Anfang Oktober war es soweit, daß der Architekt mit Mitarbeitern einiger Firmen kam und die Arbeiten an den Zimmern und den Wohnungen begannen. Es dauerte nicht lange, bis ein Baugerüst am Haus aufgebaut wurde, da die Fassade in diesem Zuge auch gleich erneuert werden sollte. Vor das Gerüst wurde ein grünes Netz gehängt, welches den Blick aus den vorderen Fenstern versperrte. Nur die Tür und das Schaufenster blieben frei, so daß Passanten die Auslage ansehen und den Laden betreten konnten.
Zwar konnten wir immer wieder mal das laute Geräusch von Presslufthämmern und anderen Maschinen hören, doch im Großen und Ganzen störten die Bauarbeiten kaum. Dies würde erst passieren, wenn im ersten Stock die Erweiterung des Ladens fertig sein und die Treppe ins Erdgeschoss umgebaut würde.
Mitte Oktober schmückten Heike und Ingrid das Schaufenster und auch einen Teil des Ladens für Halloween. Passend dazu wurden Julia, 1706 und ich kostümiert.
Aus 1706 wurde eine sexy Version von Gevatter Tod. Komplett mit Sense und Schwert, nur daß sie statt einem Schwert einen Rohrstock bekam, der in ihrem Gürtel steckte. Statt einem langen Umhang trug sie ein Oberteil aus Spitze, welches fast durchsichtig war. Bei ihr spielte das, dank ihres schwarzen Anzuges keine all zu große Rolle. Dazu trug sie einen Minirock, der mit Hilfe einiger eingearbeiteter Drähte weit abstand und ihre Scham nur gerade eben so bedeckte.
Julia bekam einen knallroten Latexbody mit langen Ärmeln und eine Haube mit schwarzen Hörnern. Um ihre Verkleidung als Teufelin zu vervollständigen, befestigte Heike einen gut einen Meter langen Schwanz an dem Body dessen dreigeteiltes Ende mit drei herzförmigen Spitzen versehen war und drückte ihr einen Dreizack in die Hand.
Aus mir wurde ein sexy Vampir mit langem, schwarz-roten Pencilkleid, einem übertrieben großen, gestärkten Kragen und Trompetenärmeln aus roter Spitze. Dazu bekam ich eine schwarzhaarige Perücke und Gertrud steckte mir die künstlichen Vampirzähne in den Mund. Anschließend schminkte sie mich sehr auffällig. Sogar das Blut, welches mir aus dem Mundwinkel lief, hatte sie nicht vergessen. Über der Schminke trug sie noch eine Schicht flüssiges Latex auf, um diese vor Feuchtigkeit zu schützen, wie sie mir erklärte. Nun folgten noch schwarze Fledermausflügel. Diese waren riesig und man konnte sie entweder entfalten, dann hatten sie eine Spannweite von bestimmt drei Metern oder man trug sie zusammengefaltet, so daß sie eine Art Umhang bildeten. Diese Flügel wurden mit einem Gestell getragen, welches sich wie ein Geschirr um den Oberkörper legte und entfalteten sich, wenn man die Arme ausbreitete. Über dieses Geschirr zog sie mir noch ein ärmelloses Bolerooberteil, welches das Geschirr verbarg.
Alles, was sie mir anzog, war aus Latex und ich ahnte schlimmes, als sie mich in dieser Aufmachung vor die Tür schob und vor dem Baugerüst, direkt neben dem Eingang zum Laden abstellte. Sie legte mir noch eine Kette um die Taille, welche sie mit einem Vorhängeschloss sicherte und anschließend am Gerüst fest band. Sie fasste meine Arme und hob sie mir weit über die Schultern, wodurch sich auch die Flügel entfalteten.
