Dies ist die Folge von ‚Insel Fortsetzung2′. Es ist ratsam, zuerst die drei vorausgehenden Teile zu lesen, da dies für das Verständnis der auftretenden Charaktere wichtig ist.
Inhalt
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5. Was wird aus Michael und Michelle?
5.0 Prolog
Michelle und ihr Halbbruder Michael haben die Hilfe von Freda suchen müssen, als das Training nicht so einfach zu erreichen war. Jetzt müssen sie beide die resultierenden Überraschungen verdauen.
5.1 Die Rückkehr vom ersten Aufenthalt im Trainingsraum
Als er wieder aufwachte, wusste Michael nicht, wie lange er ‚weg‘ gewesen war. Er spürte immer noch die alles überdeckende Übelkeit von dem kurzen Aufenthalt in dem Trainingsraum. Er hörte die Stimme von ihr. Es war schön sie zu hören.
„Ich bin’s, Michelle. Ist alles in Ordnung? Kannst Du mich hören, Michael?“
Ihre Stimme klang eindringlich. Ihm erschien alles wie ein Traum. Waren sie wirklich in dem Zimmer von Gloria gewesen? Er hatte sich nicht so schnell anpassen können. Und offensichtlich war auch hier wieder Michelle schneller ‚aufgewacht‘, obwohl sie nach ihm zurückgegangen war: „Wie viel Zeit ist vergangen?“
„Michael, wir waren insgesamt zwei Stunden weg. Freda ist schon gegangen.“ Michelle flüsterte in sein Ohr: „Michael, wir müssen außerhalb der Anlage miteinander reden, dringend! Und zieh‘ deine Kleidung sehr sorgfältig an für das Gespräch mit dem Commander! Lass‘ dich möglichst wenig sehen. Ich denke auch, dass wir Freda dafür gewinnen sollten anstelle von Schwester Flor die Überwachung im Hibernationsraum zu übernehmen. Damit wäre dann erreicht, dass die Mexikanerin uns nicht ohne Kleidung sieht. Begründen lässt sich das mit alleinigem Zutritt durch Freda und Johannes sowie uns natürlich. Wir sagen einfach, dass wir Angst haben sonst auch wie Gloria entführt zu werden.“ Selbst ihre flüsternde Stimme klang warnend.
Michelle hätte sich nach Michaels Meinung nicht so viel Sorgen machen müssen. Als sie im Videokonferenzraum ankamen, war die einzig wichtige Frage vom Commander eigentlich nur die nach den beiden Podesten. Als er gehört hatte, dass beide im Zimmer von Gloria leer waren, schien er offensichtlich das Interesse an anderen Fragen schnell zu verlieren. Er erkundigte sich zwar ausführlicher nach dem Inhalt der Schränke, aber offenbar hatte er es eilig. Jedenfalls war seine Befragung außerordentlich kurz. Andererseits bat er eindringlich um die Besprechung für Beginn des Trainings in zwei Stunden — und sein Tonfall ließ es weniger als Bitte denn als Befehl erscheinen.
Michael wollte Zeit schinden, aber der Commander ließ das nicht zu. Seine Stimme klang unnachgiebig: „Ich will euch alle drei im Trainingscenter sehen. Ich werde alles in Bewegung setzen damit zumindest ein Trainer anwesend sein wird. Wir müssen Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, die sowohl für das Trainingscenter als auch für den Hibernationsraum unbedingt nötig sind!“
Michael ergriff die Gelegenheit am Schopfe: „Kann denn Michelle anstelle von Schwester Flor und anderen Technikern nicht die Überwachung im Hibernationsraum übernehmen? Ich meine wir kennen die anderen Techniker nicht…“.
