Kapitel 4: Depression!
Der folgende Tag in unserem Heim verlief sehr leise. Wir schlichen behutsam umeinander herum, trauten uns kaum ein Wort miteinander zu wechseln. Beide waren wir nicht in der Verfassung uns der Situation, in der wir uns jetzt befanden, mutig und vor allem ehrlich zu stellen. Ich hing viel meinen Gedanken nach und auch meine mitfühlende Gattin hatte mehr als einmal plötzliche Sorgenfalten auf der Stirn.
Sollte ich wirklich mitmachen? Isa war wirklich die schärfste Braut, die ich mir vorstellen konnte. Ich hatte doch eigentlich gar kein Bedürfnis es auch mit anderen zu tun, vor allem benötigte ich meine ganze männliche Kraft eigentlich für meine jederzeit willige und scheinbar immer scharfe Gemahlin. Aber es zuzulassen, dass sie es alleine einfach weiterhin mit ihren Kollegen und unseren Freunden tat, das würde ich niemals aushalten können. Es war mir eigentlich egal, ob die anderen mich für einen Schlappschwanz halten würden, selbst wenn sie damit mein Ego ankratzten, einfach die Tatsache, dass ich es nach allem was geschehen war zulassen könnte, dass meine Frau ohne Konsequenzen mit ihrem Verrat durchkam, störte mich schon einiges mehr. Etwas leiden sollte sie, wenn dann schon auch. Aber dann kam noch meine Unsicherheit dazu. Ich hatte nicht viel Erfahrung mit dem Matratzenzweikampf. Sicher, Isabelle hatte mir sehr viel beigebracht und hatte mir immer das Gefühl gegeben, ich sei ein wundervoller Liebhaber. Aber wie viel war da wirklich dran? Sie war schließlich befangen, weil sie mich liebte. Eine andere Frau, die einfach nur auf einen guten Fick aus war, sah das vielleicht völlig anders?
Chrissie kam mir in den Sinn, sie war fast so begehrenswert wie meine eigene Frau aber ein völlig anderer Typ. Ich würde nicht darum herumkommen es mit ihr zu treiben, sie war ein Angelpunkt in Isabelles Leben und immerhin hatte ihr Freund, der gute Thomas, der Scheißkerl Thomas, verbesserte ich mich, es seit ewigen Zeiten mit beiden getan. Wenn ich mitmischen sollte, dann war sie diejenige welche, an der ich vorbei, oder besser, in die ich rein musste. Schon allein, um wieder annähernd auf Kinnhöhe mit Thomas zu kommen. Auf Augenhöhe kam ich so sicherlich noch lange nicht, dafür hatten sie mich zu lange hintergangen.
Es war so unglaublich frustrierend. Die ganze Sache wuchs mir komplett über den Kopf. Am liebsten wäre ich sofort losgerannt, hätte Thomas eine reingehauen und dann seine Lebensgefährtin so richtig durchgenudelt, dass ihr Hören und Sehen verging. Selbstverständlich vor seinen ohnmächtigen Augen. Was für eine verführerische Illusion! Blöd nur, dass sie totaler Quatsch war. Thomas war weitaus athletischer als ich, und wie ich leider selbst Zeuge werden durfte, im Bett ein ausdauernder Hengst. Ich konnte mit ihm nicht annähernd mithalten. Mein Selbstwertgefühl sank in den Keller, ich berichtige mich, es sank bis in den glühenden Erdkern hinab. Wieso schlief meine Frau überhaupt mit mir, wenn sie solche Stecher zur Hand hatte? Ein kleine Stimme in der hintersten Ecke meines Kopfes flüsterte ganz leise: Weil sie dich liebt, du Vollpfosten! Und da waren wir wieder. Ich war gut aber nicht genug für meine nimmersatte Gemahlin. Sicher aber war ich ein schlechter Witz für andere Frauen. Blödsinn, schalt ich mich, so schlecht war ich nun auch wieder nicht, ich lag bestimmt im guten Durchschnitt und immerhin war ich nicht zu klein und schmal gebaut, im Gegenteil, guter Durchschnitt in der Länge aber durchaus einiges dicker. Das sollte doch ausreichen? Das könnte es, wenn ich nicht so unerfahren gewesen wäre und bei flottem Tempo leider auch recht schnell kam. Meine Frau wusste, wie ich reagierte, und konnte ihrerseits vorher entsprechende Maßnahmen dagegen einleiten. Andere Weiber wären da sicher nur enttäuscht. Am liebsten hätte ich laut losgeschrien. Warum machte ich mir so viele Gedanken, warum war ich nicht pragmatischer, warum nicht stoischer? Warum zog ich das Ding nicht einfach durch? Weil mein besch …eidenes Ego es nicht zuließ. Nur mit mehr praktischen Erfahrungen mit anderen Mädchen konnte mein Ego wachsen, nur die hatte ich nicht. So würde ich mich jedenfalls nicht trauen Chrissie oder eine der anderen einfach zu betten. Verdammt! Ich war ratlos.
