ANMERKUNG des Autors:
Der Text ist mit einigen Metaphern gespickt. Begriffe aus der griechischen Mythologie oder abendländischen Mystik und Christologie. Ich will hier aber auch nicht vorgreifen oder etwas erklären. Führt zu weit. Lasst den Text einfach so wirken, wie er Euch als sinnvoll erscheint.
Einen Begriff, den ich hier in diesem Text verwende lautet *Gemme*. Ich erkläre ihn an dieser Stelle dennoch, weil er mir im entsprechenden Kontext in dem er steht, sehr wichtig ist.
Eine Gemme ist einerseits ein Schmuckstück (Besitz) und andererseits eine Brutknospe(n) bei Pflanzen, die der vegetativen, ungeschlechtlichen Vermehrung (Werden, Sein) dienen. Worauf ich damit hinweisen will, dürfte jedem klar werden. Der Gesamte Text, nicht nur die Liebesszene in der Scheune, ist eine einzige Allegorie. Ich hoffe, sie ist nicht zu blasphemisch (lach). Teil 04 wird in Avignon spielen. Dann wird es prall, bunt, unzüchtig und… Viel Spaß. Andy.
*
In den darauf folgenden Wochen verbargen Mattis und Zoë ihre Liebe vor den wachsamen Augen Marthas, die wie ein lästiges Insekt ständig um Zoë kreiste und auch Mattis nicht aus den Augen ließ, sobald er in ihrer Nähe war. Sie verteilte die zu erledigenden Arbeiten entsprechend und hielt Mattis und Zoë so auf Distanz. Sie spürte Mattis drohende Konkurrenz. Mattis und Zoë waren auf der Hut. Nur wenn sie sich unbeobachtet wähnten, verkrochen sie sich in schattige Winkel, als sei ihre Liebe ein Verbrechen. Sie beteuerten einander ihre selige Zuneigung durch flüchtige Küsse oder ungestüme Umarmungen und vergewisserten sich der Liebe des Anderen, durch das auflodernde Feuer in ihren Herzen. Nur Vera hatte es in einem unvorsichtigen Moment ihrer Zweisamkeit mitbekommen, versprach aber Stillschweigen zu bewahren. Ja, sie half ihnen sogar, indem sie Martha wegen Kleinigkeiten zu sich rief, wenn Mattis und Zoë ein paar Minuten für sich haben wollten. Doch Martha besaß genügend Spürsinn, um ihnen, wann immer sie konnte, aufzulauern.
So auch an diesem Tage.
Während des hektischen Markttages vor dem Klostergrund, nahmen Zoë und Mattis jede Gelegenheit wahr, sich abzusondern, um intimere Worte wechseln zu können. Martha war zeitweilig mit ihrem Tratsch beschäftigt, traf sich mit den Bäuerinnen und schaute nur sporadisch nach dem Rechten. Sie fühlte sich sicher und hatte den Waschtag nicht zufällig auf den heutigen Tag befohlen. So wusste sie Zoë und Vera am Zuber vor der Küche, während Mattis sie auf den Markt begleitete. Mattis überlegte, wie er sich von Martha lösen könnte. Martha war in ein Gespräch vertieft.
Er trat auf sie zu.
„Ich hoffe, das Feuer ist genügend geschürt, ich bin mir nicht sicher,“ meinte Mattis und schaute Martha fragend an.
Die unterbrach kurz ihren intensiven Tratsch und schaute Mattis unwirsch an.
„Störe mich nicht, dann leg´ halt Holz nach und schau, ob das Wasser heiß ist,“ kommandierte sie.
Mattis machte sich eilig auf den Weg in die Küche und befüllte zwei Holzeimer mit heißem Wasser, welches im ehernen Suppenkessel über dem Feuer brodelte. Vorsichtig trug er sie zu Zoë und Vera hinüber, die am Zuber standen und goss das heiße Wasser hinein.
„Ich wäre jetzt gerne auf dem Markt, vielleicht träfe ich meine Familie und es böte sich Gelegenheit, dich ihnen vorzustellen,“ meinte Zoë leise.
