Als John am nächsten Tag gegen Mittag auf die Farm zurückkehrte, hatte sich die schlechte Stimmung zwischen Julia und Tante Hedwig spürbar verbessert. Die beiden Frauen genossen das erfrischende Bad in dem riesigen Swimmingpool, welcher einen Großteil des Gartens einnahm.

Ächzend ließ John sich auf einen der Korbsessel nieder und rief barsch nach Joseph, um sich ein Bier bringen zu lassen.

Während er langsam und bedächtig trank, betrachtete er seine Frau durch die dunklen Gläser seiner Sonnenbrille.

Julia stellte in ihrem dunkelblau schimmernden Badeanzug mit den hoch ausgeschnittenen Beinen und den tiefen Ausschnitten am Rücken und Dekolleté eine durch und durch aparte Frau dar. Sie war attraktiv und schlank. Ihr rötlich-blondes Haar erzeugte einen reizvollen Kontrast zu dem dunklen Stoff, ihre helle Haut ließ Julia zart und zerbrechlich wirken.

Während Hedwig langsam und bedächtig ihre Bahnen schwamm, glitt Julia lachend unter Wasser, um geschmeidig wie ein Fisch, durch die gesamte Länge des Pools zu tauchen. Wassertropfen perlten über ihr schmales Gesicht mit den großen Augen und dem weichen Mund, als sie wieder auftauchte und sich kraftvoll am Beckenrand nach oben drückte um für einen Moment auszuruhen. Wasser lief aus ihren langen Haaren, welche sie übermütig schüttelnd um ihren Kopf wirbeln ließ und vereinte sich zu kleinen Rinnsalen, die Rundungen ihrer Brüste umspielend.

John konnte nicht verhindern, dass sich bei diesem Anblick sein Schwanz regte. Auch wenn er Julia nicht mehr als seine Partnerin akzeptieren wollte, musste er sich dennoch eingestehen, dass sie eine begehrenswerte, schöne Frau war.

Der Farmer atmete schwer und wischte sich mit seinem derben Handrücken den Bierschaum von der Oberlippe. Auch er hatte seit dem Überfall auf die Farm kaum Sex gehabt.

Es war nicht so, dass es ihm an Gelegenheiten gemangelt hätte. Im Gegenteil. Die meisten Weiber seiner Knechte wären auf Grund ihrer Armut bereit gewesen, mit ihm ins Bett zu springen, hätte er ihnen eine winzige Geldsumme dafür in Aussicht gestellt.

In den Städten, die er gelegentlich für Viehauktionen besuchte, mangelte es nicht an Prostituierten. Nicht nur schwarze Frauen, auch Weiße, Chinesinnen oder Inderinnen konnte man dort in so ziemlich jedem Pup für Liebesdienste bezahlen. John konnte schon vor dem Bruch mit Julia auf einige durchzechte Nächte zurückblicken, in denen ihm und seinen Geschäftspartnern nach einem guten Handel eine oder auch zwei dieser Damen Gesellschaft geleistet hatten.

Wollte er in Leeudoringstad als angesehener, einflussreicher Farmer bestehen, gehörten solche Abenteuer einfach dazu.

Als Julia John auf der Terrasse sitzen sah, veränderte sich ihr fröhlicher Gesichtsausdruck. Beherrscht und distanziert trat sie an ihre Gartenliege, nahm ein großes Badetuch, wickelte es um ihren Körper und kam zum Tisch.

„Hallo! Bist schon lange wieder zu Hause?“, fragte sie mehr aus Gewohnheit, als aus Interesse.

„Nein, bin eben erst angekommen.“, knurrte John wortkarg.

Schweigend setzte sich Julia zu ihrem Mann, trank einen Schluck eisgekühlter Zitronenlimonade und schaute zu Hedwig, die noch immer im Pool schwamm.

„Deine Tante fliegt nächste Woche wieder nach Hause. Meinst du, du kannst am Wochenende hier sein? Ich würde Hedwig gern mit einem Braai überraschen. Du weißt, sie hat hier in der Gegend noch einige alte Freunde, die gern kommen, um einen Abend mit ihr zu verbringen.“

John schnaufte unwillig.

