„Eine Tasse Tee, Earl Grey, heiß! Ohne Zucker, ohne Milch!“ sagte Jean-Luc Picard, der Captain des Raumschiffs Enterprise, in sonorer Stimme zum Replikator seines Büros. Mit einem leisen Piepsen erschien ein Glas einer klaren, braunen Flüssigkeit. Picard konnte schon sehen, wie sich der Wasserdampf darüber kräuselte. Da gab es ein Klirren, das Glas zersprang, und bevor der Tee sich über den Boden ergießen konnte, hatte ihn der Computer samt der Scherben wieder dematerialisiert. Picard seufzte resigniert. Er tippte an den Kommunikator auf seiner Brust.
„Mister LaForge! Was ist mit meinem Tee?“
Geordi LaForge, der Chefingenieur, saß zu diesem Zeitpunkt an einer Konsole des Maschinenraums. „Ich weiß, Captain….“ sagte er etwas genervt. „Es dauert nur noch ein paar Minuten.“
„Das haben Sie vor einer halben Stunde auch schon gesagt.“
„Ich versichere Ihnen Captain, dass wir hier unser bestes tun. Es besteht überhaupt kein Grund zur Sorge.“
Wieder seufzte Picard. „Machen Sie weiter!“ Und dann, nach einer Pause von einigen Sekunden: „Aber beeilen Sie sich!“
Geordi wandte sich an Data, den Androiden, der neben ihm stand, und ihm half, das Backup des Replikatorprogramms einzuspielen. Er rückte seinen Visor, der dem seit Geburt blinden Ingenieur das Sehen erlaubte, zurecht. „Warum wurde bei der Inspektion überhaupt ein neues Programm eingespielt? Das alte war doch gut, so wie es war.“
„Das neue Programm,“ erklärte Data, „enthält strukturelle Verbesserungen, was Materialqualität und den subatomaren Aufbau von Spurenelementen angeht, sowie….“
„Data,“ unterbrach ihn Geordi. „ich wollte keine Frage stellen, sondern habe meine Meinung geäußert.“
„Ah! Eine rhetorische Frage! Ich verstehe. Rhetorische Fragen werden benutzt, um….“
„Und der Captain wird unausstehlich,“ unterbrach ihn Geordi, „wenn er seinen Tee nicht bekommt. Apropos, wieso zerspringt das Glas eigentlich?“
„Hohe Temperaturdifferenzen zwischen der Innen- und der Außenfläche können zu einer stark differierenden Wärmeausdehnung…“ Er stutzte. „Ah, ich weiß, was Sie meinen. Ich vermute, dass man bei der Programmierung eine Energie sparende Zusammensetzung für das Glas gewählt hat, deren Wärmeausdehnungskoeffizient aber größer ist, was dazu führt, dass…..“
„Wie bitte?“ sagte Geordi ungläubig. „Man hat gespart, und wir müssen deshalb das Backup einspielen? Also… “ Er brummelte etwas vor sich hin, „…wenn ich den in die Finger bekomme, der das programmiert hat.“
„Wahrscheinlich,“ warf Data ein, „gibt es nicht einfach einen Schuldigen für die Fehlfunktion….“
„Da!“ rief Geordi, und tippte sich an den Kommunikator. „Captain. Hier Geordi! Probieren Sie es jetzt nochmal!“
„Vielen Dank, Geordi, ich probiere es – nocheinmal.“ Captain Picard, wieder an seinem Schreibtisch sitzend, hob an zu sprechen. „Replikator! Eine….“ Aber in diesem Moment übertönte ein scharfes Piepsen seine Stimme und erinnerte ihn an seinen eigentlichen Auftrag, die Abtastung der romulanischen Grenze, an der man seit einigen Tagen Strahlungsanomalien im Subraum festgestellt hatte.
