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Zur Übersicht für die geneigte Leserin und den geneigten Leser — es gibt ja deren einige, denen meine Geschichten gefallen — hier eine chronologische Übersicht meiner bisherigen Geschichten:
VOREHELICHES
[Der Unterschied] [Die Grundbegriffe]Das Obligatorische
[Über einen starken Typ] [Ferienspaß I]PennälerInnenfeten
Lernen fürs Abitur
[Ferienspaß II]Erstes „Eheleben“
ERSTE EHE NEBST NEBENBESCHÄFTIGUNGEN
Auf Schlingerkurs in den Hafen (mit Ferienspaß III)
Der weltberühmte Pianist hat heute nicht seinen besten Tag
Auf der Durchreise
Der Wanderclub
Die Ernennung
[Hinter unverschlossenen Türen]Vetternwirtschaft
Vom anderen Ufer
An der Ostsee hellem Strande …
Wenn der Herr außer Haus ist, tanzt das Mäuslein im Bette
Die Sportskanone
Rameaus Geburtshaus
Die Rettung aus der Gosse
Die Tröstung
NACH DER SCHEIDUNG: FREI FLOATEND
Gartenarbeit
Das Cembalo
Urlaub mit Mama
Als Scheidungswitwe — Ehevermittlung die erste
Nachgeholte Schülerliebe — oder Ehevermittlung die zweite
Heldenzeugen
Die Viererbande
Nachhutgefecht
AUSFLUG INS HORIZONTALE GEWERBE
Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt
Der Rußlandheimkehrer
Fast, aber nur fast
Der Ausstieg
Die mit [] markierten Texte sind nicht in Literotica zu finden, denn sie handeln von Jugenderlebnissen, bei denen einige der handelnden Personen noch keine achtzehn Jahre alt sind, oder sie sind kürzer als 750 Wörter. Wer auch diese Texte lesen möchte, melde ich bei mir, möglichst per E-Mail.
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Meine Monate in der Sauna fielen ins Frühjahr und in den Sommer, und in dieser Jahreszeit sind die Männer stößig. Ich hatte an kaum einem „Diensttag“ — oder besser -abend — weniger als vier Herren zu verarzten, und den Kolleginnen ging es nicht anders. Die gute Gabi achtete allerdings darauf, daß es nur in Ausnahmefällen mehr als vier Durchgänge pro Frau wurden und sprang deshalb auch oft selbst wieder ein, beziehungsweise ließ sich bespringen. Auch gelang es ihr, zwei weitere Frauen einzustellen. Da war zum einen Petra, eine sehr junge Soziologiestudentin, die diesen Job machte a) aus beruflichem Interesse und b) weil sie meinte, leicht ihr Studium finanzieren zu können, indem sie ab und zu etwas die Beine breit machte. Sie war eine lustige Person, paßte prima in unser Team und deckte unser Angebot in Richtung „junges Gemüse“ ab, wodurch sie wohl auch manchen Kunden anzog. Petra war auch gut geeignet zu Gesprächen über „höhere“ Themen, wie sie sich in unserem Barraum immer wieder entspannen. Gabi bemutterte die über zwanzig Jahre jüngere Petra und brachte sie dazu, ordentlich zu essen, denn als Petra zu uns kam, war sie eine angsterregend dünne Bohnenstange; Petra meinte von irgendwoher, das sei der Typ, den „die Männer“ mögen. Petra bezog auch bald das Zimmer in der Sauna, in dem ich eine Zeitlang gewohnt hatte.
Die zweite Neulingin war nur eine Woche bei uns. Gabi kannte sie aus ihrem Stadtteil. Sie war unter unschönen Bedingungen geschieden und meinte, nie wieder würde sich ein Mann für sie interessieren. Wider Erwarten nahm sie Gabis vorsichtig vorgebrachte Einladung an, mal in den Club reinzuschauen. Und siehe da, obwohl von alles anderer als schlanker Figur, mit ausladender Mittelpartie und entsprechen massigen Schenkeln, wurde die gute Siglinde in der kurzen Zeit, die sie bei uns war, gern auf die Matte geladen. Danach war sie von ihren Minderwertigkeitskomplexen als Frau geheilt und hörte bei uns auf.
