Ich traf ihn erstmals auf der kurzen Überfahrt von der Insel Hiddensee. Er hatte ein nettes Lächeln, war sehr gesprächig, freundlich interessiert mich kennen zu lernen und sah total gut aus. Vom Typ her ein junger Harrison Ford aus dem ersten Star Wars-Film.

Ich hatte ein sonniges Wochenende im Haus einer auf der kleinen Ostseeinsel verbracht, war jetzt auf der Heimfahrt und musste vom Hafen Schaprode mit dem Bus nach Bergen auf Rügen, der größten Insel Deutschlands, wo ich wohne.

Ich musste ihn nicht einmal um eine Mitfahrgelegenheit bitten. Er hatte seinen coolen BMW in Schaprode stehen und bot von sich aus an, mich nach Hause zu fahren und den Umweg über Bergen auf dem Heimweg nach Stralsund auf dem Festland in Kauf zu nehmen.

Am Ende der Fahrt quatschten wir noch einige Minuten vor dem Haus, in dem ich damals wohnte, bevor ich aus seinem BMW ausstieg. Er schrieb mir einen kleinen Zettel mit seinem Namen und seiner Telefonnummer. Ich schaute auf den Zettel. Alexander hieß der Typ.

„Ich bin die Riki. Also eigentlich Ulrike. Aber alle nennen mich Riki,“ sagte ich und fügte schnell, aber mit einem verbindlichen Lächeln, hinzu: „Und ich bin in einer Beziehung.“

„Man weiß ja nie,“ sagte er zweideutig und zeigte auf den Zettel. Er klang selbstbewusst.

Wir gaben uns die Hand, und ich stieg aus dem Auto.

Das war im Mai.

Als ich im September den Zettel wiederfand, hatte sich die Sachlage grundlegend verändert. Meine wackelige Beziehung zu Michael war beendet, ich war aus dem gemeinsamen Reihenhaus ausgezogen, hatte eine gemütliche Zweizimmerwohnung im Zentrum von Bergen und fand beim Auspacken der Umzugskartons den Zettel von diesem Alexander, den ich dann anrief.

Er wusste sofort, wer ich war, und klang gar nicht überrascht. Als hätte er meinen Anruf erwartet.

Wir redeten nicht lange am Telefon sondern verabredeten uns für den folgenden Sonnabend im Steakhaus am Marktplatz in Bergen. Steakhaus klingt weder mondän noch klimafreundlich, aber hier in unserer kleinen Stadt kommen wir mit dem zurecht, das wir haben.

Alexander winkte mir von einem Tisch auf der Terrasse des Restaurants zu, als ich kurz vor sieben ankam. Ich hatte mich dezent geschminkt, aber war ansonsten nicht gerade aufgemotzt in meinen Jeans, meinem Sweatshirt und meinen Sneakers. Dieses erste Date nach der Trennung von Michael wollte ich betont lässig angehen. Alex dagegen war schick angezogen in schwarzem Sakko mit passender Hose und Krawatte, weißem Hemd und glänzenden, schwarzen Schuhen.

Er stand auf und wir umarmten uns. Er duftete frisch und natürlich.

„Du bist so hübsch,“ stellte er fest.

„Danke,“ antwortete ich und wurde dabei wahrscheinlich rot.

Zum Rotwerden hatte ich eigentlich keinen Grund. Denn ich bin ehrlich gesagt recht hübsch. Das behauptet nicht nur Alex. Ich bin 1,75 mit langen, blonden Haaren und regelmäßigen Gesichtszügen, schlank, sportlich und könnte mit meinen 32 Jahren auch als 25-Jährige durchgehen.

„Warst du einkaufen?“ fragte ich und zeigte auf die große, lila Einkaufstüte neben seinem Stuhl.

„Ja,“ antwortete er ohne näher drauf einzugehen.

„Möchtest du draußen sitzen? Ist es nicht zu kalt?“ fragte ich.

Im September kann es zwar tagsüber noch warm sein. Die Abende sind aber schon kälter.

„Hier draußen ist es doch schön. Ihr habt einen schönen Marktplatz hier.“

„Finde ich auch,“ sagte ich und setzte mich an den Tisch.