Entschlossenen Schrittes trat der Captain auf die Brücke. „Nummer 1! Bericht!“
Will Riker, der erste Offizier, stand, mit einem Arm auf eine Konsole gestützt, auf der Brücke und blickte den Captain mit einem schiefen Lächeln an. „Die Sensoren zeigen ein Schiff! Schwer beschädigt.“
„Auf den Schirm!“
Fähnrich McCullon auf der Brücke tippte einige Tasten. Auf dem Bildschirm, der fast die gesamte vordere Wand der Brücke der Enterprise einnahm, erschien ein kleines Schiff, dessen hinteres Ende in Feuer gleißte und Rauch in den Weltraum absonderte. „Bauart unbekannt.“ konnte der Fähnrich noch sagen, dann machte er dem auf die Brücke geeilten Data Platz. Dieser tippte in unmenschlicher Geschwindigkeit auf die Tasten.
„Das Schiff ist beschädigt!“ erklärte Data das offensichtliche. Er legte seinen Kopf schief und schielte auf die Anzeigen. „Es scheint, dass sich sein Ionenantrieb überhitzt hat. Ich empfange schwere strukturelle Brüche der gesamten Hülle. Der Warpkern scheint noch zu halten. Im vorderen Teil des Schiffes…. Einen Moment….. Ich empfange Lebenszeichen. Sie befinden sich in den Mannschaftsquartieren im unteren Teil des Schiffes.“
„Mister O’Brien!“ Picard reagierte sofort, „Können Sie sie erfassen?“
„Einen Moment!“ antwortete der irischstämmige Rotschopf, der zur Zeit die Transporterkontrolle auf der Enterprise hatte, über den Kommunikator. „Ja! Ich hole sie.“
Es dauerte einen Moment. Dann hörte man O’Brians Stimme wieder. „Ich habe sie verloren. Ich versuche es erneut.“
Gespannte Ruhe auf der Brücke.
„Tut mir Leid, Captain,“ hörte man die Stimme von Geordi, der offenbar gerade zum Transporterraum gekommen war, „die beschädigte Hülle strahlt zu viele Interferenzen aus. Wir können sie nicht rüberbeamen. Wir könnten allerdings jemanden in den vorderen Teil des Schiffes beamen. Dort sind die Interferenzen noch nicht so stark.“
„Riker.“ befahl der Captain, „stellen Sie ein Außenteam zusammen!“
Der erste Offizier zögerte keine Sekunde. Mit einem Fingerzeig holte er McCullon zu sich. Eiligen Schrittes liefen sie zum Transporterraum, während Data noch seine Bedenken anmeldete. „Captain, ich muss sie darauf hinweisen, dass die Hülle des Schiffes in absehbarer Zeit zusammenbrechen wird. Dann wird auch die Eindämmung des Warpkerns nicht mehr funktionsfähig sein. Und dann….“
„Ich weiß, was dann geschieht, Mr Data.“ sagte Picard scharf.
–
Dampf, der zischend aus geborstenen Leitungen entwich, umfing Riker und McCullon, als sie sich in dem unbekannten Schiff materialisierten. Die Notbeleuchtung tauchte den Gang in fahles, rotes Licht. Ein dumpfes Rumpeln schreckte die beiden hoch. McCullon sprang zur Seite, und da kippte auch schon ein schwerer Stahlträger unter lautem Krachen herab. Riker nickte dem Fähnrich anerkennend zu. „Hier entlang!“
An der nächsten Biegung lag ein Körper auf dem Boden, eine Frau mittleren Alters mit starken Schläfenwülsten. „Keine Lebenszeichen.“ stellte McCullon trocken fest, als er ihr mit dem Tricorder über Kopf und Brust fuhr. Eine Gasverpuffung einige Meter hinter ihnen erinnerte sie daran, dass sie sich beeilen mussten.
„Weiter!“ sagte Riker, und sie machten sich im Laufschritt auf durch die Gänge.
„Mister Riker, hören Sie mich?“ meldete sich Datas Stimme durch den Kommunikator.
„Sprechen Sie!“
„Das Lebenszeichen befindet sich unmittelbar rechts von Ihnen. Können Sie es lokalisieren?“
„Einen Augenblick!“ Riker untersuchte die Tür, die sich neben ihnen in der Wand befand. „Es scheint sich um ein Mannschaftsquartier zu handeln.“ Er drückte auf die Tasten am Display daneben, aber die Tür rührte sich nicht. „McCullon, helfen Sie mir!“ Mit einem kurzen Schuss aus dem Phaser zerstörte er die elektromagnetische Türverriegelung. Dann schoben die beiden Männer mit vereinten Kräften die schwere Stahlplatte zur Seite.