Zoë zerließ dabei mit ihren Händen die Knochenseife in das dampfende Wasser.
„Ja, antwortete Mattis, aber genau das will Martha nicht. Sie ahnt, dass etwas mit uns beiden ist.“
Mattis schaffte abwechselnd heißes Wasser vom Feuer und kaltes aus dem Markbrunnen herbei. Er schaute sich dabei nach Martha um. Er rannte zurück, füllte es in den großen, eichenen Trog, ließ sich viel Zeit dabei, betrachtete Zoë und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf ihre Wange.
„Gebt acht, Martha kommt,“ flüsterte Vera, ich hoffe, sie hat es nicht bemerkt.“
„Zuerst die pallae corporalae in das reine Wasser, danach die Linnen der Äbtissin und Schwestern, zuletzt meine Kleider,“ schrie Martha und kam schnellen Schrittes näher.
„Ich werde noch mehr kaltes Wasser hinzugeben, dann schmerzt es deinen Händen nicht so sehr,“ flüsterte Mattis, während er einen Eimer mit Brunnenwasser in den Trog schüttete. Zoë zerdrückte die Seife ins Wasser und lächelte Mattis dankbar an.
Das Wasser verwandelte sich durch die Seife in eine milchige Essenz.
Vera schleppte ein Bündel edler Leinentücher herbei, die zur Abdeckung des Altares dienten und legte sie neben den Bottich ins Gras.
Martha stürzte herbei und gab Vera eine schallende Ohrfeige.
„Wage es nicht noch einmal die gesegneten Tücher mit Erde zu beschmutzen, du dummes Balg, sonst werde ich dafür sorgen, dass dein blasphemisches Tun der Mutter Oberin gewahr wird,“ kreischte Martha.
Marthas Finger brannten sich als leuchtend rote Striemen in Veras kindliches Gesicht.
Vera nahm schluchzend die Tücher auf, warf sie in das hälftige Fass und tunkte sie mit einem Stecken unter.
Mattis ballte eine Faust und biss seine Zähne zusammen. Er hätte Martha in diesem Moment im Trog ersäufen können, riss sich aber zusammen. Die Zeit wird kommen, da dieses menschliche Unkraut aus Gottes Acker herausgezogen und im zehrenden Feuer verbrannt wird, dachte er angewidert.
Zoë stand wie angewuzelt und schaute Vera mitleidig an.
„Und du, schau nicht so…, so…, trolle dich, nimm den Stecken und rühre damit,“ fauchte Martha Zoë an.
Nachdem die Reinigung der weißen Altartücher vollzogen war, warfen sie die Untergewänder der Schwestern in den Trog.
Martha fühlte mit der Hand ins Wasser und zog sie schnell wieder heraus.
„Hol´ heißes Wasser, füge drei Eimer davon hinzu,“ befahl Martha Mattis.
Schließlich war der Trog bis zum Rande gefüllt.
„Steige hinein und walke das Tuch durch,“ befahl Martha und schaute Zoë auffordernd an.
„Warte, lass mich es machen,“ sagte Mattis und schüttete einen Eimer dampfenden Wassers hinein.
„Du wirst noch mehr heißes Wasser holen,“ donnerte Martha.
Zoë stieg aus ihre Holzpantinen und setzte einen Fuß in den Trog.
„Beeile dich gefälligst und ziere dich nicht so, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Wenn ihr fertig seit, dann legt die weißen Tücher auf die Wiese zum Bleichen aus. Ich will keine Flecken mehr sehen, verstanden.“
Zoë zog ihre Tunika bis zur Hüfte hoch und stampfte die Wäsche. Martha schaut aufmerksam zu und beobachtete begierig die Bewegungen von Zoës schlanken Beinen. Die helle Haut ihrer Beine hatte zunächst die Farbe des milchigweißen Wassers, doch veränderte sie sich zunehmend in ein siedendes Rot. Zoë biss die Zähne aufeinander. Martha labte sich an ihrer Rache, wegen Zoës Untreue. Mattis eilte mit einem Eimer Brunnenwasser herbei und schüttete es so hinzu, dass der kalte Schwall Zoës Beine traf.
