem sie früher erzählt hatte. So konnte es keinen Ärger geben, selbst wenn die deutschen Freunde per Zufall jemanden in den USA trafen, der sie beide kannte. Das Türschild mit der Aufschrift ‚Renate Berk & Leo Berk‘ an sich funktionierte also prima, solange Leo keinen Besuch aus den USA bekam, der sie beide aus der Zeit in Texas kannte.
Renate hatte zwei Semester in Houston, Texas studiert und wollte dort auch wieder hin. Sie hatte Leo dort kennen gelernt. In Texas war die Heirat zwischen Cousins ersten Grades strikt verboten. Der Vater von Leo, der Bruder ihres Vaters und ihr Onkel, lebte in Dallas. Er durfte nichts von der Heirat wissen, genauso wenig wie die Behörden in Texas. Sie hatten damals heimlich in Ankara geheiratet.
Sie wusste tief in ihrem Inneren, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Es gab attraktivere, höher gewachsene Männer. Es gab sicherlich intelligentere und ehrgeizigere Herren. All dies waren die Argumente von ihrer besten türkischen Freundin in Deutschland. Sie fühlte aber, dass es keinen geben würde, der loyaler als er war.
1 Renate
Sie war sich im Klaren darüber, dass sie heute Abend mit dem Feuer spielte. Eifersucht zu erwecken war nicht ohne Risiko. Andererseits würde es vielleicht auch ihre Beziehung mit Leo wieder intensivieren. Ihr Alltag als Ärztin im Praktikum brachte es mit sich, dass sie nur wenig gemeinsame Freizeit hatten. Das hatte auch ihre sexuelle Beziehung beeinträchtigt. Sie war häufig so müde, dass sie keine Lust auf Sex hatte oder nur auf das, was ihr richtig Spaß machte. Leo war nämlich ein absoluter Experte für Oralsex. Und so kam es, dass es zu einem Schwerpunkt in ihrer Beziehung wurde. Das führte aber zu einer Routine, die für ein abwechslungsreiches Liebesspiel nicht förderlich war. Vielleicht war Leo einfach zu nett zu ihr, dachte sie sich mitunter. Es hatte nämlich auch den Vorteil, dass sie weder die Pille noch die Spirale brauchte. Für die wenigen Male mit ‚normalen‘ Sex reichten Kondome zur Verhütung.
Dieser Ansatz war aber immer dann schnell vergessen, wenn er willig und gekonnt ihre feuchte Muschi leckte. Er war so gut darin, dass sie praktisch jedes Mal einen Orgasmus hatte. Genau das machte ihn aber auch stolz und er hatte seinen Spaß daran, wenn sie wollüstig stöhnte.
Renate hatte schon gemerkt, dass Michael Pfaffner an diesem Abend mehr als nur ein reines Gesprächsinteresse hatte. Abgesehen davon, dass sie dieses ausnutzen konnte, um Leo ein bisschen eifersüchtig zu machen, begriff sie auf einmal auch, dass er sehr nützliche Verbindungen hatte.
Sie kannte ihn zwar schon seit Jahren, aber irgendwie war der Kontakt mit ihm über Jahre eingeschlafen. So verband sie also das Angenehme mit dem Nützlichen, als er ihr von dem Forschungsprojekt erzählte, dass in Teilen auch an seinem eigenen Institut durchgeführt wurde wie auch in einem Labor in der Schweiz. Es würde sicherlich nicht schaden, wenn er sie mit den entsprechenden Leuten bekannt machte. Im Laufe des Tanzens hatte sie zwar schon mitbekommen, dass er in dem Projekt durchaus ein bedeutendes Mitspracherecht hatte, aber sie horchte noch mehr auf, als sie davon hörte, dass er sein eigenes Institut leitete. Am übernächsten Tag würde er schon wieder in einer Sitzung bei dem Projekt sein. Und so war sie bei ihrem Alkoholpegel auch nicht abgeneigt ein größeres Flirtrisiko einzugehen. Zumal er auch versprach, dass er ihr weitere Informationen über dieses interessante Vorhaben mitteilen würde.
Außerdem war es ja nicht so, dass er ihr unsympathisch gewesen wäre. Vor bald zehn Jahren, d.h. lange vor der Zeit mit Leo, hatte sie schon einmal heiß mit ihm geflirtet. Damals war sie ein Erstsemester gewesen und er einer der Dozenten. Damals war er schon einer der seltenen Männer, die einen halben Kopf größer waren als sie. Das war ideal zum Tanzen gewesen.
