25 Eingeforderte Schuld

Justin erwies sich für Maximilian als Glücksgriff. Dieser Mann mochte klein, verschlagen und nicht besonders ansehnlich sein, hatte aber eine Menge in seinem Kopf, von der sie alle profitieren konnten. So erzählte er von den Gebieten in den Gebirgen, die noch intakte Infrastrukturen besaßen, berichtete detailliert wie die Mendas mit den Zonengängern Handel trieben und das sie es waren, die das gegenseitige Töten befeuerten.

„Fünf Köpfe und du bekommst ein automatisches Gewehr mit zweihundert Schuss, oder zwanzig Kilo Reis oder Kartoffeln. Was sie allerdings mit den Schädeln anfangen, das wissen wir nicht.“

„Leben die Mendas besser als ihr?“

Der Zwerg nickte.

„Auf jeden Fall. Sie treiben Handel mit dem Süden und ihre Beziehungen reichen bis in die alten Staaten hinein. Afrika und Asien sind jetzt die Regionen des Wohlstandes, versteht ihr? Wir sind es, die über das Mittelmeer nach Süden flüchten, nicht umgekehrt. Hätte ich zweihundert Köpfe, ich würde die Reise wagen.“

Maximilian versuchte sich weiter an seiner Schaufel, während Justin Manuel dabei half den Asphalt noch ein Stück weiter abzudecken. Wanda brach die Platten auf und legte diejenigen von ihnen, die für die Männer zu schwer waren, zur Seite.

„Sind ihre Städte groß?“

„Und wie. Mehrere tausend Einwohner haben sie.“ Er lachte dreckig auf. „Dagegen findest du im ganzen alten Ruhrgebiet vielleicht noch 100000 Menschen und vielleicht die doppelte Anzahl von Rads. Ein Jahre noch und es wird kaum noch jemand von uns Freien übrig sein.“

Maximilian legten den Stock mit dem Blech beiseite und wischte sich den Schweiß aus der Stirn. Wieder hatte das improvisierte Schaufelblatt nachgegeben und sich sofort verbogen.

„Kann man von den Mendas Werkzeug oder Schaufeln kaufen?“

Justin verneinte.

„Sie werden den Teufel tun euch in eurer Selbstständigkeit zu fördern. Sie wollen, dass ihr von ihnen abhängig bleibt und euch weiter gegenseitig tötet.“

Maximilian seufzte und fasste einen anderen Plan.

„Es muss doch noch eine Menge Eisenschrott geben. Ich werde eine Esse bauen und Schmieden lernen. Mache ich mir die Teile eben selbst.“

Manuel trug einen schweren Stein zum Zaun, ließ ihn dort fallen und kam dann wieder zu ihnen zurückgelaufen. Der Junge war zäh und hatte Kraft und Ausdauer.

„Drüben in der Nähe von Dorste ist ein alter Schrottplatz. Da gibt es einen Haufen Eisen. Ich kann ihn dir zeigen, wenn du willst.“

Maximilian begeisterte sich sofort an dieser Idee.

„Guter Plan! Aber vorher müssen Wanda und ich noch einmal zu den Schwarzhemden gehen, schließlich schulden sie uns etwas.“

Wanda hatte ihn trotz der Entfernung gehört, merkte auf und blickte zu ihm rüber.

„Weshalb willst du das?“ Fragte sie in einem verbitterten Ton.

„Ich will unsere Köpfe holen. Die Schwarzhemden haben sie unseren Leichen heruntergeschnitten, oder etwa nicht? Außerdem hast du auch ihre Kadaver entsorgt, was ebenfalls kostet.“

„Du willst die Köpfe?“ Fragte Wanda erschrocken.

„Maximilian nickte.

„Genau die! Wie viele hast du gestern von ihnen getötet?“

„Achtundfünfzig!“ Stellte die große Kriegerin fest.

Justin tat sich immer noch schwer damit, diese Frau mit der Mordmaschine in Verbindung zu bringen, die wie die Sense des Todes durch seine Horde geschnitten hatte.