„Lass´ das gefälligst, es muss heiß sein, sonst wird es nicht rein,“ kommandierte Martha.
Mattis schaute in Zoës schmerzverzogenes Gesicht.
„Steig´ heraus, sofort,“ schrie Mattis, ließ den Eimer fallen und reichte Zoë seine Hand.
„Unterstehe dich gegen meine Anweisungen zu handeln,“ schrie Martha.
„Hab´ keine Furcht, komm´ heraus zu mir, steig´ aus dem Wasser,“ sagte Mattis plötzlich in ungewöhnlich ruhigem Tonfall zu Zoë. Er beachtete Martha nicht.
Zoe nahm seine Hand und stieg aus dem Bottich. Ihre Beine glühten.
In Martha wütete der Zorn. Sie machte einen Schritt auf Mattis zu, der sich unbeeindruckt vor sie stellte.
Martha zögerte.
„Eurem Ungehorsam wird Mutter Oberin die entsprechende Strafe folgen lassen,“ schrie sie. Martha drehte sich um und stampfte wie eine Furie in Richtung Pforte.
Kaum stürmte sie durch das Tor zum Marktplatz, als sie mit einem kugelrunden Bettelmönch zusammenprallte, der genüsslich an einem Maisbrot kaute.
„Gehe er mir aus dem Wege,“ fauchte sie und schaute ihn kurz an. Der Mönch verzog seinen Mund zu einem krümeligen Lächeln und brummte ein Paar unverständliche Worte.
Martha drückte sich an ihm vorbei in Richtung Pforte und warf dabei einen erinnernd fragenden Blick zurück auf den Mönch, der sich langsam durch das Tor in den Garten begab. Martha war sich uneins darüber, ob sie besser umkehren oder Mutter Oberin
herbeirufen sollte. Sie entschied sich Mutter Oberin oder zumindest Schwester Agnes herbeizuholen. Dann hätte sie die nötige Oberhand.
Es dauerte nicht lange, bis Martha mit Schwester Agnes im Garten auftauchte.
Vera und Zoë rührten mit den Stecken im Trog, während Mattis sich lächelnd mit dem dicken Mönch unterhielt.
„Was geht hier vor,“ dröhnte Schwester Agnes´ Stimme.
Die Blicke der Anwesenden hefteten sich auf Schwester Agnes, die sich wie ein Scharfrichter vor ihnen aufbaute.
Zoë bekam es mit der Angst.
Der dicke Mönch faltete seine Hände über seinen Wanst und lächelte sie an.
„Wir wollen mit der ehrwürdigen Mutter Oberin sprechen,“ erklärte er mit sanftem, höflichen Tonfall.
„Wer bist du, was hast du hier zu suchen, und seit wann darf ein unbedeutender Bettelmönch wie du sich anmaßen, im Pluralis Majestatis von sich zu sprechen,“ donnerte Schwester Agnes höhnisch.
„Er spricht in unserem Namen,“ schnitt es wie eine herabfahrende Klinge durch die Luft.
Sie hatten ihn nicht kommen sehen.
Mattis Augen weiteten sich ungläubig.
Schwester Agnes warf ihren Kopf herum und zuckte im selben Moment zusammen.
Martha verneigte sich respektvoll und trat hinter Schwester Agnes zurück.
„Euer Hochwohlgeboren…, ich wusste nicht, dass ihr…, zurück…“
„Nun wisst ihr es,“ drückte er ihr das Wort ab.
Er warf Mattis einen prüfenden Blick zu und legte eine Hand auf seine Schulter.
„Hat sie nun unseren Wunsch vernommen, die ehrwürdige Mutter Oberin sprechen zu wollen oder bedarf es etwa eines weiteren Wortes,“ wandte er sich wieder auffordernd Schwester Agnes zu. Seine Stimme klang bedrohlich.
„Ja…, …sofort, Euer Hochwohlgeboren.“
Schwester Agnes machte eine einladende Handbewegung und setzte sich mit ungelenken Schritten in Bewegung.