Wir schauten uns die Menükarten an und bestellten eine Flasche Rotwein und Steaks.

„Bist du mit dem Auto hier?“ fragte ich.

„Ja. Mein Auto steht drüben auf dem Parkplatz. Aber ich kann Wein trinken. Ich habe eine Übernachtungsmöglichkeit bei einem Studienfreund hier in Bergen.“

„Und du wohnst in Stralsund?“

„Ja.“

Die Kellnerin öffnete die Weinflasche am Tisch. Alex uberließ es mir den Wein zu probieren. Mit einem Nicken akzeptierte ich den Beaujolais, der uns danach in die Gläser gefüllt wurde.

Wir prosteten uns zu und tranken.

„Mein Einkauf ist übrigens für dich,“ sagte Alex, als er seinen Wein wieder auf den Tisch gestellt hatte.

Alex holte ein Karton aus der Tüte und legte ihn auf den Tisch.

„Bitteschön.“

„Für mich?“ fragte ich albern. „Danke!“

Ich öffnete den Karton. Unter dem Deckel befand sich dünnes Papier, und unter dem Papier fand ich zwei schwarze Sandalen mit extrem hohen Stilettoabsätzen. Ich nahm eine davon in die Hand und studierte sie genauer.

„Das ist sehr nett von dir… Aber die kann ich echt nicht tragen. Ich werde umfallen,“ sagte ich etwas verlegen wegen dem teuren Geschenk, das überhaupt nicht zu mir passte.

„Das lernst du schon,“ meinte Alex.

Der Absatz war ungefähr acht Zentimeter hoch, und der Durchmesser am Ende war so klein wie der einer Ein-Cent-Münze. Die Sandale war Stilrein und total minimalistisch. Nur zwei dünne, schwarze Lederriemen sollten sie am Fuß befestigen. Sie war vorne und hinten offen. Elegant, würden manche sagen. Aber, wie gesagt, überhaupt nicht mein Fall.

„Hoffentlich ist es die richtige Größe?“ sagte Alex fragend.

Ich schaute auf den Schuhkarton. 39. Das müsste hinhauen.

„Woher weißt du meine Schuhgröße?“

„Wir haben doch über Füße geredet. Damals auf der Fähre.“

„Nee. Echt?“

„Ja doch. Ich habe doch gesagt, dass du schöne, schlanke Füße hast. Und nebenbei nach deiner Größe gefragt. Für den Fall, dass ich mal Gelegenheit bekomme, dir Schuhe zu schenken.“

Ich glotzte ihn ungläubig an. Er redete weiter:

„Ich mag Frauen mit schönen Füßen. Besonders wenn sie in sexy Sandalen stecken.“

„Du hast eine sehr direkte Art, Alex. Weißt du das?“

„Findest du? Du musst sie anprobieren.“

„Aber ich glaube nicht…“

„Komm schon!“

„Na gut.“

Ich band meinen rechten Nike-Schuh auf, zog meinen Füßling aus und entfernte ein wenig Baumwolle von den Zwischenräumen zwischen meinen Zehen, bevor ich meinen nackten Fuß in die Sandale steckte.

„Darf ich?“ fragte er und streckt die Hände aus. Er nahm meinen Fuß, legte ihn auf seinen Schoß und festigte mit seinen warmen Händen den Sandalenriemen um meinen Knöchel.

„Die sitzt doch perfekt,“ stellte er zufrieden fest.

Ich ließ meinen Blick von meinem rechten Fuß, den Alex sanft streichelte, zu meinem linken wandern, der in dem vergleichsweise plump wirkenden Nike-Schuh auf dem Boden der Holzterrasse des Steakhauses stand.

„Und die andere!“ befahl Alex und setzte behutsam meinen rechten Fuß ab. Mit meinem spitzen Stilettoabsatz auf dem Bretterboden musste ich nach der Tischkante greifen, um das Gleichgewicht zu behalten. Alex nahm meinen linken Fuß in seinen Schoß, löste den Schnürsenkel, und zog Schuh und Söckchen von meinem Fuß. Einen Moment lang streichelte er meinen linken Fuß.