Sie ließ es also zu, dass er mit seiner rechten Hand ihr linkes Bein erkundete. Er war weiß Gott nicht plump, sondern arbeitete gleichzeitig mit Komplimenten und einer vorsichtig erkundenden Hand. So wehrte sie sich auch nicht, als er seine Hand ganz langsam unter ihren Rock wandern ließ. Es war ein prickelndes Gefühl, wie seine Finger zart über ihren Nylonstrumpf strichen. So langsam kam auch ihr Blut in Wallung dabei.
M. Pfaffner fühlte sich wohl auch ermutigt dadurch. Jedenfalls zog er sie näher heran und dann küsste er sie plötzlich. Sie fühlte sich etwas überrumpelt, aber sie ließ sich küssen. Und dann wusste sie nicht, was sie antworten sollte, als er sie nach dem Kuss noch fragte:
„Renate, ich darf doch Du und Renate sagen, nicht wahr? Ich hoffe, Du erinnerst Dich noch an meinen Vornamen, ich heiße Michael. Hättest Du nicht auch Lust, noch in die VIP-Bar des Hotels bei verträumter Musik zu gehen? Dort gibt es auch verdammt leckere Tapas.“
Sie wollte ihn ja nicht vor den Kopf stoßen mit einer klaren und glatten Ablehnung, aber natürlich konnte sie auch nicht einfach verschwinden, ohne ihrem Mann Bescheid zu sagen. Das ging ja gar nicht. Aber das konnte sie natürlich nicht sagen. Michael gehörte zu dem Kreis von deutschen Kontakten, die nichts von ihrer Heirat mit Leo wissen durften, da auch er universitäre Verbindungen zu Texas hatte. Ergo musste sie eine Ausrede finden.
„Du, Michael, sei mir nicht böse, aber mein Bruder Leo ist auch hier und dem müsste ich auf jeden Fall Bescheid sagen, damit er weiß, wo ich bin. Den müsste ich dann erst mal suchen.“
Er nickte verständnisvoll, wies aber darauf hin, dass sie ihn doch einfach mit ihrem Mobiltelefon anrufen könnte. Aber so dringlich erschien ihm das nicht zu sein, denn er legte erst mal seine linke Hand in ihren Nacken und küsste sie fordernd und mit Verve. Diesmal öffnete sie auch willig ihre Lippen. Es war schon ein Genuss, einen Mann zu küssen, der sich zu ihr herunterbeugte. Sie war sonst diejenige, die sich zu ihrem Mann hinneigen musste. Sie gebot ihm so keinen Einhalt, als seine rechte Hand höher wanderte, über den Haftbereich ihrer Strümpfe hinaus. Dort, wo seine Finger das nackte Fleisch ihrer Schenkel berührten, während er sie noch näher an sich heranzog. Sie seufzte wohlig auf.
Ja, nun erinnerte sie sich wieder. Das war er gewesen, der ‚Mann mit den Gynäkologen-Händen‘, so wie sie ihn damals scherzhaft getauft hatte. Kein Zweifel, seine Hände waren immer noch geschickt. Damals hatte sie nur vereinzelte graue Haare seine Frisur entdecken können. Jetzt hatte er komplett graumelierte Schläfen. Das macht ihn aber nicht alt oder unattraktiv. Eher gab es ihm das gewisse Etwas. Sie war über sich selber überrascht, wie ungehemmt sie diesen Kuss genießen konnte. Es war der erste Kuss von einem fremden Mann seit sie vor knapp drei Jahren Leo kennengelernt hatte. Sie stellte plötzlich fest, wie gut es tat, von einem größeren und stärkeren Mann in den Arm gehalten zu werden. Das hatte ihr in den drei Jahren wohl doch gefehlt. Bei Leo hatte sie immer das Gefühl, dass sie ihn beschützen würde, wenn sie ihn in ihren Armen hielt. Keine Frage, das war auch ein sehr schönes Gefühl. Aber in diesem Moment in den Armen von Michael fühlte sie sich mehr als geborgene und behütete Frau. Wenn sie Leo umarmte, dann hatte sie mitunter mehr zärtlich mütterliche Gefühle als die Leidenschaft einer heiß geliebten Frau zu empfinden.
Also ließ sie sich nicht nur küssen, sondern legte ihm auch ihre Arme um den Hals. Es war erfrischend, wie selbstverständlich er sich das Recht nahm, sie zu küssen. Da gab es keine fragenden Blicke, um ihr Einverständnis zu bekommen.