Der Raum war mit Qualm gefüllt, ansonsten aber noch intakt. Auf dem Boden lag ein Mann derselben Spezies wie die Frau vorhin. „Tot.“ sagte McCullon, da hörten sie ein leises Wimmern.
„Hierhin!“ rief Riker. In der Ecke neben dem Bett lag ein schmächtiges Mädchen von vielleicht 20 Jahren oder etwas weniger. Als Riker über sie trat, öffnete sie kurz ihre Augen, dann wurde sie ohnmächtig.
„Mister Riker,“ meldete sich abermals Data, „die strukturelle Integrität….“
„Ich weiß, Data.“ Riker packte die junge Frau und hob sie auf. Sie war leichter als er geglaubt hatte. Vielleicht lag das aber auch nur am Adrenalin in seinem Blut. „Los, McCullon!“ So schnell sie konnten, rannten sie die Gänge entlang zurück in den vorderen Teil des Schiffes. Der Boden unter ihren Füßen wurde nun durch heftige Beben erschüttert, und mehrmals mussten sie stehen bleiben, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
–
„Sir!“ sagte Data zu Captain Picard, „im hinteren Teil des Schiffes gibt es multiple Explosionen. Die Eindämmung des Warpkerns könnte jeden Moment versagen.“
„Geordi!“ befahl Picard, „hol sie da raus!“
Es dauerte einige Sekunden. „Ich kann sie nicht erfassen. Sie müssen weiter nach vorne.“
Bange Sekunden vergingen, in denen die Brückencrew der Enterprise wie gebannt auf den Schirm starrte.
„Die Eindämmung versagt.“ meldete Data schlicht.
„Geordi!“ rief der Captain, und dann verschwand das fremde Schiff in einem gleißenden Lichtblitz. Die Schockwelle der Explosion erfasste die Enterprise und erschütterte die Brücke.
„Geordi! Bericht!“ sagte der Captain abermals.
„Ich bin hier“, sagte Rikers ruhige Stimme.
„Was ist mit McCullon?“
Ein Schweigen folgte. Dann meldete sich Geordi LaForge: „Es tut mir leid, Captain. Fähnrich McCullon hat es leider nicht geschafft.“ Eisiges Schweigen breitete sich auf der Brücke auf. Der Captain senkte den Blick. „Ich konnte nur noch Will und das Mädchen rüberholen.“ ergänzte Geordi.
–
„Ah, das sind sie ja, Captain“, sagte Beverly Crusher, die hübsche Rothaarige, die auf der Enterprise Chefin der Krankenstation war.
„Und? Wie geht es unserem… äh… Gast?“
„Sie hat ein paar Schrammen und eine dicke Beule. Aber ansonsten scheint es ihr, soweit ich das beurteilen kann, gut zu gehen.“
„Schön!“
„Nur ihre Lungen….“
Picard sah sie mit dem Blick an, den manchmal alte Verehrer ihren Frauen zuwerfen. „Ja?“
„Nun, mit ihnen scheint etwas nicht zu stimmen. Es könnte sein, dass sie über die Haut atmet.“ Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern, „Außerdem gibt es da noch einige Organe, die mir vollkommen fremd sind. Und ihre Haut ist auch seltsam.“
Picard richtete sich auf und schaute die Gerettete mit zusammengekniffenen Augen an. „Interessant!“ sagte er in einem Ton, als ob er ein seltenes archäologisches Stück untersuchen würde. Dann entspannte er sich sichtlich, senkte den Blick und sah der jungen Frau, welche zusammengekrümmt auf der Krankenliege saß und sich hinter Riker zu verbergen versuchte, in die Augen. Sie hatte glatte hellblonde Haare und ein unschuldiges, mädchenhaftes, vielleicht auch etwas naives Gesicht. Zart sah sie aus und schutzbedürftig. Er rang seinem Gesicht ein steifes Lächeln ab. „Wie heißen Sie?“
Keine Antwort.