Schweigend trank er sein Bier leer, ehe er Julia antwortete: „Und du bist sicher, dass ich bei einem solchen Weiberabend anwesend sein muss? Am Samstag ist ein großes Rugbyspiel. Die Sharks gegen die Blue Bulls. Das will ich nicht verpassen!“

Julia seufzte enttäuscht.

„John, es werden nicht nur ein alte Damen hier sein. Unter anderem hat auch Dr. Levin zugesagt!“

„Der Jude? Vergiss es, mit solchem Pack setze ich mich nicht an einen Tisch. Du weißt, dass er ein Kafferfreund der ganz besonderen Sorte ist! Es ist überall in Leeudoringstad bekannt, dass er zu gern Prozesse für die Affen führt, in denen wir Farmer für irgendwelchen Mist verurteilt werden! Das du ihn überhaupt eingeladen hast, ist eine Unverschämtheit.“

Wie so oft steigerte sich John in seine Wut hinein bis er schäumte.

Julia versuchte, ihn zu beruhigen: „Aber Hedwig und Dr. Levin kennen und schätzen sich schon seit ihren gemeinsamen Schultagen. Sie ist deine Tante, John! Hedwig ist jetzt seit zwei Wochen hier. Die ganze Zeit hat sie dich mit ihren Ansichten in Ruhe gelassen und du hast dich noch kein einziges Mal vernünftig mit ihr unterhalten. Es sollte für dich kein unüberwindbares Hindernis darstellen, wenn du einmal ein Rugbyspiel verpasst und hier ein Steak mit uns isst!“

John spuckte wütend über den niedrigen Jägerzaun auf die Wiese.

Er hasste es, wenn Julia auf diese Weise mit ihm sprach. Er war der Master auf Droekraal und konnte kommen und gehen wann er wollte!

„Ich will morgen den Geparden schießen, wenn er uns nicht in die Fallen gegangen ist.“, erklärte er ausweichend.

„Morgen ist erst Freitag!“, entgegnete Julia ungehalten. „Ich bin sicher, ehe am Samstag Abend der Grill angezündet wird, kannst du von deiner Schießerei wieder zurück sein.“

„Das denke ich nicht!“, brauste John jetzt endgültig auf. „Das Rugbyspiel sehe ich mir im Pup an und danach gibt es bestimmt noch genug mit Christiaan und Arend zu besprechen. Du brauchst mit deinen Gästen nicht auf mich zu warten!“

Julia sprang empört auf: „Fein! Dann mach wie immer was du willst. Mach es wie du willst und mit wem du willst! Ich werde deiner Tante auch ohne dich einen vernünftigen Abschiedsabend bieten, an dem sie Freude hat. Sie hat es verdient! Hedwig ist seit langem die einzige Person, der ich mich anvertrauen kann!“

Mit weit ausholenden, staksigen Schritten eilte Julia zurück zum Pool ohne John die Möglichkeit einer Antwort zu lassen.

***

Noch bevor am nächsten Tag die Sonne aufging, waren John und Tayo bereits damit beschäftigt, den Jeep mit allem auszustatten, was der Farmer für seine Gepardenjagd benötigte. Tayo musste Wasserkanister, Walkie Talkies, Lebensmittel, drei Gewehre und ausreichend Munition zum Auto schleppen.

Wie er solche Tage hasste!

Tayo war in Simbabwe, in einem winzigen Dorf, mitten in der Savanne aufgewachsen. Dort lebte man bis heute im Einklang mit Mother Nature, wohl wissend, dass sie jedem genug bot, um satt zu werden. Nie wäre ein Dorfbewohner freiwillig und von allein auf die Idee gekommen, einen Löwen oder Gepard zu töten. Tiere wurden seit Anbeginn der Zeit geachtet und nur dann gejagt, wenn die Familie das Fleisch zum satt werden benötigte.