„Du hast wirklich wunderschöne Füße, Riki,“ sagte er.

„Dankeschön!“

Er nahm die linke Sandale aus der Schachtel und schob meine Zehen unter den unteren Riemen, bevor er den Riemen um meinen Knöchel vorsichtig festzog.

„Ist das zu eng?“

„Nein, genau richtig.“

Dann stellte er meinen linken Fuß wieder auf den Boden. Mit den hohen Absätzen fühlte sich das Sitzen anders an.

„Auf deine schönen Füße, Riki!“

Wir hoben unsere Weingläser und leerten sie. Alex schenkte Wein ein.

„Und jetzt…,“ sagte Alex, „…gehst du spazieren.“

Vielleicht war es der Wein, der mir den Mut gab, es zu versuchen. Lachend lehnte ich mich nach vorne und verlagerte das Gewicht vorsichtig vom Stuhl auf meine Füße. Ich legte meine Handfläche auf den Tisch und stand langsam auf. Der Tisch war nicht ganz stabil. Alex war schnell auf den Beinen und hielt mich fest. Er hatten einen angenehmen Geruch. Wir standen eine Weile mit unseren Armen umeinander. Sein Gesicht war ganz nah. Ich bewegte meinen Mund vorsichtig zu seinem und spitze meine Lippen, als er sich plötzlich aus der Umarmung löste, mich aber an der Hand nahm.

„Versuch mal, eine Runde zu gehen,“ sagte er und drückte ermutigend meine Hand.

„Du machst das großartig,“ urteilte er, als ich es schaffte, ein vorsichtige Schritte zwischen den Tischen zu machen. „Jetzt versuch’s ohne mich.“

Alex ließ meine Hand los und ging langsam rückwärts zu unserem Tisch. Ich stöckelte ihm vorsichtig hinterher und lehnte mich zurück, um nicht hinzufallen. Es sah ohne Zweifel völlig lächerlich aus. Wie ein neugeborenes Kalb, das gerade laufen lernte. Ich machte einen letzten, langen Schritt zu meinem Stuhl zu und landete mit einem erleichterten Seufzer mit meinem Arsch auf den Sitz.

„Die stehen dir ganz toll, Riki! Sie würden zu dem Kleid passen, das du auf der Fähre von Hiddensee getragen hast.“

„Vielleicht! Es ist aber schade, dass ich mich überhaupt nicht bewegen kann in diesen Dingern.“

Ich guckte runter auf meine Füße, die in den in diesen Stöckelsandalen völlig fremd aussahen. Dann nahm ich einen großen Schluck Beaujolais. Alex goß mir sofort aus der fast leeren Flasche nach.

„Gibst du mir noch mal deinen Fuß, Riki?“

Ich legte meinen linken Fuß wieder auf seinen Schoß. Alex streichelte mit seinem Zeigefinger über meine Zehen.

„Du solltest deine Nägel lackieren,“ sagte er.

„Ich hatte ja keine Ahnung, dass du vorhattest mir diese Sandalen zu schenken.“

Alex lächelte.

„Nein. Natürlich nich. Übrigens… bist du tätowiert?“ fragte er.

„Nein. Wieso?“

„Weil Tattoos an einer schönen Frau gut aussehen.“

Alex‘ Blick wanderte über meinem Körper von meinem linken Fuß zu meinem Gesicht.

„Ich überlege gerade…,“ sagte er und begann mit seinem Zeigefinger über meinen Fußrücken zu streicheln, „…ob du dir hier ein Tattoo stechen lassen würdest?“

„Auf dem Fuß?“

„Ja. Hier auf dem Rist. Es würde sehr gut zu deinen neuen Sandalen passen. Es wäre einfach… elegant.“

„Und was soll ich auf meinen Fuß tätowieren lassen, findest du?“

Ich nahm einen Schluck Beaujolais.

„Was Schönes. Eine Blume. Eine rote Rose vielleicht.“

Die Kellnerin servierte unsere Steaks. Ich nahm meinen Fuß von Alex‘ Schoß runter und setzte mich wieder ordentlich an den Tisch.

„Guten Appetit!“ wünschte mir Alex und wir fingen an zu essen.

