Kapitel 4 – Fünf Prinzipien und Eisbecher mit Bohne
Der letzte Glockenschlag von Sankt Paul in der Heide war verklungen. Manu räkelte sich genüsslich. „Das lasse ich mir gefallen! Frühstück um zwölf, Mittagessen um sechs und Abendessen nach Mitternacht. Was kann daran falsch sein?“
„Schule um acht?“, riet Sabine aufs Gradewohl.
„Spielverderberin!“, murrte die Kleine. „Was ist jetzt mit Kaffee? Susi, wir haben mit dir gerechnet! Kennst du dich aus mit der Sä-ecko? Wir haben uns nicht getraut.“
„Sa–e-co, du Pflaume! Natürlich kenne ich mich aus. Wo steht das Ding und was darf es sein?“
„Cappuccino bitte, wenn du das hinkriegst, sonst einen Espresso und Milch dazu!“, forderte Manu.
„Wenn du wirklich einen richtigen Cappuccino kannst, dann mag ich auch einen, obwohl ich eigentlich keinen Kaffee trinke, außer eben in Italien einen leckeren Cappuccino“, schloss sich Sabine an.
„Va bene! Tre cappuccini. Subito!“, dienerte Susi. „Und wo ist das gute Stück nun?“
„Komm, ich zeig sie dir!“ Sabine rappelte sich auf und geleitete ihre Freundin in die Küche. Dort kam sie aber gleich auf den wahren Grund zu sprechen, warum sie mitgekommen war. „Sag, wie war es beim Bäcker? Ich wette, du hast Geld fallen lassen und dich gebückt. Erzähl!“
Susi ließ sich Zeit und erst einmal Wasser in den Tank der Kaffeemaschine, kontrollierte den Kaffeesatzbehälter und die Einstellungen, schaltete an und wartete auf die Betriebstemperatur. Erst dann ließ sie sich zu einer Antwort herbei. Eine leichte Röte überzog ihre Wangen. „Äh — also, das war so. Du kennst mich ja und auch ohne deinen zarten Hinweis wäre ich vermutlich auf so eine dumme Idee gekommen. Also, zwei Knöpfe am Hemd wieder auf, dann bin ich rein in den Laden und hab‘ mich umgesehen. Es waren schon ein paar Leute da, zum Glück niemand aus der nächsten Nachbarschaft. Da ist mir doch glatt ein Euro aus der Hand gefallen. Ich natürlich hinterher, schon ein wenig in gebeugter Haltung und drauf und dran, den Spießis den Samstag zu versüßen, da hör ich von hinten eine sonore Stimme. ‚Haben sie was verloren, Signorina Martini?‘ Die Stimme erkannte ich und bin vor lauter Schreck zuerst mit dem Kopf an die Theke geknallt und dann einfach erstarrt. Er …“
„Wer denn, verdammt auch? Jetzt sag schon!“
„Du glaubst es nicht! Der Neue! — So, jetzt ist sie heiß genug. Wo sind die Tassen?“
„Da sind die Tassen und jetzt …!“
„Milch! Und mit den Tassen kann ich nix anfangen. Die sind für Tee!“
„Mein Gott, was bist du kompliziert! Hier, die Milch! Jetzt red endlich! Da, nimm halt die!“
„Ja, die sind besser. Eine von den anderen kann ich ja für den Vorlauf verwenden. Äh … was wolltest du noch mal?“
„Ich will wissen, was weiter in der Bäckerei passiert ist! Hast du ihnen nun deinen blanken Arsch gezeigt oder nicht?“
Susis leise Antwort ging im Lärm der Kaffeemaschine unter. Sie ließ eine Tasse leer durchlaufen, um die Leitung zu spülen. Das Wasser schüttete sie weg und schaltete den Dampf ein.