Unsicher schaute Picard seine Chefärztin an.
„Nun, die Erlebnisse auf dem Schiff haben sie in eine Art Schockzustand versetzt. Sie redet nur mit Will. Zu ihm scheint sie Zutrauen zu haben. Wahrscheinlich, weil er sie gerettet hat.“
„Sie heißt Lotani.“ fügte Riker hinzu, wie um das Gesagte zu bekräftigen.
„Gut! Tja, also… Will! Kümmern Sie sich um sie! Ich muss noch den Bericht von Mr. Data durchgehen.“ Mit diesen Worten verließ der Captain die Krankenstation.
Riker schaute ihm verdutzt nach. „Was hat er denn?“
Beverly lächelte nachsichtig. „Ich glaube, in Anwesenheit von…, nun, von jungen hübschen Frauen fühlt er sich… unwohl…“
„Ach so.“ Riker hob eine Augenbraue hoch. „Was machen wir jetzt mit ihr?“
„Hier auf der Krankenstation kann sie nicht bleiben. Sie hat keine physischen Schäden. Zumindest soweit ich das beurteilen kann. Du bist Erster Offizier. Ihr ein Quartier zu besorgen, ist deine Aufgabe.“
„Nein!“ rief das Mädchen von hinter Riker. „Ich will nicht alleine sein!“ Sie hatte eine reine, glockenhelle Stimme. In ihrer Unsicherheit wirkte sie jünger, als sie aussah.
Ein kurzes Schweigen entstand, aber noch bevor Beverly einen Vorschlag machen konnte, fuhr Riker fort. „Beverly, du hast doch Erfahrung darin, mit – nun sagen wir – unreifen jungen Erwachsenen… zusammenzuleben,“ sagte Riker jovial und lächelte die Ärztin mit seinem verführerischsten Schelmenlächeln an.
Beverly wusste sofort, was er wollte. Seit Wesley groß war, hatte sie sich um niemanden kümmern müssen, jedenfalls nicht außerhalb der Krankenstation. Und sie vermisste es. Sie lächelte, mehr in sich hinein als zu Will, und sagte: „Also gut!“ In einer Woche, wenn ihr eigener Sohn Wesley zu einem Urlaub von der Ausbildung bei der Sternenflotte an Bord kommen würde, wäre das Mädchen sicherlich wieder so weit, dass es alleine in einem Quartier schlafen könnte.
„Ich will aber bei ihm bleiben!“ sagte das Mädchen schwach von hinter Rikers Rücken her.
„Aber Lotani“, erwiderte Riker, „Dir wird es bei Beverly sehr gut gefallen.“
Sie fing leise zu schluchzen an.
„Du hast es bei ihr viel besser als bei mir. Und sie ist auch eine Frau.“ fügte er lächelnd hinzu.
„Nein nein….“ Sie weinte nun laut wie ein kleines Mädchen, obwohl sie alle Attribute einer erwachsenen Frau besaß, was bewirkte, dass Beverly und Riker betreten schwiegen.
Beverly sah Riker fragend an, während das Schluchzen der jungen Frau immer heftiger wurde.
„Also gut, Lotani.“ sagte er schließlich. „Du kannst mit mir kommen.“
Lotanis Schluchzen ging weiter, verebbte unter Schniefen aber langsam.
–
Captain Picard stützte beide Hände auf den Konferenztisch und sah in die Runde. „Wo steckt Commander Riker?“
„Will kümmert sich um die Überlebende.“ antwortete die Chefärztin Beverly Crusher, und fügte, fast entschuldigend, als sie Picards unzufriedenen Blick sah, hinzu: „Du hast es ihm selber befohlen. Sie ist noch etwas durcheinander von den Geschehnissen. Und da muss sie Wills Dienstbesprechung wohl übersehen haben.“ Sie lächelte ihn an, und ein wenig gezwungen lächelte er zurück.