Der Offizier runzelte seine buschigen Augenbrauen, aber nickte dann kurz: „Ja, solange, bis alle Techniker und auch die Schwestern Flor und Andrea einer eingehenden Sicherheitsüberprüfung unterzogen sind wird kein Externer mehr in die Anlage kommen. Für zwei bis vier Wochen geht es auch hoffentlich ohne Techniker und Schwestern, da ja keine Neuzugänge zu erwarten sind. Aber für heute müsst ihr alle drei auch im Trainingscenter anwesend sein. Wir werden die Zugangskontrollen dort drastisch verschärfen müssen, aber ihr müsst natürlich ein- und ausgehen können!“
Kaum waren sie aus der Anlage heraus, so signalisierte ihm Michelle an der nächsten Biegung nach der Ausfahrt mit dem Rad zu halten. Sie sah in forschend an und fragte ihn dann direkt: „Hast du irgendetwas Außergewöhnliches gespürt oder gesehen nach dem ‚Transfer‘?“
Michael wusste sofort was sie mit dem Transfer meinte: „Als ich dort ‚aufgewacht‘ bin, war mir so kotzübel, dass ich eigentlich nur meinen Magen gespürt habe. Es war schwer genug dir zu folgen oder zu begreifen, was ich durch den leichten Nebel vor meinen Augen erblickte. Herrgott, mir war auch noch schwindlig und ich muss wie betrunken geschwankt haben.“
Michael sah wie Michelle überlegte und an der langsamen Sprechweise erkannte er, dass sie ihre Worte sehr sorgfältig wählte: „Hast du gemerkt, wie ich dich ‚geweckt‘ habe und wie ich dich berührt habe?“
Vage konnte er sich an ihre Berührung erinnern, aber er wusste nicht was daran ungewöhnlich sein sollte. Sie nickte und fragte dann genauer „Erinnerst du dich noch, wo ich dich berührt habe?“
Michael begriff ihre Frage immer noch nicht so richtig. Worauf wollte sie mit diesen Fragen hinaus? Er zuckte mit den Achseln. „Arme und an meiner Perücke, denke ich.“
„Ja, richtig.“, sie überlegte einen Moment und schien ihre Worte genau auszutarieren: „Ich habe an den Haaren der Perücke gezogen. Welche Empfindung hast du dabei gehabt?“
„Es hat natürlich geziept.“ Michael begriff das Interesse von Michelle immer noch nicht, auch wenn er einsah, dass sie wohl darauf hinauswollte, dass es ‚dort drüben‘ keine Perücke war. „Der Commander hat doch gesagt, dass die Fotos von der Videokonferenz als Basis dienen werden, also werden die schon echte Haare und keine Perücken eingesetzt haben.“
Michelle wechselte abrupt das Thema: „Und wie erschien dir deine eigene Stimme und meine Stimme?“
„Na ja, vielleicht war meine Stimme etwas aufgeregt hoch, aber mir war wirklich speiübel!“, Michael sah immer noch nicht warum Michelle dies so heimlich besprechen wollte. Das war doch alles ganz normal. „Deine Stimme klang ruhig, aber du hast den Transfer schneller und besser überstanden.“
Michelle atmete einmal tief durch: „Michael, dort drüben waren deine Haare lang und seidig. Deine Haut dort war weich und ohne das strubbelige, das deine Haut hier hat. Deine Stimmlage war wohl eine halbe Oktave höher. Was sagt dir das alles?“
Jetzt war es an Michael einmal tief durchzuatmen: „Willst du damit andeuten, dass …?“
Michelle nickte betont ruhig: „Ja, da drüben bist du ein Mädchen!“
Michael versuchte ebenso ruhig darauf zu antworten, obwohl es gar nicht so ruhig in ihm aussah: „Vorausgesetzt du hast recht, wie kommen wir aus dieser Falle heraus? Ich meine, so war das doch nicht gedacht! Freda sollte uns doch gerade helfen…“
Michelle hatte wohl schon seit der Rückkehr darüber nachgedacht. Jedenfalls hatte sie sich ihre Meinung gebildet: „Wir haben nur zwei Alternativen. Entweder wir geben den Schwindel mit den Identitäten zu, aber dann haben wir Erklärungsprobleme mit der Hilfe durch Peter Fuller, Glorias Freund. Dann müssen wir auch zugeben, dass wir sie schon vorher gesucht haben, obwohl der Commander wohl erst jetzt ihr Verschwinden bemerkt hat. Die werden uns dann sicherlich trennen. Oder wir machen weiter heimlich Nachforschungen über den Verbleib von Gloria. Das können wir aber nur, wenn wir so weitermachen als Team, und so tun als ob…“
Michael hatte zumindest die Begründung verstanden weshalb sie den Schwindel nicht zugeben konnten, aber das heimliche Nachforschen war ihm überhaupt nicht klar. Bedingt durch das Verschwinden von Glorias Hibernationsbehälter waren sie doch beide so in den Fokus des Commanders geraten, dass Heimlichkeiten immer schwerer wurden. Er drückte das auch so aus, aber Michelle hatte auch hierfür eine Antwort.
