6 Die Wohngemeinschaft

„Haben sie Hunger?“

Maximilian war erleichtert, dass Wanda wieder ein Worte an ihn richten wollte.

„Im Moment nicht, aber sie vielleicht?“

Die große Frau verneinte, legte ihren Kopf schief und nagte nervös an ihrer fülligen Unterlippe herum.

„Dürfte ich etwas für sie kochen? Das hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Ich kann mich dabei entspannen, wissen sie?“

„Na klar können sie das. Nach all den Jahren ist das doch ein echtes Highlight für mich. Nur meine Vorräte werden nicht all zu viel hergeben, fürchte ich. Kommen sie! Ich zeige ihnen die Kantine und das, was ich ihnen zur Verfügung stellen kann.“

Wanda folgte ihm vorsichtig, stützte sich an Tischen und Wänden ab, kam aber jetzt deutlich besser mit ihren Bewegungen zurecht, als zuvor.

So gingen sie den Hauptgang entlang und betraten zum ersten Mal gemeinsam die Kantine.

„Ach her je, wie sieht es denn hier aus?“

Wanda wischte mit ihren Finger über die Theke und hinterließ dabei mit ihrem Fingernägeln tiefe Riefen.

„Tut mir leid! Ach, Mensch, worauf habe ich denn noch alles zu achten?“

Sie fuhr herum und blickte Maximilian böse an.

„Haben sie nicht mal darüber nachgedacht, hier ab und an Staub zu wischen?“

Maximilian sah rüber zur Theke und tatsächlich befand sich eine Millimeter dicke Staubschicht darauf.

„Ich habe hier genug zu putzen und sorgen tue ich mich vor allem um die technischen Einrichtungen. Dabei hatte die Küche keine all zu hohe Priorität. Ich konzentriere mich da eher auf den Arbeitsbereich.“

Wanda schien seine Sicht nicht teilen zu wollen und sondierte erst einmal die Schränke.

„Hier ist ja so gut wie nichts mehr da!“

Maximilian verdrehte seine Augen.

„Tut mir leid, der Supermarkt um die Ecke hat schon um acht Uhr zu gemacht.“

Die Frau in der martialischen Rüstung warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.

„Im Gegensatz zu ihnen hatte ich keine dreißig Jahre Zeit, um mich hier anzupassen.“

Er gab sich einsichtig, wollte sie aber auch auf seine eigene Situation aufmerksam machen. Er erzählte ihr, wie seltsam es sich für ihn anfühlte auf einmal Gesellschaft zu haben. Er war oft depressiv gewesen, hatte mit den Gedanken gespielt sich das Leben zu nehmen und fühlte sich jetzt, ab dem Augenblick wo sie in sein Leben getreten war, zum ersten Mal wieder lebendig.

„Es tut mir ja leid, wenn ich sie angeschnauzt habe. Ich kann eine ziemliche Ziege sein.“ Wanda gab sich versöhnlicher und legte ihm im Vorübergehen ihre Hand auf die Schulter.“

Sie ließ sich von ihm zeigen, was er an Nahrungsmitteln hatte, suchte ein Konserven und zwei Packungen Epa daraus aus und versuchte sie ein wenig anzurichten. Notverpflegungen! Alles war vakuumversiegelt und in Konserven eingeschlossen. Maximilian beobachtete Wanda dabei, wie sie Kekse einweichte, den Brei mit Schokolade überzog und diesen dann in den Ofen stellte. Dazu gab es noch eine Brühe, Ragout vom Reh, ein paar Erbsen und Kartoffelbrei.

„Wollen sie denn gar nichts essen?“ Fragte er sie, erstaunt darüber, dass sie nur für eine Person deckte.

„Ich habe zwar Appetit, aber keinen Hunger.“ Wieder liefen Tränen ihre Wangen herunter und Maximilian begriff jetzt, worauf ihre Bemerkung abzielte.

„Sie essen nicht?“

Sie hob ihre Schultern.