Die Genesung von Gudruns gebrochenem Fuß ging langsam voran, und die Zeit kam, daß sie wieder in der Sauna anfangen konnte. Sie humpelte noch ein wenig, aber das war ja für ihre Haupttätigkeit in der Sauna ohne Belang; auch zu schwimmen war ihr wieder möglich. So kam der große Dienstag, wo sie wieder im Club anfangen sollte, und Gabi hatte extra den Barraum mit vielen Blumen geschmückt. Gudrun wurde von ihren Kolleginnen herzlich und mit großem Hallo empfangen, und auch die langsam eintrudelnden Stammkunden freuten sich und wollten sogleich alte Bekanntschaften auffrischen. Gabi achtete darauf, daß es nicht mehr als vier wurden.
Beim Nachhausefahren war Gudrun stiller als sonst, von Begeisterung über die Saunatätigkeit war nichts mehr übrig, und ich setzte mich bei ihr zu Hause noch ein wenig zu ihr, obwohl ich am nächsten Morgen früh rausmußte.
„Was ist mit dir, Gudrun, macht es dir keinen Spaß mehr? Dann hör mit der Sauna auf, und Fredi und ich helfen dir.“
Dies war in der Tat kein allzu großes Problem mehr. Ich hatte im Sommer gut angeschafft, und auch von der Hälfte, die ich Gudrun abgegeben hatte, konnte sie ihre Schulden so weit abbezahlen, daß es kein Riesenberg mehr war, sondern nur noch ein Sandhaufen, den wir drei mit vereinten Kräften wegschaufeln konnten.
Gudrun antwortete weinend:
„Ich hab mich in diesen Wochen so an das Leben ohne diese geilen Böcke gewohnt, daß ich nicht weiß, ob ich das noch lange durchhalten kann.“
„Dann laß es bleiben. Komm, wir gehen morgen zu Gabi und kündigen, und jetzt rufen wir Fredi an, hoffentlich ist er schon zu Hause, da ist es jetzt ja erst fünf Uhr nachmittags — er muß auch schon etwas beitragen.“
Gudrun leistete wider Erwarten keinen nennenswerten Widerstand mehr gegen diese Art von Vorschlägen, stoppte mich auch nicht, als ich mein Adreßbuch aus meiner Handtasche kramte, zum Telephon ging und — zack, 001 und so weiter — in Amerika anrief. Es klingelte lange, und ich wollte schon aufgeben, dann aber war Fredi am Apparat, völlig aus der Puste, und sagte, nachdem ich kurz gesagt hatte, wer ich sei:
„Da hast du Glück — ich bin eben vom Dienst gekommen und muß gleich wieder weg — also was gibt’s?“
Ich erzählte ihm, was Sache war, und er war hochbeglückt. Er sagte nur:
„Ich muß jetzt wirklich gleich wieder gehen. Ruft doch später oder morgen noch mal an, oder auch hier um vier Uhr morgens — das ist jetzt alles egal — und sagt mir, wieviel Gudrun monatlich braucht. Bis dreitausend Dollar brauchen wir gar nicht zu reden. Tschüs, entschuldige mich bitte, und küß Gudrun!“
„Dreitausend Dollar — soviel brauch ich ja bei weitem nicht“, sagte Gudrun selig.
„Na also, Gudrun, damit ist ja wohl alles geritzt. Kann ich jetzt nach Hause fahren, oder soll ich dir lieber hier Gesellschaft leisten?“
„Das ist nicht nötig — ich bin ja so froh!“, sagte Gudrun, umarmte mich mit Tränen in den Augen und schob mich zur Wohnungstür raus.
„Ich komm dann morgen nach der Schule zu dir, und wir gehen zu Gabi“, rief ich ihr noch zu, und sie winkte zustimmend.