„Siehst du! Machen wir fünfundsechzig daraus, dann sind wir mit den Strolchen quitt.“

Wanda blickte zu dem kleinen Mann hinüber und hob ihren Arm.

„Was ist los, Justin? Woran denkst du? Dein Herz schlägt schneller und dein Gesicht ist viel stärker durchblutet als zuvor.“

„Ich? Na wegen den Schwarzhemden, sie machen mir Angst!“

Versicherte er.

Wandas Gesicht verhärtete sich.

„Du lügst! Ich habe dir gesagt, was mit dir passiert, wenn du uns nicht die Wahrheit sagst.“

Sie näherte sich langsam dem kleinen Mann an und streckte ihren rechten Arm nach ihm aus, der in diesen Moment um die zwei Messerklingen verlängert wurde. Manuel beobachtete erschrocken das Geschehen und erinnerte sich daran, was Wanda mit seinem getan hatte.

„Geh mit ihm nach hinten, Wanda! Manuel soll das nicht mit ansehen müssen.“ Bat Maximilian, der den schockierten Blick des Jungen bemerkt hatte.

Justins Blick wechselte hektisch zwischen den Dreien und je näher ihm Wanda kam, desto schneller suchte er den Abstand zu ihr. Rückwärts eilte er der Tür entgegen, stolperte über die Treppen und kroch dann über den Boden.

„Ich habe dir schon gesagt, dass ich einer von ihnen war.“

Wanda hielt inne.

„Aber das ist nicht alles, das spüre ich doch.“

Justins Stimme überschlug sich, während Schweiß von seiner Stirn tropfte und über seine Wange und Nasenrücken ablief.

„Ich war Ariks Stellvertreter, okay? Er war der Anführer dieser Horde!“

Maximilian nickte Wanda zu, damit sie von dem Gefangenen abließ und gesellte sich zu ihnen.

„Dann haben wir also den Vizepräsidenten hier? Welche Ehre! Schön, dann erzähl uns doch mal, was du mit diesen Teufeln ausklamüsert hast.“

Ramga schlief noch, als Meo an seine Bettstadt herantrat. Das grollende Schnarchen des Anführers füllte den Raum, während sich sein mächtiger Brustkorb hob und wieder senkte. Dazu knackte seine verkrüppelte Hand mit trockenen Ton, wenn er im Schlaf seine gebrochenen oder aus den Gelenken gerissenen Finger zu bewegen suchte.

„Anschfürer, wakst auf!“

Er begann den mächtigen Körper anzustoßen und boxte schließlich mit Gewalt gegen dessen Schulter, als all seine Bemühungen ins Nichts verliefen.

„Was willst du? Lass mich schlafen verdammt! Geh zu Rollo, der sagt dir, was zu tun ist.“

Ramga rollte sich zu der mit schwarzen Fellen behangenen Betonwand und begann schon wieder an zu schnarchen.

„De schikt me dok zu dir. Der Man is her von de letzte Mal. Er stat vo de Door we an de Dag wo deyn Hand …“

Das Schnarchen endete abrupt.

„Und was will er von uns?“

„Schadeln hat er gemeynt. We schulden se eym, sagd ehr.“

Ramga wandte sich dem Boten zu und blickte ihn mürrisch an.

„Sag ihm, ich bin nicht da. Und dass uns die Schädel gehören, weil wir ihnen geholfen haben.“

Der Bote wirkte unsicher.

„Wilscht net liever selbscht…“

„Schleich dich, Bursche!“ Brüllte der Anführer der Schwarzhemden voller Zorn.

Der Bote eilte aus dem Raum, nahm die Treppe nach unten und eilte durch den Innenhof Richtung Tor. Dort nahm er die Leiter nach oben, kletterte die Palisade empor und trat an den schlanken, jungen Mann heran, der breitbeinig auf dem Wehrgang stand und auf den Mann herunterblickte, der ruhig abzuwarten schien.

