Was hatte Bettina eigentlich von all dem mitbekommen, was sich zwischen ihm und Simone, zwischen ihm und Susanne und schließlich auch zwischen ihm und Annette abgespielt hatte?
Sie, die doch der festen Überzeugung war, der Spanner Ralf D. gehöre einzig und allein ihr!
Sie hatte ihn beim heimlichen Beobachten der Mädchen durch den Fensterspalt der Damenumkleide erwischt!
Sie hatte ihn sozusagen dingfest gemacht!
Sie hatte den Plan für seine Unterwerfung ausgeheckt!
Sie hatte all die Ideen für ihre bizarren Spiele gehabt!
Sie hatte sehr wohl bemerkt, dass er eher andere Favoritinnen hatte. Sie hatte auch bemerkt, dass die drei Freundinnen nicht von allen ihren Einfällen restlos begeistert waren; dass sie sich mit den Zielen, die sie verfolgte, immer weiter ins Abseits gestellt hatte: mit all den Verhaltensregeln, die sie für ihn aufstellte und deren Einhaltung sie strikt überwacht wissen wollte; mit ihren Vorstellungen davon, wie er für Verfehlungen zu bestrafen wäre; mit der Radikalität, mit der sie ihn zu beherrschen trachtete.
Sie hatte zuletzt ja sogar bewusst zurückgesteckt und die eher harmlosen Schnüffel- und Verkleidungsspielchen vorgeschlagen, um die Freundinnen bei der Stange zu halten. Und obwohl sie die einzige war, mit der nicht offen gesprochen wurde, war es ihr auch nicht entgangen, dass eine nach der anderen auf dem Absprung war.
Was sie zunächst aber nicht mitbekam, waren die Alleingänge, die schließlich jede der drei anderen mit ihm unternommen hatte. Bei Susanne hatte sie allerdings sehr wohl den Verdacht gehegt, dass es so sein könnte. Aber sie wusste nichts Genaues und wagte auch nicht nachzufragen.
Sie war dann aber letztendlich doch enttäuscht von ihren Tenniskameradinnen gewesen, als diese schließlich eine nach der anderen mit fadenscheinigen Begründungen ihr weiteres Erscheinen auf dem Tennisplatz abgesagt hatten. Sie war sich bewusst, dass dies nicht nur das Ende ihres gemeinsamen bizarr-erotischen Abenteuers war, sondern auch das ihres Damendoppels und wahrscheinlich sogar das ihrer Freundschaft…
*
Sie empfand aber auch Genugtuung darüber, dass sie ihre Ziele von nun an alleine und ohne Rücksicht auf die anderen Drei weiterverfolgen konnte.
Doch welche Ziele waren das?
Ralf D. sollte ihr Mann sein. – Nicht ihr Freund, nicht ihr Liebhaber. Nein! – Sie wollte ihn sich untertan machen, ihn beherrschen, über ihn nach Belieben verfügen. Und aus seiner Unterwerfung unter ihren Willen würde sie ihren Lustgewinn ziehen. Vielleicht würde sie ihn irgendwann auch einmal damit belohnen, mit ihr schlafen zu dürfen. Aber das lag für sie noch in weiter Ferne und war auch ganz sicher nicht ihr vorrangiges Ziel.
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Die Türklingel läutete energisch.
Er schreckte aus seiner Lernarbeit auf und fragte sich, wer es denn da so dringend hatte. Er zog sich Jeans und T-Shirt über und öffnete die Tür.
Da stand sie: Bettina!
Er hatte sie nach den zwiespältigen Erfahrungen mit den anderen drei Mädchen beinahe schon aus seinem Bewusstsein verdrängt. Und doch war sie in seinen Gedanken insgeheim immer präsent geblieben – war sie doch die letzte der vier Frauen, mit der (in welcher Form auch immer) noch etwas offen geblieben war.
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Bettina wartete gar nicht lange auf eine einladende Geste, sondern marschierte schnurstracks an ihm vorbei in sein Zimmer und inspizierte es ausgiebig.
„Du lernst!“, stellte sie scheinbar beiläufig fest.
Er antwortete nicht.
„Und was ist mit deinen anderen Verpflichtungen?“, hakte sie nach.
„Ich dachte, es ist alles vorbei…“, antwortete er zögernd.
„Vielleicht hast du ja Recht! Vielleicht auch nicht!“, äußerte sie sich sibyllinisch.
Sie inspizierte seine Küchenzeile und sein Badezimmer.
„Ich sehe schon: Du vernachlässigst deine Pflichten gewaltig!“, gab sie sich nun schon strenger.
Er zog es vor zu schweigen.
Sie musterte seinen Körper kritisch von den Zehenspitzen bis zum Scheitel.
„Und wenn ich will, dass du mir weiter gehorchst? – Mir allein!?“
Er zögerte mit einer Antwort. Sie gab ihm Zeit, um über ihre Worte nachzudenken.
*
Was erwartete sie von ihm?
Hatte er wirklich Lust darauf, sich ihren Regeln weiter zu unterwerfen? – Doch hatte sie diese Regeln nicht allein für ihn gemacht?
Und hatte er dieses Gefühl des Gehorchenmüssens, des Beherrschtwerdens, des Daseins als reines Lustobjekt nicht bereits zu vermissen begonnen?
War es womöglich vorherbestimmt gewesen, dass am Ende allein sie beide – Bettina und er – übrig bleiben würden?
War es nicht eine Art Bann, der ihn in Bettinas Banden gefangen hielt, und den er nicht so ohne weiteres durchbrechen konnte?
War es vielleicht tatsächlich seine Bestimmung, einer Frau zu dienen und ihr zu gehorchen?
Und war diese Frau Bettina?
Während ihm all diese Gedanken im Stakkato durch den Kopf rasten, reifte in ihm bereits ein klarer Entschluss.
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„Wirst du mein Sklave sein?“, fragte sie ihn nun ultimativ.
Er antwortete leise, den Blick zu Boden gesenkt:
„Ja, Herrin Bettina!“
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E N D E
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