Ich sitze hier vor dem Café, trinke meinen Tee und warte. Es ist später Vormittag und die Sonne scheint sich an diesem Spätsommertag noch einmal vorgenommen zu haben, den Menschen etwas mehr Wärme zu spenden. Den Menschen zumindest, die das wahrnehmen und genießen können. Die anderen Menschen ziehen gehetzt durch die Straßen der Großstadt an mir vorbei und ich beobachte sie gelegentlich während ich meine Zeitung lese.
Eine Frau zerrt ihr schreiendes Kind von einem Schaufenster weg und versucht diesem angespannt zu erklären, warum es weiter gehen soll und nichts aus dem Spielwarenladen bekommt.
Aus einem kleinen Lebensmittelladen nebenan kommt eine Verkäuferin heraus gestürmt. Hinter ihr schreit ein Mann aus dem Laden sie sei entlassen. Die Verkäuferin schreit wütend zurück, daß sie bereits gekündigt hat und er sie deshalb nicht entlassen kann. Sie schlägt wütend die Tür hinter sich zu und kommt in meine Richtung. Sie setzt sich an einen Nebentisch und bestellt beim Kellner einen Kaffee. Während sie auf diesen wartet, steckt sie sich mit zitternden Händen eine Zigarette an.
Auf der anderen Straßenseite steigt ein junges Paar aus einem Taxi. Er will den Fahrer bezahlen, Sie jedoch beginnt ein gestenreiches Gespräch mit beiden. Er gibt dem Fahrer das Geld und beide gehen die Straße hinunter. Der Blick, den sie ihm zu wirft, lässt nichts Gutes ahnen.
Als ich einen kurzen Lichtblitz bemerke, schaue ich zum Ende der Straße. Alexandra kommt gerade um eine Häuserecke herum und ihr Halsband glänzt in der Sonne. Ihre langen, rotblonden Haare wehen im leichten Wind. Ihr beiger Rock aus dünnem Leinen fällt sanft über ihre Hüften und schmiegt sich bei jedem Schritt um diese herum. Das Oberteil, von einem braunen Seil gehalten, fällt fließend über ihre Schultern und ihre Brust ohne diese zu sehr zu betonen.
Den Kopf erhoben und den Blick gesenkt kommt sie die Straße hinauf. Sie geht an dem sich streitenden Paar aus dem Taxi vorbei. Wieder blitzt ihr Halsband in der Sonne.
Das Paar bleibt stehen, beide blicken ihr mit offenem Mund hinter her.
Nach einigen Schritten ist sie auf Höhe des Cafés und wendet sich her um die Straße zu überqueren. Noch immer schaut das Pärchen zu ihr. Als sie die Straße überquert wenden sich die Beiden zum Gehen, dieses Mal schweigend und anscheinend jeder in seine eigenen Gedanken vertieft.
Ich blicke zu Alexandra herüber und sehe in ihr Gesicht. Sie trägt wieder dieses unergründliche Lächeln, welches sie in letzter Zeit so oft aufgesetzt hat. Sie wirkt entspannt und gelassen als sie mit schnellem Schritt die Straße überquert.
Auf dieser Straßenseite angekommen, kann ich ihre grünen Augen erkennen. Sie bemerkt meinen Blick und senkt darauf hin den ihren noch weiter.
Noch immer lächelnd geht sie zwischen den Tischen entlang und kommt auf mich zu.
Bei mir angekommen begrüßt sie mich mit einem „Einen guten Tag mein Herr.“ und kniet sich neben mich, die Knie zusammen und die Hände flach auf die Oberschenkel gelegt.
„Hallo Alexandra,“ erwidere ich ihren Gruß „dir auch einen schönen Tag. Möchtest Du etwas trinken?“ frage ich sie.
Sie nickt „Einen Kaffee bitte, wenn es mein Herr erlaubt.“
Ich winke den Kellner heran, der der am Nebentisch sitzenden Verkäuferin gerade ihren Kaffee gebracht hat und bestelle Alexandras Kaffee und noch einen Tee für mich selbst.
Er schaut mit großen Augen zu Alexandra und scheint sich die Frage, warum sie nicht auf dem Stuhl sitzt, gerade noch zu verkneifen und geht.
Ich nehme wieder meine Zeitung und schaue mich gelegentlich um. Mein Blick wandert gelegentlich wieder auf die Gehwege zu den gehetzten Passanten. Niemand scheint wirklich glücklich zu sein, alle wirken gehetzt. Ab und an bleibt mein Blick auf Alexandra hängen, die den Kopf an mein Knie gelehnt hat und lächelnd umher schaut. Ich streiche Ihr mit der Hand über die Wange und ernte einen erfreuten Blick dafür.
Am Nebentisch steckt sich die Verkäuferin bereits ihre dritte Zigarette an und blick unverhohlen zu uns herüber. Als ich zu ihr schaue, wendet sie sich schnell ab und starrt in ihre Tasse. Dennoch bemerke ich, wie sie immer wieder herüber schielt.
Ich wende mich wieder meiner Zeitung zu und lese weiter.
Nach wenigen Augenblicken wende ich mich Alexandra zu. „Alex, woher hast Du nur immer diese Ruhe? Egal was Du tust, Du erledigst alles mit einer solchen Gelassenheit, daß es mir beinahe unheimlich ist.“
Sie hebt den Kopf und blickt mich lächelnd an. „Warum soll ich mich denn Hetzen oder unruhig sein mein Herr? Ich habe meine Bestimmung und meinen Platz gefunden. Ich bin Ihre Sklavin mein Herr und ich bin stolz darauf, Ihnen zu dienen. Ich brauche mich nicht zu hetzen, um irgend etwas zu erreichen. Denn mehr als das kann eine Frau nicht erreichen.“
Ich blicke in ihre grünen Augen und denke über ihre Worte nach.