Der Fetisch-Bauernhof 07 — Brüderlein und Schwesterlein

Von Phiro Epsilon

Hallo,

Dies ist die siebte Episode einer Serie über einen Bauernhof in Oberbayern, der zu einem High-Tech-Fetischclub für Gutbetuchte umgebaut wurde.

Manche Gäste, die kommen, kommen öfter und ganz anders als sie dachten.

Alle an sexuellen Handlungen beteiligten Personen in dieser Serie sind volljährig, alle geschilderten Handlungen nach deutschem Recht legal und dürfen gerne zu Hause nachgemacht werden.

Aus gegebenem Anlass: Copyright© 2019 Phiro Epsilon Das Posten dieser Geschichte, auch auszugsweise, auf einer anderen Webplattform oder unter einem anderen Namen ist nicht gestattet.

Am Empfang

„Gibt es ein Problem mit unserer Reservierung?“, fragte der Mittzwanziger mit dem kurzgeschorenen schwarzen Haar.

Die blonde Empfangsdame, gekleidet in die Fetisch-Variante eines Business-Outfits — ein klassisch geschnittener Hosenanzug aus einem halb-durchsichtigen Material, das rote Unterwäsche erkennen ließ — schüttelte den Kopf und lächelte professionell. „Nein, nein, Herr Blumenthal. Es ist schon alles in Ordnung. Das Zimmer für Sie und ihre ist nur noch nicht ganz fertig — eine Überprüfung der Elektrik.“ Sie zuckte die Schultern. „Wir haben hier so viele Sonderanfertigungen, dass unsere Elektriker alles lieber dreimal durchchecken, statt einen Fehler zu übersehen.“

Sie blickte hoch. „Wie wäre es, wenn Sie sich in das Büro da drüben setzen und einen Drink nehmen? Es kann sich höchstens um eine Viertelstunde handeln.“

Der junge Mann schaute die ungefähr gleichaltrige junge Frau neben ihm an, die ihre Haare zu einem blonden Pferdeschwanz gebunden hatte.

„Kein Problem, Hans. Wir haben noch viel Zeit.“

„Also gut, Grete, machen wir es so.“ Dann wandte er sich wieder an die Empfangsdame. „Sie sagen uns dann Bescheid, Frau …“

„Aumann. Sie können mich aber gerne Elisabeth nennen. Wir sind hier nicht so förmlich.“

Sobald die beiden verschwunden waren, drückte Elisabeth einen Knopf. „Doro? Die Blumenthals sind gerade angekommen.“

„Alles klar“, kam die Stimme von Dorothea deVille zurück. „Ich kümmere mich um sie.“

Hans

Ich blickte auf, als unsere Drinks nicht von dem Roboter gebracht wurden, der unsere Bestellung aufgenommen hatte, sondern von einer Frau in unserem Alter, mittelgroß, schwarzhaarig und kurvig, die ein hellgelbes Sommerkleid trug.

„Herr und Frau Blumenthal?“, fragte sie.

Ich nickte.

Sie blickte mich an. „Den Whiskey für Sie?“

Ich nickte nochmal.

„Einen Mai Tai für Frau Blumenthal?“

„Richtig“, sagte Grete. „Ist der Roboter kaputt?“

„Nein, nein“, antwortete die Frau lächelnd. „Ich wollte nur kurz mit Ihnen sprechen. Mein Name ist Dorothea. Ich bin die hauseigene Psychologin und Sexualtherapeutin. Darf ich mich setzen?“

Ich blickte Grete an, sie zuckte mit den Schultern.

„Darf ich euch duzen? Ich habe immer Probleme mit dem ‚Sie‘, wenn Leute in meinem Alter sind.“

„Ich bin Hans.“

„Und ich bin Grete.“

Sie grinste. „Und ihr habt euch sicher in eurem Leben immer wieder dieselben blöden Bemerkungen anhören müssen.“

Ich blickte sie gespielt verwirrt an. „Blöde Bemerkungen? So wie ‚Knusper, knusper, Knäuschen‘? Nicht, dass ich wüsste.“

Beide fingen an zu kichern.