„Michael, früher oder später kommen wir vom Trainingszentrum in die freie Welt hinaus. Dort können sie uns nicht mehr so überwachen. Dann erst können wir wirklich heimlich nach Glorias Verbleib forschen.“
Michael war überrascht von dem Einfallsreichtum von Michelle. Dann kräuselte sich seine Stirn. „Michelle, kannst Du es denn akzeptieren immer als junger Mann in der Anlage aufzutauchen… und vielleicht noch wichtiger, auch im Trainingszentrum?“
Michelle lächelte und scherzte nur, ohne eine richtige Antwort zu geben: „Heißt das, das du mir dein Mountainbike für die Zeit ganz überlässt?“
Michael musste lachen. Michelle wirkte so verschmitzt und gewitzt, als sie ihren Wunsch für ein besseres Fahrrad trickreich einsetzte. Er konnte jetzt auch etwas Humor gebrauchen, wenn an die wohl bald wieder bevorstehende Übelkeit dachte, die mit einem neuerlichen ‚Ausflug‘ zum Trainingscenter wohl verbunden war.
5.2 Die Angst
Michelle war nicht so sehr zum Scherzen zumute, obwohl sie alles tat um Michael mit einem Lächeln zu beruhigen. Es würde ihnen beiden nicht helfen, wenn auch sie laut zugeben würde, dass sie beunruhigt war.
Natürlich hatte sie Angst vor der Situation im Trainingscenter. Angst davor durch den Commander einer Täuschung bezichtigt zu werden mit unbekannten Folgen für Michael und sie selber. Angst vor der Herausforderung sich in einem anderen Körper in dem Trainingscenter zu bewegen. Dann mischte sich auch Aufregung in ihre Angst. Vielleicht würde sie ja ‚draußen‘ ja einmal ein Radrennen mitmachen können, vielleicht sogar ein bekanntes. Es musste ja nicht gleich die Tour de France sein. Zumindest würde sie auch auf echten Asphaltstraßen ein Rennrad fahren können.
Sie wachte aus ihren Gedanken auf, als Michael zu lachen aufhörte und amüsiert zugab, dass sie natürlich sein Rad haben könnte. Er wurde aber gleich wieder ernst und wies darauf hin, dass sie wohl doch lieber gleich Freda ansprechen sollten, wenn sie deren Mitwirkung haben wollten. Freda hatte zwar schon den Eid geleistet, aber ob ihr damit klar war, dass der Commander damit auch den entsprechenden Gehorsam erwartete?
Michelle war überrascht zu hören wie Michael dies freiwillig ansprach und ohne das sonst bei ihm übliche Zögern, wenn er über Freda sprach. Er war früher immer gehemmt, weil er unglücklich in Freda verschossen war. Anscheinend war er davon plötzlich nicht mehr beeinträchtigt. Sie fragte sich unwillkürlich, ob er jetzt nicht mehr in ihrer Gegenwart befangen war, weil er es endlich akzeptiert hatte, dass Freda ihn nicht mochte oder ob er sich neue Illusionen machte, weil Freda ihnen helfen wollte. Direkt mochte sie Michael aber danach nicht fragen.
