Beim Abendessen blickte Herbert immer wieder unsicher zu mir. Seine Frau Rosemarie schimpfte über die Verrohung der Sitten und wie schlimm das alles heutzutage sei, mit Pornographie und leichten Mädchen. Sie sei froh, betonte sie, dass „ihr Herbert“ gesund sei, das wäre doch alles krank und Sünde und ein guter Mann wisse das und würde sich nicht solchen Schund reinziehen, sondern seine Frau respektieren. „Die denken doch alle heutzutage nur noch mit dem da Unten“ schimpfte sie laut. „Entschuldigung, ist doch wahr!“ ergänzte sich leicht erzürnt.
Herbert versuchte artig zu nicken, aber er war deutlich verunsichert, als er seine Frau reden hörte.
„Ich weiß gar nicht, wie man an soetwas Spass haben kann. Das Leben ist nicht nur Spass und Vergnügen. Die Leute sollten mal wieder härter arbeiten, dann würden sie nicht der Sexsucht verfallen. Das ist nämlich alles nur eine Sucht, wenn man tagein, tagaus nur das Eine will, das hat doch nix mit Ehe zu tun, als sei man nur ein Spaßobjekt für den anderen. Wenn man sich zurückhalten kann, dann zeigt man wahren Respekt voreinander, nicht wahr, Herbert! Und wir wissen wovon wir reden, wir sind schließlich lang genug verheiratet. Ich hab nur einen Mann gehabt in meinem Leben und so hats der Herr bestimmt. Die Sünder werden alle ihre Schuld noch bitter zu spüren bekommen! Lest selbst in der Offenbarung von Johannes, nicht wahr, Herbert.“
Herbert wagte nicht von seinem Teller aufzublicken und nickte.
Rosmarie, die ganz in ihrem Element war fuhr fort: „Wenn ihr jetzt noch umkehren könnt, meine Kinder, dann tut es. Denn nur, wenn ein Mann bereit ist seine Keuschheit MIT EUCH zu leben, wisst ihr, dass ihr den Herrgott nicht erzürnt. Heute laufen alle nackig herum. FKK und was weiß ich nicht alles, ja was ist denn das? Herbert und ich lehnen das ab und wir lassen uns nicht beirren, nicht wahr?“
Ohne sich Herberts bestätigendes Nicken zu überprüfen stand Rosemarie nach dem Essen auf und ging kopfschüttelnd zum Spülbecken. „Geht ihr nur schon nach oben, ich mach das schon. Wart ihr heute überhaupt schon unten am Acker? Herbert?“
Herbert wurde wieder nervös und antwortete: „Ich fühl mich nicht so, ich leg mich einfach ein bisserl hin, geht mir schon den ganzen Tag so…“
„Ja, mach des, wir werden nicht jünger…“ antwortete seine Frau und fügte dazu: „Hast den ganzen Tage gelesen, mmh?“
Ich schon Herbert zur Tür hinaus und flüsterte: „Bis nachher…“, dann antwortete ich Rosemarie: „Ja, das ist herrlich. Im Garten sitzen und lesen, bald hab ich wieder so viel Arbeit…“
„Also, wenn Du magst, kannst auch rausgehen, Du sollt Dich ein bisserl ausruhen, solang Du noch hier bist.“
Meine Freundin, die derweil wieder mit ihrem Mann telefonierte blickte zu mir herüber: „Du, wir haben heute noch was zu klären, ich muss wohl etwas länger telefonieren, kommst Du alleine klar???“
„Klar, kein Problem, ich würde sagen, wir sehen uns morgen beim Frühstück…“
Rosmarie winkte mir zu: „Ja, ich geh auch gleich nach dem Aufräumen in mein Schlafzimmer. Ich muss noch die Socken fertig stricken und dann geh ich auch ins Bett…“
Wir verabschiedeten uns alle schon einmal und verlies die Küche. Herbert war in seinem Zimmer, aber ich beschloß nicht gleich zu ihm zu gehen, solange meine Freundin und seine Frau auch noch wach waren.
Ich ging zunächst nach oben und stellte mir den Wecker auf 0.30 Uhr. Um die Zeit würden alle sicher schlafen, und Herbert … der hätte vielleicht nichts dagegen von mir aufgeweckt zu werden, schmunzelte ich in mich hinen…
So wurde ich um 0.30Uhr von meinem Handywecker wach geklingelt. Ich hatte den Ton extra leise gewählt, dass niemand wach würden.
Leise stand ich auf, frisierte mein Haar noch einmal, zog meinen Slip unter meinem Nachthemd aus und machte mich auf den Weg zu Herberts Zimmer. Alle schliefen tief und fest, im Haus war niemand mehr zu hören. Offenbar war Herbert noch einmal bei mir im Zimmer gewesen. Als ich meine Türe öffnen wollte fand ich auf dem Boden einen Brief.
Ich öffnete ihn. Er war von Herbert.
„Ich würde nichts lieber, als dich sofort sehen“ schrieb er „Aber ich kann nicht. Ich habe große Angst vor der Sünde. Ist es nicht Sünde was wir beide taten? Haben wir uns nicht schuldig gemacht? Ich kann nicht widerstehen, doch ich denke, wir sollten widerstehen. Wir müssen es! Sag Du es mir!
Was nur sollen wir tun? Und wie wird es weitergehen. Schon jetzt möchte nicht mehr auf all das, was ich durch dich erfahren durfte verzichten. Bitte lass uns morgen darüber reden. Ich habe große Angst, dass das was wir tun falsch ist. Ist es wirklich falsch? Wieso ist es denn dann aber so unglaublich schön? Mehr morgen, ich denke wir sollten uns heute abend nicht sehen, denn meine Frau darf niemals erfahren was wir da getan haben. Bitte! Ich sehne mich nach Dir, Herbert“
Ich hielt inne. Sollte ich doch nicht zu ihm gehen? Lieber bis morgen warten? War es wirklich falsch, was wir taten? Habe ich einen Fehler gemacht?
„Nein“ sprach ich zu mir „Nein, denn ich genieße es so sehr…“ Ich spürte wie auch ich zunehmend nicht davon ablassen konnte an das, was Herbert mir zurückgab zu denken. Seine Hingabe, seine Freude, den Genuß, den er sichtlich spürte, die Unsicherheit, die ihn so zärtlich sein lies, die Neugierde auf Neues, auf Alles, was er je verpasst hatte und was auch vielleicht ich noch nicht kannte. Noch nie hatte ich einen Mann als derart „dankbar“ erlebt, „nur“ weil wir miteinander schliefen.
Bei diesen Gedanken fiel es mir zunehmend schwerer auf morgen zu warten, um mit ihm zu sprechen. Ich hatte einen anderen Plan. Ich wollte ihn sofort sehen, aber nicht um zu reden. Reden könnten wir auch noch morgen…