Dann wurde Dorothea ernst. Sie tippte auf ein Tablet, das sie mitgebracht hatte, und nicht weit von uns wurde ein Stück der Wand zum Bildschirm. Zwei Dokumente waren darauf Seite an Seite zu sehen.

„Sind das eure Unterschriften auf dem Bildschirm?“

Wir blickten uns an und nickten verwirrt.

„Ihr habt unterschrieben, dass ihr während eures Aufenthalts keinerlei illegale sexuelle Handlungen vornehmen werdet. Wisst ihr, dieses Hotel ist sowieso schon der Grund für ständige Herzattacken bei den lokalen und regionalen Politikern. Die überwachen uns mit Argusaugen, und deswegen dürfen wir uns keinen Ausrutscher leisten, auch dann nicht, wenn wir strenggenommen für die Eskapaden unserer Gäste nicht verantwortlich sind.“

Ich blickte sie überrascht an. „Und?“

„Ihr habt auch unterschrieben, dass das Hotel berechtigt ist, einen Backgroundcheck durchzuführen, um zu gewährleisten, dass es keine Partner gibt, die betrogen werden, wenn ihr beide euch hier vergnügt. Im Rahmen dieses Checks haben wir uns die öffentlichen Teile euer beider Auftritte in den sozialen Netzwerken angeschaut. Was denkt ihr, was wir gefunden haben?“

Ich warf einen Blick auf Grete. Sie zuckte die Schultern.

Dorothea tippte noch einmal auf ihr Tablet. Auf dem Bildschirm erschien das Bild eines glücklichen Ehepaares mit zwei Kindern. Einem um die sechs Jahre alten Jungen und einem etwa dreijährigen Mädchen.

„Das bin ich“, sagte ich, „mit meiner und unseren Eltern. Was ist daran falsch?“

„Grete?“

Sie holte tief Luft. „Das bin ich“, sagte sie leise, „mit meinem und unseren Eltern.“ Sie blickte mich an. „Ich wusste nicht, dass du es auch eingestellt hast.“

„Versteht ihr mein Dilemma?“, fragte Dorothea. „Ich bin kein Moralapostel. Von mir aus könnt ihr beide machen, was ihr wollt. Außer vaginaler Penetration, denn die ist hier in Bayern immer noch strafbar zwischen Geschwistern. Wenn ihr darauf nicht verzichten könnt, ist euer Wochenende zu zweit in diesem Moment beendet.“

Ich blickte meine an; sie blickte zurück.

„Ich weiß nicht“, sagte sie leise, „ob ich das versprechen kann.“

Dorothea nickte langsam. „Ihr beide liebt euch“, stellte sie fest. „Ich kenne eure Geschichte nicht, würde sie aber gerne kennenlernen. Nicht, um euch zu verurteilen, nur um vielleicht eine Lösung zu finden, die allen Parteien gerecht wird.“

„Ich weiß nicht“, sagte ich. „Das ist schon sehr intim.“

Dorothea zuckte die Schultern. „Ich zwinge euch zu nichts. Ihr wisst ja, dass ihr hier im Hotel ständig von Kameras überwacht werdet. Wenn —“

Grete blickte sich gehetzt um. „Ihr habt überall Videokameras?“

„Das steht auch in den Geschäftsbedingungen, die ihr unterschrieben habt. Eine unserer beliebtesten Zusatzleistungen ist das Anfertigen eines individuellen Pornofilms für das glückliche zur Erinnerung an das Wochenende. Aber hauptsächlich ist das ein Sicherheitsmerkmal, damit auch extremere sexuelle Praktiken nicht zu bleibenden Schäden führen.“

Grete zuckte zusammen. Ich wusste, dass für sie „extreme sexuelle Praktiken“ schon bei einem Blowjob begannen. Ein Grund für mich, sie zu diesem Wochenende zu überreden. In diesem Fetischhotel konnte man laut der Bewertungen in einschlägigen Foren ständig über Menschen stolpern, die auf dem Flur Sex hatten. In so einem Fall würde sie hoffentlich sehen können, dass es mehr Dinge gab als Missionar und Hündchen. Es hatte lange genug gedauert, bis sie ja gesagt hatte.