„Was war denn nun? Lass die blöde Verzögerungstaktik sein, ich press es sowieso aus dir raus. Also!“
„Wo war ich stehen geblieben?“
„Du bist dem gefallenen Euro nach und dann hat dich der Neue mit Signorina angesprochen. Ha! Signorina Popoblanca!“
„Ach ja … jetzt ist auch der Dampf fertig — es war der neue …“ Der Rest war wieder unverständlich, denn nun hatte Susi das Dampfventil geöffnet und schäumte geräuschvoll die Milch auf. Konzentriert bewegte sie nacheinander die drei Kaffeetassen mit zuvor genau abgemessenem Quantum Milch unter der Dampfdüse, bis sie drei tolle Schaumkronen geschaffen hatte. Zwei davon stellte sie unter den Auslass und drückte zweimal auf den Startknopf. Heulend und kreischend verrichtete das Mahlwerk seine Arbeit. Es war nicht möglich, dabei eine Unterhaltung zu führen. Das sah auch Sabine ein und schwieg zähneknirschend, bis Susi die tre cappuccini fertig hatte.
Dann aber, als diese mit den vollen Tassen aus der Küche wollte, vertrat ihr Sabine den Weg. „Halt! Du kommst da nicht raus, bevor du nicht Farbe bekannt hast. Das muss ja scheißmegapeinlich gewesen sein, wenn du dich so davor drückst. Jetzt komm, sag schon! Danach geht’s dir besser!“, versprach sie kühn.
Aufseufzend stellte Susi die Tassen hin. „Okay, gewonnen! Der Bio-Harry ist in die Bäckerei gekommen und hat mich direkt angesprochen. Oder meinen nur noch knappest bedeckten Hintern. Das war sogar mir peinlich und nachdem sich die Schreckensstarre gelöst hat, habe ich den Euro Euro sein lassen und …“
„Was? Etwa unser neuer Bio-Prof? Der obercoole Dr. Harry Hartmann, der ein wenig ausschaut wie Brad Pitt? Dem hast du deinen Arsch gezeigt?“
„Nein, dem hab‘ ich meinen Arsch eben nicht gezeigt. Ich hab‘ doch gesagt, dass es mir plötzlich peinlich war, mein Gott, das kann ja wohl mal passieren! Wir haben ja nicht gewettet, oder?“ Susi schaute Sabine forschend ins Gesicht. „Du? Du hast gewettet? Um was?“
Zähneknirschend musste Sabine zugeben, dass sie mit Manu gewettet hatte und nun die beiden auf einen großen Eisbecher in der nahen Eisgrotte einladen musste.
„Super! Ich freu mich schon!“, rief da die Gewinnerin, die den beiden heimlich auf nackten Sohlen nachgeschlichen war, weil sie schon geahnt hatte, dass da was Interessantes besprochen würde. „Ta-ta, taratta, ta ta tadaaa!“, trällerte sie und tänzelte wieder hinaus auf die Terrasse, wobei sie ihr T-Shirt über die Hüften hinauf schob und provokant mit dem nackten Po wackelte.
„Neugierige, kleine Schlange!“, zischte Susi.
„Aber einen süßen Hintern hat sie!“
„Hallo? Hast du gewisse Neigungen? Seit wann denn?“
„Ach was! Ist doch so, oder? So ganz objektiv jetzt? Egal, wie hast du dich aus der Affäre gezogen? Du stehst also da, halb gebückt, den Hintern gereckt und erstarrt. Was dann?“
„Ich hab‘ mich umgedreht und ihn mit einem italienischen Wortschwall eingedeckt, scheißfreundlich und lächelnd. Er hat kein Wort verstanden!“
„Aha! Wollte er dich etwa anbaggern mit der Signorina?“
„Kein Gedanke! Nur ein wenig angeben. Aber das ging gründlich in die Hose. Ich glaube, ihm war nicht bewusst, dass ich nicht nur einen italienischen Namen trage, sondern auch Italienerin bin.