Die Steaks waren, wie immer in dem Steakhaus, ausgezeichnet.

Da wir draußen saßen, waren wir natürlich von lauter Rauchern dicht umzingelt. Ich lehnte mich nach vorn und flüsterte zu Alex:

„Das ist der Nachteil, wenn man im Freien sitzt. Die Leute qualmen hier wie die Schlote.“

„Stört dich das, Riki?“

„Beim Essen? Doch. Ich finde das hier echt schlimm,“ antwortete ich und wedelte demonstrativ mit der Hand wie um den Rauch zu vertreiben.

„Rauchst du?“ fragte er.

„Ich? Nein. Ich habe noch nie geraucht. Du?“

„Ich rauche auch nicht. Aber ich bin tolerant. Vielleicht solltest du anfangen zu rauchen. Du wärst dann entspannter und toleranter. Und es würde dir bestimmt gut stehen.“

Den letzten Satz sagte er mit einem unergründlichen Lächeln. Ich reagierte nicht drauf und konzentrierte mich auf mein Steak.

Auf seine letzte Bemerkung fand ich keine gute Antwort, aber nach einer kurzen Stille ging das Gespräch weiter. Ich erzählte von meiner Arbeit als Lehrerin für Deutsch und Sport an einer Grundschule, und Alex von seinem Job in der IT-Branche.

„Jetzt könnte ich noch einen Espresso trinken. Du auch?“ fragte Alex, als unsere Teller leer waren.

„Ja. Unbedingt. Aber wollen wir den Kaffee nicht lieber drinnen nehmen. Mir ist hier kalt.“

„Wirklich? Ich finde es so schön, hier draußen zu sitzen.“

Anscheinend war Alex ein echter Outdoor-Typ.

„Ich hole dir schnell eine Fleecedecke und bestelle gleich den Kaffee,“ sagte er und war schon auf den Beinen. Bevor er reinging fügte er mit einem Schmunzeln noch einen Satz hinzu:

„Da ist übrigens noch was im Karton.“

Ich warf einen Blick in den Schuhkarton, der noch mit dem dünnen Seidenpapier von meinen Sandalen gefüllt war. Unter dem Papier fand ich ein gelbes Plastikfeuerzeug und eine hellblaue Schachtel Camel-Zigaretten.

Kurz darauf war Alex zurück mit der Decke, die er behutsam um mich legte.

„Kaffee kommt gleich!“ sagte er.

„Was soll das?“ fragte ich und zeigte auf die Zigaretten, die jetzt zwischen uns auf dem Tisch lagen.

„Ich habe das mit dem Rauchen vorhin ernst gemeint.“

„Wie… ernst gemeint?“

„Dass du rauchen solltest. Es würde dir stehen.“

„Ich rauche doch nicht.“

„Schade.“

„Schade? Wieso findest du das schade?“

Alex sah mich mit ernster Miene an:

„Ich muss dir von meiner Schwäche erzählen…“

„Du rauchst also doch? Du kannst ja rauchen so viel, wie du willst. Hier ist ja eh vollgequalmt,“ sagte ich etwas zu aggressiv und schob die Zigarettenschachtel auf seine Tischhälfte.

„Nein danke. Ich rauche nicht. Meine Schwäche ist, dass ich es mag, wenn eine schöne Frau eine Zigarette raucht.“

Ich schaute ihn verwirrt an. Er redete weiter:

„Und jetzt bin ich hier an diesem schönen Abend mit einer schönen Frau, die in den eleganten Sandalen, die ich ihr geschenkt habe, die schönsten Füße hat.“

„Und ich soll jetzt eine rauchen?“

„Ja. Ich möchte nur sehen, wie du die Zigarette anzündest, den Rauch einatmest, ausatmest, die Zigarette zwischen deinen Fingern hältst, während wir uns unterhalten.“

Alex schob die Zigaretten zurück in meine Richtung.

„Ich habe dir extra diese Leichten gekauft. Genau richtig für eine Anfängerin.“

„Aber ich habe noch nie geraucht. Und ich habe nicht vor jetzt anzufangen.“

„Das ist schräg. Es würde so gut zu dir passen.“

„Das glaube ich nicht. Und guck mal: ‚Rauchen ist tödlich‘.“

Ich zeigte ihm den Warnhinweis auf der Packung.