„Wenn ihr hierbleiben wollt“, fuhr Dorothea fort, „werden wir eure Aufnahmen archivieren, statt sie nach eurer Abreise wegzuwerfen, wie es in den Geschäftsbedingungen steht. Das Archiv wird versiegelt und würde nur geöffnet, falls wir vor Gericht beweisen müssten, dass ihr nicht gegen das Gesetz verstoßen habt.“

„Ich überlasse es dir“, sagte ich zu Grete.

Sie zuckte die Schultern. „Wir können es ja versuchen. Nur, ständig an die Kameras denken zu müssen …“

„Habt ihr denn“, meldete sich Dorothea wieder, „schon einmal mit jemandem über eure Situation gesprochen?“

„Nein“, sagte Grete. „Wir haben doch niemanden mehr.“

Zumindest hatten wir hier jemanden, der uns scheinbar vorurteilslos zuhören wollte.

„Unsere Eltern“, begann ich, „sind bei einem Verkehrsunfall gestorben, als ich sieben Jahre alt war. Wir waren beide im Auto, blieben aber unverletzt. Danach wurden wir getrennt in Pflegefamilien untergebracht.“

„Ich wusste gar nicht mehr, dass ich einen Bruder hatte. Ich dachte zuerst, die Kinder meiner Pflegefamilie wären meine Geschwister.“ Grete zuckte die Schultern. „Irgendwann fiel mir auf, dass ich einen anderen Nachnamen hatte. Meine Pflegeeltern haben mir von dem Autounfall erzählt — allerdings wussten sie nichts von meinem Bruder.“

„Wir haben uns vor drei Jahren zum ersten Mal getroffen“, sagte ich. „Bei der Weihnachtsfeier der Bank in Stuttgart wo wir beide arbeiteten. Ich wollte gar nicht hin, doch meine damalige Freundin …“ Ich zuckte die Schultern.

„Bei mir war es Barbara, meine Abteilungsleiterin“, mischte sich Grete ein. „Wir hatten eine recht gute Beziehung, und sie wusste, dass ich eine — äh — unglückliche Beziehung beendet hatte.“

„Ich stand an der Bar, meine Freundin neben mir, und plötzlich zog die ganze Truppe aus der Kundenbetreuung durch, lauter Frauen, eine schöner als die andere. Ramona zischte mich an, ich solle nicht so starren, also tat ich es erst recht.“

„Barbara sagte zu mir ‚Kuck mal, der Kerl starrt dich an‘. Ich drehte unauffällig den Kopf, und sah, naja, diesen Kerl hier.“

„Es war eine seltsame Art von Blickkontakt“, sagte ich nachdenklich. „Die Art, wenn man jemanden nach ganz langer Zeit wiedersieht, und sich fragt, ob man denn diese Person kennt, oder ob sie nur jemandem ähnlich sieht.“

Grete nickte. „War bei mir ganz ähnlich. Wir haben uns an diesem Abend nicht noch einmal gesehen.“

„Wäre auch mit Ramona an meiner Seite gar nicht möglich gewesen.“

„Barbara hat schon noch ein paarmal versucht, mich auf die Pirsch zu schicken und ihn ‚abzuschießen‘, wie sie sich ausdrückte, aber ich hatte keine rechte Lust dazu.“

„Dann war ich erst einmal im Skiurlaub mit Ramona. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, aber sie flirtete ungehemmt mit dem Skilehrer.“

„Oder es kam dir so vor.“

„Vielleicht. Auf jeden Fall hatten wir dann auf der Rückfahrt im Auto so einen Krach, dass ich beinahe einen Laster gerammt hätte.“

„Gottseidank nicht“, hauchte Grete.