2 Leo
Leo traute sich nicht, sich bemerkbar zu machen. Das wagte er nicht, obwohl er liebend gerne eingeschritten wäre. Ihm klang es aber noch in den Ohren, wie Renate deklariert hatte, dass es sehr wichtig sei, zu einigen Messegästen besonders nett zu sein. Offensichtlich fiel dieser Mann, mit dem sie zusammen war, genau in diese Kategorie. Wie nett das ‚NETT‘ jetzt allerdings ausfiel, behagte ihm nicht. Dass dieser Mann sie in eine Bar ausführen wollte, hörte er gar nicht gerne – und noch weniger, dass sie das nicht gleich abgelehnt hatte. Schön, sie hatte nicht direkt zugestimmt, aber auch nicht abgesagt.
Mit der Zeit wurde er so unruhig, dass er unbedingt sehen musste, was sich abspielte. Den Kopf um die Ecke stecken kam nicht infrage. Das wäre viel zu auffällig. Er entschloss sich schließlich, sich hinzuhocken und sein Handy in den Videomodus zu schalten und es nahe dem Boden so auszurichten, dass es in den Seminarraum hineingucken konnte, aber kaum sichtbar war. Er gab sich Mühe, es ganz, ganz langsam vorzuschieben, damit die Bewegung nicht auffiel.
Was er dann live auf dem Bildschirm erblicken musste, ließ ihn schlucken. Seine Renate ließ sich von dem Mann umarmen, liebkosen und küssen. Es war insbesondere schwer zu verkraften, dass sie ihre Arme um seinen Hals gelegt hatte. Dagegen war es relativ nicht so niederschmetternd zu sehen, wie sie keinen sichtbaren Widerstand zeigte, als seine rechte Hand höher und höher unter ihren Rock wanderte. Der enge, kurze Rock in königsblau war inzwischen so hochgeklettert, dass Leo bereits das Aufblitzen ihrer entblößten Haut oberhalb der Nylonstrümpfe erkennen konnte. Weshalb ihn das relativ weniger störte, als ihre Arme um seinen Hals, konnte er sich im ersten Moment nicht erklären. Dann kam ihm der Gedanke, dass sie ihre Arme ja aktiv und freiwillig um seinen Hals gelegt hatte, und sie sich dadurch ja auch bewusst der Möglichkeit beraubt hatte, die Hand von dem älteren Mann zu stoppen.
Gleichzeitig konnte er sich nicht dagegen wehren, dass ihn der Anblick ihres hochgeschobenen Rockes anmachte. Da war es noch immer wie im ersten Jahr ihres Kennenlernens – ihre langen Beine mit den stämmigen Schenkeln und den muskulösen Waden wirkten immer noch wie ein Aphrodisiakum für ihn. Sofort regte sich sein Penis. Das verstärkt sich, als ihr pastellblauer Schlüpfer andeutungsweise sichtbar wurde. Hatte sie nicht heute Morgen einen weißen Slip angezogen?
Er erinnerte sich, wie stolz und glücklich er gewesen war, dass diese stattliche, groß gewachsene Dame das erste Mal ihren Rock für ihn geschürzt hatte. Er hatte es nicht glauben können, dass dieses eindrucksvolle Prachtexemplar einer Amazone ihm tatsächlich ihre Gunst geschenkt hatte. Er hatte damals schon befürchtet, dass hochgewachsene, imponierende Gesellschaftslöwen früher oder später ihm Konkurrenz machen würden, weil es nur natürlich war, dass eine solche Frau wie sie auch einmal zu einem Mann aufblicken wollte.
Genau das sah er jetzt. Sie hatte ihren Kopf halb in den Nacken gelegt, als sie sich wild knutschten, während die rechte Hand von dem Typen sich besitzergreifend auf den üppigen Hintern seiner Renate legte. Die Eifersucht packte ihn. Er konnte nicht anders. Er nahm sein Handy wieder an sich und versuchte sie anzurufen, während er sich einige Schritte auf leisen Sohlen von dem Seminarraum entfernte.
3 Renate
Renate schreckte auf, als es plötzlich in ihrer Handtasche klingelte. Auch Michael unterbrach seinen Kuss, ließ jedoch seine Hand noch sanft auf ihrem Po.