„Ich habe zwar eine Muschi, aber so wie es aussieht keinen Magen.“ Stellte sie zynisch fest. Dann hob sie den Löffel an ihre Nase und roch daran.“

„Aber ich kann zumindest schmecken, wenigstens das.“

Sie deutete auf einen der Stühle und bat ihn darauf Platz zu nehmen. Sie selbst setzte sich auf den Nachbartisch und sah ihm beim Essen zu.

„Danke, dass sie das alles hier für mich gezaubert haben.“

Wanda nickte und schien sich zu freuen, dass es ihm schmeckte. Sie hatte etwas möglich gemacht, was er selbst über die Jahre nicht zustande gebracht hatte, die Notration schmeckte ihm auf einmal.

„Kann ich duschen gehen? Ich würde gerne herausfinden, wie sich das für mich anfühlt.“ Fragte ihn Wanda, nachdem er aufgegessen hatte.

„Aber sicher doch. Sie wissen ja, wo die Toilettenräume sind. Die Handtücher liegen noch da.“

Er streckte sich und gähnte. Seine Körper fühlte sich von jetzt auf gleich bleischwer an und er sehnte sich nach seinem Bett.

„Sie sind müde. Gehen sie schlafen, mein Lieber!“ Schlug ihm Wanda auf halben Weg zum Gang vor.

Maximilian gab ihr Recht. Er fühlte sich satt, zufrieden, aber eben auch erschöpft von all den ungewohnten Anstrengungen und Eindrücken der vergangenen Stunden.

„Im Archivbüro gibt es zwei Betten für die Nachtschicht. Ich nehme die Matratze von dem einen Bettgestell herunter und lege sie für sie auf den Boden.“

Wanda wandte sich an der Tür noch einmal zu ihm um.

„Und die ist dann für mich?“

Er bestätigte ihre Vermutung.

„Und warum darf ich nicht im Bett liegen?“

„Sie wiegen 485 Kilogramm, das hält das Gestell nicht aus.“

Die Riesin ließ seine Erklärung unkommentiert und ging rüber zu den Toiletten. Maximilian räumte in der Zwischenzeit das Geschirr ab, spülte es und sortierte es in die Schränke ein. Im Anschluss ging er auf die Herrentoilette, wusch sich gründlich Gesicht und Oberkörper und putzte sich mit den Fingerspitzen seine Zähne. Letzteres dauerte fast zehn Minuten, er wollte unbedingt eine Zahnerkrankung vermeiden.

Unter der alten ausgewaschen Bundeswehrdecke verkrochen, hörte er sie im Einschlafen kommen. Sie versuchte, leise zu sein, doch ihre unbeholfenen Schritte und Bewegungen waren unschwer zu überhören.

„Entschuldigung.“ Flüsterte sie und legte sich umsichtig auf die Matratze, die unter ihrem enormen Gewicht sofort nachgab. Auch sie war keinesfalls dazu geeignet, ihre gewaltige Masse zu betten.

„Maximilian?“

Er hatte es geahnt, wollte ihr aber wegen der erneuten Störung nicht böse sein. Diese Frau hatte zu viel durchgemacht, um einfach so einschlafen zu können.

„Ja?“

„Darf ich sie Max nennen?“

Er lächelte. Tatsächlich war das gewöhnlich sein Rufname gewesen.

„Natürlich dürfen sie das. Sie können mich auch duzen, wenn ihnen das lieber ist.“

Gerne nahm sie sein Angebot an. Was hätte das auch für einen Sinn gemacht, in ihrer Situation weiterhin förmlich zu bleiben?

„Max?“

Er kämpfte wirklich mit seiner Müdigkeit, machte ihr aber auch noch dieses Zugeständnis.

„Ja, Wanda?“

Sie zögerte mit dem Stellen ihrer Frage, und schien sich für sie zu genieren.

„Würdest du dich ein wenig zu mir legen? Ich gebe zu, dass ich ein wenig ängstlich bin, wenn ich hier alleine bleibe. „

Maximilians Sinne wurden noch einmal wach. Auf der anderen Seite des Raumes lag das teuerste und mächtigste Waffensystem der Welt und hatte Angst?