„Ja, du hast Recht, wir sollten sie fragen.“ Michelle überlegte rasch, was wohl besser wäre. Natürlich wäre es schöner, wenn Michael endlich aus seiner Verblendung aufgewacht wäre. Aber eigentlich war es egal für die Frage an Freda – es war gut genug, dass Michael selbst in seinem aktuellen Aufzug bereit war, sich Freda erneut zu zeigen. Sofort fiel ihr ein, dass er sich ja vor Freda ausziehen müsste, um in den Hibernationsbehälter zu steigen. Das würde ihm sicherlich in fleischfarbener Unterwäsche leichter fallen. Sie war erstaunt, als er auch dem bereitwillig zustimmte.
Richtig wichtig war es hingegen, bald noch einmal zu versuchen Peter Fuller zu erreichen. Michelle hatte das Gefühl, das nach dem Verschwinden von Glorias Körper im Hibernationsbehälter nur Peter Fuller ihnen ehrliche Hinweise geben würde.
Sie gab sich einen Ruck. „Wir werden gleich Freda ansprechen, und wir müssen es irgendwie versuchen Peter Fuller zu erreichen. Letzteres dürfen wir aber den Commander nicht wissen lassen, okay?“
Sie erkannte das abrupte Erkennen der Situation in seinen Augen. Er war wohl auch wie sie durch die rasche Abfolge der Ereignisse noch nicht dazu gekommen, sich alles genau zu überlegen. Jetzt war es allerdings sicher, dass Gloria in irgendwelche Dinge verwickelt war, die der Commander nicht wusste. Es war aber nicht klar, was Peter Fuller inzwischen über die Mission von Gloria wusste. Der hatte signalisiert seine eigenen Nachforschungen anstellen zu wollen, war aber telefonisch nicht mehr zu erreichen gewesen, was immer das auch bedeutete.
Genauso sicher war es auch, dass der Commander sie benutzen wollte, um mehr über den Verbleib von Gloria herauszufinden. Anscheinend verdächtigte sie der Offizier noch nicht, aber sie durften ihn auf keinen Fall auf die Idee bringen, dass sie mit dem entlassenen Betreuer von Gloria schon kooperiert hatten um das geheime Tagebuch von Gloria zu finden. Sie mussten erst einmal voll mit dem Commander kooperieren, solange sie keine besseren Informationen hatten.
Es war viel einfacher als erwartet, Freda zu überreden noch einmal ins Center zu gehen. Diesmal gingen sie alle drei zu Fuß zum Eingang. Freda hatte sich genau wie Michael teilweise umgezogen, sie trug bequemere Schuhe. Michael hatte Michelles Vorschlag zugestimmt, einfach an ihrer äußeren Kleidung keine Änderung vorzunehmen.
5.3 Der Beginn
Michael fühlte sich unwohl, als er von Freda und Michelle flankiert zum Eingang strebte. Natürlich hatte Michelle mit ihrem Argument Recht, dass der Commander durch einen Kleidungswechsel eher aufmerksamer werden würde, aber das änderte nichts daran, dass er sich vor Fredas Augen peinlich berührt fühlte. Michelles Gedanke, ihm das durch fleischfarbene Unterwäsche leichter zu machen, half dabei nicht viel. Komischerweise war ihm die Peinlichkeit mit Michelle bisher nicht so unangenehm aufgestoßen.