„Also war ich mal wieder Single. In der nächsten Woche musste ich etwas in der Kundenbetreuung besorgen. Mir war nicht klar, dass ich schon beim Reinkommen anfing, nach der Frau Ausschau zu halten, die ich bei der Weihnachtsfeier gesehen hatte.“

„Barbara kam an und meinte, der Kerl wäre wieder da. Ich linste um die Ecke, und da stand er. In einer Ecke unseres Großraumbüros und sein Kopf drehte sich immer wieder von links nach rechts und zurück. Irgendwann hatte ich dann Mitleid mit ihm.“

„Ich habe beinahe einen Herzinfarkt bekommen, als sie plötzlich neben mir auftauchte. ‚Ey, Alter‘, sagte sie. ‚Entweder du verschwindest oder du lädst mich zum Essen ein.'“

„Ich habe nicht ‚Ey, Alter‘ gesagt.“

„Ist doch egal. Auf jeden Fall waren wir in den nächsten Wochen ein paarmal essen.“

„‚Paarmal‘ großgeschrieben. Beim zweiten Mal sind wir dann schon miteinander in der Kiste gelandet —“

„Dummerweise in meiner Wohnung —“

„Wo genau dieses Bild auf dem Sideboard stand.“

Grete

Dorothea nickte langsam. „Eine echte Romanze“, sagte sie, lächelte uns beide an und fuhr fort. „Und das ist absolut nicht ironisch gemeint. Ich wünsche euch beiden von Herzen eine glückliche Zukunft. Aber —“ Sie wurde ernst. „Keine vaginale Penetration. Ihr könnt euch ja auf den Rest beschränken.“

„Den Rest?“, sagte ich. „Ich — ich weiß ja, dass es eine Menge Praktiken gibt, aber das ist doch alles —“

„Schamlos und pervers“, schlug Hans vor. „Schmutzig, gefährlich, schmerzhaft.“

Ich nickte stumm.

„Ach Kinder“, sagte Dorothea, „das habe ich tatsächlich auch einmal geglaubt. Ich —“ Sie hielt inne, ihr Gesicht wurde nachdenklich. Dann schnippte sie mit dem Finger. „Ich habe etwas für euch. Kostet normalerweise extra, aber für euch geht es aufs Haus. Könnt ihr mir etwas versprechen? Für heute vergnügt euch ohne ‚richtigen‘ Sex. Kuschelt miteinander, streichelt euch, verbringt einen ruhigen Abend — wir haben eine Sauna hier, da könnt ihr euch nackt sehen und etwas für die Gesundheit tun. Genießt die Vorfreude auf etwas Neues.“

Hans und ich blickten uns an. „Klar doch“, sagte er begeistert.

„Klar doch“, echote ich — nicht ganz so begeistert wie er.

Dorothea stand auf, wir auch. „Dann wäre das geregelt. Seid morgen Vormittag um zehn auf eurem Zimmer, dann sehen wir weiter.“

Wir waren schon an der Tür, als Dorothea sagte: „Eins noch, Grete.“

Ich wandte mich um. „Ja?“

„Eine Bitte. Falls dir im Laufe dieser Tage hier etwas begegnet, das auf den ersten Blick ’schmutzig, gefährlich oder schmerzhaft‘ aussieht, denk nochmal nach. Ihr könnt auch mich oder jeden vom Team fragen. Wir geben gerne Auskunft.“

„Äh—“, machte ich.

„Ich habe nicht gesagt, dass ihr gleich mitmachen sollt. Nur nachdenken und Informationen sammeln statt Vorurteile zu pflegen.“

„Okay“, sagte ich. Vorurteile pflegen?

*

„Sauna?“, sagte Hans auf dem Zimmer. Wir hatten unsere Taschen erst einmal auf das Bett geworfen. Ausräumen konnten wir immer noch, wenn feststand, dass wir hierbleiben konnten.

„Ich bin noch nie —“ nackt unter anderen Menschen, mein Gott.

„Ich auch nicht“, grinste er mich an. „Aber ist das hier ein Sexhotel oder ist es eins?“

„Trollo!“, sagte ich und spitzte den Mund.

Er folgte der Aufforderung sofort. Wir umarmten uns und küssten uns und zogen uns dabei gegenseitig aus. Das war inzwischen schon ein richtiges Ritual geworden.