„Du sagst ‚Nein‘, oder?“ Flüsterte sie leise.

Maximilian winkte ab.

„Warum sollte ich das? Ich kann dich gut verstehen.“

Er stieg aus dem Bett heraus, kam zu ihr und legte sich auf den schmalen Rand, den sie ihm freigeräumt hatte. Für Wanda bedeutete das allerdings, dass die Hälfte ihres Körpers auf dem nackten Boden zum Liegen kam.

„Darf ich in deinen Arm?“ Die hübschen blauen Augen der Maschinenfrau, blickten ihn flehentlich an.

„Es tut mir leid, aber das ist keine gute Idee.“

Er erinnerte sie daran, dass ihr Kopf um die sechzig Kilo wiegen musste.“

Sie sah es ein, doch schon gab es einen neuen Grund für sie, um ihre Tränen fließen zu lassen. Ein tiefes Schluchzen drang aus ihrem Kussmund heraus, dann schloss sie ihre Augen. Wanda hatte Recht gehabt mit ihrer Vermutung. An ihrer Schöpfung mussten sich wirklich Männer berauscht haben.

„Ich kann mich in deinen legen, wenn das für dich in Ordnung ist.“ Schlug er ihr schließlich vor.

Natürlich war sie einverstanden. Hauptsache er war ihr nahe. So bettete er seinen Kopf auf ihren ausgestreckten rechten Oberarm, legte seinen Arm unterhalb ihrer Brust auf ihrem Bauch ab und fühlte sich einen Moment lang versucht darüber hinweg zu streichen. Auch hier waren die Panzerplatten Bauchmuskeln nachgeformt worden und liefen dabei schmaler werdend, zur Scham hin aus.

„Du fühlst dich sehr weich an, Wanda. Das ist seltsam.“

„Ich kann entspannen, wenn du bei mir bist. Vielleicht liegt es daran?“ Ihre linke Hand strich vorsichtig über seine Brust, dann legte sie sie auf ihren Oberschenkel ab.

„Wenn ich dir als zu sentimental erscheine, verzeih mir das bitte. Ich bin schon immer eine ziemliche Heulsuse gewesen, ich kann nichts dafür.“

„Du bist einfach sehr sensibel, daran ist nichts Verkehrtes. Und jetzt schlaf schön!“

„Danke, du auch.“

Maximilian schloss seine Augen und genoss den Luxus von Gesellschaft und Geborgenheit. Er war gerade dabei, sich aus seinem Bewusstsein zu verabschieden, als ihre Stimme erneut in sein Ohr drang.

„Max?“

„Wanda, sei mir bitte nicht böse, aber ich …“

„… wir haben jetzt gar nicht nach den Fahrstuhl gesucht.“

Maximilian fiel es wie Schuppen von den Augen. Sie hatte Recht! Er war so begeistert von ihrer Konstruktion und ihren damit verbundenen Fähigkeiten gewesen, dass er gar nicht mehr daran gedacht hatte.

„Wir können später danach suchen. Bevor wir an die Oberfläche zurückkehren, sollten wir uns erst einmal entsprechend vorbereiten.“

„Was glaubst du, was wir dort finden werden?“

Das war eine Frage, die er sich selbst schon oft gestellt hatte.

„Ich weiß es wirklich nicht. Wollen wir morgen …“

„Ich bin ruhig, ich bin ruhig. Versprochen!“ Versicherte sie ihm.

Es dauerte nur wenige Sekunden und Maximilian war in einen tiefen Erschöpfungsschlaf gefallen. Ein leises Schnarchen drang zwischen seinen Lippen heraus, gefolgt von einem tiefen Atemzug.

