Chapter 6 — Schadensbegrenzung
Ich habe das Gefühl, dass ich die Kontrolle verliere. Aber das darf nicht passieren. Ich stecke schon zu tief drin, habe mich schon zu weit aus dem Fenster gelehnt. Es ist zu spät um zurück zu rudern. Ich muss das jetzt durchziehen, sonst wird es böse für mich endet.
Alle diese Dinge, die Katrin mir gestern betrunken offenbarte, bevor ich es ihr nach Strich und Faden besorgte, die machen mir Sorge. Diese ominöse Jennifer, die darf mir nicht auf die Schliche kommen. Erst einmal muss ich herausfinden, wer das überhaupt ist. Mit diesem Ziel wartete ich heute morgen im Treppenhaus auf Katrin.
Es war mir klar, dass sie heute als erstes zu ihrer Freundin fahren wird. Meine Gelegenheit mehr über diese Frau in Erfahrung zu bringen. Es war relativ einfach heraus zu finden, wann Katrin wach wurde. Ich war ja der Erpresser und ich erwartete eine Nachricht. Prompt als ich diese bekam, machte ich mich auf den Weg ins Treppenhaus. – Das Video kenne ich ja genau genommen schon. Daran kann ich mich später noch erfreuen.
Ich wartete also auf Katrin. Als diese ihre Wohnung verließ, war sie sichtlich angespannt und grüßte mich nicht einmal. Sah tatsächlich noch sehr durch genuddelt aus die kleine. Sie wirkte nicht sehr Aufmerksam und ich konnte ihr ohne Probleme folgen. Jetzt warte ich schon eine ganze Weile hier vor der Wohnung dieser Jennifer, warte darauf, dass Katrin wieder geht. Dann würde mir schon was einfallen, wie ich diese Jennifer los werde. Auch wenn dafür ein weiteres Verbrechen nötig ist.
Just in diesem Moment geht die Tür auf. Katrin und eine schlanke dunkelhaarige Frau verlassen die Wohnung — das muss Jennifer sein. Die beiden umarmen sich, küssen sich innig. Katrin greift der Frau an den Hintern. Was ist denn hier los? Die beiden scheinen mehr als nur Bekannte zu sein. Katrin steht auf Frauen? Das ist eine Überraschung, vor allem nach letzter Nacht. Vor ein paar Stunden hat sie noch um meinen Schwanz gebettelt und jetzt sehe ich sie hier Hand in Hand mit dieser Jennifer. Aber es erklärt auch, warum Jennifer eingeweiht ist in die Erpressung — die beiden stehen sich nahe.
„Ich fahre jetzt ins Büro, es geht bestimmt schnell. Wenn ich genug über den Kerl habe komme ich wieder. Dann lassen wir uns Essen kommen und überlegen unsere nächsten Schritte. Ruhe dich solange aus und überlege dir wie du mir Danken willst.“, höre ich Jennifer sagen.
Verdammt — sie scheint mir tatsächlich dicht auf der Fährte zu sein. Ich schwitze, bekomme wirklich Angst. Ich will nicht in den Knast. Hätte ich das verdient? Natürlich! Aber freiwillig werde ich das nicht zulassen. Solange ich noch nicht verhaftet bin, werde ich alles tun im dies zu verhindern.
Die beiden verabschieden sich, Jennifer macht sich auf den Weg. Ich folge ihr bis zur Garage, sie bemerkt mich nicht. Die dunkelhaarige Frau steigt in ihren Wagen und fährt los. Schnell sprinte ich zu meinem Gefährt und bleibe an ihr dran, folge ihr bis ihrem Büro.
Ich parke etwas abseits an der Straße, kann ihr nicht direkt bis auf den Firmenparkplatz folgen. Dort ist ja sonst niemand — es ist schließlich Sonntag. Ich sehe sie aber noch, kann durch die Glasfassade des Gebäudes erkennen, in welchen Stock sie fährt. Ich muss in das Gebäude kommen!
Die Tür am Hintereingang ist nur angelehnt — sehr gut. Die Mitarbeiter der Reinigungsfirma nehmen das Thema Sicherheit wohl nicht so Ernst und ich kann ohne Problem eindringen. Schnell verschwinde ich im Treppenhaus und laufe die Stufen hoch, bis ins richtige Stockwerk. Vorsichtig schleiche ich in das Büro. Ich horche, höre eine Kaffeemaschine ihre Arbeit verrichten, höre tippen auf einer Tastatur. Auf einer Tastatur — das ist der wichtige Fakt. Es ist tatsächlich niemand außer Jennifer hier. Ich schaue mich im Büro um — zumindest den Teil, den ich von hier sehen kann. Direkt neben mir befindet sich eine kleine Theke, die wohl so etwas wie den Empfangsbereich darstellt. Ich wage mich ein Stückchen vor, verstecke mich hinter dieser Theke.