Da es windstill war und nur leicht nieselte, war das nicht weiter schlimm. Aber alleine im Regen zu stehen und das mindestens zwei Wochen bis Halloween, war keine besonders erbauliche Vorstellung. Aber daran war ich ja selbst schuld. Sie hatte mir Anfang der Woche ausdrücklich verboten, einen Orgasmus zuzulassen. Und das hatte ich nicht nur einmal getan, sondern fast jeden Abend. Natürlich hatte sie mich dabei erwischt, mir davon aber nichts gesagt, so daß ich dachte, sie hätte nichts gemerkt. Aber gestern hatte sie mir haarklein aufgezählt, wann ich einen Höhepunkt hatte und mich dabei etwas enttäuscht angesehen.
Sie hatte nicht geschimpft und mich auch nicht bestraft, zumindest bis heute. Aber alleine der enttäuschte Blick war für mich mehr Strafe als es hätte sein können, wenn sie beschlossen hätte, mich gründlich mit ihrer Gerte zu behandeln.
»So mein Schatz, jetzt hast du erst mal etwas Zeit, um darüber nachzudenken, ob du meine Anweisungen nicht doch befolgen willst«, sagte sie leise.
Ebenso leise sagte ich: »Ja, meine Herrin. Es tut mir leid.«
Sie sah mich noch einmal an und zum Glück lief der Regen über mein Gesicht, so daß sie meine Tränen nicht sehen konnte.
Nun ging sie in den Laden und ließ mich alleine hier im Regen stehen.
Zu allem Überfluss spürte ich nun, daß sie das Vibroei, welches sie mir schon Anfang der Woche in die Muschi geschoben hatte, wieder einschaltete. Es lief nicht besonders schnell, sondern sollte mich sozusagen auf kleinster Stufe langsam weich kochen, aber nicht einmal ein kleines Bisschen Erregung kam in mir auf. Dazu war ich zu traurig. Nicht über die Strafe, sondern viel mehr darüber, Gertrud enttäuscht zu haben. Ich nahm mir vor, sie nie wieder so zu enttäuschen und ich hätte alles getan, um ihr das zu sagen. Doch ich stand hier alleine vor dem Laden im Regen, alleine mit meinen Gedanken und ohne mich bewegen zu dürfen. Das hätte ich problemlos gekonnt, denn sie hatte mir meine Bewegungsfreiheit nicht genommen, so daß ich mich zu allem Überfluss auch noch darauf konzentrieren musste, still stehen zu bleiben.
Vor einem Jahr noch hätte ich das problemlos gekonnt, aber in meinem Zustand schaffte ich es einfach nicht, mich in diesen Dämmerzustand fallen zu lassen und so bereitete es mir große Schwierigkeiten, still stehen zu bleiben.
Wenn sie doch nur kurz raus kommen würde, damit ich ihr sagen könnte, wie leid es mir tut und daß so etwas nie wieder vorkommen würde, würde es mir viel einfacher machen und ich würde meine Strafe ohne zu klagen auf mich nehmen, denn verdient hatte ich sie ja schließlich. Sie enttäuscht zu haben, tat mir einfach nur weh.
Als mich nach Ladenschluss auch noch Ingrid herein holte und von Gertrud nichts im Laden zu sehen war, schaffte ich es einfach nicht mehr, mich zusammen zu nehmen. Ich ließ mich auf die Plane, die Ingrid auf dem Boden ausgebreitet hatte, damit der Teppich nicht nass wurde, sinken und fing hemmungslos an, zu heulen.
Wir waren alleine im Laden und nun drehte sie sich auch noch um, ging und ließ mich alleine. Ich ließ mich auf den Boden sinken und blieb weinend liegen. Doch schon nach wenigen Sekunden hörte ich eilige Schritte und jemand legte die Hand auf mein Gesicht und fing an, mich zu streicheln.
Ich öffnete die Augen und sah in Gertruds Gesicht. Ohne etwas zu sagen, zog sich mich in eine sitzende Position und nahm mich in die Arme.
Wie lange ich weinend in ihren Armen gelegen hatte, wusste ich nicht. Ich entschuldigte mich bestimmt hundert Mal bei ihr, während wir hier auf dem Boden hockten.