Die Riesin lächelte. Für sie war das in diesem Moment eine reine Entspannungsmusik. Sie betrachtete den kleineren Mann in ihren Arm eingehend und fühlte sich immer stärker zu ihm hingezogen. Ihr wurde warm zwischen den Schenkeln und auch in ihren Brüsten spürte sie ein elektrisierendes, fast unangenehm intensives Kribbeln. Vorsichtig schob sie die Finger der linken Hand zwischen ihre Schenkel und fühlte sofort einen Schwall an Feuchte, der zwischen ihren Beinen herausquoll. Sie hob ihren Kopf an, betrachtete ihre feucht glänzenden Fingerspitzen voller Staunen und weigerte sich in diesem Augenblick, sich ihre Lust einzugestehen.

Maximilian fand nur mit Mühe aus seinem Schlaf heraus. Erst als sein Verstand langsam wieder zu arbeiten begann, kehrten mit ihm auch die Erinnerungen an die vergangenen Stunden zurück. Er lag auf der Matratze, die er gestern auf den Boden ausgelegt hatte und fand seinen Kopf auf einer zusammengerollten Decke gebettet, während er seinen Körper mit einer zweiten sorgsam zugedeckt fand.

Es war kein Traum gewesen! Er war wirklich nicht mehr allein hier unten eingeschlossen. Fast hätte er bei diesem Gedanken lachen müssen. Nein, jetzt waren sie zu zweit hier unten eingeschlossen. Er selbst und ein Ding, das eine Mixtur aus Mensch und Maschine darstellte. Er ärgerte sich über seine Gedanken. Wanda war ein Mensch vom Fühlen und Handeln her. So wollte er sie auch als einen Solchen sehen. Spätestens, wenn das Besondere an ihr, für ihn zur Normalität geworden war.

Er richtete stöhnend seinen Oberkörper auf, suchte sich zu strecken und blickte sich verschlafen um. Wanda war nirgends zu sehen. Er brauchte noch ein wenig Zeit, um sich zu sammeln, stand schließlich auf und tapste aus dem Büro heraus, hinein in die große Halle, mit ihren fast zweihundert Arbeitsplätzen. Wo sie wohl steckte? Vielleicht war sie noch einmal duschen gegangen? Die Brause schien ihr gestern gutgetan zu haben.

Er fand die roboterartig wirkende Frau in der Kantine. Sorgsam wischte sie über die Platten der Tische und schien nicht weiter überrascht zu sein, als er hinter ihr auftauchte.“

„Guten Morgen! Warum bist du denn schon aufgestanden?“ Fragte er sie mit heiserer Stimme.

Sie zeigte ihm ihr hübsches Gesicht, das ähnlich gefrustet dreinschaute wie am gestrigen Tag.

„Ich konnte nicht schlafen, da habe ich hier ein wenig aufgeräumt.“

Maximilian sah sich um und fand alles sorgsam geputzt vor. Nur ein Tisch lag in Trümmern, dessen Reste er sorgsam in eine Ecke abgelegt fand.

Sie folgte seinen Blick und entschuldigte sich.

„Ich habe mich zu sehr auf ihn abgestützt.“

Ihm war es egal, der Tisch hatte keine weitere Bedeutung für ihn, Wandas Zustand aber schon. Sie schien, ähnlich wie gestern auch schon, sehr unruhig und bedrückt zu sein. Er näherte sich ihr, wollte ihr seine Hand auf die linke Schulter legen, als sie ihm auch schon auswich und Abstand zu ihm suchte.

„Ich kann das im Moment nicht. Entschuldige.“

„Habe ich etwas falsch gemacht?“ Fragte er sie besorgt.

Wanda verneinte und suchte nach den nächsten Einsatzort für ihren Wischlappen.

„Wenn es zwischen uns Probleme gibt, sollten wir darüber sprechen, wir sind schließlich aufeinander angewiesen.“ Meinte er schließlich, nachdem er sie eine Weile bei ihrer Arbeit beobachtet hatte.

Sie warf ihm einen genervten Blick zu, wollte aber nichts erwidern.

„Bitte, Wanda! Sag mir, was mit dir los ist.“

„Dort hinten ist dein Frühstück, du brauchst es nur in die Mikrowelle zu stellen.“

Maximilian wunderte sich. Wanda hatte sich zwei Handtücher um ihre mächtigen Oberschenkel gebunden.