Zu meiner Überraschung versteckt sich dort nicht nur der Empfang, ich finde auch ein Sicherheitssystem vor — Monitore. Wenige Knöpfe machen die Bedienung auch einem Laien wie mir einfach und schnell habe ich Jennifer an ihrem Arbeitsplatz gefunden, kann sie auf meinem Bildschirm beobachten.
Konzentriert tippt sie auf ihrer Tastatur, macht Dinge von denen ich nichts verstehe. Ich muss geduldig sein. Es dauert ein wenig, bis sie ihren Schreibtisch verlässt um zu den Toiletten zu gehen. Anscheinend hat sie etwas Kaffee verschüttet. Ich muss etwas riskieren, muss herausfinden, woran sie genau arbeitet. Ich habe nur wenige Minuten Zeit bis sie zurück ist — schnell renne ich zu ihrem Platz. Mit meinem Telefon fotografiere ich die verschiedenen offenen Programmfenster — lesen kann ich den Inhalt dann später — Fertig.
Ich sollte schnell wieder in meinem Versteck verschwinden. Aber diese ganze Mission auf der ich mich hier befinde hat meinen Adrenalin-Spiegel in die Höhe getrieben. Ich bin neugierig und bereit noch höheres Risiko zu gehen. Vorsichtig nähere ich mich den Waschräumen, öffne die Schwenktür ein Stück, ohne ein Geräusch zu machen. Durch einen Spiegel an der Wand kann ich Jennifer vor einem Waschbecken stehen sehen.
Und damit untertreibe ich. Ich kann sie sehen und sie trägt kein Shirt mehr. Verärgert und fluchend versucht sie, die Flecken aus ihrem Kleidungsstück zu waschen und zeigt mir dabei ihren roten BH, der mit Sicherheit teil einer teuren Dessous-Kollektion ist. Verführerisch verziert betont das knappe Stück Stoff ihren großen Busen perfekt. Bestimmt hat sie sich extra schick gemacht, um sich heute von Katrin verwöhnen zu lassen.
Der Gedanke daran, wie sich diese beiden Frauen gegenseitig verwöhnen — mein Schwanz meldet sich sofort bereit. Ich schaue weiter — solange sie nicht angezogen ist, wird sie den Waschraum ja wohl nicht verlassen. Dann habe ich immer noch genug Zeit zu flüchten.
„Nein! Nicht auch noch auf die Hose“, höre ich sie leise fluchen. Doch! Doch! Bitte auch die Hose, denke ich. Zieh auch noch die Hose aus! Und ich werde erhört. In der Gewissheit sich alleine im Büro zu befindet, pellt sich Jennifer ihre enge Jeans vom Körper. Sie weiß natürlich nicht, dass sie mir damit auch noch ihren hübschen Hintern präsentiert. Der zum BH passende String zeigt mehr als er verbirgt. Während Jennifer sich über das Waschbecken beugt fallen mir fast die Augen heraus.
Ich verstehe Katrin! Bei dieser Frau würde ich auch lesbisch werden. Grad als ich versuche ein Foto zu machen, passiert mir ein Missgeschick. Mit dem Arm komme ich gegen die Tür und mache ein Geräusch. Ich schaffe noch schnell zurückweichen, sodass sie mich nicht sehen konnte. Mist! Die Show ist erst einmal vorbei. Mit einem Ständer in der Hose ziehe ich mich in mein Versteck zurück.
Einen moment später betritt Jennifer wieder den großen Büroraum — das war knapp — aber sie hat nichts gemerkt. Ich schaue meine Fotos durch. Da, eine Liste von Namen, ‚Potentielle Täter‘ ist die Überschrift. Die obersten Namen sind mit einem Kreuz versehen. Wahrscheinlich hat sie diese Personen bereits überprüft und nichts gefunden. Dann kommen eine Reihe weiterer Personen und dann schließlich mein Name. Ein Glück recht weit unten. Ich habe also noch einen Moment Zeit meinem Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Denk nach! Was sind meine Optionen? Jennifer wird nicht aufhören zu suchen, bis sie einen Schuldigen gefunden hat — Das ist klar. Ich könnte sie aus dem Weg räumen. Sportlich ist sie ja, aber auf den ersten Blick nicht besonders kräftig. Sicher könnte ich sie überwältigen, irgendwo gefangen halten. Aber dann könnte ich nicht ewig durchziehen. Dann stehe ich irgendwann da und muss mir überlegen, ob ich sie freilasse oder umbringe. Das geht dann doch einen Schritt zu weit.
Erpressen ist eine andere Option. Ich erpresse Katrin, warum sollte ich nicht auch ihre Freundin erpressen können. Aber womit nur? In der kürze der Zeit würde ich sicher nichts gegen sie in die Hände bekommen.