„Das müssen sie ja schreiben. Aber du stirbst ja nicht, weil du mal eine probierst.“

Ich schaute mir die Schachtel mit dem Dromedar näher an.

„Kom, Riki, mach sie mal auf!“

„Aber ich werde nicht rauchen.“

„Das musst du ja auch nicht. Mach mal die Packung auf, und nimm eine Zigarette zwischen deinen Fingern. Tu es für mich bitte.“

Ich kapitulierte:

„Okay. Wenn es dich glücklich macht.“

Ich trank einen Schluck Wein, öffnete die Schachtel und roch am Inhalt. Der Geruch war scharf und süß. Die Zigaretten waren dicht beieinander gepackt. Ich fummelte ein wenig herum, um eine rauszukriegen, was mir schließlich gelang. Alex blickte ganz aufgeregt auf mich hinter seinem Weinglas.

Ich hielt die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger meiner rechten Hand. Zuerst nah an der Handfläche. Dann an den Fingerspitzen. Ich versuchte das gleiche Verfahren mit der linken Hand.

„Du hast ja keine Ahnung, wie sexy das aussieht,“ meinte Alex enthusiastisch.

„Danke,“ sagte ich und kam mir komisch vor. Was sollte hier sexy sein? Eine Frau fummelt mit einer ungezündeten Zigarette rum, die sie nicht rauchen möchte.

Die Zigarette fühlte sich seltsam leicht an. Leichter als ein Bleistift. Schließlich besteht eine Zigarette nur aus Filter, Papier und winzige Tabakstreifen.

Alex sah mich aufmunternd an, während ich für ihn posierte. Irgendwie genoß ich seine Aufmerksamkeit. Ich nahm die Zigarette kurz an den Mund. Der Filter berührte meine Lippen und ich tat so, als würde ich eine Rauchwolke ausatmen.

„Du bist sehr schön,“ sagte Alex fasziniert.

Ich lächelte ihn an und nahm verführerisch die Zigarette zwischen meine Lippen. Alex schien sprachlos und völlig unter meiner Kontrolle.

Ich ließ die Zigarette im Mund baumeln und legte meinen rechten Fuß auf dem linken Knie um Alex gleichzeitig meine neuen Sandalen vorzuführen.

Ich nahm die Zigarette aus dem Mund und trank einen Schluck Beaujolais. Dann stellte ich mein leeres Glas auf den Tisch und steckte die Zigarette zwischen die Zähne, während Alex mir eifrig Nachschub eingoß.

„Jetzt will ich mal sehen, ob ich reden kann mit der Zigarette im Mund,“ sagte ich etwas aufgedreht.

Alex nickte begeistert mit einem breiten Grinsen im Gesicht, als ich weiterplauderte.

„Guck mal! Sie bewegt sich beim Reden auf und ab, und…“

„Hallo Riki!“ sagte eine Frauenstimme direkt hinter mir.

Ich drehte meinen Kopf etwas zu schnell, wobei die Zigarette auf meinen Schoß fiel. Hinter mir stand meine liebe Ute, eine Frau Anfang Fünfzig.

„Hallo Ute!“ sagte ich überrascht. Ich griff schnell nach der verlorenen Zigarette und stand in einer viel zu schnellen Bewegung auf, vergessend was ich an den Füßen trug. Ich verlor natürlich das Gleichgewicht, lehnte mich ein bisschen zu plötzlich zu Ute und traf ihren Arm, so dass sie Rotwein aus ihrem Glas auf ihr Kleid verschüttete.

Dass mir beim bloßen Aufstehen schwindelig wurde, zeigte, wie besoffen ich schon war. Glücklicherweise fing mich Ute auf, und ich fiel nicht hin.

„Ups! Pass auf dich auf,“ lachte Ute herzlich und hielt mich in einer Mischung aus Rettungsaktion und Umarmung fest im Griff. Ich roch ihren Raucheratem und ihr Parfüm.