„Komsch de Ramga?“

„Ney, e will slapen.“

„Er meynte nur, tu sollst sagn, das de Scheideln uns geören, als Beschalung dat we de Seydler geolfen habn.“

Rollo war deutlich seine Wut anzusehen. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie Ramgas Hand durch Zauberei zu Schaden kam. Was wenn ihm jetzt das gleiche Schicksal ereilte?

„Mey Scheffe sakt tu bekommscht se net. Ham gekempt vor oik un hadn Totte.“

Maximilians blinzelte in die Morgensonne hinein, also hob er seine rechte Hand und suchte sich so vor deren Strahlen zu schützen, die ihn blendeten.

„Weißt du was? Dann komme ich jetzt rein und spreche selbst mit ihm. Er schien mir beim letzten Mal eigentlich ganz vernünftig.“

„Dasch Door bleybt zu une tu drausen!“ Meinte das noch relativ junge Schwarzhemd auf der Mauer.

Maximilian aber ließ sich nicht beirren. Stellte sich an die Stelle, an der sich die Wand bei seinem letzten Besuch geöffnet hatte und drückte mit seiner Hand gegen die mächtige Barriere. Er konnte deutlich das Gelächter hören, als sich das Tor keinen Millimeter bewegen lassen wollte. War Wanda etwa nicht bei ihm? Wieso drückte sie es denn nicht auf?

Er tat so, als wollte er die Befestigung nur absuchen, ging an eine andere Stelle und drückte noch einmal gegen die Bewehrung. Wieder nichts, stattdessen wurde das Gelächter über ihn immer lauter.

„Welscht net no mal drögen, Hundsfotz?“ Schrie eines der Schwarzhemden, lachte und wandte sich zu seinen Kameraden um, die in den Spott mit einfielen. Einer von ihnen löste ein rostiges Eisenstück aus der Mauer, zielte auf den Mann unter ihnen und schleuderte es treffsicher in dessen Richtung. Doch kurz bevor es in das Ziel schlug, blieb es in der Luft stehen und kam dann rasend schnell wieder zurückgeflogen. Der Werfer konnte ihm gerade noch ausweichen, doch sein Hintermann traf es am Kopf, so dass er schwerverwundet von der Mauer stürzte.“

„Es wiegt zu viel, Max! Lass dir etwas anderes einfallen!“ Flüsterte Wanda neben ihm.

„Scheiße! Dann stehlst du sie eben! Sie werden sicher bewacht, es kann eigentlich nicht schwer sein den Raum zu finden, in dem sie gelagert werden.“

„Ich soll sie stehlen? Aber wir sind dann keinen Deut besser als sie, Max. Außerdem ist mir nicht wohl dabei, sie als Zahlungsmittel zu benutzen.“

„Mid wem redscht da, Spinehr!? Isch de die Son net bekomma?“

Maximilian ignorierte die höhnischen Rufe, die von der Mauer zu ihm herunter schallten. Sie klangen jetzt auch bei weiten nicht mehr so selbstbewusst wie zuvor.

„Im Gegensatz zu Ramga bin ich bereit sie ihm zum Teil zurückzugeben. Von daher zwingen wir ihn doch nur, mit uns zu verhandeln.“ Sie antwortete ihm nicht, also zweifelte sie noch immer. „Wir brauchen eine Möglichkeit wenigstens das Grundlegende zu handeln, Wanda. Und wenn die derzeitige Währung diese Schädel sind, dann benutzen wir diese, bis sich die Verhältnisse wieder geändert haben.“

„Und du willst diese Veränderungen herbeiführen?“

Maximilian wusste es nicht.

„Vielleicht den Anstoß für sie geben, ja.“

Wanda seufzte. Sie war sich nicht sicher, ob das alles hier einen Sinn machte.

„Gut, ich hole sie!“

Maximilian dankte ihr, hockte sich in das Gras und blickte zur Mauer auf, auf deren Wehrgang immer mehr Gesichter auftauchten und auf ihn herunterblickten.

Rollo wurde misstrauisch. Weshalb verschwand dieser Typ nicht einfach wieder? Was wollte er noch von ihnen?