„Nun gut. Was wissen wir über das Schiff? Geordi?“
„Es gehörte einer Spezies namens Terelianer, deren Heimatplanet dreißig Lichtjahre von hier entfernt ist. So wie es aussieht, handelte es sich um ein ziviles Forschungsschiff, das bereits Kurs auf den Heimatplaneten genommen hatte.“
„Wissen wir, wodurch das Schiff zerstört wurde?“
„Nicht exakt“ antwortete Data. „Die Daten, die Commander Riker aus dem Hauptcomputer heruntergeladen hat, sind leider nicht vollständig. Aber es sieht so aus, als ob der Energieverbrauch auf dem gesamten Schiff in den Tagen vor dem Unglück immens zugenommen hätte. Eventuell könnte hierfür eine Fehlprogrammierung der Energieverteiler verantwortlich gewesen sein. Der Reaktor arbeitete jedenfalls in den letzten 36 Stunden bei 120% Auslastung. Dies hatte zur Folge, dass eine der Plasmaleitungen im Maschinenraum wegen eines Mikrorisses barst und dabei die Reaktorsteuerung beschädigte. Da der Maschinenraum dabei mit Plasma überflutet wurde, war eine Reparatur oder das Abschalten des Reaktors nicht mehr möglich.“
Captain Picard nickte. „Also gut. Counselor Troi, verständigen Sie bitte die Heimatwelt der Terelianer. Und sprechen Sie ihnen mein Beileid aus. Teilen Sie ihnen mit, dass wir eine Überlebende haben.“
„Captain! Wenn ich mich da einmischen dürfte…“ warf Beverly Crusher ein.
„Ja?“
„Die Frau ist keine Terelianerin. Sie nennt ihre Spezies Phelani, und ist erst vor einigen Wochen als Flüchtling von den Terelianern aufgenommen worden.“
„Wissen wir, woher sie kam?“
„Nein. So wie es aussieht, haben die Phelani keinen Heimatplaneten, oder Lotani hat ihn nie gesehen. Angehörige zu finden, ist meiner Einschätzung nach aussichtslos.
„Dann werden wir sie den terelianischen Behörden übergeben. Sie kennt die Terelianer.“
Beverly Crusher und Deanna Troi hoben gleichzeitig ihre Hand.
„Counselor Troi?“
„Lotani lebte in den vergangenen Wochen bei mindestens drei verschiedenen Spezies: Ihrer eigenen, den Terelianern, und nun bei uns. Sie scheint Zutrauen zu Commander Riker gefasst zu haben. Es wäre für ihren psychischen Zustand fatal, zum dritten mal in wenigen Wochen ihre Bezugspersonen zu verlieren. Mit den Terelianern verband sie nicht mehr, als mit uns.“
Beverly nickte. „Dem möchte ich zustimmen.“
„Einverstanden!“ sagte Picard.
–
Will Riker hatte ein zusätzliches Bett in die Ecke seines großräumigen Quartiers stellen lassen. Der Replikator hatte für Lotani einen Satz neuer Kleidung hergestellt: fliederfarbene Leggings, flache Schuhe und eine weiße Bluse mit einem vereinfachten Sternenflottenemblem über der Brust. Für die Nacht hatte sie ein langes Nachthemd aus einem seidenglatten, weichen Stoff, das ihr bis über die Knie fiel, und das sie jetzt mit in Rikers Badezimmer mitgenommen hatte, wo sich sich umzog und wusch, obwohl sie bereits eine Stunde zuvor von der Schalldusche der Krankenstation bis auf den letzten Keim und den letzten Schweißrest gesäubert worden war.
Riker, der, obwohl er sonst gerne Frauen mit in sein Quartier nahm, sich etwas unwohl fühlte, versuchte sich, als sie aus dem Badezimmer kam, schnell um sie herum zu drücken, konnte aber nicht anders, als ihre harten Brüste zu bemerken, die sich, gut apfelgroß, wie kleine Vulkane kegelförmig unter dem Nachthemd abzeichneten.
„Gute Nacht!“ sagte er hastig, und schloss sich im Badezimmer ein. Ausgiebig benutzte er die modernen sanitären Anlagen der Enterprise, und als er eine knappe halbe Stunde später wieder die Tür öffnete, fühlte er sich schon viel sicherer. Bestimmt war sie bereits eingeschlafen.