»Es tut mir so leid, ich dachte doch nicht, daß diese Strafe so schlimm für dich war«, sagte sie tonlos. Auch sie hatte die ganze Zeit über geweint.
Als ich mich endlich wieder ein Wenig beruhigt hatte, sagte ich leise: »Die Strafe war nicht schlimm. Aber es tut mir so leid, daß du so enttäuscht warst. Das wollte ich doch nicht.«
Wir blieben noch eine ganze Weile auf dem Boden sitzen, hielten uns in den Armen und redeten.
Wir sprachen über die Strafe, die ich mehr als gerecht empfand und darüber, daß es mir weh tat, sie so enttäuscht zu haben. Das war für mich schlimmer, als es jede Strafe hätte sein können.
Erst, als es draußen dunkler wurde, weil die meisten Straßenlampen ausgeschaltet wurden, standen wir auf. Sie versicherte mir mehrmals, daß alles nun wieder gut war und sie mir nie böse war, weil ich trotz ihres Verbotes gekommen war und daß sie nur deshalb so enttäuscht war, weil ich ihr nicht gesagt hatte, daß es mir zunehmend schwerer fiel, mich zu beherrschen.
Wir sprachen uns noch lange aus und schließlich fühlte ich mich schon viel besser als heute Morgen. Später gingen wir zusammen in die Teeküche, wo sie mir ein Gebäckstück gab und mir einen Tee kochte. Als ich aufgegessen hatte, wollte sie mir das Kostüm ausziehen und mit mir zusammen nach Hause fahren. Doch ich wollte die Strafe, die ich mir wirklich verdient hatte, nicht abbrechen, sondern sie durchziehen.
Sie sah mich an und nahm mich in die Arme. »Ich weiß, das es ziemlich inkonsequent ist, aber du musst das wirklich nicht mehr machen«, sagte sie schließlich.
Ich blieb standhaft, wenn ich es schon nicht schaffte, meinen Höhepunkt zurück zu halten, dann wollte ich wenigstens schaffen, die Strafe dafür durchhalten.
Nun drückte sie mich fest. »Ich bin stolz darauf, daß du das tun willt, mein Schatz«, sagte sie schließlich. Wir gingen in den Laden zurück und ich stellte mich vor die Eingangstür.
Ich dachte, sie würde nun gehen, doch ich hörte hinter mir ein Geräusch und als ich mich umdrehte, sah ich sie auf einem der Sessel sitzen. Die Beine hatte sie auf einen weiteren Sessel gelegt und sich mit einer Wolldecke zugedeckt.
»Schau nicht so«, sagte sie. »Ich fahre um diese Uhrzeit garantiert nicht mehr nach Hause. Und oben kann ich nicht schlafen, unser Zimmer haben jetzt Ingrid und Erika in Beschlag. Und jetzt stell dich einfach hin und steh still.«
Ich drehte mich wieder in Richtung Tür und hob die Arme. Eigentlich hätte sie auch in einem der anderen Räume oben schlafen können, aber ich vermutete, daß sie mich einfach nicht alleine lassen und wohl auch selbst nicht alleine bleiben wollte.
Ich schloss die Augen und blieb einfach still stehen. Obwohl sie einige Meter entfernt von mir lag, spürte ich ihre Nähe, die mir die Sicherheit gab, die ich brauchte, um wieder in einen Dämmerzustand zu fallen.
Als es Morgen wurde, ging ich leise zur Ladentür und stellte mich draußen vor das Gerüst. Die Kette, die noch immer um meine Hüfte hing, schloss ich selbst an dem Baugerüst an und stellte mich in Position.
In der Nacht hatte es noch stärker angefangen zu regnen, doch nun machte mir das überhaupt nichts mehr aus. Erstens war ich wasserfest gekleidet und auch ich selbst war durch meinen Überzug wasserfest, wie ich grinsend feststellte. Das Wasser tropfte vom Gerüst auf meine Flügel und von diesen auf den Boden. Es rann mir über das Gesicht, meine Brust herunter und unter dem Kleid über meinen Bauch um an meinen Füßen auf den Boden zu laufen. Es war noch nicht all zu kalt, sondern lediglich etwas frisch und so war es für mich recht gut auszuhalten, so hier zu stehen.