„Wat wilscht no vor us, we haben genok gesproken. Verschwinscht lever vo her.“

Maximilian winkte zur Mauer hoch, einen Grashalm zwischen seinen Zähnen kauend.

„Ein wenig will ich noch warten, vielleicht überlegt es sich Ramga ja noch anders?“

Er schrak zusammen, als er Wandas schwere Hand auf seinen Schultern spürte.

„Ich habe sie. Dort hinter der Mauer rechts von dir habe ich den Sack abgelegt. Sie stinken furchtbar.“

„Danke, Schatz! Ich mache das später wieder gut bei dir.“

Wanda zeigte sich sofort wieder versöhnlich, kniff ihn mit ihrer unsichtbaren Hand in den Schritt und zog sich wieder zurück.

Maximilian aber wartete noch eine Weile ab, erhob sich unter den gelangweilten Blicken der Schwarzhemden, ging zu dem Mauerabsatz des zerstörten Hauses und zog dort den mächtigen Sack mit den Schädeln heraus. Er hatte Schwierigkeiten damit, er wog einiges.

Rollo aber starrte von der Mauer herunter und beobachtete voller Staunen diesen seltsamen Kerl dabei, wie er einen Sack aus der Ruine zog, der genauso aussah wie der …

Hektisch wandte er sich zu seinem Nebenmann um.

„Gehscht zu Ramga! Er schol guke ob de Sakk mit de Schaideln da is!“

Der Mann eilte die Leiter herunter, während die Schwarzhemden auf der Mauer erschrocken zu ihrem Unterführer rüber blickten. Kein Spott kam mehr über ihre Lippen und stattdessen beobachteten sie jetzt, wie dieser Kerl einen Schädel nach dem anderen aus dem Sack hervorholte. Er schien ziemlich angewidert zu sein und wurden von dutzenden Fliegen umtanzt, die sich an den verwesenden Fleischresten der Knochen laben wollten.

Es dauerte nur wenige Augenblicke und Ramga kletterte selbst die Mauer hinauf, mit seiner linken Hand dabei geschickt in die Sprossen der Leiter hineingreifend.

„Die Schädel! Wie hat er sie stehlen können?“ Brüllte er, den Blick auf seinen neuen Stellvertreter richtend.

Rollo blickte zu seinem Befehlshaber auf und zeigte ihm dabei deutlich seine Unsicherheit.

„Wihr wischen et net. Eh wah de ganzsche Scheit do!“

Er zeigte mit ausgestreckten Arm auf den Mann vor dem Tor, der ohne Hast die Schädel abzählte und fünfundsechzig von ihnen schließlich wieder in den Sack hinein warf.

„Die Schädel! Gib sie mir zurück!“ Schrie Ramga voller Wut zu Maximilian herunter. „Schließlich haben wir euch vor der Horde gerettet.“

Maximilian hielt inne, blickte zu der Mauerkrone hinauf und hob seinen Arm zum Gruß.

„Hey, Ramga! Schön dich wiederzusehen. Geht es dir gut?“

„Was ist mit den Schädeln?“ Schrie der Anführer herunter.

„Ich habe es dir schon gesagt. Fünfundsechzig davon sind unsere, den Rest kannst du dir gerne von mir abholen.“

„Warum fünfundsechzig?“ Wollte der Anführer der Schwarzhemden wissen.

Maximilian erklärte es ihm gerne.

„Achtundfünfzig von den Kerlen wurden von uns getötet, der Rest von Euch. Aber der Kampf spielte sich auf unserem Gelände ab, das ihr ohne Erlaubnis betreten habt. Auch haben wir euch nicht um Hilfe gebeten und wären allein mit diesen Schweinen fertig geworden. So finde ich es nur fair, dass wir uns eine kleine Platzmiete einbehalten.“

Ramga kochte vor Wut, winkte Rollo zu sich heran und deutete auf den Mann unter ihnen.