Aus der Ferne sah Mattis zwei Knappen am Tor stehen, die beide ein Skapulier in den Farben des Grafen von Foix auf dem Leib trugen. Rot und gelb gestreift.
Wie Serafim und Cherubim stehen sie da, kam Mattis ein Bildnis ins Gedächtnis, wir sind gerettet.
Zoë stand noch immer am Bottich, hielt verängstigt den Stecken bewegungslos in das dampfende Wasser getaucht und machte keinerlei Anstalten, dem Grafen Raymond von Foix Ehrerbietung zu erweisen. Sie hatte ihn noch nie gesehen, aber sie erkannte die Insignien seines Wappens auf der Scheide seines Schwertes, auf dessen silbrigen Knauf seine mit Leder geschützte, mächtige Hand lag.
„Gebt meiner Gefolgschaft Erquickliches, auf das ihr Hunger und Durst gestillt werde,“ befahl Raymond Martha, und der Bursche hier, wird mein Pferd mit Wasser versorgen.“
„Sofort, Euer Hochwohlgeboren, meinte Martha gebückt und befahl Mattis, Vera und Zoë in die Küche.
„Zur Gefolgschaft des edlen Herrn gehöre auch ich,“ lachte der dicke Mönch, schlug mit der Hand auf seinen durch unsäglichen Verzicht geschwängerten Bauch und folgte ihnen in die Küche.
Mattis schnappte sich einen Holzeimer.
„Ihr kommt im richtigen Moment, Pater Aubry, ich denke jeden Tag an euch,“ flüsterte Mattis im Vorbeigehen.
„Kein Weg ist mir zu lang, mein Sohn, besonders, wenn ein reich gedeckter Tisch auf mich wartet. Der Allmächtige kümmert sich beflissentlich um seine Schäflein,“ sagte er mit erhobener Stimme, lachte laut auf und zwinkerte Mattis bedeutungsvoll zu.
„Wie habt ihr mich gefunden,“ fragte Mattis.
„Schon nach einer Woche wusste ich, an welchem Ort du dich aufhältst, mein Sohn. Man muss nur den Leuten beim Tratsch zuhören, dann erfährt man mit der Zeit alles Notwendige. Es soll ja Leute geben, die es nicht abwarten können, ihre Geheimnisse unter die Leute zu streuen. Eure Martha ist mir ein Begriff, lachte er. Alles kommt irgendwann ans Licht. Und nun geh´ und mach´, was dir aufgetragen worden ist. Es wird sich alles zum Guten wenden, so Gott will.“
Mattis Herz raste in freudiger Anspannung. Er rannte zum Brunnen auf den Markt und spähte suchend durch die Menschenmenge hindurch. Er sah, wie Raymond de Foix durch das Portal hindurch das Kloster betrat.
Schwester Agnes führte Raymond durch die Gänge der Klausur, den Kreuzgang entlang, der das Atrium umgab und lenkte ihn in Richtung Kapitelsaal.
„Mutter Oberin hat eure Ankunft erst für den nächsten Monat angekündigt,“ meinte Schwester Agnes.
„Mein vorzeitiges Erscheinen wird sie sicher erfreuen,“ meinte Raymond nicht ohne Häme.
„Sicher,“ erwiderte Schwester Agnes unbeteiligt, machte aber dabei ein ernstes Gesicht.
Sie tänzelte geräuschlos durch die Klausur, während Raymonds genagelte Stiefelsohlen wie Katäschenschüsse durch die heiligen Gewölbe hallten.
„Hier entlang, Euer Hochwohlgeboren,“ bedeutete Schwester Agnes und machte die Tür zum Kapitelsaal auf.
Mutter Oberin erhob sich von ihrem hochlehnigen Stuhl und kam Raymond entgegen, als er den Saal betrat.
„Herzlich willkommen in Sankt Barnard, euer Hochwohlgeboren.“
Sie reichte ihm die Hand. Raymond zog seine Handschuhe aus und begrüßte die Oberin mit einer angedeuteten, ehrfürchtigen Verneigung vor ihrem Amt.
„Mutter Oberin,“ begrüßte Raymond sie kurz.