Dann hielt er vor der Schleuse inne. Er fühlte sich erleichtert bei dem aufblitzenden Gedanken und wandte sich um: „Mädels, jetzt brauchen wir ja die bisherige Reihenfolge nicht mehr einzuhalten, wir sind doch jetzt alle angemeldet! Ich brauche also nicht mehr als erster hinein, da wir uns ja sowieso alle im Trainingscentrum treffen. Ich komme dann nach.“
Er hatte aber nicht mit dem unerwartet heftigen Widerstand von Freda in diesem Punkt gerechnet. Freda klang mehr als indigniert, als sie ihn vorwurfsvoll anklagte: „Das würde Dir so passen! Ich lasse mich nicht von Dir Freak anglotzen, wenn ich dort nackt schwebe! Kein Problem, wir gehen gerne als erste in die Schleuse hinein, aber Du gehst als erster in den Hibernationsbehälter und bist auch wieder der letzte!“
Er sah wie Michelle leicht errötet war und beeilte sich seine Gedanken zu erläutern, aber er konnte auch gleichzeitig verstehen wie sie dachten: „Ich meine ja nur, ich bin dann ja auch nackt…“
Michelles Stimme war fest: „Ich sorge wieder dafür, dass wir uns beide umdrehen, Michael. Sowohl beim Einsteigen als auch beim Aussteigen. Und ich werde diesmal auch für deine Kleidung Sorge tragen. In der Zukunft wirst du dich jedoch an den Gedanken gewöhnen müssen, dass Freda Wache hält.“
Freda schnaubte nur kurz: „Als ob ich diesen Dickwanst…..“
Michael zuckte zusammen ob des verächtlichen Klanges in der Stimme von Freda. Es war nur eine kleine Erleichterung, als Michelle Freda ärgerlich anfauchte „Kein Streit! Wir haben alle unsere Fehler — denk‘ an dein Haar!“
5.4 Die Überraschung
Michelle verstand sowohl Michael als auch Freda. Michael hatte sich innerlich immer noch nicht von Freda gelöst und Freda verachtete Michael wohl auch dafür. Beide hatten dadurch ihre besonderen Empfindlichkeiten. Und sie erinnerte sich auch noch gut daran wie befangen sie reagiert hatte, als ihr Bruder ihre entblößten Brüste gesehen hatte. Sie hing diesen Gedanken auch noch nach, als sie alle drei vor dem Eingang zum Hibernationsraum standen.
Michael öffnete die Tür und Michelle platzte überrascht heraus: „Johannes!?“, Sekundenbruchteile später quietschte Freda auf „Was machst du hier?“
Sie alle trauten ihren Augen nicht, als sie ihren älteren Cousin dort lässig stehen sahen. Sie waren einfach sprachlos, als er knapp antwortete „Ich bin als Behelfstrainer eingesetzt.“
Auch Michael war wohl genauso wie sie selber wie vor den Kopf gestoßen, als Johannes Freda begrüßte und dann überrascht fragte „Was soll denn die Maskerade, Michelle und Michael? Und was ist mit deinem hübschen Haar, Michelle?“
Im ersten Moment wusste Michelle nicht was sie sagen sollte. Zum ersten Mal fühlte sie sich so richtig verlegen in ihrem jungenhaften Aufzug. Ausgerechnet Johannes musste sie jetzt so sehen! Sie fühlte wie sie richtig rot wurde. Sie war ausgesprochen dankbar als Michael die verblüffte Gegenfrage stellte „Wieso bist du als Trainer hier?“
Johannes erwiderte knapp: „Der Commander macht sich große Sorgen um eure Sicherheit und hat mich von meinem ziemlich wichtigen Auftrag deshalb abberufen, um nach dem besorgniserregenden Zwischenfall mit Gloria für eine schnelle Reaktion zu sorgen.“
Michelle war geschockt und nicht in der Lage zu antworten.