„Hole die Schädel verdammt!“

Der Unterführer zögerte, doch der Blick seines Chefs versprach nichts Gutes für ihn. Besser er provozierte ihn nicht noch mehr.

Maximilian schulterte indessen den stinkenden Leinenbeutel und schickte sich an zu gehen. Keine ihn verhöhnenden Worte drangen mehr von der Mauerkrone aus in seine Ohren, keine Beleidigungen, nur wütende Gesichter waren noch zu sehen, die auf ihn herunter blickten.

„Ramga, altes Haus! Wir sehen uns das nächste Mal. Allerdings wird es teurer für dich werden, sollte ich mir noch einmal unseren Anteil holen müssen. Auf Wiedersehen!“

„Uaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhh!“

Ramga brüllte wie ein tollwütiges Tier, riss einem seiner Männer ein Jagdgewehr aus dessen Händen und legte es, den Schaft über den rechten Arm gestützt, über seine linke Schulter an.

„RRRRRAAAAAANNNNNGGGGG!“

Ein blauer Blitz kam wie aus dem Nichts hervorgeschossen und schlug vor ihm in die Brustwehr. Mauerbrocken, Staub und scharfe Splitter stoben auf, sodass Ramga von ihnen geblendet wurde. Erst nach einer Minute vermochte er wieder etwas zu sehen, blickte den in aller Ruhe davonziehenden Mann hinterher und biss sich dabei die Lippen blutig. Wie er es auch anstellte, dieser Kerl schien wie ein Magier über die Situation zu gebieten.

26 Zweifel und Ängste

Kaum das sie wieder in ihrer Unterkunft angekommen waren, überreichte Maximilian Manuel den Sack mit den Schädeln, zog sich mit Wanda zurück und ließ sich von der Riesin aus seiner Kleidung heraushelfen. Aus Flaschen tränkte sie anschließend ein großes Handtuch, rieb damit über seine verschmutze und verschwitze Haut und ließ dabei auch seinen Schritt nicht aus, dem jetzt ihr ganzes Handeln galt. Nervös wiegte sie mit ihrem Becken hin und her, leckte sich über ihre Lippen und streichelte sich mit ihrer freien Hand über die linke Brust.

„Warum hast du Ramga am Leben gelassen?“ Fragte Maximilian, Wanda dadurch etwas von ihrer Stimmung raubend.

Sie blickte erstaunt zu ihm runter. Sie wollte sich gerade vor ihm hinknien, um seinen besten mit ihrem Mund aufzuhelfen.

„Wie kommst du jetzt darauf? Ich dachte, wir schlafen miteinander?“

„Na ja, das Kee lässt normalerweise niemanden am Leben, der mich hinterrücks ermorden will.“

Wanda störte diese Unterbrechung sehr, Maximilian konnte ihren Groll deutlich in den Gesichtszügen lesen.

„Ich weiß es nicht, Max! Ich lasse sie los in einem Moment der Gefahr und greife ein, wenn ich fühle, dass sie außer Kontrolle gerät. Vielleicht mäßigt sie ja ihr Verhalten? Kann doch sein.“

Ihre Rechte griff nach seinem halberigierten Glied, richtete es auf und begann es vorsichtig zu wichsen. Noch einmal leckte sich die übergroße Frau mit der Zunge über ihre breiten Kusslippen, dann beugte sie sich vor und ließ Maxs bestes Stück in ihren Mund hineingleiten.

„Ich weiß nicht, mir kommt das irgendwie seltsam vor.“

Wanda schloss ihre Augen und ließ entnervt von ihm ab.

„Warum gönnst du mir das jetzt nicht? Hast du eigentlich eine Ahnung, wie sehr ich das brauche, um klaren Verstandes zu bleiben? Ein wenig Nähe zwischen uns, mehr verlange ich doch gar nicht von dir. Oder bin ich nur noch Waffe und Werkzeug für dich? Manchmal kommt es mir so vor, wenn ich ehrlich bin.“

Maximilian empfand ihre Worte als ungerecht. Er hatte einfach Mühe seine Gedanken und Befürchtungen in den Hintergrund zu drängen und sich auf ihr Liebesspiel zu konzentrieren. Wie konnte sie ihm das denn verübeln? Er sorgte sich doch nur um das Wenige, dass ihnen geblieben war und viel mehr als das Leben gab es da nicht. Er hatte ja nicht einmal eine Vorstellung davon, wie es über die Jahre hin weitergehen sollte.

