Da war dieser süße Kerl an der Uni. Sicher, er war etwas klein geraten, aber seine Statur war robust, breite Schultern, muskulös. Er trug braune kurze Haare, die dieselbe Tönung hatten wir seine brauchen Augen. Sein Gesicht war eher viereckig, dabei drückten sich seine Wangenknochen stark aus. Während er mit anderen sprach, lächelte er offen, wobei man seine geraden und gepflegten weißen Zähne erkennen konnte. Überhaupt schien er immer gut gelaunt, immer fröhlich — ja aufbauend im Wesen zu sein. Er war beliebt, denn er war ständig mit irgendwelchen Leuten umgeben.
Tom — diesen Namen hatte sie von ihm durch ein Gespräch, das sie belauscht hatte mitbekommen — Bild war eben in ihr Kopf gekommen, als sie nackt aus der Dusche trat. Annabelle war sehr schlank, nicht sehr sportlich. Im Verhältnis zu ihrem Körper hatte sie einen etwas größeren Po. Sie trug ihr blondes Haar immer offen, die ihr bis zur Brust fielen. Zwar klein (nach ihren Vorstellungen. Um genau zu sein, passten sie in ein B-Körbchen), so waren ihre perfekt tränenförmigen Brüste sehr schön. Ideal mittig thronten etwas dickere, längere Nippel, die bei Kälte wesentlich länger wurden. Daher trug sie immer einen BH. Selbst dann konnte es an einem kalten Tag geschehen, dass ihre Nippel einen Abdruck an ihrer Kleidung hinterlassen.
Es geschah in letzter Zeit immer wieder. Sie musste immer wieder an Tom denken. Ihr war das peinlich, konnte aber nicht anders. Ständig fragte sie sich, wie sie ihn ansprechen sollte, was sie anziehen sollte, ob sie etwas Aufreizendes anziehen sollte, welche Schuhe sie anziehen wollte. Doch diese Gedanken waren eigentlich absolut sinnlos, redete sie sich ein, sie musste einfach ihn ansprechen — egal wie, Hauptsache sie sprach ihn an.
Sie schaute auf ihr Handy. Kurz nach elf. Etwa eine halbe Stunde brauchte sie von ihrer Haustüre bis zur Uni. Zwar begann das Seminar erst um halb eins, aber sie wollte trotzdem schon früh Dasein, denn um 12 befand sich Tom gerne auf dem Campus, und sie wollte ihn sehen. Was ihr wieder peinlich war. Ihre Mitbewohnerinnen waren beschäftigt — sie konnte ihr Tippen hören. Daher verabschiedete sie sich nicht, sondern machte sich, nachdem sie noch ihre Handtasche mit einem Notizheft und einem Stift mitgenommen hatte, zügig davon.
Sie kam 5 Minuten vor zwölf auf dem Campus an. Wie immer war hier ein steter Strom von Menschen. Natürlich auch ausgefallenere: Junge Frauen mit Haare im Regenbogenlook, oder diese hässlichen ungepflegten Typen, die große Frau mit den riesigen Brüsten (sie war unglaublich neidisch auf sie), aber der Großteil der Leute waren normal gekleidet und sahen normal aus. Manche davon waren attraktiver als Andere, so wie Tom. Etwas nervös kam sie auf dem Platz, wo sie Tom am meisten sah. Sie blickte sich um, doch da war kein Tom. Kurz hielt sie inne und wollte schon enttäuscht weggehen, als sie Tom gerade aus der Bib kommen sah.
Ihr Herz pochte wie wild. Diesmal behielt sie ihren Blick auf Tom. Er schien keine Pläne zu haben, sondern ging wahrscheinlich einfach zu der nächsten Vorlesung. Allmählich kam er ihr näher, er kannte sie nicht, er würde niemals zu ihr gehen, dachte sie. Weiter verfolgte sie wohin er ging. Inzwischen war er nur noch drei Meter von ihr entfernt. Dann geschah es:
Er schaute sie an. Er lächelte. In seinen Augen war etwas Rötliches — wahrscheinlich bildete sie sich das ein, war aber egal –, also etwas Rötliches, eine kleine Flamme. Sie lächelte zurück. Da-dump, da-dump, da-dump, immer schneller. „H-Hey“, brachte sie hervor.
Sofort hielt Tom inne. „Hey!“, grüßte er zurück, „du besucht auch die Vorlesung über Sozialpsychologie, oder?“. Ja, das stimmt. Sie war etwas verblüfft, dass er das gemerkt hatte. „Genau“, plumpste es aus ihr. Noch immer grins‘ ich wie doof, dachte sie. „Ich wollte ehrlich gesagt, dich schon immer mal kennenlernen“, sprach er. Hatte sie richtig gehört? Er wollte etwas von ihr? Direkt verspürte sie ein Kribbeln, was kein Kribbeln war, mehr ein kribbeliges Gefühl, auch nicht so richtig ein kribbeliges Gefühl, mehr wie unter Strom gesetztes Kribbeln — wobei der Strom das Kribbeln unterdrückt — ach ich schweif ab! Hätte sie ihn zum ersten Mal so getroffen, hätte sie gesagt: „es ist Liebe auf den ersten Blick gewesen“. „Echt?“, sie lächelte überstark — ich muss wie ein Clown aussehen, dachte sie — „weil, ich wollte dich auch …. äh … kennenlernen“.
Ihre Antwort kam ihr so verdammt akward vor. Irgendwie albern, aber was soll daran albern sein? Daraufhin reagierte er etwas merkwürdig. Sein Gesicht (welches er mit seinen Finger ankratzte) verkrampfte sich seltsam. „Ich bin Tom“, sagte er dann. „Annabelle“ , antwortete sie. Tom fragte sich, warum er so spontan auf sie zugegangen war. Um ehrlich zu sein, dachte er, weißt du es eigentlich. Du fandst sie immer schon süß, seitdem du sie gesehen hast, dachte er weiter. Er hoffte nur, dass er auf ihr keinen schlechten Eindruck gemacht hat. „Wenn du willst können wir, … können wir uns mal treffen“, schlug Annabelle vor. „Klar“, erwiderte Tom fröhlich mit einem Lächeln. Schnell zog er sein Smartphone aus seiner Hosentasche — zuerst dachte Annabelle, er würde nach ihrer Telefonnummer fragen –, aber er schaute offenbar nur die Uhrzeit, denn nachfolgend wirkte er etwas gestresst. „Hey, war echt schön dich kennenzulernen. Wir müssen mal uns treffen, aber nicht jetzt, ich muss wirklich los“, plapperte er zügig. „Dann, tschau!“, rief Annabelle noch hinterher. Dabei drehte er sich noch kurz um, winkte und verabschiedete sich mit den selben Worten.
So hatten sich Tom und Annabelle kennengelernt.