Und dann kam noch etwas viel Wichtigeres dazu. Wieso machte ich mir eigentlich so viele Gedanken über Sex mit anderen Frauen? Wollte ich es doch insgeheim? Was war mit meiner Isa? Hatte nicht, das „in Ordnung bringen“ unserer Ehe jetzt oberste Priorität? Aber was gab es da schon groß zu bedenken? Die Fakten lagen offen auf dem Tisch und ich musste lernen damit umzugehen, dass meine schöne Herzallerliebste eine untreue nymphomane Schlampe war, wenn ich mit ihr zusammenbleiben wollte. Das blöde war, ich war mir nicht sicher, ob ich mich nicht doch vielleicht lieber trennen sollte? Ich liebte sie wirklich so sehr, dass das alles so ungeheuer schmerzte. Hätte sie damals mit offenen Karten gespielt, in dem Punkt hatte sie gestern Abend recht gehabt, ich hätte mich dann niemals mit ihr eingelassen. Nun aber war es zu spät, ich saß in der Falle. Klappe zu, Maus tot.
Ich hasste es die kleine ängstliche Maus zu sein, ich wollte der große starke Löwe sein, für mich selbst und vor allem auch für meine Frau, denn ich brauchte ihre Bewunderung, ihre Achtung. Es wurde mir bewusst, wie sehr ich mich in den vergangenen zwei Jahren auf sie eingelassen hatte. Ein Leben ohne sie schien mir absolut unvorstellbar, selbst wenn es so höllisch wehtat. Aber konnte das auf Dauer gut gehen? Würde unsere Beziehung nicht irgendwann doch daran zerbrechen? Nicht, wenn ich im Laufe der Zeit selbstsicher damit umgehen konnte. Ich redete mir ein, es könnte sich sogar positiv auswirken, wenn wir beide vollständig offen mit dem Sex umgehen konnten, dann würde uns nicht irgendwann langweilig werden. Ein kleines gemeines Männchen flüsterte da, dass es ihr sowieso nie langweilig geworden wäre, weil sie es so oder so stets mit anderen tat.
Der Tag schlich träge dahin, schien endlos in seiner Deprimiertheit. Das durchdringende Klingeln des Telefons fuhr uns beiden mächtig unter die Haut. Meine nervöse Ehegattin zuckte heftig zusammen. Ich schaute sie an aber sie machte keine Anstalten den Hörer abzunehmen. Mit einem Seufzer erhob ich mich und ging selbst ran. Natürlich war es Christine, wer hätte es sonst sein können? Sie wollte sich erkundigen, wie es bei uns lief. Ich reichte das Telefon wortlos an Isa weiter und ging in die Küche, um ihr einen Moment Zeit zu geben ihre beste Freundin auf den neusten Stand zu bringen. Dennoch konnte ich mir nicht verkneifen zu horchen:
„Was denkst du, wir sind beide völlig am Ende! Das Ganze hat ihm wirklich zu schaffen gemacht.“
„Nein, das ist nicht wahr. Wir sind schuld, wie haben total übertrieben.“
„Ja, das hätte völlig ausgereicht.“
„Nein, Andreas hätte auch netter sein können.“
…
„Dieses Arschloch, wenn der mir noch mal unter die Augen kommt, dann trete ich ihm in die Eier!“
…
„Glaubst du, dass ist eine gute Idee?“
„Um sein Ego aufzubauen?“
„Ich hoffe sehr!“
„Okay, ich werde mit ihm sprechen. Mach dir aber keine allzugroßen Hoffnungen. Ich denke er braucht jetzt einfach etwas Zeit, das alles zu verstehen.“
„Okay, ich halte dich auf dem Laufenden.“
So schüchtern wie derzeit hatte ich meine heißblütige Gemahlin noch nie erlebt. Sie kam zu mir in die Küche und druckste ein bisschen herum:
„Chrissie möchte alles wiedergutmachen.“
„Wie kann sie helfen, alles gutzumachen?“
„Sie weiß, wie unsicher du jetzt sein musst, und schlägt deshalb vor, dass du dich einige Male alleine mit ihr triffst.“
„Wozu?“
„Um sie zu ficken“, die Stimme meine geliebten Frau tönte hoch in meinen Ohren: „Damit du dich daran gewöhnst, es mit anderen zu tun.“
„Denkt sie, ich könnte das sonst nicht?“ Ich versuchte, so herablassend wie möglich zu klingen.
Natürlich zeigte das bei Isabelle keine Wirkung, sie kannte mich wirklich zu gut und erwiderte deswegen so sanft wie möglich:
„Liebling, wir wissen beide, wie schüchtern du bist.“
Aber so leicht wollte ich mich nicht geschlagen geben:
„Meinst du denn, das würde helfen?“
„Ich weiß nicht sicher, ich denke, es könnte dir tatsächlich helfen etwas selbstbewusster zu werden.“
„Ja klar, sie wird auch meinen Verführungskünsten völlig erliegen!“ Ich wurde langsam aber sicher aufgebracht.