Kurz bevor es an der Zeit war, den Laden zu öffnen, kam Heike die Straße herauf. Sie blieb vor mir stehen und sah mich einen Moment lang an. »Hat sie dich wieder raus geschickt?«, wollte sie wissen.
»Nein, sie schläft noch. Ich bin selber raus gegangen«, sagte ich leise, weil bereits einige Menschen unterwegs waren.
»Ist wieder alles in Ordnung?«, fragte sie.
Ich nickte und sagte: »Ja, es ist alles wieder gut. Aber meine Strafe werde ich trotzdem ableisten.«
»Verstehe. Aber wenn es nicht mehr geht, oder wenn dir kalt wird, kommst du rein. Verstanden?«, sagte sie und sah mich dabei streng an.
»Das geht nicht, ich weiß doch nicht, wo der Schlüssel ist«, sagte ich.
»Na gut. Heute bleibe ich im Laden, die Anderen haben heute Kunden. Wenn was ist, lässt du die Arme runter.«
»Ja, das werd ich machen«, bestätigte ich.
Heike nickte mir noch einmal zu und ging in den Laden und kurz darauf kam Gertrud noch einmal zu mir.
»Du willst das wirklich durchziehen?«, fragte sie.
»Ich habe die Strafe verdient, Herrin«, antwortete ich. »Ich werde sie nicht abbrechen, das verspreche ich dir. Und wenn du willst, kannst du den ganzen Tag den Vibrator laufen lassen, ich verspreche dir, daß ich mich zusammen reißen werde.«
»Na gut mein Schatz. Dann lasse ich dich jetzt alleine, mir wird es hier nämlich zu nass.« Obwohl nun schon mehr Leute unterwegs waren, trat sie zu mir, gab mir einen Kuss auf die Lippen und flüsterte: »Ich liebe dich mein Schatz und ich bin stolz auf dich, daß du das durchziehen willst. Aber wenn es nicht mehr geht, gibt’s du Heike ein Zeichen, versprichst du mir das?«
»Ja, meine Herrin, das verspreche ich dir«, antwortete ich. Es freute mich unheimlich, daß sie stolz auf mich war und ich nahm mir vor, das Zeichen nur zu geben, wenn es wirklich nicht mehr anders ging.
Sie streichelte mir noch einmal über die Wange und ging in den Laden zurück.
In mir machte sich ein Gefühl breit, welches sich sehr gut anfühlte und mich von innen heraus wärmte. Ich nahm den Regen kaum noch wahr und war froh, Gertrud zu haben.
So blieb ich den ganzen Tag stehen und als gegen Mittag der Vibrator in meiner Muschi tatsächlich anfing, sich zu rühren, war es keine Erregung, sondern die Freude darüber, daß Gertrud nun sicher an mich dachte, die mich überrannte. Es waren keine Tränen der Trauer oder der Frustration, die sich mit dem Regen vermischten und meinen Körper herab liefen, sondern Freudentränen.
Ich schaffte es tatsächlich, die ganzen zwei Wochen vor dem Laden stehen zu bleiben. Ich kam nur abends in den Laden, wo ich hinter der Tür stehen blieb, um am Morgen selbst wieder nach draußen zu gehen und mich anzuketten. Eigentlich wäre die Kette nicht notwendig gewesen, ich würde ganz sicher nicht weg laufen. Gertrud und Ingrid bestanden allerdings darauf, daß ich am Gerüst angekettet blieb, damit niemand auf die Idee käme, mich einfach mitnehmen zu wollen.
Am Donnerstag der zweiten Woche, Ingrid, die an diesem Tag beim Bäcker das Frühstück holte, erzählte mir, daß heute der 31. Oktober, also Halloween war, kam Gertrud zu mir und entriegelte die Flügel, so daß diese ausgebreitet blieben, selbst wenn ich die Arme herunter nahm. Sie drückte mir einen Korb in die Hand, in der sich viele kleine Tüten mit Süßigkeiten befanden. »Nur für die Kinder«, stand auf dem Korb.