„Halb!“
„Ja, halb. Jedenfalls war er ganz von den Socken und musste zugeben, dass sein Italienisch knapp langt, Pizza, Wein und Kaffee zu bestellen. Uno cafe cornuto, per vapore! blödelte Susi mit verstellter Touristen- und antwortete darauf mit Kellnerinnen-Piepsstimme Si, si, signore, stupido!“
„Häh?“
„Das war ein Witz. Die Bestellung heißt korrekt Un caffè corretto, per favore und darauf antwortet die Kellnerin richtig Si, signor, subito!“
„Häh?“
„Witze, die man erklären muss, sind nicht mehr lustig. Jetzt lass mich raus, bevor der Cappu kalt wird!“ Susi drängte sich vorbei und servierte die drei Tassen gekonnt. Sabine notierte die italienischen Worte auf einem Zettel, bevor sie den Wortlaut vergessen konnte. Mit Leo würde sie beizeiten schon dahinter kommen. Unverdrossen summte sie With a little help from my friends, schnappte sich die Zuckerdose und folgte Susi.
Kaum hatte Manu den ersten Schluck Kaffee getrunken, fielen die anderen zwei auch schon über sie her. „Ist dein Kopf jetzt endlich klar genug? Kannst du uns endlich verklickern, was es mit der Schlampenfraktion auf sich hat?“
Manu stopfte sich ein Brötchen mit Butter und Honig in den Mund, kaute gemächlich, spülte mit Cappuccino nach und verhinderte sich anbahnende Gewalttaten, indem sie endlich zu reden anfing. „Wirklich sehr gut gelungen, Susi, mein Kompliment, der Cappu hat Rivieraqualität.“ Sie fuchtelte beschwichtigend mit den Händen. „Die exhibitionistische Schlampenfraktion ist ein Teil eines eingetragenen Vereins mit einem völlig unauffälligen Namen, der aber nur den zwölf jeweiligen Vereinsmitgliedern bekannt ist. Mir aber nicht. Dieser Verein ist nur mäßig tätig, tritt nirgends auf, erfüllt bloß die gesetzlichen Vorschriften. Die exhibitionistische Schlampenfraktion hingegen ist der eigentlich aktive Teil, man könnte auch sagen der einzige aktive Teil dieses Vereins. Es existieren ziemlich viele relativ unabhängige Ortsgruppen. Die meisten Ortsgruppen führen auch eine Jugendsektion. Und von der reden wir jetzt. Von der Jugendsektion der exhibitionistischen Schlampenfraktion, Ortsgruppe Ovenbuch. Ich bin dort seit gut einem halben Jahr dabei, denn man kann erst mit neunzehn aufgenommen werden.“
„Ich bin aber noch nicht neunzehn, erst im November.“
„Richtig, darum wollte ich auch mit Susi sprechen. Aber ich habe vorhin, als Susi beim Bäcker war und nicht ihren Arsch gezeigt hat und du gedanklich auf dem Mond warst, mit der Obfrau telefoniert und ihr die Sache erklärt. Sie sagt, dass die Statuten eindeutig sind, aber, vorausgesetzt du willst eintreten, könntest du schon vorher die Aufnahmeprüfungen machen, zum Beispiel zusammen mit Susi. Am Tag nach deinem Geburtstag könntet ihr dann beide aufgenommen werden. Das hat auch den Vorteil, dass es jetzt noch ein paar warme Tage gibt, was manches erleichtert.“
„Was denn? Nur so zum Beispiel?“
„Alles der Reihe nach, zuerst müssen wir das Grundsätzliche klären. Ihr müsst mit den Prinzipien einverstanden sein und darüber hinaus auch bereit, diese zu vertreten.“
„Als da wären?“
„Als da wäre. Erstens: Frauen sind in sexuellen Dingen den Männern gleichgestellt. Im Klartext heißt das, was Männer dürfen, müssen Frauen auch dürfen. Es heißt nicht, dass Frauen jederzeit und überall immer alles wollen müssen, was Männer tun. Aber wenn sie es wollen, dann darf man es ihnen nicht verbieten, nur weil sie Frauen sind. Den Standpunkt muss ein Mitglied, eine Schlampe, nach außen hin vertreten, wenn sie dazu Stellung nimmt.“
„Das klingt gut, das unterstütze ich auf alle Fälle!“, rief Susi, „und Sabine sicher auch.“
„Klar doch!“