„Haben die eine besondere Aufgabe?“

Die Riesin blickte überrascht an sich herunter und bekam einen roten Kopf.

„Lass mich bitte in Ruhe!“

Sie wandte sich ab und verließ hastig den Raum. Maximilian blickte ihr nach, überlegte einen Moment lang, ob er ihr folgen wollte, unterließ es dann aber. Vielleicht musste sie sich erst einmal wieder beruhigen. Fragen würde er ihr in der nächsten Zeit keine mehr stellen, es schien dabei nichts Gescheites herauszukommen. Frauen! Er war schon damals bei Mara immer wieder vor eine Wand gelaufen, ohne diese vorher bemerkt zu haben.

Wanda hatte ihm mit viel Liebe Brote geschmiert, Eipulver und Trockenmilch zu Rührei verkocht und sogar ein Papierhandtuch zur Serviette gefaltet. Dass sie sich in einer solch schlechten Stimmung befand, konnte also nicht mit ihm in Zusammenhang stehen.

Trotzdem befand er es für besser sie fürs erste in Ruhe zu lassen. Er hatte heute viel vor und würde sich genau überlegen müssen, was er davon als erstes in Angriff nehmen wollte. Eigentlich hatte er die Absicht gehabt, sich mit Wanda aufzumachen, um nach dem zweiten Schacht zu suchen, doch nun verschob er dieses Vorhaben nach hinten, um weiter den riesigen Datenschatz des Kees zu sichten.

So nahm er sich ein Glas Wasser mit, ging rüber in den bisher vor ihm verborgenen Wissenschaftstrakt des Bunkers und setzte sich dort, wie schon am gestrigen Tag an den Rechner. Sollte er noch einmal nach Wanda sehen, bevor er begann? Der Wunsch in ihm war da, doch zögert er und wusste nicht, was richtig war in diesen Moment. Schließlich entschied er sich dafür, eine der Dateien zu öffnen und in ihr zu lesen.

Dieser Dr. Mikimoto schien ein Workaholic gewesen zu sein. Nach seinen Aufzeichnungen zu urteilen, hatte er bis zu zwanzig Stunden am Tag mit dem Projekt verbracht und an dem neuronalen Logikgatter des Kees gearbeitet. Dabei ging es um nichts Geringeres als die künstliche Intelligenz des Kampfsystems und seine Anbindung an Wandas menschliches Gehirn. Beide schienen eine enge Koexistenz miteinander zu führen, da Wandas Gehirn allein gar nicht dazu in der Lage gewesen wäre, all die Informationen und Steuerbefehle zu verarbeiten, die einen Einsatz mit ihrem künstlichen Körper mit sich gebracht hätte. Und auch wenn Wandas Geist recht einfach auf ihn wirkte, war diese Frau die Einzige gewesen, die den Eignungstest bestanden hatte. Nur eben nicht freiwillig. War es nicht im Grunde genommen ein Verbrechen gewesen, das man Wanda angetan hatte? Oder kam es doch eher einem Geschenk gleich?

Maximilian konnte nicht glauben, was er hier las. Zehntausende waren untersucht worden, Soldaten der Bundeswehr, genauso wie Beamte und des Staatsdienstes. Doch keines ihrer Gehirne schien zu diesem Wesen kompatibel gewesen zu sein, abgesehen von dem der Schreibkraft.

Ein Dr. Helm schien die Leitung des Projekts innegehabt zu haben und er war es auch gewesen, der sich bis zuletzt gegen einen Einsatz des Kees ausgesprochen hatte. Der Wissenschaftler schien sich bis zum Schluss nicht darüber im Klaren gewesen zu sein, inwieweit sich beide Nervenzentren gegenseitig beeinflussen und welche Auswirkungen das auf den Einsatz des Kee haben konnte. Er schien Dr. Mikimoto nicht zu glauben, dass es Wanda war, die den künstlichen Organismus steuerte und nicht das ihr assistierende Kee.