Der einfache Mann konnte die Gier der Weißen noch nie verstehen. Immer wollten sie mehr, nie waren sie zufrieden.

Wenn er an die Trophäen in Johns Arbeitszimmer dachte, wurde ihm übel. Der Farmer war stolz auf seine ausgestopften Büffelköpfe, auf die Geweihe der Antilopen und Springböcke, welche unter seinen Händen ihr Leben lassen mussten.

Wozu?

Warum musste ein Tier sterben, das man nicht essen wollte?

„Joseph!“, kommandierte John mit lauter Stimme. „Hol noch Spaten aus der Scheune! Wenn wir das Vieh erwischt haben, müssen wir es sofort vergraben.“

„Wir vergraben den Gepard?“, fragte Tayo ungläubig zurück.

Warum ließ John sich von diesem herrlichen Tier keine Trophäe anfertigen?

„Frag nicht so blöd!“, herrschte John seinen Gärtner ungehalten an. „Du weißt genau, dass mir diese Idioten vom Tierschutz die Hölle heiß machen würden, wenn sich jemand verplappert und es raus käme, dass ich einen Gepard geschossen habe! Ich würde ihn mir auch viel lieber präpariert hinstellen, aber dank euch Kaffern sind die guten, freien Zeiten in Südafrika vorbei!“

Tayo gehorchte nun schweigend.

Er hatte keine andere Wahl, wollte er seinen Job auf der Farm behalten.

Als John den 4×4 später über die staubigen Sandwege fuhr und Tayo auf der Ladefläche des Jeeps ordentlich durchgeschüttelt wurde, rief der Farmer ihm seine Anweisungen durch das kleine Autofenster an der Rückseite entgegen:

„Wir sind gleich da, Joseph! Nimm dir ein Gewehr und geh am Fluss entlang. Unter der großen Akazie schaust du nach der Falle, die ich dort aufgestellt habe. Ist sie leer, bringst du sie mit und suchst weiter nach Spuren und Kot. Wenn du bis 12.00 Uhr nichts gefunden hast, läufst du zum Staudamm und machst uns zu essen. Ich lasse Lebensmittel und Wasser dort. Master Christiaan und Master Arend werden auch da sein, sie kommen mit ihren Pferden. Also sieh zu, dass genügend Essen bereitsteht!“

Tayo nickte. Er wusste genau, wohin John ihn schickte. Die Akazie war der einzige Baum, der dort seit Ewigkeiten wuchs.

Tayo konnte es nicht erwarten, von dem schaukelnden Auto abzusteigen. Obwohl er nun schon einige Jahre für John arbeitete und immer wieder mit dem 4×4 fahren musste, hatte er sich nicht an dessen unnatürliche Schaukelbewegungen gewöhnt.

Nur Minuten später bremste der Farmer hart und brüllte nach hinten:

„Runter mit dir! Hast du das Funkgerät?“

Tayo nickte nur, griff nach einem der Gewehre und sprang erleichtert von der Ladefläche. Kaum das seine Füße den Boden berührten, gab John wieder Gas. Bald war der Jeep im hohen Gras nicht mehr auszumachen.

Tayo atmete erleichtert auf. Gerade war die Sonne aufgegangen und seine Uhr zeigte ihm an, dass er noch fast sechs Stunden Zeit hatte, ehe er am Damm sein musste.

Niedergeschlagen setzte Tayo sich auf einen Felsbrocken und überlegte.

Das vom Morgentau noch feuchte Gras verströmte einen aromatischen, herben Duft, die Stille des anbrechenden Tages wurde nur von dem zaghaften Gezwitscher der ersten Vögel unterbrochen.

Konnte er etwas tun, um dem Gepard das Leben zu retten?

Zu viele Tiere waren durch Gewehrschüsse weißer Farmer gestorben.