„Ich habe Angst, Wanda. Mich überfordert das alles genauso wie dich. Gerade weil ich hier eine gewisse Rolle aufgebürdet bekomme. Ich muss jeden misstrauen, weil hier ein reiner Überlebenskampf herrscht. Außer den Rads und dem Jungen sind sich hier doch alle selbst am nächsten. Wie lange dauert es, bis die nächste Welle von Mördern und Totschlägern kommt? Gewinnt das Kee irgendwann in deinem Kopf die Oberhand? Wie soll ich selbst die einfachsten Materialien, Kleidung oder Werkzeuge schaffen oder ersetzen? Mir ist gestern ein Schnürsenkel kaputt gegangen, das hat mir erst einmal aufgezeigt, wie hilflos ich in dieser Welt eigentlich bin. Wann sind die Armeeklamotten verschlissen? Wann brauche ich auch eine Leder- oder Felljacke und wie stelle ich diese her oder tausche sie ein? Wie lange dauert der Winter? Wie viel isst von uns jeder, wo werden wir die Vorräte lagern und vor Schädlingen schützen? Auf welche Weise konservieren wir sie? Weißt du eigentlich, dass ich mir wünschte, ich wäre ein Rads? Die haben einen großen Teil unserer Sorgen abgelegt und kümmern sich um das einzig Wesentliche auf der Welt. Das Leben, verstehst du? Wanda, du hast es sicher nicht leicht und ich beneide dich um deine Rolle weiß Gott nicht, aber du hast zumindest nicht diese Ängste.

Sie blickte ihn nachdenklich an, schien sich aber seinen Standpunkt nicht annehmen zu wollen. Wie gerne hätte sie eine normale Rolle innerhalb dieser Gruppe eingenommen, sich den Alltag gestellt und wieder Hunger und Durst verspürt. Eine richtige Frau sein, die Kinder bekommen kann, ein Wesen, vor den niemand Angst zu haben braucht. Jemand, dem keine besonderen Erwartungen anhingen und der die Notsituationen, in die sie immer wieder gelangten, nicht mit Tod und Verderben zu klären hatte.

„Ich wünscht, du könntest mir in den Kopf blicken, Max. Sehen und spüren, wo meine Ängste liegen. Du hast die Chance ein Teil dieser Welt zu werden und wirst es mit der Zeit wahrscheinlich auch. Aber ich? Ich bin und bleibe dieses Ding hier. Ich weiß nicht ob ich sterben kann, ich weiß nicht was ich tun werde, wenn von euch keiner mehr übrig ist. Ich habe auch keine Vorstellung davon, was aus mir werden wird, wenn ich diesem Ding in meinen Kopf unterliege und keine Kraft mehr habe, es in Schach zu halten. Ich habe mir früher mal Kinder gewünscht. Eine , verstehst du? Und heute? Ich scheide nichts Sichtbares aus, außer vielleicht ein wenig Wasserdampf. Wie würdest du mit der Erkenntnis leben, dass du kein Mensch mehr bist? Weißt du, was mir eigentlich nur noch bleibt? Meine Liebe zu dir und den Kindern. Ich darf mich um euch sorgen, wenigstens das. Und die einzige Gegenleistung ist ein oder zwei Ficks am Tag.

Maximilian blickte zu ihr auf und zeigte schließlich Verständnis. Er hatte sich des Öfteren vorzustellen versucht, wie sie sich fühlen musste und vergaß immer wieder, dass Wandas Dasein, sicher kein Glückliches war.

„Tut mir leid.“ Stellte er kleinlaut fest.

Wanda blickte über ihn hinweg und rührte sich nicht.

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