Julia, die noch immer als Teufelin verkleidet war, kam kurz darauf ebenfalls nach draußen. Auch sie hielt einen Korb in den Händen. Auf diesem stand »Nur für Erwachsene«. In diesem befanden sich ebenfalls viele kleine Tüten. Nur daß in diesen keine Süßigkeiten, sondern Kondome, Proben von Parfüm, Gleitmittel und anderen Dingen waren, die im Laden verkauft wurden.
Heike kam hinter ihr her und kettete sie, auf der anderen Seite der Tür, ebenfalls an das Baugerüst.
»Was machen wir denn, wenn ein Erwachsener sich Süßigkeiten nehmen will oder wenn ein Kind bei mir etwas heraus nehmen will?«, fragte Julia.
»Dann dürft ihr sie ruhig etwas erschrecken, immerhin ist heute Halloween, da geht das in Ordnung. Sagt einfach, sie sollen sich was aus dem anderen Korb nehmen«, sagte Heike grinsend, bevor sie zum Imbiss gegenüber ging. Doch kurz darauf sah ich sie hinter einem Fenster im ersten Stock, wo sie irgend etwas aufstellte.
Kurz darauf kam sie mit belegten Brötchen zurück und ging an uns vorbei in den Laden.
»Was war das denn?«, fragte ich Julia, als gerade niemand vorbei ging.
»Ich glaube, sie hat eine Kamera aufgestellt«, gab Julia zur Antwort.
Von nun an blieben wir einfach still stehen. Erst gegen Mittag kamen Leute vorbei, die sich, eher zögernd, etwas aus Julias Korb nahmen, sich scheinbar verlegen umschauten und schnell weiter gingen. Später, als die Sonne bereits unterging, kamen auch Gruppen verkleideter Kinder vorbei. Einige zeigten zu Julia und mir und nachdem ihre Eltern oder andere Erwachsene ebenfalls zu uns gesehen hatten, deuteten diese auf mich und die Kinder nahmen sich artig eine Tüte.
Ein kleines Mädchen, ich schätzte sie auf etwa 8 oder 9 Jahre, sagte »Danke«, bevor sie ging.
Ohne nachzudenken, sagte ich: »Gern geschehen.«
Das Mädchen quiekte leise auf und zuckte zusammen, während die anderen Kinder anfingen, zu kichern. Das Mädchen sah mich an und fing an zu grinsen, bevor sie wieder zu den anderen Kindern ging. Nun kamen diese zu mir und nahmen sich ebenfalls je eine Tüte.
Als ein Junge zu Julia ging und sich etwas aus ihrem Korb nehmen wollte, sagte Julia: »Das ist nicht für Kinder.« Der Junge zuckte ebenfalls zusammen, warf Julia einen Blick zu, den Kinder Erwachsenen zuwerfen, wenn sie verärgert sind und kam schließlich zu mir um sich etwas aus meinem Korb zu nehmen.
Nachdem gerade eine Gruppe Kinder bei uns gewesen war, kam ein Mann zu mir und wollte sich eine Tüte mit Süßigkeiten nehmen. »Das ist aber für die Kinder«, sagte ich mit einer möglichst tiefen Stimme und zog den Korb ein Stück zurück.
Der Mann zuckte zusammen, trat erschrocken einen Schritt zurück und ging einfach weiter, statt sich etwas aus Julias Korb zu nehmen.
Eine Gruppe Jugendlicher kam vorbei und auch sie bedienten sich bei uns. »Viel Spaß damit«, sagte Julia, als ein Junge sich bei ihr eine Tüte heraus nahm. Er zuckte zusammen und sprang einen Schritt zurück, bevor er zu den Anderen ging. Auch die Anderen kamen nun zu ihr und jedes Mal sagte Julia etwas wie »Viel Spaß«, »Bist du dazu nicht noch zu jung?« oder »Hast du denn schon eine Freundin?«
Die Jugendlichen machten sich einen Spaß daraus und filmten sich gegenseitig. Ein Mädchen, sie war ungefähr 18 oder 19, schätzte ich, kam jedoch nicht zu Julia, sondern zu mir, um sich, eher verschämt, Süßigkeiten zu holen, wofür sie von den Anderen ausgelacht wurde.