„Gehe nur ran, Renate. Wenn jemand um diese Zeit anruft, dann hat es sicherlich einen guten Grund.“
Sie nahm ihre Arme von seinem Hals und nestelte das Handy aus ihrer Handtasche hervor. Auf dem Display erschien die Nummer von ihrem Leo. Das irritierte sie. Wieso rief er gerade jetzt an? Sie könnte ihn natürlich wegdrücken, aber Michel hatte recht. Es gab garantiert einen Grund, warum er jetzt anrief.
„Bruderherz, was kann ich für Dich tun? Und wo bist Du überhaupt? Ich habe Dich seit der letzten halben Stunde nicht mehr gesehen.“
Als er antwortete, hörte sie seine Stimme quasi doppelt. Einmal die vom Telefon und dann ein viel schwächeres Echo, so als ob er rund 20 m von ihr entfernt sei. Er antwortete nicht auf ihre Fragen, sondern erkundigte sich direkt, ob sie mit jemandem zusammen sei. Da wusste sie, dass er beobachtet hatte, wie sie sich mit Michael von der Tanzfläche entfernt hatte und sie vielleicht sogar verfolgt hatte. Sie musste schnell überlegen, wie sie sich verhalten sollte. Der erste Schritt war, ihn noch einmal nachdrücklich an die Rolle als Bruder zu erinnern und gleichzeitig klar die Wahrheit zu sagen:
„Brüderchen, Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen. Ich bin mit einem guten Freund aus der Zeit meines Studienanfangs zusammen. Michael hat mich gefragt, ob ich mit ihm noch in eine die Bar der VIP-Suite im Hotel gehen möchte.“
Bevor sie noch zu Ende gesprochen hatte, lächelte der in ihrer Antwort angesprochene und schob Sekundenbruchteile nach der Erwähnung seines Namens seine linke Hand auch unter ihren Rock und presste sie dann gegen sich. Er flüsterte ganz leise in ihr Ohr, dass sie sofort eine Vorstellung arrangieren sollte. Er wisse, wie sehr sich manche Brüder als aufmerksame Wächter ihrer Schwestern aufführen würden. Ein persönliches Kennenlernen würde da immer Wunder bewirken. Während er in ihr Ohr flüsterte, massierte er mit einem anzüglichen Lächeln ihre Pobacken. Das rief zwiespältige Gefühle in ihr hervor. Sie mochte diese besitzergreifende Art durchaus, aber dass sie gleichzeitig dabei mit ihrem Mann noch sprach, kam ihr so vor, als würde Leo beinahe mit im Raume stehen.
Das verstärkt sich noch, als Leo nur langsam und zögerlich antwortete. Er fragte sie stockend, was sie denn nun vorhabe. Michael war mit seinem Mund noch immer nahe an ihrem Ohr. Offensichtlich konnte er die Frage von Leo hören. Michelle lächelte spitzbübisch und presste seine Lippen auf die ihren, noch bevor sie antworten konnte. Dabei war er alles andere als leise, sodass Leo das Geräusch des Kurses sicherlich hören konnte. Dann setzt er noch einen drauf, als er nach dem Kuss laut und vernehmlich sagte:
„Sag ihm, dass Du Dich gerne in der Bar auf meinen Schoß setzen würdest.“
Sie war schockiert, aber es machte sie auch an, wie fordernd der erfolgsverwöhnte Mann davon ausging, dass sie nicht nur mit ihm mitgehen würde, sondern auch öffentlich mit ihm in einer Bar knutschen würde. Sie hörte, wie Leo am Telefon seinen Atem scharf einzog. Sie musste schnell reagieren, bevor das alles aus dem Ruder lief. Sie sprach rasch ins Telefon, während sie sich sanft aus dem Griff von Michael befreite:
„Leo, ich kann Dich hören. Du kannst nicht so weit weg sein. Treffen wir uns also am Aufzug, damit ich Dir Michael vorstellen kann.“
Sie war erleichtert, als Leo das Telefon bestätigte und Michael auch nickte. Sie glättete rasch ihren Rock. Michael bot ihr galant den Arm an und geleitete sie zum Aufzug. Dort stand Leo schon. Sie machte die beiden schnell miteinander bekannt und fühlte sich etwas befangen dabei. Es sah auch ungewöhnlich aus. Michael überragte Leo um mehr als einen Kopf und er war sicherlich doppelt so schwer ihr relativ schmächtiger Ehemann.