„Wir haben euch erst in einem Monat erwartet, nahm sie das Gespräch auf. Ich hoffe, ihr hattet eine unbeschwerliche Reise. Wir werden euch und euer Gefolge mit allem Notwendigen versorgen,“ meinte sie und schaut Schwester Agnes nachdrücklich an. Ihr Blick verriet gespielte Sorge.
„Schon geschehen, ehrwürdige Mutter,“ erwiderte Schwester Agnes und verneigte sich demütig.
Die Oberin ging zurück zu ihrem Stuhl und setzte sich an einen großen, mit schwarzem Tuch umhüllten Tisch, der wie ein Katafalk wirkte.
„Bitte, setzt euch.“
Raymond de Foix blieb stehen.
„Danke, es wird nicht lange dauern. Umstände drängen uns zur baldigen Weiterreise. Ihr wisst, warum ich hier bin,“ kam Raymond de Foix zur Sache.
Die Oberin schaute abwartend.
„Vor einiger Zeit ist uns zugetragen worden, dass ihr euch aufopfernd um das Wohl und Wehe eines Burschen kümmert, dessen Oheim wir sind. Heute ist der Tag, an dem wir uns wieder seiner annehmen werden. Für eure christliche Nächstenliebe und Güte, die ihr diesem Burschen und damit uns zuteil werden ließet, danken wir euch, ehrwürdige Mutter, und dem Herrn.“
„Für mich und diese Abtei ist es eine fromme Pflicht, den Hilfe suchenden Seelen Gottes nicht nur mit unseren Gebeten zu dienen, sondern auch für ihr Leibeswohl zu sorgen, selbst dann, wenn wir nur das Nötigste für uns selber haben,“ flötete Mutter Oberin.
„Eurem fürbittenden Ansinnen vor Gott können wir nichts hinzufügen, der demutsvollen Sorge um euer leibliche Wohl schon eher,“ antwortete er zynisch. Raymond de Foix griff hinter seinen breiten Ledergürtel, zog einen Beutel hervor und warf ihn auf den Tisch. Der Beutel landete mit sattem Klang vor der Oberin.
Raymond hob sein Kinn wie vor einem Angriff und schaute sie mit unerbittlichem Blick an.
„Sagt dem ehrwürdigen Bischof, wenn er euch bei Gelegenheit wieder des Nachts besucht, dass der edle Wein auf meine Kosten geht, und sagt ihm nachher, dass es eine Zeit gab, in der Avignon edlere Herrschaften zu beköstigen hatte, als willfährige Huren und hoffärtige Halsabschneider.“
Mutter Oberin traf es wie ein Pfeil. Sie schoss von ihrem Stuhl hoch, schlug ihre leichenblassen, dürren Finger auf den Tisch und schaute Raymond schäumend vor Wut an. Ihr Mund zitterte, brachte aber keinen Ton hervor.
„Euren Lohn habt ihr somit erhalten, mehr werden eure guten Taten euch nicht zollen,“ meinte Raymond de Foix abschließend, drehte sich auf dem Absatz um und verließ die Abtei.
Mattis stand bei den Pferden am Marktbrunnen und gab ihnen Wasser.
Pack´ deine Sachen, Mattis,“ befahl Raymond de Foix laut, als er den Markplatz betrat, wir brechen eilends auf.“
Zoë, die noch im Garten am Zuber stand, schaute Mattis fragend an, als er zurückgeeilt kam.
„Hol´ deine Sachen, Zoë… na los, hol´ sie schon… schnell,“ rief er ihr zu und jagte an ihr vorbei zur Stallung.
Zoë ging an Martha vorbei durch die Küche und suchte in der Schlafnische ihre Sachen zusammen.
Martha stand wie angewurzelt. In ihrem Gesicht regte sich keine Miene, obwohl es in ihr brodelte.
Nach einer Weile kam Mattis zurück, stürmte in die Küche, nahm Zoë an die Hand und begab sich auf den Marktplatz, wo der Tross zur Abreise bereitstand. Eine Gruppe Landsknechte hatte sich auf nervös tänzelnden Pferden eskortierend hinter einen Planwagen aufgestellt und wartete auf das Zeichen zum Marsch.