Wie er die Souvenirs der „Big Five“ hasste, die überall auf den Flohmärkten angeboten worden! Aus Horn oder Knochen geschnitzte Reiseandenken, welche die Leute aus Overseas kauften ohne nachzudenken, ohne zu wissen, dass die dargestellten Tiere die begehrtesten Jagdobjekte Afrikas waren und noch immer gnadenlos abgeschlachtet wurden.

Und heute sollte wieder so eine arme Kreatur das Leben lassen, weil es ein Weißer so wollte. Das durfte nicht sein!

Tayo war sich trotz dieser Gedanken seiner Hilflosigkeit bewusst. Ihm war klar, selbst wenn er Spuren des Gepards finden konnte, er würde die Wildkatze nicht von Johns Weiden vertreiben können.

Auch wenn dieses Raubtier kein wirkliches Revier beanspruchte, konnte es bei ausreichendem Nahrungsangebot lange in einer Gegend bleiben. Es gab für einen Mann allein keine Möglichkeit, etwas dagegen zu tun.

Während Tayo diese Überlegungen beschäftigten, lief er los. Den Kopf gesenkt, die Augen auf den Boden vor ihm gerichtet, erkannte er nach wenigen hundert Metern in der feuchten Erde tatsächlich frische Abdrücke einer großen Raubkatze.

Ehrfürchtig aber gleichzeitig vorsichtig, blieb er stehen und lauschte. Nichts war zu hören, kein Knurren oder Fauchen zeigte ihm an, dass sich der Gepard in seiner Nähe aufhielt.

Tayo brach von einem nahe stehenden Busch einen kräftigen Zweig ab. Er wusste aus seiner Heimat, dass Raubkatzen verjagt werden konnten, wenn man mutig genug war, in ihrer Gegenwart drohende Geräusche und Gebärden zu vollziehen. Es graute ihm bei dem Gedanken, auf den Gepard schießen zu müssen.

Über Johns Ignoranz, ihn mitten in der Wildnis einfach allein zu lassen, dachte Tayo nicht nach. Er kannte es nicht anders.

Minutenlang lief er weiter durch das kniehohe Gras der Weide, bis die riesige Akazie noch ungefähr 100 Meter von ihm entfernt war. Tayo blieb stehen und blickte angestrengt in die Ferne. Da lag etwas, völlig bewegungslos!

Er änderte seine Laufrichtung und musste bald voller Schmerz erkennen, dass es tatsächlich der Gepard war. Eines von Johns Fangeisen hatte ihm das Genick gebrochen.

Tayo trat näher, um sich das prächtige Tier anzuschauen. Sein Fell glänzte noch immer in der Morgensonne. Dann traute Tayo seinen Augen nicht. Das tote Tier war ein Weibchen und hatte geschwollene Milchdrüsen!

Ihm war klar, dass irgendwo hier in der Nähe die Jungen sein mussten und völlig hilflos auf die Rückkehr der warteten. Sein Herz fühlte den dumpfen Schmerz der Trauer, als er daran dachte, welches Schicksal den Kleinen drohte.

Was sollte er tun?

Musste er John mit dem Walkie Talkie von seinem Fund informieren und damit riskieren, dass der nach den Jungtieren suchen und diese ebenfalls töten würde?

Auf keinen Fall!

Tayo war aufgewühlt, sein Herz raste, als er eine Entscheidung traf. Sein hatte schon zu oft getötet, jetzt war es genug!

Nach der Tradition der Shona sprach Tayo ein Gebet und öffnete die Jagdfalle, um den leblosen Körper im hohen Gras, zwischen den Wurzeln des Baumes unter Steinen zu begraben.

Als Julia gegen 8.00 Uhr erwachte und nach unten ging, um sich von Anna einen Kaffee kochen zu lassen, saß Hedwig bereits am Esstisch und frühstückte.

„Guten Morgen, meine Liebe!“, rief sie Julia gut gelaunt zu. „Setz dich zu mir und iss etwas mit mir. Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, du hast abgenommen!“

„Guten Morgen, Tantchen!“, schmunzelte Julia. „Steht mir die schlanke Figur nicht? Ich war eigentlich bisher ganz zufrieden, dass die Polster auf den Hüften weg sind. Dann wären die letzten Monate wenigstens für etwas gut gewesen.“

Hedwig stutzte. Diesen beißenden Sarkasmus kannte sie bisher von ihrer nicht.