Es war für uns beide nicht leicht, Gabi zu sagen, daß wir sie so Knall und Fall verlassen wollten. Aber Gabi nahm unsere gestotterten Entschuldigungen gelassen auf:
„Ich hab euch doch immer gesagt, ihr könnt hier jederzeit aufhören. Ich hab nur eine Bitte: Für Freitag haben sowohl Petra als auch Claudia wegen Familienfeierlichkeiten abgesagt, und Freitags ist doch der größte Andrang. Könnt ihr nicht vielleicht doch noch am Freitag noch einmal kommen. — Ihr dürft dann auch ausnahmsweise drei Viertel behalten — also?“
Unter diesen Bedingungen sagten wir der guten Gabi zu, am Freitag noch einmal zu erscheinen, und Gabi gestaltete diesen Abend als Abschiedsparty für uns, das heißt, sie schmückte den Barraum noch einmal mit frischen Blumen und sagte jedem Stammkunden, daß dies Gudruns und mein letzter Tag sei. Viele wollten noch einmal unsere Künste genießen, und so wurde Gudrun fünfmal und ich sechsmal beglückt, darunter auch Helmut — aber das ist eine extra Geschichte! Gudrun war an diesem Tag ausgelassen und fröhlich, auch als wir nach getaner Tat nach Hause fuhren, und wir hatten so viel verdient — ich schenkte Gudrun meinen ganzen Anteil –, daß für sie die Aussicht bestand, mit Fredis Hilfe das Haus bis Jahresende ganz abzuzahlen — wenn nichts dazwischenkommen würde.
Und es kam etwas dazwischen. Ich fuhr schon zum Frühstück zu Gudrun, und wir genossen den freien Samstag, für mich der erste seit Monaten, und als uns das Baumelnlassen der Seele zur Kaffeezeit langweilig wurde, fragte ich Gudrun:
„Erinnerst du dich noch an Benno?“
„Ja“, sagte Gudrun traurig, „beim Neujahrstanz — was der wohl jetzt macht?“
„Willst du ihn nicht mal wieder treffen?“
„Schon — gern — aber ich hab ja seine Adresse und Telephonnummer nicht aufgeschrieben damals.“
„Dann müssen wir eben suchen –„
„Und überhaupt — ich kann doch nicht mit meiner Vergangenheit — wieder einen Freund — wir sind damals schon ziemlich weit gekommen — geküßt haben wir uns auch –„
„Das hab ich ja damals gar nicht mitgekriegt — da habt ihr euch wohl in die dunkelsten Ecken verdrückt — aber um so eher — und was deine sogenannte Vergangenheit betrifft — du meinst wahrscheinlich nicht Ehe und Scheidung — so geht ihn das einen feuchten Kehricht an — oder du beichtest ihm ehrlich, und wenn er dann abspringt, ist er es auch nicht wert. — Also — er hat doch mal seinen Nachnamen gesagt — wie war der noch — Bruchmüller oder so — gib mir mal das Telephonbuch — den ersten Band mit „B“ wie Bruchmüller oder Buchhandlung — und auch die gelben Seiten.“
Bruchmüllers gab es wenig und keinen Bernhard, Buchhandlung Bruchmüller gab es auch nicht. Wir machten uns an die saure Arbeit und sahen alle Buchhandlungen im Branchentelephonbuch durch. Dieser Sadist von Benno: Wir wollten es schon aufgeben, da fanden wir fast ganz am Ende: Buchhandlung Friedrich Zoch, Inhaber Bernhard Brookmöller.
Na also, es geht doch! Der Kerl nennt sich plattdeutsch, wie passend für Hamburg. Darauf hätte ich als Deutschlehrerein eigentlich auch kommen müssen. Die Buchhandlung lag in Bergedorf, und ich sah im Hauptteil die Brookmöllers durch. Es waren noch weniger als Buchmüllers, aber es gab einen Bernhard Brookmöller in der Chrysanderstraße, die ja bekanntlich in Bergedorf ist und nach dem bekannten, ebenfalls in Bergedorf gewirkt habenden Händelforscher heißt. Also nichts wie nochmal mit einem Cinzano Mut angetrunken und angerufen.
„Hier Bernhard Brookmöller, einen schönen guten Tag.“
„Hallo Benno, hier ist Melanie — erinnerst du dich?“
„Ja, natürlich, der Neujahrstanz, daran erinnere ich mich noch gut, Frau –„
„Knaack — Melanie — aber wir waren damals doch schon per du, und ich würde vorschlagen, wir bleiben dabei.“
„Gern, Frau Kn–, Melanie. — Sag mal, du warst damals doch noch mit deiner Cousine Gundula — nein: Gudrun — und noch einer Freundin da — sag, wie geht es Gudrun?“
„Danke der Nachfrage: ausgezeichnet. Deswegen ruf ich ja an: Wir wollten dich für morgen nachmittag hier bei mir zum Kaffee einladen.“
„Oh, danke, das ist ja riesig nett von euch! Ja, ich komme gern — und wo ist das?