Das ist es! Sie wird nicht aufhören zu ermitteln, bis sie einen Täter gefunden hat. Ich weiß, welche Personen sie in welcher Reihenfolge überprüft. Ich muss es irgendwie schaffen, den Verdacht auf eine der Personen zu lenken. Das wird natürlich auch nicht einfach, aber es scheint meine beste Option. Schlägt sie fehl, ist die Entführung mein Ersatzplan. Kein guter — aber besser als direkt in Gefängnis zu gehen.
Vorsichtig ziehe ich mich aus dem Bürogebäude zurück in mein Auto. Ein Glück habe ich an mein Notebook gedacht — dort habe ich alle Daten von Katrins Smartphone. Ich gleiche einfach ihre Kontakte mit der Liste von Jennifer’s Verdächtigen ab. Dann überlege ich, wem ich das ganze am besten und vor allem am schnellsten anhängen kann.
Simon, das ist Katrins Fitnesstrainer. Kein schlechter Kandidat. Thorsten, Jim, Lars — das sind Arbeitskollegen, auch nicht schlecht. Die würden sogar davon profitieren, wenn Katrin im Job scheitert. Stefan, Markus, zwei ihrer Ex-Freunde. Die Beziehungen liegen zwar schon lange zurück, aber späte Rache für die Trennung könnte man plausibel verkaufen.
Ich versuche es mit einem der Arbeitskollegen, lese den Email-Verkehr zwischen Katrin und eben diesem. Es scheint mir als gäbe es eine gewisse Rivalität zwischen Thorsten und Katrin. Den Nachrichten nach, sind sie ungefähr gleichgestellt in der Firmenhierarchie und somit direkte Rivalen für die nächste Beförderungsrunde. Perfekt! Ich habe seine private sowie geschäftliche Telefonnummer und seine Emailadresse. Ich kann ihn aber auf keinen Fall so einfach über das Internet kontaktieren. Da ist mir die Gefahr zu groß, dass diese Jennifer irgendwie ein Verbindung findet. Ich rufe ihn einfach an — mit unterdrückter Nummer.
„Hallo, Thorsten Carstensen spricht“
„Guten Tag Herr Carstensen, ich habe ein Angebot für sie.“, antworte ich ruhig.
„Jetzt wollen sie mir schon an einem Sonntagnachmittag Dinge verkaufen? Von welcher Firma sind sie?“, schnauft mich der Kollege an
Ich unterbreche ihn um zu verhindern, dass er auflegt: „Nein verstehen sie mich nicht falsch. Ich verkaufe nichts und rufe privat an. Geben sie mir einen Moment zur Erklärung.“
„Okay, wer sind sie und warum telefonieren wir?“, sagt er etwas beruhigter.
„Wer ich bin und für wen ich arbeite müssen sie nicht wissen. Wichtig ist, was ich ihnen anbiete. Sie arbeiten mit Katrin Ostmann zusammen ist das richtig?“, frage ich.
„Ja genau, eine Kollegin von mir.“, gibt er mir recht.
„Ich habe Erfahren, dass Frau Ostmann demnächst befördert werden soll. Für meinen Auftraggeber ist es allerdings von höchstem Interesse, dass diese Position anderweitig besetzt wird.“, schwindle ich vor mich hin, „Wir haben leider keinen direkten Einfluss auf den Beförderungsprozess, aber ich könnte mir vorstellen, dass es durchaus auch in ihrem Interesse ist, wenn die Stelle nicht an Frau Ostmann vergeben wird. Liege ich da richtig?“
„Es steht bereits fest, dass Katrin die Stelle bekommt? Das kann doch wohl nicht wahr sein! Ich bleibe jeden Tag länger als sie — und dann noch die Dinge, die sie sich die letzten Wochen erlaubt hat. Vollkommen unprofessionell diese Frau!“
Mit Genugtuung höre ich mir den Wutausbruch des Herrn Carstensen an. Ich denke ich habe die richtige Person gewählt.
„Ich merke schon, wir verstehen uns. Mein Auftraggeber legt sehr viel Wert auf die zukünftige Zusammenarbeit mit ihrer Firma. Ein höchst maß an Professionalität ist dabei von besonderer Wichtigkeit…“
„Was bieten sie mir an“, fährt er mir forsch ins Wort.
„Okay — kommen wir auf den Punkt. Uns wurden einige sehr private Daten von Frau Ostmann zugespielt. Wir können zwar nicht garantieren, dass sie die Stelle bekommen, wenn Frau Ostmann aus dem rennen ist, aber wir wissen beide, dass sie der richtige Mann sind. Wir könnten Ihnen diese Daten zukommen lassen…“, führe ich weiter aus.