„Niemand sagt, dass du nicht gut aussiehst, Julia. Ich hoffe nur, du verlierst nicht weiter an Gewicht. Eine Frau sollte an den richtigen Stellen ihre Pfündchen pflegen.“

„Ach Tantchen, wozu?“, seufzte Julia. „Du siehst es doch jeden Tag. Wärst du nicht hier, um mir Gesellschaft zu leisten, würde ich wieder allein an dem großen Tisch sitzen.“

Auch Hedwigs Gesicht wurde von einem Schatten überzogen.

„Ja.“, murmelte sie. „Und nächste Woche bist du wieder allein. Das gefällt mir nicht! Hast du noch mal in Ruhe über unser Gespräch nachgedacht? Wegen Anna und Joseph? Niemand verlangt, dass du die beiden hier bei dir frühstücken lässt, John würde der Schlag treffen, würde er das herausfinden. Aber ich bin noch immer der Meinung, du solltest die wenige Gesellschaft, die du hier hast, nutzen. Auch, wenn die Hautfarbe eine andere ist.“

Julia trank schweigend von ihrem Kaffee.

Gern hätte sie ihrer Tante von dem Traum erzählt, welcher sie vor ein paar Nächten um den Schlaf gebracht hatte. Aber ihre Scheu, über Lust und Verlangen zu reden, dass von einem Schwarzen ausgelöst wurden, war am Ende größer.

„Hedwig, du hast ja Recht, mit dem was du sagst. Und ich verspreche dir, ich werde darüber nachdenken, wenn du wieder weg bist und ich die nötige Zeit dazu habe. Vielleicht kann Anna mir die Sprache der Zulu lernen. Es kann nicht falsch sein zu verstehen, was die Kaff…, äh … die Schwarzen untereinander reden.“

Die alte Dame schmunzelte in sich hinein. War es ihr am Ende gelungen, Julias Denken ein wenig in die richtige Richtung zu lenken?

Noch ehe Hedwig darauf eine Antwort finden konnte, sprang Julia auf.

„Entschuldige mich bitte, ich habe heute noch eine Menge zu erledigen. Ich fahre gleich in die Stadt. Hoffentlich wird dir die Zeit hier auf der Farm ohne mich nicht zu lang.“

„Du fährst in die Stadt?“, fragte Hedwig erstaunt. „Warum können wir das nicht zusammen tun? Ich wollte noch ein paar Reiseandenken für meine Freunde in Holland kaufen.“

„Das machen wir am Sonntag, wenn es dir recht ist. Was ich heute zu besorgen habe, soll eine Überraschung für dich werden.“

Hedwig musste lachen.

„Julia, meine Liebe, glaube mir: Nie, nie und nie werde ich mich daran gewöhnen, dass man in Südafrika am Sonntag ganz normal einkaufen kann. Es ist wirklich zum Piepen. Irgendwann müsste ich es mir doch merken!“

Liebevoll lächelnd gab Julia ihrer Tante einen Kuss auf das silbrig glänzende Haar und verließ den Frühstückstisch um sich für ihre Besorgungen in Leeudoringstad fertig zu machen.

„Am frühen Nachmittag werde ich zurück sein!“, rief sie Hedwig über die Schulter zu, als sie das Haus verließ.

John war wütend!

Schroff lenkte er nach der erfolglosen Jagd den 4×4 über die Weiden seiner Farm nach Hause. Die Sonne stand bereits tief im Westen. Christiaan und Arend waren schon vor Stunden nach Hause geritten, als ihnen klar wurde, dass sie den Gepard nicht finden würden. Keine der Fallen war berührt und außer ein paar Spuren, die Joseph am Fluss gefunden hatte, schien es, als hätte sich das Tier in Luft aufgelöst.