Michael reagierte zu Michelles Erleichterung intuitiv, er wollte Johannes nicht die ganze Wahrheit offenbaren, weil dieser offensichtlich eng mit dem Commander zusammenarbeitete: „Ich wollte ihr helfen, weil Gloria ihr zum Geburtstag ein Rennrad versprochen hatte. Und sie konnte ja noch nicht selber vor dem achtzehnten, also … Na ja, nur Freda und ich konnten in die Anlage hinein, nicht wahr?“
„Richtig, aber warum …?“, Johannes begriff das natürlich nicht, wie sollte er auch? Michael suchte nach einer plausiblen Erklärung, die gleichzeitig ihre vorzeitige Suche nach Gloria verdeckte. aber in der Eile fand er nur eine lahme Begründung: „Michelle wollte so gerne einmal ein Rennradrennen mitmachen…“
Johannes nickte zustimmend: „Gut, ich weiß dass sie immer gerne die Tour de France im Fernsehen genossen hat.“ Er überlegte kurz. „Okay, Radrennen ist etwas für Männer, wenn sie sich dafür verkleidet, das kann ich vielleicht noch verstehen, aber …“ Er sah zu ihr rüber.
Michelle versuchte zu erklären: „Zuerst hat Michael mir versprochen, dass er mir seine Identität überlässt. Aber dann konnte er nur *Freda* sein, und er war trotzdem so nett, mir zu helfen, zuerst hineinzugehen. Und dann kam der Commander und wir konnten nicht mehr tauschen, ohne… Freda wollte uns helfen, indem sie *Michelle* war und wir alle wieder tauschen konnten, aber dann kam die Sache mit Gloria …“ Michelle wollte vor Johannes nicht als Dummkopf dastehen, aber es war wirklich schwer diese unglückliche Abfolge von Ereignissen vernünftig zu erklären.
Johannes verdrehte die Augen: „Meine Güte, was habt ihr bloß für einen Schlammassel angerichtet? Habt ihr eine Ahnung wieviel es kostet einen Klon zu erstellen? Ihr habt doch einen Eid geleistet??“
Freda sah verwirrt aus, aber sie sah gleichzeitig schuldbewusst aus, weil ihr offensichtlich aufging, dass sie mit dem Eid als Michelle Probleme bekommen konnte. Michelle war schon einmal über diesen Aspekt erleichtert, da Fredas Miene immer vorsichtiger aussah. Zumindest würde sie jetzt nicht ihre Begründung torpedieren. Aber Michelle hatte keine Antwort auf Johannes Vorwürfe.
Johannes setzte noch einen drauf: „Und es ist auch nicht ungefährlich so zu wechseln. Gloria hat für einen Auftrag einmal versucht, in den Klon eines jungen Mannes zu schlüpfen. Das ist gründlich daneben gegangen. Sie hat massive Gleichgewichtsprobleme gehabt. Sie konnte überhaupt nicht stehen und schon gar nicht gehen — und sie musste sich mehrmals heftig übergeben. Also werdet ihr keine Risiken eingehen!“
Michelle sah eine Chance: „ Michael und ich, wir waren schon kurz ‚drüben‘ im Trainingscenter. Wir konnten beide gehen! Na ja, Michael nicht ganz so gut.“
Sie sah die Verblüffung in Johannes Gesicht: „Das ist ja absolut erstaunlich! Weiß der Commander das?“
Michelle schüttelte energisch ihren Kopf. Michael griff wieder ein: „Johannes, sie möchte doch einmal richtig ein Radrennen mitfahren und sie möchte sicherlich auch einmal Marathon gegen Leute laufen, die nicht vom ersten Kilometer an weit hinterherhängen. Gloria hätte ihr sicherlich geholfen. Das braucht der Commander doch nicht sofort zu wissen, oder?“
Johannes schnaubte ärgerlich: „Ihr seid doch alles Kindsköpfe! Das mit dem Eid ist kein Spaß! Ihr müsst das sofort mit dem Commander klären!“
Michelle sah wie auch Michael jetzt ausgesprochen nervös wurde, er suchte genau wie sie nach einem Argument, um Johannes davon abzubringen, aber ohne das Argument mit Gloria zu bringen. Ihr fiel aber nichts ein. Dann sah sie es in Michaels Augen: „Michelle möchte auch genauso tanzen wie im Karneval. Du erinnerst dich doch, Johannes? Da wo sie sich als Pirat verkleidet hatte. Wo sie die freie Wahl hatte und jeden auffordern konnte ohne zu warten…“