„Weiter im Text! Wenn Männer, die mit vielen Frauen ein sexuelles Verhältnis eingehen, als Frauenhelden bezeichnet werden, Frauen aber, die mit ebenso vielen Männern dasselbe tun, meist von den Männern als Schlampe, erheben wir die Bezeichnung Schlampe vom Schimpfwort zum Ehrentitel. Aber wir verwehren uns strikt gegen die Bezeichnung Nutte, denn eine Schlampe nach unserer Definition tut es nicht des Geldes wegen, sondern aus Freude daran.“ Manu schaut fragend in die Runde. „Abgesehen davon halte ich auch den Beruf Nutte für durchaus ehrbar — im Prinzip. Ich muss zwar zugeben, dass sich das mit dem Ehrentitel Schlampe noch nicht so recht durchgesetzt hat. Aber wir arbeiten daran, und wir Schlampen halten zusammen wie Pech und Schwefel, wenn es um die Sache geht.“
„Wie geht das nochmal genau mit der Schlampe? Ich mein‘, ich bin immer noch einfach die Susi und nicht primär die Schlampe Susi und das will ich auch nicht sein.“
„Geht mir genau so!“
„Völlig klar, so ist das auch nicht gemeint. Falls, und ich sage betont, falls ihr besonderes Interesse an Sex entwickeln solltet und dabei nicht auf eine einzige Person beschränkt bleibt, kann es vorkommen, dass man euch als Schlampe bezeichnet. Nehmt das gelassen hin und stimmt zu. Argumentiert, dass ein Mann, der nach demselben Muster lebt, hochachtend als Frauenheld bezeichnet wird. Helden sind was Gutes und allgemein beliebt. Demnach muss ja der Begriff Schlampe auch ein ehrender sein. Denn eine Schlampe lebt gleich wie ein Frauenheld. Oder so ähnlich, lasst euch was einfallen. Es kommt jedenfalls auf die Gleichbehandlung raus. Frauen dürfen nicht diskriminiert werden, nur, weil sie dasselbe für sich beanspruchen, was für Männer selbstverständlich zu sein scheint. Klar soweit?“
„Okay, da mach ich mit!“
„Ich auch!“
„Gut, ich habe nichts anderes erwartet. Nächster Punkt: Ein nackter Körper ist weder schlecht, noch an sich unanständig. Es sind nur die Gedanken der Betrachter, die unanständig sind.“
„Na, da haben wir eher kein Problem mit, das kommt unseren exhibitionistischen Neigungen schon ein wenig entgegen. Zum Beispiel haben wir …“
„Lass gut sein, Sabine, ich habe da schon meine Beobachtungen. Auch wenn Susi letztlich heute doch nicht in der Bäckerei geflasht hat, so war sie zumindest auf dem besten Weg dazu. Wenn halt nicht der Bio-Harry dazwischen gekommen wäre! Übrigens habe ich dich erst kürzlich mal nachts nackt auf dem Fahrrad gesehen. Hat’s Spaß gemacht?“
„Öööhm! Ich hätte nicht gedacht, dass ich da Zuschauer hatte.“ Sabine kicherte. „Hätte ich das geahnt, das wäre ja ein echt geiler Kick gewesen. Aber ich habe es auch so genossen. Fast hätte ich ja noch eine Zusatzrunde gedreht, aber ich wollte mein Glück nicht ausreizen. Es gäbe denn doch ein paar Leute, wo es mir peinlich gewesen wäre, zum Beispiel die alte Schubert, meine Kindergartentante, die mich sofort wiedererkannt hat, als wir wieder in Ovenbuch waren. So alte Leute können ja oft nachts nicht schlafen, und sie wohnt nur vier Häuser weiter.“
„Also stimmen wir auch in diesem Punkt überein. Susi?“
„Klar doch!“
„Viertens: Keine Gewalt, kein Zwang, kein Druck!“ Manu schaute ihre Freundinnen fragend an. Da keine Reaktion erfolgte, erklärte sie weiter. „Das heißt, dass jeder Sex freiwillig von allen Seiten geschehen muss. Wir üben weder Druck noch Erpressung aus, keine Intrigen und Lügen, die den Hintersinn haben, jemand zu manipulieren. Wenn wir scharf auf einen Mann oder eine Frau sind, dann zeigen oder sagen wir das und auch, dass es nur um Spaß und Sex geht. Wir wecken nach Möglichkeit keine falschen Hoffnungen oder Verpflichtungen. Wenn er oder sie oder wir nicht mehr wollen, dann genauso. Dann ist es aus. Es kann natürlich sein, dass mit der Zeit stärkere Gefühle ins Spiel kommen, aber dann sollte auch da Offenheit herrschen. Da kommen wir aber schon in den Bereich der Gebote, der Spielregeln, die sich aus den Prinzipien ergeben. Davon später, viel später.“
Auch damit sind Susi und Sabine einverstanden.
