Lüstern wälzt sich die nackte Lukrezia im großen breiten Himmelbett des Kardinals. Im Dämmerschein der Kerzen zeichnet sich ihre runde, weibliche Silhouette weich vor dem dunklen Hintergrund ab. Giuliano begehrt sie sehr, aber jetzt ist es ausschließlich Machtgeilheit, die ihn beherrscht.

Wir schreiben Oktober 1503, Giuliano steht im 60.Lebensjahr und hat in diesem Jahr bereits das zweite Mal das große Ziel vor Augen, endlich Pontifex Maximus zu werden. Nach dem Tod des Borgia im Frühherbst wählt das Konklave noch Francesco Todeschini Piccolomini aus Siena, doch der überlebt als Papst Pius III. keinen Monat. Knapp vor Allerheiligen steht das nächste Konklave an und diesmal will Giuliano nichts mehr dem Zufall überlassen.

Der Subdekan des Kardinalskollegiums brütet am mächtigen Mahagonischreibtisch über der Liste der in Rom anwesenden 38 Kardinäle. Sein Blick schweift kurz hinüber zum Bett mit seiner verführerischen 30-jährigen Geliebten, die ihm heiße Blicke zuwirft.

„Die Spanier habe ich schon im September gekauft, den Este und den Medici auch“, denkt er. „Dazu kommen die eigenen Verwandten und Freunde. Aber was tun, um die Stimme von Georges d’Amboise zu bekommen, der unbedingt selbst in die Schuhe des Fischers steigen möchte? Dazu kann er noch auf die Hilfe des französischen Heeres in Neapel rechnen!“

„Komm schon, mein Gebieter! Laß die Politik und beglücke mich lieber hier im Bett!“, lockt Lukrezia. „Bin ich nicht viel interessanter als Deine ganzen grauen Papiere und Akten?“

„Wie würde es Dir gefallen, bald im Bett eines Papstes zu liegen? Die Geliebte des Stellvertreters Gottes auf Erden zu sein?“, entgegnet er. „Keine Frau auf dem Erdkreis wäre Dir gleich an Macht und Reichtum!“

Lukrezia lächelt verträumt. Der Gedanke scheint ihr zu gefallen. Sie sieht sich bereits in teuren Roben gehüllt und juwelengeschmückt durch die Ewige Stadt fahren.

„Du mußt vorher nur noch einen kleinen Auftrag für mich erledigen. Dann ist die Sache gelaufen“, erklärt Giuliano ihr.

Er steht auf und nähert sich dem Bett. Seine Augen funkeln. Er sieht die schöne Lukrezia lange an. „Setz die Waffen einer Frau ein, verführe den Amboise, er ist jung und geil, aber er verachtet Frauen, weil sie ihn schwach machen. Und den alten Oliviero Carafa von Neapel lassen wir bei der Bettszene zusehen. So haben wir beide auf einen Schlag in der Hand!“

Lukrezia streichelt ihrem Geliebten über die Stirn. „Wie schön, wenn wir uns vor der ganzen Welt endlich als zeigen können. Du brauchst mich nicht mehr vor den neidischen Kardinälen verstecken und unsere bekommt einen stattlichen römischen Adeligen zum Mann.“

„Und Du wirst mich dann demütig um eine angemessene Bestrafung bitten für Dein sündiges Treiben mit den heiligen Männern der Kirche!“, lächelt er und freut sich darauf, einen Grund zu haben, seine Peitsche wieder ausgiebig bei ihr benutzen zu können.

„Oh ja, mein Gebieter“, antwortet sie gehorsam. „Niemals werde ich vergessen wie sehr Du stets um das Seelenheil der Dir verfallenen Sünderin besorgt bist.“

Sie leckt sich über die Lippen und präsentiert ihm ihre vollen Brüste auf dem Serviertablett ihrer schlanken Finger. „Meinst Du, das wird dem Franzosen gefallen?“

„Ganz bestimmt und bei Carafa wird es hinter dem Vorhang Frühlingsgefühle mitten in der kalten Jahreszeit hervorrufen!“

Lukrezia kniet sich hin und senkt die Augen. „Wie wünscht Ihr, daß ich Seiner Eminenz d’Amboise entgegentrete?“

Giuliano wird geil beim Gedanken, was der Franzose alles mit seiner gehorsamen Geliebten anstellen wird. Er gilt als ein Frauenhasser, der sich dennoch immer wieder gerne dazu hinreißen läßt, junges weibliches Fleisch zu quälen. „Bestimmt wird er Dich schlagen und zwingen, Dich vor ihm zu erniedrigen. Das macht er am liebsten mit schönen Frauen!“, meint Giuliano.

„Ich werde ihm nackt die Stiefel küssen, wie Du es mir beigebracht hast, mein Herr. Dann werde ich mich vor ihm niederwerfen und ihn bitten, mich nicht zu schonen!“, schlägt Lukrezia vor.

„Das klingt gut! Du mußt ihm aber vorher alle Deine Reize ausführlich vorführen. Er muß heiß werden und einen Grund haben, Dich brutal zu züchtigen!“, schärft er ihr ein. „Schlag ihm keine Perversion ab. Du weißt, was für uns beide auf dem Spiel steht!“

„Du kannst Dich auf mich verlassen, mein Geliebter! Sieh doch selbst: meine schlanken Beine, die glatte Grotte meiner Lust und mein geschmeidiger Hintereingang. Der Franzose kann alles haben, wonach ihm der Sinn steht!“. Verführerisch lächelt Lukrezia.

„Diesmal wird es gelingen!“, ist sich Giuliano seiner Sache sicher.

*****

Das Konklave im Oktober 1503 war die Wahlversammlung der Kardinäle nach dem Tod von Papst Pius III. und dauerte vom 31. Oktober 1503 bis zum 1. November 1503. Mit nur einem Tag ist es eines der kürzesten der Papstgeschichte. Seine Wahl fiel auf Giuliano della Rovere, der sich Papst Julius II. nannte.

Das Kardinalskollegium umfasste zu Konklavebeginn 44 Mitglieder. 6 Kardinäle hielten sich zur Zeit des Konklaves nicht in Rom auf, so dass das Konklave 38 Teilnehmer zählte.

Bereits vor der Wahl hatte man die Machtblöcke des vergangenen Konklaves erwartet, da die Teilnehmer identisch waren. Wie im letzten Konklave, so präsentierte Kardinal Georges d´Amboise auch diesmal einen Favoriten — Giuliano della Rovere. Dieser war es dann auch, welcher bereits im 1. Wahlgang 37 Stimmen, also alle (abgesehen von seiner eigenen Stimme) erhielt.

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