Doch statt mich dann auf seine starken Arme zu nehmen und mich aufs Bett zu werfen, trat er einen Schritt zurück. „Du bist wunderschön.“

Ich versuchte, meine doch eher zweitklassigen Brüste und meinen Schambereich zu bedecken, doch er griff nach meinen Händen und schob sie weg. „Ich will dich sehen. Ich will dich genießen. Du bist mein Traum.“

Meine Hände zuckten immer wieder nach vorne. Ich war es einfach nicht gewöhnt. „Ich bin vielleicht dein Traum, aber sonst …“

„Was hältst du davon, wenn ich dir deine Hände auf den Rücken fessle.“

„Auf gar keinen Fall“, gab ich zurück. „Das ist doch …“

„Verdammt sexy.“

„Kann es sein, dass du in deinem Leben zu viel Pornos gesehen hast, Brüderchen?“

„Keinen, in dem du die Hauptrolle spielst, Schwesterchen.“

„Und das hättest du gerne … Verdammt, willst du das wirklich? Zuschauen wie ich mit einem anderen Mann …“

Er kam ganz nah zu mir und blickte mir tief in die Augen. „Nur, wenn auch du das wirklich willst. Ich werde dich nie dazu zwingen, ich will auch nicht, dass du irgendetwas mir zuliebe tust, was du eigentlich nicht möchtest.“ Er lächelte. Seine Finger strichen über meine Brüste. „Ich erwarte allerdings—“ Seine Finger erreichten meinen Venushügel und verharrten. „—dass du ernsthaft darüber nachdenkst, was du nicht willst und was du nur ‚pervers und schamlos‘ findest. Letzteres zu sehen, wird dir hier wohl nicht erspart bleiben.“

Seine Finger rutschten noch ein kleines bisschen tiefer, und ich konnte nicht anders, ich musste ihm meinen Unterleib entgegenstrecken. Seine Finger glitten über meinen Kitzler, doch dann zog er sie zurück. „Tsk, tsk, tsk“, sagte er. „Bist du etwa lüstern?“

„Arschloch“, gab ich aus vollem Herzen zurück. „Wie kannst du nur meine eigenen Worte gegen mich verwenden?“ Ich hatte das Wort verwendet — in einem sehr abwertenden Ton — als er mir einmal eine Szene aus einem Porno gezeigt hatte. Eine Frau, die nackt, ihre Hände über ihrem Kopf angebunden, einem Mann den Unterkörper genauso entgegengereckt hatte, wie ich es gerade tat.

Er stand immer noch ganz nah bei mir, die Augenbrauen hochgezogen. Er wartete allen Ernstes auf eine Antwort.

„Ja, verdammt“, spuckte ich aus. „Ich bin — geil!“

So, jetzt hatte ich es gesagt. Das Wort, das ich mir geschworen hatte, niemals zu benutzen. Schon gar in dieser Bedeutung.

„Gut!“, sagte er lachend. „Merk dir das Gefühl.“ Er blickte sich um.

„Was suchst du?“

„Einen Schrank.“

In dem Moment, in dem er das Wort aussprach, tauchte an der Wand ein Schrank auf. Genauer gesagt zwei an gegenüberliegenden Wänden.

Ich zuckte zusammen. Zu wissen, dass irgendwer jedes Wort mithörte, war eine Sache. Das hautnah zu erfahren, eine ganz andere.

Ich wandte mich nach links. Der Schrank war nicht echt. Nur ein Fernsehbild auf einer rauen Oberfläche aus Smartglas. Aber als ich das Bild einer Klinke berührte, öffnete er sich ganz real, indem ein zimmerhohes Paneel zur Seite fuhr.

Ich erstarrte. „Scheiße!“

„Was ist“, fragte Hans, trat neben mich und begann zu lachen. „Tja, Schwesterchen, willkommen im Fetischhotel.“

„D-d-das gibt’s doch nicht.“ Der ganze Schrank hing von mit Folterwerkzeugen. Peitschen, Stricke, Lederriemen. Ich runzelte die Stirn. Ein roter Golfball an einem Ledergeschirr? Ohne nachzudenken griff ich danach.