4 Leo
Leo klopfte das Herz, als er sah wie seine Frau am Arm von diesem gestandenen Mann ging. Meine Güte, von nahem betrachtet waren seine Schläfen schon komplett grauweiß. Der musste doch schon jenseits der 40 Jahre sein. Bei ihrem Studienbeginn war er dann sicherlich ein Dozent in seinen Dreißigern gewesen. Hatte sie damals mit ihm geschlafen? Diese Frage drängte sich ihm natürlich sofort auf. Natürlich fragte er das nicht, sondern begrüßte den Mann höflich und gab ihm die Hand, so als wäre das alles ganz normal.
Leo selber fühlte sich aber gar nicht normal. Er hatte das sehr wohl gehört, wie der Typ gesagt hatte, dass Renate ihm sagen sollte, sie würde sich gerne auf den Schoß von Michael setzen. Die hatte nicht widersprochen, sondern nur von dem Treffen am Aufzug geredet. Er wusste nicht so recht, wie er sich verhalten sollte. Sie hatte ihn zweimal als Bruder angesprochen, daher war ihm klar, dass er in dieser Rolle agieren musste. Es fiel ihm nur alles andere als leicht. Renate war auch still nach der Vorstellung. Es war der Mann, der die Initiative ergriff:
„Herr Berk, warum kommen Sie nicht mit in die Bar? Ich würde mich freuen, den Bruder von Renate endlich einmal kennen zu lernen. Damals an der Uni waren Sie, glaube ich, in einem Auslandssemester, wenn ich mich recht entsinne.“
Ach Du meine Güte. Wenn der Typ Renate so gut kannte, dass er sich daran erinnerte, wie ihr Bruder damals im Auslandssemester war, dann musste er noch vorsichtiger sein. Was hatte sie ihm damals über ihren Bruder erzählt. Kannte er ihn vielleicht? Vielleicht war es da besser gar nicht erst auf die Einladung einzugehen. Aber wollte er Renate alleine mit diesem Casanova lassen? Er war unentschlossen. Da griff Renate ein, als sie sein Zögern wahrnahm.
„Ja, Leo. Komm doch mit. In der Bar gibt es gute Tapas. Da kannst Du Dir vielleicht noch Inspirationen holen.“
„Also gut, Herr Doktor Pfaffner. Renate weiß, wie gern ich koche und neue Rezepte ausprobiere. Ich komme also gerne auf eine halbe Stunde mit. Zumindest für mich wird es heute nicht zu lange werden, da es ja morgen früh wieder für uns beide per Bahn nach Düsseldorf zurückgeht.“
Er warf Renate einen kurzen Blick zu, damit sie das auch nicht vergaß. Er hoffte, dass sie dann ebenso sagen würde, dass sie auch früher ins Bett gehen müsse. Es kam allerdings etwas, womit er nicht gerechnet hatte.
„Also, wenn das so ist, kann ich eine Mitfahrt in meinem komfortablen Dienstwagen nach Düsseldorf anbieten. Dann kannst Du auch ausschlafen, Renate. Sie natürlich auch, Herr Berk. Auf der Rückfahrt können wir dann auch gerne über das Projekt reden, Renate. Du könntest ja vielleicht mitarbeiten…“
Leo war von den Socken, als Renate sofort und ohne Zögern zustimmte. Da blieb ihm nichts Anderes übrig, als auch auf das Angebot höflich und dankbar einzugehen. Und das obwohl er den Doktor zum Teufel wünschte. Wie sollte er jetzt doch glaubhaft Renate dazu motivieren, den Abend möglichst kurz zu halten? Wann konnte er endlich mal mit ihr alleine reden? Auf dem Weg zur Bar konnte sie ihm nur kurz zu flüstern, dass er sehr wertvolle Kontakte für ihre Karriere hatte. Sie würde sehr nett zu ihm sein, sagte sie betont.
Es kam ähnlich, wie er es schon befürchtet hatte. Oh, es war eine sehr kleine aber gute Bar. Der Tisch, an dem sie saßen, hatte einen guten Blick auf die kleine Minibühne, wo ein virtuoser Klavierspieler für dezente Hintergrundmusik sorgte. Sie waren die einzigen Gäste. Es gab spanischen, hervorragenden Brandy und die Tapas waren exzellent. Sie stießen mit einem guten Cava in eleganten Sektgläsern an, die eine kleine, süße Kellnerin in spanischer Tracht ihnen brachte. Der Doktor bot ihm das ‚Du‘ an. Das alles war’s nicht, was seine Befürchtung wahr werden ließ.