Wer bei dieser Geschichte auf expliziten Sex hofft, muss sich in Geduld üben. Hier wird eine Geschichte in ihrer Entwicklung erzählt. Eine Annäherung eben. In jedem Falle freue ich mich über Rückmeldungen. Und über Kontaktaufnahmen!
Prolog
Es ist eine wahre Geschichte. Und eine gute Geschichte. Weil sie von einer Beziehung erzählt, die an Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit nicht zu überbieten ist. Weil sie vollkommen ist. In allem. Liebe eben.
Teil I
Ich glaube, Hannah litt mehr unter dem, was uns geschehen war, als sie zuzugeben bereit war. Sie wurde zunehmend schweigsamer, zog sich immer mehr in ihre eigene Welt zurück, versteckte sich hinter Bergen von — oft gar nicht existierenden — Schul- und Abiturvorbereitungsarbeiten und versuchte sich so, dem zu entziehen, was vor ihren Augen geschah. Sie wollte nicht wahrhaben, nicht sehen, wie ihre Mutter, meine geliebte Frau Vera, Tag um Tag mehr ihr Leben hinschmiss. Und uns alle in einen Abgrund aus Traurigkeit, Schmerz, Streit und Konfrontationen riss, der das ehemals so fried- und liebevolle Miteinander von uns dreien völlig aus den Fugen brachte.
Vera war, nachdem sie ihre hoch dotierte und erfüllende Stelle als leitende Redakteurin bei einer Wochenzeitung sehr überraschend verloren hatte, eine neue Beziehung eingegangen. Eine, gegen die ich wie ein Löwe anzukämpfen versuchte, weil ich meine Frau wirklich liebte, sie immer noch sehr begehrte und auch nach knapp 21 Jahren Ehe nur einen Wunsch kannte. Mit ihr zusammen zu sein. Doch der neue Freund war stärker als wir alle zusammen. Er war einfach nicht greifbar, schlich sich heimtückisch in unsere Familie und tötete jeden Keim von Zuneigung, Vertrauen und Nähe. Vom Sex, den Vera und ich wirklich gern und oft hatten, ganz zu schweigen.
Ihr neuer Freund war der Alkohol.
Anfangs hatte ich es kaum bemerkt, die stets auf dem Abendbrottisch stehende Rotweinflasche eher als Einladung verstanden. Wusste ich doch, dass Vera meist, sobald sie das erste Glas guten Weins genossen hatte, die ersten Hemmungen und damit verbunden auch gern das eine oder andere Kleidungsstück fallen ließ.
Hannah suchte dann meist Augen rollend und grinsend das Weite, ließ uns und den höchst erregenden Dingen, die dann folgten, ihren Lauf.
Wir waren ein offenes Dreiergespann. Hannah wusste, dass im Gegensatz zu vielen Elternpaaren ihrer Schulfreunde bei uns auch nach über zwei Dekaden des Zusammenseins Sex in allen Varianten eine große und immens wichtige Rolle spielte.
Ich war nie fremd gegangen, wirklich nicht. Warum auch, in Vera hatte ich alles, was ich mir wünschte: eine experimentierfreudige, mich begehrende und auf meine Wünsche eingehende Partnerin. Die es liebte, mit mir zu schlafen. Wenn sie ihre Zunge in meinem Ohr vergrub — so startete sie stets das Liebesspiel mit mir — hielt es mich nicht mehr ruhig. Ihr nach Freesien duftendes, ganz spezielles Parfum. Ihre Küsse, die festen, vorwitzig aufgestellten und mit harten und sehr empfindsamen Nippeln versehenen Brüste. Diese Spalte, deren Duft mich wahnsinnig vor Geilheit machte. Die meinen ziemlich großen und leicht nach oben gebogenen Schwanz mühelos in sich aufnahm, ihn fest und mit köstlichster Wärme umschloss. Und ihr so praller, voller und enger Arsch, den sie mir irgendwann als einen weiteren Lusteingang offerierte und in dem ich mich nach Herzenslust austoben durfte, wann immer mir — und natürlich auch ihr — danach war Vera und ich, wir passten zusammen. In jeder Hinsicht.
Das änderte sich schlagartig mit der Entscheidung des Weber-Verlags, das Finanzjournal, für das Vera so lange gearbeitet hatte, als Printausgabe einzustellen und stattdessen — in weit kleinerer Besetzung — nur noch eine kostenpflichtige Online-App mit deutlich reduzierten Inhalten zu veröffentlichen. Vera wurde zwar üppig abgefunden, eine neue Stellung, die ihren Qualifikationen gerecht werden würde, aber blieb nicht in Sicht.
Geld jedoch war nie ein Thema respektive ein Problem für uns. Meine Zahnarztpraxis läuft ausgesprochen gut und wirft nicht zuletzt Dank meines angeschlossenen Labors monatlich ordentlich Geld ab. Unsere Wohnung in Hamburg Winterhude war Dank einer Erbschaft, die ich mit Anfang 30 gemacht hatte, komplett abbezahlt, so dass Vera sich zumindest um pekuniäre Dinge nicht hätte sorgen müssen.
Doch all das half nichts. Sie war verletzt, fühlte sich nicht mehr gebraucht, wurde immer zynischer und wandte sich immer mehr der Flasche zu. Jeder Versuch, ihr die Gefahr ihres hohen Alkoholkonsums auch nur im Ansatz zu verdeutlichen, verpuffte. Sie war geradezu beratungsresistent, suhlte sich manches Mal regelrecht in ihrem Leid und wurde — eine neue Dimension — mir und Hannah gegenüber immer aggressiver.