Wieder polterte das schwere Auto über einen großen Stein.

John ignorierte das dumpfe Geräusch, welches Tayos Körper auf der Ladefläche auslöste. Dieser verdammte Kaffer sollte sehen, wie er sich festhielt.

Der Gepard ging ihm nicht aus dem Kopf.

Wo versteckte sich das verdammte Vieh? John wusste, er würde sich lächerlich machen, wenn er morgen oder am Sonntag wieder herum fahren und das Tier suchen würde. Sollte Arend Recht behalten mit seiner Vermutung, dass es weiter gezogen war, in eine andere Gegend?

Fuck!

Zu gern hätte er auf ihn geschossen, ihn erlegt, beseitigt, getötet. Sein Frust war so unendlich groß, seine Wut, sein Hass. Und nun hatte er wieder keine Gelegenheit gehabt, all diesen Emotionen ein Ventil zu geben, um sich endlich zu entladen.

In dieser Stimmung kam John auf der Farm an.

Schweigend stieg er aus dem Auto und zeigte Tayo mit einer verbissenen Kopfbewegung an, dass das Auto noch entladen werden musste.

„Kann ich dann gehen, Master John?“, wagte Tayo zu fragen.

„Kann ich dann gehen, Master John???“, äffte der Farmer den Schwarzen nach. „Pause, Feierabend und Zahltag, das interessiert euch Kaffer am meisten! Den Brandy und das Ficken nicht zu vergessen! Verschwinde, du Halbaffe und lass dich vor Montag hier nicht wieder blicken!“

Tayo schwieg verbissen und dachte an das Geld, welches er sich nachher bei Anna abholen konnte. Der Hungerlohn für eine Woche harte Arbeit. Aber all das zählte heute nicht. Er wollte so schnell wie nur irgend möglich von der Farm weg, aber nicht zu Funani um zu trinken.

Nein.

Heute Abend sollte sich zeigen, ob in ihm ein echter Shona steckte.

***

Als am Samstagnachmittag auf Droekraal der Grill mit dem Holz des Kameldornbaumes brannte und Tayo die ersten saftigen Rindersteaks auflegte, umarmte Hedwig ihre herzlich.

„Ich danke dir für diese gelungene Überraschung, Julia!“, meinte die alte Dame mit zittriger Stimme. „Du hast so vieles erdulden müssen in der letzten Zeit und denkst dennoch an meine Freude! Das bedeutet mir sehr viel! Ich muss aufpassen, dass mir die Augen nicht überlaufen. Der Abschied wird mir schon schwer genug fallen.“

Auch Julias Augen füllten sich mit Tränen.

„Nicht daran denken, Tantchen, ein paar Stunden bleiben uns ja noch. Ich freue mich für dich, wenn du den Tag mit deinen alten Freunden genießen kannst.“

„Und ob ich das tue!“, entgegnete Hedwig. „Du siehst es ja. Mein lieber alter David lässt mich kaum mein Glas austrinken und steht sofort wieder bereit, um es erneut aufzufüllen.“

Mit einem breiten Lächeln deutete sie auf Dr. Levin, der mit einer Flasche in der Hand auf die beiden Frauen zukam.

„Noch etwas Wein, meine Liebe?“, säuselte er schmunzelnd.

„Aber natürlich, du alter Charmeur!“, flirtete Hedwig gekonnt zurück.

Julia aber empfand die Situation als unangenehm. Mit entschlossenen Schritten eilte sie zu Tayo, der noch immer am Grill schwitzte.

„Joseph, warum sorgst du nicht dafür, dass meine Gäste genug zu trinken haben?“, herrschte sie den Schwarzen an.

„Ma’am, ich muss nach den Steaks schauen. Alle haben ihr Fleisch medium bestellt. Da muss ich es schnell wenden. Kann Anna nicht…?“

„Nein! Anna kann nicht! Sie bereitet in der Küche die Salate vor! Aber von dir kann ich erwarten, dass du dich ein bisschen ins Zeug legst!“

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