Auf Zehenspitzen, um sie nicht zu wecken, schlich er um ihr Bett herum. Ihre strohblonden Haare lagen malerisch auf das Kissen drapiert. Die Decke hatte sie sich bis über ihr Kinn hochgezogen. Riker erreichte sein Bett und schlüpfte lautlos unter die dünne, in der Nachtbeleuchtung silbrig schimmernde Decke. Er dämpfte das Licht noch weiter und schloss die Augen.
Lotani schlief nicht fest. Immer wieder wälzte sie sich hin und her, wechselte die Position oder schob das Kissen hin und her. Das störte Riker. Er stellte fest, dass auch er nicht einschlafen konnte, wenn sein Gast, den er vom Captain in Obhut bekommen hatte, so unruhig war. Aber er wusste nicht, was er machen sollte, und wartete.
„Will?“ ertönte schließlich Lotanis piepsige Stimme.
Riker antwortete nicht.
„Bist du noch wach?“ flüsterte sie.
Er murrte, um ihr zu zeigen, dass sie ruhig sein sollte, damit sie einschlafen konnte.
„Ich kann nicht schlafen.“
„Leg dich still hin und mach die Augen zu. Dann schläfst du ein.“
„Kann ich zu dir ins Bett kommen?“
„Nein. Das geht nicht.“
„Bitte!“
„Nein.“
„Warum nicht?“ Ein leises Schluchzen fing an.
„Wir kennen uns gar nicht. Ich bin ein fremder Mann. Du bist eine hübsche Frau.“ War sie so naiv, oder tat sie nur so?
Das Weinen wurde lauter. „Du… du bist nicht fremd. Du tust mir nichts.“
„Nein, würde ich nicht. Aber es geht trotzdem nicht.“
Lotani sagte jetzt nichts mehr, aber weinte immer lauter. Riker schloss die Augen, aber an Schlaf war bei dem Geheule überhaupt nicht mehr zu denken. Will hasste es, wenn er von Frauen durch Weinen manipuliert wurde.
Fünf Minuten später gab er entnervt auf. „Also gut, Lotani, komm!“
Das Schluchzen verebbte auf der Stelle. Leichtfüßig sprang sie aus ihrem Bett und lief in tippelnden Schritten zu Rikers großem Doppelbett. Der rückte zur Seite, und Lotani schlüpfte unter seine große Decke. Sie rückte an ihn, bis er ihre Körperwärme spürte und sein Körper sich versteifte. Ihre Körpertemperatur schien leicht unter der seinen zu liegen, und ihre Hand fühlte sich kühl an, als sie sich auf seinen Arm legte. Sie hatte die Augen wieder geschlossen und fing an, tief und gleichmäßig zu atmen, so dass er nicht wagte, ihr seinen Arm zu entreißen. Riker hörte ihr einige Minuten zu, dann war er sich sicher, dass sie bereits tief eingeschlafen war.
Die Stelle an seinem Arm, wo sie ihn berührte, war kühl und schien zu kribbeln. Und als er darauf achtete, schien sich das Kribbeln auszubreiten. Es wanderte seinen Arm hoch, über seine Schulter zu seiner Brust und seinem Kopf. Ein Glücksgefühl, das er bisher bei keiner seiner Liebschaften je erlebt hatte, bemächtigte sich seiner. Wie konnte es sein, dass ein so zartes, unschuldiges Wesen ihm solch blindes Vertrauen schenkte, ohne dass er es verdient hätte? Er fühlte sich stolz, und zugleich ein wenig erregt, aber auch etwas unwohl. Er würde ihr zeigen, dass er jedes Bisschen der Sympathie, die sie ihm entgegenbrachte, Wert war.
Das Kribbeln erreichte seinen Bauch und seine Lenden. Als ob er Aufputschmittel genommen hätte, richtete sich sein Glied auf. Sein Herz fing an zu pochen. Gleich würde sein Schaft, der inzwischen den Weg zwischen den Knöpfen seines azurblauen Nachthemds hindurch gefunden hatte, den Schoß der jungen Frau berühren, und er hätte ihr naives Vertrauen in ihn bereits nach nur wenigen Stunden missbraucht.