Mikimoto war es auch gewesen, der das Verhalten und die Bedürfnisse der KI programmiert und damit entscheidend geprägt hatte. Er wollte es unbedingt eingesetzt sehen und hatte seinem deutschen Vorgesetzten diesbezüglich immer wieder bedrängt. Der Computer des Japaners war es, den Maximilian jetzt benutzte und so fand er auch einige persönliche Dokumente des Forschers im Speicher, verfasst in dessen Muttersprache.

Die Befürchtungen Helms konnte Maximilian nachvollziehen. Es steckte eine mächtige Recheneinheit in Kees Kopf basierend auf biologische Zellstrukturen und Schaltkreisen, zehntausend Mal leistungsfähiger als der Multiprozessor des Großrechners im Archiv. Wie diese die eingehenden Informationen verarbeiten und werten würde und wie zuverlässig diese mit dem Verhaltenskodex und Moralempfinden Wandas harmonisierte, war anscheinend kaum abwägbar für das Forscherteam gewesen. Auf jeden Fall ging die Mehrzahl der Wissenschaftler davon aus, dass es zu früh war, um sich wirklich sicher sein zu können, dass das Kee die ihm anvertraute Macht nicht missbrauchen würde.

Maximilian überkam ein ungutes Gefühl. Warum war die Kee letzten Endes dennoch gestartet worden? Und vor allem von wem? Er hatte Mikimoto in Verdacht, der wahrscheinlich vor dem Verlassen des Bunkers, seinem Projekt Leben einzuhauchen suchte.

Ging es Wanda deshalb so schlecht? Weil sie die ganze Zeit gegen das Kee ankämpfen musste und sich ihm nicht ergeben wollte? Oder war ihr Verhalten wirklich nur der Überforderung geschuldet, solch ein makaberes Schicksal annehmen zu müssen?

Der Informatiker schloss seine Augen und lehnte sich in dem einfachen Bürostuhl zurück. Wenn Wanda die Kontrolle über das System verlor, war es eh aus mit ihm. Was sollte er sich also darüber Gedanken machen?

„Hast du Neuigkeiten?“

Er schrak auf und fuhr herum.

Wanda stand einen halben Meter hinter ihm und blickte über seinen Kopf hinweg auf den Bildschirm herunter. Er hatte sie weder gehört, noch gespürt.

„Ein wenig noch, ja.“

Wanda schien nervös zu sein. Wahrscheinlich war sie sich nicht sicher, ob sie das wirklich hören wollte, was er ihr zu sagen hatte.

„Willst du mir davon erzählen?“

Maximilian zögerte.

„Ich möchte dich nicht anlügen, Wanda. Aber ich glaube, im Moment wäre das zu viel für dich.“

Die Riesin schien sich widererwarten damit zufriedenzugeben.

„Kann ich mich ein wenig zu dir setzen? Ich störe dich auch nicht weiter.“

Er war einverstanden und deutete auf den Tisch neben sich, wo sie schon am gestrigen Tag gesessen hatte. Sie hatte immer noch die Handtücher um ihre Oberschenkel gewickelt und Maximilian vermochte sich einfach nicht vorzustellen, was der Grund für dieses merkwürdige Verhalten sein konnte.

„Ist etwas bei dir kaputt? Vielleicht sollte ich mal einen Blick darauf werfen?“

Ihre Reaktion war merkwürdig harsch.

„NEIN! Da ist nichts weiter. Lass es bitte einfach so wie es ist.“

„Gut, wenn dir das lieber ist.“ Erwiderte Maximilian eingeschüchtert.

Sie rang sich ein Lächeln für ihn ab und ließ ihre mächtigen Hände ineinandergreifen, ohne das es zu einer Kollision mit ihren Krallen kam. Maximilian fiel diese Entwicklung auf und und so lobte er sie dafür.

„Du stellst dich immer geschickter an, ich glaube es dauert nicht mehr lange und du wirst dich ohne große Komplikationen fortbewegen können.“

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