„Und das letzte Prinzip lautet: Keine Politik! Es ist schon klar, dass alles das gesellschaftspolitisch etwas zu bedeuten hat. Eigentlich müsste es genauer definiert heißen: Keine Parteipolitik. Es könnte der Fall eintreten, dass sich eine politische Bewegung unsere Ziele einverleibt, ursächlich aus welchem Zusammenhang auch immer, und damit ihr Parteiprogramm schmückt. Die exhibitionistische Schlampenfraktion wird sich aber davon fern halten. Es ist jeder Schlampe zuzugestehen, dass sie sich politisch betätigt und es ist gut, wenn sie dabei unsere Prinzipien forciert, aber dabei muss der Verein … – und die Fraktion – völlig draußen bleiben. Unsere Unabhängigkeit ist wichtiger als ein kurzfristiger Erfolg. Das wäre es. Wie steht ihr dazu?“
„Ich finde das ziemlich interessant und möchte schon mitmachen. Was kommt jetzt als nächstes?“, wollte Susi wissen.
„Ich kann das Susi unmöglich allein durchstehen lassen. Ich mach mit!“
„Sehr gut, dann gebe ich das weiter und dann warten wir auf eure Aufnahmetests.“
„Was könnte das sein?“
„Also, ich musste zum Beispiel am helllichten Tag ohne Höschen und mit einem sehr kurzen Mini auf dem Fahrrad durch die ganze Stadt fahren und zurück im gleichen Outfit und mit dem Fahrrad im Bus. Mehr darf ich nicht verraten, okay?“
Obwohl Sabine und Susi vor Neugier fast auszuckten, beherrschten sie sich. Susi bereitete noch einmal drei köstliche Cappuccini. Manu biss noch ein letztes Mal in ihr Schokocroissant, rülpste vernehmlich und meinte, jetzt wäre eigentlich als Nachspeise der ausgelobte große Eisbecher angesagt.
Kurz entbrannte eine kleine Erörterung darüber, ob sie sich etwas mehr anziehen sollten, aber da keine als Warmduscherin gelten wollte, gab auch keine zu, dass sie sich mit etwas mehr Stoff um den Hintern wohler gefühlt hätte.
„Mich habt ihr auch halbnackt zum Bäcker geschickt und dort verkehren echt die Biedermanns von Ovenbuch. Da werdet ihr wohl genug Mumm haben, in die Eisgrotte zu gehen!“, argumentierte Susi und hoffte dabei insgeheim, dass einer von den anderen ein schlagkräftiger Grund einfiele, warum das nicht ratsam wäre.
„Zur Eisgrotte ist es aber viel weiter“, wagte Sabine einen halbherzigen Vorstoß. Manu grinste süffisant, doch ausgerechnet Susi wischte, gegen ihre eigene Überzeugung, den Einwand vom Tisch. Das sei doch irrelevant, unterwegs träfen sie am Samstagmittag kaum eine Sau und solange sie aufrecht gingen, seien sie sogar ziemlich züchtig gekleidet.