»Komm später noch mal vorbei, wenn du alleine bist«, sagte ich zu ihr und zwinkerte ihr zu. Sie sah mich groß an und nickte, bevor sie wieder zu den Anderen ging.
Auch diese Gruppe ging schließlich und Julia und ich hatten unseren Spaß mit den Leuten. Ich stellte fest, daß die Kinder sich tatsächlich an die Aufschrift hielten und sich nur Süßigkeiten nahmen, selbst wenn keine Erwachsenen dabei waren, während Erwachsene sich oft sowohl bei Julia und bei mir bedienten und sich auch häufig mehr als nur eine Tüte aus dem Korb nahmen. Doch das war nicht weiter schlimm, da Gertrud, Heike und Ingrid gelegentlich heraus kamen, um unsere Körbe nachzufüllen.
Viele Leute machten auch Selfies mit uns, wobei Julia als sexy Teufel eher bei den Männern beliebt war, während sich bei mir eher Frauen fotografierten, einige in kleinen Gruppen oder zu Zweit.
Bei einigen konnte ich es mir einfach nicht verkneifen, die Hand über ihre Schulter zu halten, während sie ihr Selfie machten. Ich fragte mich, was sie wohl denken würden, wenn sie sich die Bilder später ansahen.
Als sie den Laden schlossen, kamen Heike und Gertrud zu uns und lösten die Schlösser, mit denen wir am Baugerüst gefesselt waren. Sie wollten uns gerade herein holen, als eine junge Mutter mit einem kleinen Kind auf dem Arm vorbei kam. Das Kind zeigte zu uns oder vielmehr auf die Körbe, die wir noch in den Händen hielten, doch ich hörte die Mutter sagen: »Schau mal, die Frauen holen die Puppen gerade rein, damit sie nachts nicht geklaut werden. Ich glaube nicht, daß du noch etwas bekommst.« Das Kind sah seine Mutter enttäuscht an und ich gab Gertrud ein Zeichen und deutete vorsichtig zu den Beiden.
»Kommen Sie, Sie können sich gerne noch etwas nehmen«, sagte Gertrud. Die Frau blieb stehen und kam zu uns. Gertrud hob meine Arme an und ließ das Kind sich etwas aus meinem Korb nehmen.
»Du kannst dir ruhig noch mehr nehmen«, sagte sie zu dem Kind und hielt ihm weiter den Korb hin. »Wir haben noch so viel und du hast ja kaum was in deinem Sammelbeutel.«
Das Kind sah freudig zu ihr und nahm sich eine ganze Hand voll Süßigkeiten.
»Vielen Dank«, sagte die Frau. »Ich musste arbeiten und konnte nicht mit ihm gehen und jetzt haben die meisten Läden schon geschlossen.«
»Sie sind alleinerziehend?«, fragte Gertrud, was die Frau bedauernd bejahte.
Darauf hin griff Gertrud noch einmal in meinen Korb und legte eine große Hand voll in den Beutel des Kindes.
»Möchten Sie auch etwas?«, fragte nun Heike und hielt der Frau Julias Korb hin.
»Wenn ich darf, gerne«, sagte sie. Heike suchte einige bestimmte Tütchen aus Julias Korb heraus und gab sie der Frau. Diese bedankte sich und ging weiter zu Haltestelle.
»Was war das denn?«, wollte Gertrud wissen.
»Ich hab ihr die Tüten mit den Gutscheinen gegeben, ich glaube, sie kann sie besser brauchen, als diese Jugendlichen, die nicht mal genau hingesehen haben, was sie da überhaupt hatten«, erwiderte Heike.