Ich kann mit Fug und Recht behaupten, das ich wirklich alles versucht habe, sie von der Flasche weg zu bekommen. Entsorgte alle Flaschen, rang allen Weinhändlern und Supermarktkassiererinnen in der Nähe das Versprechen ab, meiner Frau keinen Alkohol zu verkaufen und schloss mehrfach meine Praxis für mehrere Tage, um meiner Frau nach schlimmsten Trinkgelagen wieder auf die Beine zu helfen. Und wie oft schwor sie mir unter Tränen, nun endlich aufzuhören und / oder in eine Klinik zu gehen, um dann Tags darauf wieder auf heimliche Sauftour zu gehen und schließlich deliriös in ihrem eigenen Erbrochenen aufzuwachen.
Vera, so erklärte mir ein Therapeut viel später, wollte nicht gerettet werden. Ihre einzige Rettung wäre sie selbst gewesen. Doch die schlug sie ab.
Kurz vor Annas 17. Geburtstag verursachte sie den ersten schlimmen Autounfall. Blieb zwar selbst fast gänzlich unverletzt, brachte aber eine Frau fast um ihr kleines Baby, welches durch Veras Vorfahrtnahme sehr scher verletzt wurde.
Dann ein Jahr später, Vera hatte den Führerschein noch nicht zurück, besuchte sie mich in der Praxis. Jedoch nur, um mir heimlich den Autoschlüssel zu entwenden. Und um mit meinem Volvo heimlich auf Flascheneinkaufstour zu gehen.
Ich höre noch heute das nervenzerreißende blecherne Quietschen. Ich saß im ersten Stock meiner Praxis über Laborberichten vertieft. Das unangenehme Geräusch, dem sofort ein heftiger Knall und aufgeregte Schreie von Menschen gefolgt waren, ließ mich an das Fenster rennen. Vera war, keine fünfzig Meter vom Haus entfernt an der Kreuzung zur Hauptstraße von einem LKW erfasst worden.
Teil 2
Was soll ich sagen. Ja, sie hat es überlebt. Aber sie lebt nicht wirklich — sie vegetiert. Seit über einem Jahr liegt sie an zig Schläuche, Sonden und Kanülen angeschlossen. Im Koma. Chancen auf einen Wiedereintritt in das echte Leben gleich null. Aber was für ein Leben wäre das.
Hannah hat sie ein einziges Mal im Krankenhaus besucht und mich im Anschluss gefragt, ob es OK wäre, wenn sie nicht mehr käme. Sie wolle ihre Mutter so in Erinnerung behalten, wie sie früher war. Vor dem Unfall. Vor dem Alkohol.
Ich kann das sehr gut verstehen, denn so ist auch sie mir in Erinnerung. Als die Frau, die ich geliebt habe. Die mir alles gegeben hat. Der ich alles gegeben habe.
Hannah brauchte viele Monate, um sich mit der neuen Situation abzufinden. Um wieder aus Ihrem Kokon herauszukommen. Wieder wach, lebendig und sie selbst zu sein — ein großartiges, offenes, bildhübsches und vor allem positives Mädchen. Das Abi meisterte sie mit geradezu meisterlicher Bravour, das wirkliche Loch aber kam erst im Anschluss: Was tun? Welchen Weg einschlagen? Welchen Plan realisieren?
Wir beide hingegen wurden zunehmend eingespielter. Fast schon ohne Worte entwickelten wir Mechanismen, Abläufe und Rituale, mit denen jeder von uns versuchte, dem anderen eine Hilfe zu sein und ihn bzw. sie zu unterstützen. Bei aller Traurigkeit und Lähmung, die wir durch Veras Unfall erfahren hatten, wurde ihre Abwesenheit zu einer Befreiung. Endlich regierten nicht mehr Angst und Sorgen unseren Lebensalltag, wir lernten wieder zu lachen und unbeschwert zu sein.
Was in der Tat ungewöhnlich war, war die Tatsache, wie viel Zeit wir nun miteinander verbrachten. Als hätten wir etwas aufzuholen oder unschöne Momente, die es nun einmal zuhauf gegeben hatte, wieder gut zu machen, nutzten wir jede freie Minute: Gingen ins Kino, versuchten ausgefallene Rezepte aus Frauenzeitschriften, probierten Restaurants, machten gemeinsame Ausflüge, unternahmen Städtetrips, besuchten für Hannah in Frage kommende Universitäten.
„Wir sind schon ein schräges Paar“, sagte Hannah lachend, als wir unseren Dresdenbesuch Revue passieren ließen. Uns noch einmal die Hotelrezeptionistin vor Augen führten, die uns derart skeptisch beim Einchecken beäugt hatte. Und uns mit giftigen Blicken hatte spüren lassen, die sie diese „Alte Männer mit deutlich jüngeren Frauen“-Bindungen alles andere als gut heißen konnte.
„Du glaubst nicht wirklich, dass die uns für ein Liebespaar gehalten hat“, fragte ich eher rhetorisch.
„Doch, das glaube ich“, lachte mich Hannah an und band dabei ihre herrlich dunkle Mähne zu einem artigen und sortierten Knoten zusammen.
„Echt“, fragte ich und schaute sie wissbegierig an.
Ich weiß nicht, was in dieser Hundertstelsekunde mit passierte. Ich weiß aber, dass es sich wie ein Blitzeinschlag anfühlte. Hannah blickte mich unverblümt an. Sie schaute mir direkt in die Augen. Augen, die meinen Blick geradezu verschlagen, mich eintauchen ließen in ein Meer voll Vertraut- und Geborgenheit. Ganz langsam nickte sie, ihr Kopf glitt kaum merkbar und doch ganz deutlich auf und nieder.
Und sie hatte Tränen in den Augen.
Fortsetzung folgt!
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