„Das tut mir ja so leid mit dem Kleid!“ sagte ich, als wir uns langsam losließen.

„Halb so wild,“ meinte Ute. „Da sind schon etliche Flecken auf dem alten Ding.“

Ich gab mir große Mühe einigermaßen damenhaft wieder meinen Arsch auf den Stuhl zu platzieren.

„Ihr sitzt draußen, wo man rauchen darf. Das ist das einzig Vernünftige,“ meinte Ute.

Wir rauchen aber nicht, wollte ich widersprechen, aber sah ein, dass ich in Sachen Glaubwürdigkeit gerade ganz schlechte Karten hatte, da ich gerade mit dieser blöden Zigarette rumwedelte. Ute redete ungebremst weiter:

„Ich bin mit ein Freundinnen hier, die alle aufgehört haben. Und die wollten unbedingt drinnen sitzen. Also muss ich zum Rauchen rausgehen.“

Ute platzierte eine lange Zigarette mit weißem Filter zwischen ihre Lippen und zündete sie an. Sie inhalierte und hob ihr Weinglas.

„Zum Wohle!“ sagte sie und ließ ihren fragenden Blick von mir zu Alex und wieder zurück wandern.

„Es tut mir leid, dass ich dich vorhin fast umgekippte. Aber ich hab mich nocht nicht an diesen Absätzen gewöhnt,“ entschuldigte ich mich erneut und streckte meine Beine um ihr meine Sandalen zu präsentieren.

„Oh, die sind aber toll, Riki!“

„Danke.“

Sie entdeckte den Schuhkarton, meine Nikes und die Söckchen unterm Tisch.

„Hast du die etwa gerade von…?“

Ute schaute Alex fragend an. Er stand gentlemanartig auf und gab ihr seine Hand.

„Alex. Freut mich!“

Ute stellte ihr Weinglas auf unseren Tisch.

„Ute. Ganz meinerseits. Ich bin Rikis aus der Schule.“

„Ach so.“

Ute zog an ihrer Zigarette und fing an Alex zu loben:

„Du weißt wirklich, wie man eine Frau glücklich macht, Alex.“

Während sie weitersprach, lehnte sie sich unvermittelt zu mir und hielt die Flamme ihres Feuerzeugs 20 Zentimeter von meinem Gesicht. Ich schaute sie verwirrt an, bevor mir die Zigarette in meiner Hand wieder einfiel.

Sekundenschnell überlegte ich, wie ich der lieben, hilfsbereiten Ute erklären sollte, dass ich Nichtraucherin war und keineswegs vorhatte die Zigarette zu rauchen. Da ich keinen plausiblen Satz zustande brachte, nahm ich einfach die Zigarette in den Mund und bewegte sie in Richtung der Flamme. Ich saugte vorsichtig etwas Rauch in meinen Mund.

Sofort füllte sich mein Mund mit einem intensiven Geschmack von Aschenbecher. (Nicht dass ich gewohnt wäre Aschenbecher abzulecken, aber halt so wie man sich diesen Geschmack halt vorstellt.) Ich nahm die Zigarette in die linke Hand, blies den Rauch aus und leerte schnell mein Weinglas. Der Beaujolais schmeckte inzwischen auch wie Aschenbecher. Ich gurgelte diskret die Flüssigkeit um die Mundhöhle auszuspülen, bevor ich sie schluckte. Dann atmete ich tief frische Luft ein, aber der starke Aschenbechergeschmack blieb.

Utes ganze Aufmerksamkeit war auf Alex gerichtet, der sich geduldig ihre langen Erklärungen anhörte, warum sie keine High-Heels mehr tragen könne. Hin und wieder schaute er zu mir und goß mir Wein nach.

Inzwischen rauchte sich die Zigarette in meiner Hand von selbst. Ich benutzte meinen Daumen, um die Asche abzuschlagen. Vorsichtig steckte ich die Zigarette wieder zwischen meine Lippen und nahm einen minimalen Zug, um Rauchen vorzutäuschen. Ich versuchte, den Rauch einen Moment im Mund zu behalten, dann blies ich ihn aus. Mit einem großen Schluck Rotwein gelang es mir einen Hustenanfall zu verhindern.

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