Entsprechend ruhig und besänftigend reagierte Belle:
„Darum geht es doch gar nicht. Du kannst einfach erfahren, wie es mit einer anderen Frau ist. Niemand sagt, dass du sie bis zur Besinnungslosigkeit von einem Orgasmus zum Nächsten treiben sollst.“
Sie legte eine Atempause ein und fügte dann leider hinzu:
„Das würde keine Frau von dir verlangen.“
„Na toll, als Niete abgestempelt, bevor ich überhaupt was getan habe.“
„Red keinen Stuss! Kein Mann kann das! Du bist ein toller Liebhaber und hast wirklich keinen Grund an dir zu zweifeln! Du kannst jede Frau absolut zufriedenstellen, darauf gebe ich dir mein Wort!“
„Das sagst du nur, weil du aus Zuneigung zu mir über meine Unfähigkeiten hinwegsiehst.“
Jetzt war es an ihr langsam sauer zu werden:
„Nein, das sage ich, weil ich dich in zwei Jahren Beziehung von einem blutigen Anfänger zu einem absoluten Profi im Bett ausgebildet habe! Du fickst verdammt noch mal wie ein Zuchtbulle, wenn du in Fahrt kommst.“
Selbstverständlich wussten wir beide, dass sie maßlos übertrieb, aber es tat verdammt gut, das aus ihrem Mund zu hören und meine wunderschöne Belle setzte noch einen drauf:
„Selbst am Anfang als du noch unerfahren warst habe ich sehr gerne mit dir geschlafen und fand es immer sehr schön. Inzwischen ist der Sex mit dir wirklich am besten!“
Zwar verfehlten ihre aufmunternden Worte ihre Wirkung nicht, dennoch konnte ich mir einen sarkastischen Seitenhieb nicht versagen:
„Wenn das so wäre, wieso tust du es dann überhaupt mit anderen? Macht doch keinen Sinn sich mit dem Zweitbesten zufriedenzugeben, wenn man immer das Beste haben kann!“
Ihre Augen begannen zu funkeln und Tränen sammelten sich darin. Trotzig schrie sie mich an:
„Die Abwechslung! Vielleicht werde ich daran erinnert was ich an dir habe, wenn ich mit anderen ficke?“
Sie begann, zu schluchzen:
„Ich versteh‘ mich selbst nicht! Ich weiß, dass ich an dir doch genug haben sollte. Ich habe es einfach immer mit anderen getan und konnte irgendwie nicht aufhören. Weil ich es so gewohnt war, ich weiß es nicht, wirklich nicht. Das alles tut mir so schrecklich leid, Sebastian, ich liebe dich wirklich so sehr. Ich weiß nicht, was ich tun soll!“
Sie sank tränenüberströmt in meine Arme und ich hielt sie ganz fest. Ich wiegte sie sanft und streichelte über ihr unordentliches Haar:
„Schhhh, ist schon gut. Ich bin nur so verletzt, das ist alles.“
Als wenn „alles“ nicht das Schlimmste überhaupt wäre. Dennoch sah ich mich in der Pflicht, sie trösten zu müssen. Sie war schlicht und ergreifend immer noch meine Frau und die Person, die ich unermesslich liebte. In dem Moment wurde mir klar, dass ich, als der Ältere und Weisere von uns beiden, von mir selbst erwartete, mich immer um sie zu kümmern und immer die Verantwortung für uns gemeinsam zu übernehmen. Mich traf keine Schuld an ihrer verletzenden Untreue aber es lag jetzt an mir, alles wieder ins Reine zu bringen. Sie sah in mir den starken Mann, der ich für sie sein wollte. Jetzt musste ich meine Größe unter Beweis stellen! Wie dämlich! Emanzipation hin oder her, zumindest meine Frau erwartete eine bestimmte Rollenverteilung und genau das war einer der Gründe, warum ich mich romantisch mit ihr eingelassen hatte. Mit diesen dominanten Zimtzicken konnte ich nämlich so überhaupt nichts anfangen. Die waren einfach viel zu unabhängig, selbstständig und vor allem egoistisch und zwar selbst oder gar insbesondere gegenüber der Person, die sie vorgaben zu lieben. Isa war da völlig anders, sie überließ mir gerne die Kontrolle oder hielt sich zurück, damit ich — entgegen meiner eigentlichen Natur — beweisen konnte, dass ich ein echter Mann war. Sie verlangte dies stets geradezu von mir und es hatte meinem Selbstbewusstsein sehr gut getan. Ich war längst nicht mehr so schüchtern und zurückhaltend wie noch vor zwei Jahren.