Um die Verruchtheit des Vorhabens noch zu unterstreichen, verwehrte sie den anderen auch noch Flip-Flops. Sie sei auch barfüßig zum Bäcker gelaufen, auf dem warmen Asphalt wäre dies sogar angenehm. Um eine Fußwaschung käme sie sowieso nicht herum, da wäre jetzt also Solidarität gefragt. Nolens volens zogen die drei pochenden Herzens, mit nur je einem einzigen Kleidungsstück versehen, los. Da nur Susis Herrenhemd eine Brusttasche hatte, bekam sie das Geld zur Aufbewahrung. „Wenn du es wieder fallen lässt, dann musst du dich aber selber bücken!“, drohte ihr Sabine.
Unterwegs begegneten ihnen tatsächlich keine Sau, dafür ein paar harmlose Passanten, die aber offenbar nicht ahnten, was die drei unter ihren kurzen Fähnchen nicht hatten. Dass sie schuhlos auf dem Gehsteig marschierten, wurde aber meist kopfschüttelnd registriert. Bei der Eisgrotte belegten sie einen Tisch am Rand, wo sie durch eine Hecke ein wenig sichtgeschützt waren. Entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten, saß Manu nicht im Schneidersitz auf dem Sessel, Sabine lümmelte nicht mit einem Bein über der Lehne und auch Susi hielt die Beine schön gesittet geschlossen. Zunächst zumindest.
Anscheinend waren sie aber so sichtgeschützt, dass sie von der Bedienung ignoriert wurden. Mit der Zeit riss Manu der Geduldsfaden. Sie fuchtelte wild mit den Armen, um die blonde Sexbombe, die diesen Teil des Gastgartens zu betreuen gehabt hätte, auf sich aufmerksam zu machen. Damit hatte sie auch Erfolg, aber durch die Armbewegungen war ihr enges T-Shirt so weit nach oben gerutscht, dass es unten ungewollte Einblicke gestattete. Hektisch zog sie es hinunter und über die kritischen Stellen. Das blonde Busenwunder kam mit gemächlichem Hüftschwung näher und beäugte das Trio argwöhnisch. „Habt ihr keine Höschen an, weil ihr so komisch da sitzt?“
Jetzt waren die drei baff! „Hey, guckt nicht so!“, meinte die junge Kellnerin, die nach einem Schildchen, das auf ihrem linken Busen prangte, Gina L. hieß. „Ich sag mal so, ich bin auch nicht sehr viel älter, als ihr es seid. Sechzehn, siebzehn, ich bin achtzehn und drei Girls, die alle mit zusammengekniffenen Knien da sitzen, das ist ja nicht normal, oder? Das muss doch ’nen Grund für geben, oder? Und was könnte das für’n Grund wohl sein, hm?“
„Wieso willst’n das wissen? Gibt’s dann die Eisbecher billiger?“, schnappte Manu.
„Pff, ich wollt’s nur wissen. Vielleicht hab ich ja auch keins an?“ Sie wackelte mit dem Po und drehte sich einmal im Kreis. Unter dem sehr, sehr kurzen Röckchen blitzten zwei appetitliche Rundungen, aber natürlich konnte man so genau nun wieder nichts sehen. „Also, habt ihr schon gewählt?“
Manu blieb am Ball. „Endlich kommen wir nach dem Gelaber doch noch zur Sache. Dreimal Bombastico und hoffentlich schnell!“, bestellte sie großzügig, denn es war ja Sabine, die zahlen musste. „Zack die Bohne!“, rief sie der Blonden noch nach. Die drehte sich schnell um und erblickte Susis nackten Po, den diese der davon strebenden Gina hinterrücks präsentierte, aber eigentlich nicht damit gerechnet hatte, dass diese ihn auch sehen würde.
Gina stolzierte mit gereckter Nase und wackelnden Hüften davon, während sich Sabine und Manu auf Susis Kosten köstlich amüsierten.
Tatsächlich dauerte es auch nur ganz kurze Zeit, dann standen die riesigen Eisbecher auf dem Tisch. „Macht dann neunzehn und achtzig.“
Susi zog das Geld aus der Brusttasche und reichte einen Zwanziger über den Tisch. „Rest für dich!“
„Danke, sehr großzügig!“, spottete Gina und wandte sich an Manu. „Was war denn das vorhin für ein Spruch mit der Bohne. Hab ich ja noch nie gehört!“