Mutter Oberin und Schwester Agnes standen an der breiten Treppe, die zum Klosterportal hinauf führte und betrachteten mit finsterer Miene die Szenerie.
Die Marktleute und Gaukler standen in Gruppen beieinander und tuschelten.
„Warte hier,“ meinte Mattis und ließ Zoë los.
Ein Knappe hielt Mattis die Zügel eines Rappen hin.
Zoë stand in einiger Entfernung mit ihrem Kleiderbündel unter dem Arm zwischen der Menge und schaute zu Mattis hinüber, der mit Raymond de Foix sprach.
„Darf ich eine bescheidene Bitte aussprechen,“ fragte Mattis.
„Sprich,“ befahl Raymond.
„Auf der Reise, die ich antreten muss, soll mich allzeit mein Weib begleiten.“
Raymond zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
„Unsere Wege sind zu beschwerlich, als das wir uns von Weibern in Rücksicht nehmen ließen. Das soll dir klar sein.“
„Sie wird nicht hinderlich sein, sie ist mein Herz, ich werde es nicht hier zurück lassen, es ist ihr so wie mir ergangen,“ erklärte er mit fester Stimme.
Mattis schaute zu Zoë hinüber.
Raymond folgte seinem Blick.
„Dein rechtmäßiges Weib,“ fragte Raymond Mattis.
„Nein, sie wird es sein, wir lieben einander aufrichtig,“ erwiderte Mattis mit lauterer Stimme.
„Die Minne ist des Starken Schwäche, doch macht sie ihn zum Edelmann, sinnierte Raymond. Ich kann deine hehre Bitte verstehen und entspreche ihr, denn so gereicht es mir zur Ehre.“
Raymond fasste in den Saum seines Gewandes, zog eine Silbermünze hervor und warf sie in hohem Bogen vor Schwester Agnes´ Füße.
„Wahre Tugend kostet nichts und dieses hier, ist wahrlich mehr, als eine Entschädigung für ihre Schuld. Sei´s drum, allein wegen ihrer erbaulichen Schönheit hätte ich die gleiche Wahl getroffen,“ fügte Raymond laut hinzu und gab seinem Pferd die Sporen.
Mattis winkte Zoë zu sich.
Pater Aubry ritt langsam an Mattis vorbei und beugte sich herab.
„Aha, eine festliche Eheschließung steht ins Haus, hatte ich schon lange nicht mehr,“ trällerte er lächelnd und fühlte zunächst nach einer kleine Ledertasche an seinem Sattelzeug, in der er den kleinen, portablen Altar und allerlei Devotionalien mit sich führte. „Und, ich weissage mir, hob er an, dass es zur Taufe auch nicht mehr lange hin sein wird.“ Dabei tätschelte er ehrfurchtsvoll mit einer Hand seinen immensen Bauch. „So ist die gottgegebene Nachfolge des Menschengeschlechtes auf jene Art gesichert. Genau in dieser Reihenfolge. Nur mir bleibt sie versagt,“ fügte er schmunzelnd hinzu, seufzte laut auf, nahm sein Pferd in den Trab und setzte Raymond nach.
Mattis lächelte verschämt.
„Nimm dein Weib zu dir aufs Pferd, wir haben noch einen langen Weg vor uns,“ rief Raymond auffordernd, schaute dabei kurz über seine Schulter, hob zum Zeichen seinen Arm und sprengte durch das Haupttor hinaus auf den steinigen Weg, den Zoë noch vor wenigen Wochen barfüßig hinauf gezogen war. Die Gefolgschaft setzte sich in Bewegung
Mattis half Zoë in den Sattel und schwang sich hinter sie auf den Rücken des Pferdes. Der Knappe reichte ihm die Zügel, verneigte sich kurz, nahm Zoes und Mattis´ Sachen und verschwand eiligst zu einem Pferdegespann, das den Planwagen zog.
Zoë schaute suchend über die Köpfe der Menschenmenge hinweg.
„Sie sind nicht hier,“ meinte sie traurig.
„Du wirst sie wiedersehen, meine Liebe,“ tröstete Mattis.