„Gag Ball“, meinte Hans. „Willst du ihn mal ausprobieren?“

„Was für eine Art von Gag soll das sein?“

„‚Gag‘ im Sinne von Knebel. Verhindert dumme Sprüche während des Sex.“

Knebel? Knebel? O Scheiße! Ich warf das Ding zurück in den Schrank. Der Ball kam in den Mund, und die Lederriemen dienten wohl dazu, ihn festzuhalten. Allein schon der Gedanke ließ mich würgen. „Mein Gott“, flüsterte ich. „Wozu braucht man denn so etwas?“

„Brauchen braucht man es nicht“, sagte Hans. „Aber es macht angeblich Spaß.“

„Hast du schon einmal…“ Die Worte blieben mir im Hals stecken.

Er schüttelte den Kopf. „Nööö. Das heißt aber nicht, dass ich nicht Lust hätte, es auszuprobieren.“ Er griff hinein und holte eine andere Lederkonstruktion heraus. Eine Art künstliches männliches Glied an mehreren Riemen. „Stell dir vor, mit so etwas tagsüber im Büro herumzulaufen.“

„Was soll das sein?“

„Dildo.“

Dildo. Dildo? Das Ding war eine Art Höschen. Der Dildo saß auf der Innenseite und man sollte ihn wohl… „Mein Gott“, wiederholte ich. Ich holte tief Luft. „Ich glaube wirklich nicht, dass ich das ausprobieren will.“ Durchs Büro laufen mit einem Gefühl, als würde Hans mich… Ich zitterte. Vor Furcht wahrscheinlich.

„— denkt nochmal nach —“, hörte ich plötzlich Doros Worte. Schmutzig, schmerzhaft, gefährlich? Das Ding war offensichtlich keins von den dreien. Nur — schamlos und pervers. Oder etwa nicht?

„Ist schon gut“, sagte er beruhigend. „Für die Sauna brauchen wir das nicht.“ Er hängte das Ding zurück an einen Haken und ließ den Schrank wieder zufahren. Dann drehte er sich um. „Bademäntel sind wohl im anderen Schrank.“

*

Selbst im Bademantel war es mir unangenehm, durch den Hotelflur zu laufen. Vor allem, da uns einmal zwei Menschen entgegenkamen, die uns freundlich grüßten, und die ihre Augen an meinem Körper auf- und abgleiten ließen, als wäre ich eine Kuh auf einer Ausstellung. Wie die Leute angezogen waren, wollte ich sowieso gleich wieder vergessen.

Glücklicherweise erreichten wir nach kurzer Zeit den Wellnessbereich. Ein Roboter mit annähernd weiblichen Formen hielt uns einen Stapel Handtücher entgegen. „Guten Abend, Frau Blumenthal, Herr Blumenthal. Hier sind Ihre Saunatücher. Bitte ganz unterlegen. Sollte das Holz mit anderen Körperflüssigkeiten in Kontakt kommen, veranlassen Sie bitte nach dem Verlassen eine Reinigung.“

Was meinte der Roboter?

„Danke, Susi“, sagte Hans und nahm ihr den Stapel ab. Der Roboter machte kehrt und verschwand.

Hans lachte auf. „Du müsstest dein Gesicht sehen. Auf deiner Stirn steht: ‚Welche Körperflüssigkeiten hat Susi wohl gemeint?‘ Ich gebe dir mal einen Tipp: Das sind die, die eher in der vorderen Mitte des Körpers erzeugt werden.“

Meine Augen glitten nach unten. Hans‘ Bademantel stand offen und sein Glied war steif. In der Öffentlichkeit. Hatte der Roboter etwa gemeint … Das war doch pervers.

„Komm“, sagte Hans. „Bademantel hier auf den Ständer und dann geht’s unter die Dusche.“

Dusche. Ja. In der Dusche nackt zu sein, war normal. Ein bisschen Normalität konnte ich jetzt brauchen.

*

Mein Schritt stockte, als wir Hand in Hand den Saunaraum betraten. Da waren andere Leute! Nackte! Ein Mann und eine Frau saßen eng beieinander auf der Bank vor uns.

„Hallo“, sagte der Mann freundlich. „Ich bin Arthur, und heißt Ginny.“

„Äh“, sagte mein Bruder. „Hans und Grete.“

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