„Leider nicht in Bergedorf, da mußt du ein bißchen fahren.“
„Das bin ich doch gewohnt; also, ich hol mir eben was zum Aufschreiben.“
Das nächste Problem war: Was sollten wir anziehen, sexy oder seriös. Wir entschlossen uns zu seriös und lagen genau richtig. Denn als ich mit Gudrun den Kaffeetisch gerichtet hatte und es auf die Sekunde pünktlich klingelte, stand vor der Tür, mit einem schönen Margaretenstrauß „bewaffnet“, ein Herr in einem Anzug, der für eine Kaffee-Einladung im Sommer vielleicht eine Spur zu dunkel und feierlich war. Er begrüßte uns herzlich, Gudrun mit einer Umarmung und Küßchen auf beide Wangen, und kam sodann ohne Widerrede unsere Aufforderung nach, schleunigst sein Jackett abzulegen. Dasselbe taten wir auch bald mit unseren Kostümjacken.
Benno langte herzhaft zu und erzählte von seiner diesjährigen nur vierzehntägigen Urlaubsreise nach Südfrankreich — „es ist nicht gut, den Laden länger allein zu lassen.“
„Aber du hast doch Angestellte?“, fragte ich.
„Zwei Buchhändlerinnen, von denen eine auch die Buchführung macht — beide über fünfzig“, fügte er noch hinzu, als er merkte, wie sich Gudruns Gesichtsausdruck verschleiert hatte. — „Und wo wart ihr im Urlaub?“
Gudrun war wieder munter und erzählte von einer Studienreise in die Türkei, die sie eigentlich im vergangenen Jahr gemacht hatte, und ich von einer Wanderfahrt auf Kreta, die vor zwei Jahren stattgefunden hatte und auf der ich zwischen Volker und Fritz einen netten Freund und Begleiter hatte — ach ja, davon habe ich noch gar nicht berichtet, aber der Leser muß ja auch nicht alles wissen! In diesem Jahr jedenfalls hatten wir ja nichts Erzählbares erlebt.
Gudrun und Benno kamen sich schnell näher und unterhielten sich bald ohne mich. Die Kuppelei war ein voller Erfolg, bevor sich Benno verabschiedete, verabredete er sich mit Gudrun zu einer Vernissage, und Gudrun wollte den langen und beschwerlichen Weg nach Bergedorf machen, um in Bennos Buchhandlung zu stöbern.
Als Benno gegangen war, fragte mich Gudrun besorgt:
„Meinst du nicht, daß das alles etwas schnell geht — hätte ich nicht etwas zurückhaltender sein sollen?“
„Nein, das hättest du nicht. Es war doch alles weit innerhalb des Rahmens des Schicklichen, inclusive eurer Küßchen. Ich glaube, Benno ist genau der richtige Freund, vielleicht sogar Mann für dich.“
„Meinst du wirklich?“
„Das meine ich!
Und wir leerten im Laufe des Abends auf diesen glücklichen Tag und überhaupt noch eine Flasche Sekt, und dann noch eine, und schließlich ließ sich Gudrun dazu überreden, auf die Heimfahrt zu verzichten und bei mir auf der Wohnzimmercouch zu übernachten.
Mit Gudrun und Benno ging es seinen gewohnten Gang: Freundschaft, Verlobung (ja: das auch!), Heirat. Irgendwann zwischen diesen Stationen erzählte mir Gudrun, sie habe Benno von einer gewissen Episode in ihrem Leben gebeichtet — er habe etwas gezuckt, dann aber seinerseits gestanden, daß ihm das Rotlichtmilieu nicht ganz hundertprozentig unbekannt sei.
Gudrun behielt nach der Hochzeit noch eine Zeit ihren Chefsekretärinnenposten, als es aber mit ihrer Firma langsam, aber deutlich bergab ging, gab sie die Stelle auf und wurde Buchhändlerin in Bennos Laden. Der florierte dahingegen, und Benno konnte ein zweites Geschäft in Eppendorf in der Nähe der Universitätskliniken eröffnen — Spezialität: medizinische Bücher aus Amerika, bei deren Beschaffung ihm als Schwager und seiner Schwester wiederum Fredi half.