„Privat, was meinen sie? Was mache ich damit?“, fragt Carstensen.
„Erst einmal gar nichts. Drohen sie der Ostmann einfach ein wenig. Sie soll die Beförderung ablehnen, kündigen — drohen sie ihr mit was sie wollen.“, erkläre ich, „Wenn das nicht zum Ziel führt, gehen wir einen Schritt weiter. Sie bekommen die privaten Daten und drohen ihr mit Veröffentlichung. Sind sie bereit das zu tun?“
Stille am anderen Ende der Leitung.
„Es ist ihre Entscheidung. Glauben sie mir, sie sind unsere letzte Option. Helfen sie uns nicht, ist die Beförderung durch und sie stecken mindestens für die nächsten fünf Jahre in ihrer Gehaltsstufe fest. Es ist ihre Entscheidung, aber ich brauche jetzt eine Antwort.“, lege ich nach.
Wieder stille.
„Okay ich mache es!“
„Sie treffen die richtige Entscheidung. Denken sie daran: oberste Diskretion, wir haben niemals telefoniert. Ich melde mich morgen wieder und dann erzählen sie mir wie es gelaufen ist. An die Arbeit!“, mit diesen Worten lege ich auf.
So. Wenn alles so läuft wie ich es mir vorstelle, dann wird dieser Arbeitskollege gleich eine Email an Katrin schreiben, oder sie anrufen. Beides wäre Okay. Mit so wenig Kontrolle seiner Emotionen, wird er sicher etwas überheblich mit willkürlichen Drohungen um sich werfen. Für Katrin wird es natürlich so aussehen, als ob er schon die ganze Zeit der Erpresser ist. Sie wird denken, er hätte einen Fehler gemacht, weil er von seiner privaten Emailadresse schreibt. Katrin wird das natürlich sofort Jennifer mitteilen und diese kann ihre Suche einstellen. – Ich wäre fein raus.
Sucht sie trotzdem weiter, dann muss ich diesem Thorsten noch irgendwie die Nacktbilder unterschieben, sodass Jennifer diese dort findet. Aber eventuell ist das ja gar nicht nötig. Ich als Erpresser muss natürlich erst einmal etwas in den Hintergrund treten, damit der Verdacht auf Thorsten gelenkt bleibt. In der Zeit werde ich mehr über Jennifer herausfinden. Idealerweise habe ich auch sie irgendwann in der Hand und kann mein bösartiges Spiel ungestört weiter treiben.
Sehr gut, die Hintertür ist immer noch offen. Ich schleiche mich zurück ins Bürogebäude und schaue auf den Monitor. Jennifer arbeitet konzentriert ihre Liste ab. Geduldig beobachte ich das kleine Arbeits-Bienchen über das Sicherheitssystem. Ich kann mir nicht helfen, muss einfach an die Bilder aus dem Waschraum denken. Wie kann eine so schlanke Frau einen so großen straffen Busen besitzen. Das ganze verpackt in den roten Dessous — ein herrlicher Anblick. Langsam zweifle ich daran, dass ich die richtige Frau erpresse. Endlich klingelt ihr Handy.
„Hey süße, … langsam, ganz ruhig, … was meinst du? … Eins nach dem anderen … Bist du sicher? …“
Ich höre gespannt — es scheint geklappt zu haben.
„Von der Firmenadresse? Das war natürlich dumm! Dann brauche ich ja eigentlich nicht weitermachen oder? Du gehst morgen früh direkt zu deinem Chef, der Nachrichtenverkehr wird sicher irgendwo auf einem Server gespeichert und dann gehen wir zur Polizei.“, sagt Jennifer, „Ich mache mich dann kurz frisch und bin gleich bei dir. Freue mich auf dich.“.
Sehr gut. Jennifer macht sich auf den Weg in den Aufenthaltsraum. Ich habe genug Zeit, dem Carstensen die Fotos unterzuschieben. Die Polizei wird frühestens morgen Mittag bei ihm auftauchen. Wahrscheinlich werden sie nicht genug finden um den armen Hund einzusperren, aber wenn die Drohungen aufhören, gibt es für die beiden Frauen keinen Grund mehr weiter nach mir, dem richtigen Täter, zu suchen.
Das ging ja gerade noch einmal gut! Jetzt werde ich mich erst einmal zurückziehen. Aber glaubt mir eins: Ich werde zurückschlagen. Ich lasse Katrin nicht damit davonkommen, dass sie Jennifer auf mich angesetzt hat. Sie wird damit leben müssen, dass Jennifer sich nun auch in meinem Zielkreuz befindet. Sobald sich die Wogen geglättet haben wird sie wieder von mir hören. Und dann werde ich nicht mehr so freundlich mit ihr Umgehen!