Das Geheimnis von Thomas — Teil 2

Prolog

Die rund zwanzigjährige Ilka hatte ihre süße Schokolade mit dem Umschlag ihrer Tafel ‚Tom und Ilka sind zusammen!‘ bekommen — und das hoffentlich nicht nur für diese eine, erste Party-Nacht. Leider hatte er sie zu schnell nach dem Cunnilingus verlassen müssen, aber sie wollte baldmöglichst eine Wiederholung dieser Nacht.

Sie hatte es sich allerdings einfacher vorgestellt, als es sich nun erwies. Ihn dazu bringen sich mit ihr ein zweites und ein drittes Mal treffen zu wollen, war noch der relativ einfache Teil gewesen. Bisher hatte jedes Verhältnis von ihr mit einem Mann sich stets spätestens nach noch nicht einmal drei Wochen und zwei – drei Treffen aufgelöst. Praktisch jedes Mal, weil sie die Nase voll von dem jeweiligen Mann hatte. Ja – und nun hatte sie eben nicht das Bedürfnis weg von Thomas zu kommen. Im Gegenteil, sie wollte mehr — und sie wollte ihn immer mehr!

Woher kam das? Er vermittelte ihr den Eindruck, dass er sie als ganze Person akzeptierte. Sie war für ihn nicht nur das exotisch reizvolle Mädchen, das der jeweilige Arzt, der in der Klinik als Casanova vom Dienst fungierte, unbedingt in sein Bett bekommen wollte. Es war in der Tat ein Novum für sie, dass Thomas sie weder beim zweiten noch beim dritten Mal direkt ins Bett bugsieren wollte. Nein, sie war für Thomas auch eine Frau, der er zuhörte und die mit ihm auf gleichberechtigte Art diskutieren konnte.

Und er war so nett fürsorglich. Das hatte sich auch darin ausgedrückt, dass er sich echte Sorgen darüber gemacht hatte, was Mara dazu sagen würde. Keiner ihrer bisherigen hatte auch nur einen Gedanken daran verschwendet, was ihre Verwandten oder Bekannten von dem Mann jeweils halten würden. Das sah sie als eindeutiges Zeichen dafür, dass Thomas länger mit ihr zusammenbleiben wollte. Genau das, was sie auch wollte.

Die Attraktion bestand darin, dass er ihr das gleichzeitig das Gefühl gab, eine anerkannte Partnerin von ihm zu sein und aber auch das freche Mädchen, das bestraft wird. Es gab dabei kein Entweder — Oder, sondern sie durfte beides gleichzeitig sein.

Das alles führte jedoch zum ersten Mal zum Auftreten von Alltagsproblemen. Im Krankenhaus mit den Ärzten hatte sie immer peinlich darauf geachtet, dass sie sich auf keinen Fall am Arbeitsplatz oder in der Nähe trafen, sondern irgendwo in einem unbekannten Restaurant, Café, Disco oder Bar. Das war bei insgesamt zwei oder drei Treffen überhaupt kein Problem. Mit Thomas wurde das anders. Bald wünschte sie sich, dass er sie direkt von der Schule oder von ihrem Zimmer bei Mara abholen sollte. Etwas, das ihr nie in den Sinn gekommen wäre bei den Verhältnissen mit den Ärzten. Sie wollte die Zeit optimal nutzen und nicht erst irgendwo zu einem Treffpunkt hinfahren. Sie hatte das Gefühl, dass es bei ihm genauso war.

Dann kam auch noch die leidige Frage hoch, wo sie zusammen sein konnten. In dem Sinne, dass sie dort auch intim sein konnten, ohne daran denken zu müssen, ob sie jemand belauschen könnte. Das war nicht so trivial, wie es sich zunächst anhörte. Er hatte verständliche Hemmungen, dass jemand hören würde, wie er sie übers Knie legte. Diese Bedenken teilte sie durchaus. Sie hatte allerdings mehr Sorgen über seine WG, während er große Bedenken hatte, dass Mara etwas mitbekommen könnte. Es war gar nicht so einfach, Zeiten zu finden, in denen entweder Mara nicht zu Hause war oder niemand in seiner WG anwesend war. Es war an der Zeit, Mara und der Welt reinen Wein einzuschenken, aber sie erkannte, wie Thomas noch zögerte.

10.Thomas

Ilka hatte mir den Kopf verdreht. Oh, in den Augen der anderen war ich der bossige Macher, wenn sie uns sahen. Aber das war nur der Anschein — in Wirklichkeit war sie diejenige, die mich provozierte, sie übers Knie zu legen. Letzten Endes diktierte sie indirekt auch das Ausmaß meiner ‚Erziehungsarbeit‘. Ich lernte es sehr schnell, die subtilen Signale zu beachten, wenn es zu viel oder auch zu wenig an ‚Strenge‘ war. Wenn es die ‚richtige‘ Dosis war, landeten wir unweigerlich im Bett oder wo immer die Lust uns hintrieb. Aber alles der Reihe nach.

Ich hatte beim zweiten Treffen Angst davor gehabt, mich mit ihr außerhalb der Party sehen zu lassen. Ich hatte Sorge, weil Bekannte berechtigterweise denken könnten, dass sie meine viel jüngere werden würde. Ich wollte bestimmt nicht wie der Heinrich sein. Einer, der eine viel zu junge Frau verführte. Wollte ich wirklich, dass sie an meiner Hand eine junge Abiturientin gehen sahen? Eine, die rund ein Jahrzehnt jünger war als ich?

Und nicht zuletzt dachte ich auch tatsächlich an ‚meinen Ruf‘. Meine Kollegen aus der Erstsemesterzeit an der Uni hatten mich bisher immer mit schlanken, eleganten Frauen in meinem Alter gesehen. Nach den Marias hatte ich immer kurvige Frauen vermieden, weil beide mir emotionale Probleme bereitet hatten. Und nun kam eine, die einen ausgeprägten Hintern und breite Hüften hatte. Ich wollte ihr eigentlich keine Hoffnung auf eine längere Beziehung machen, aber bevor wir uns verabschiedet hatten, hatte ich einen neutralen Treffpunkt vereinbart, der mitten in einem Park lag.

Nicht weit entfernt von dem Treffpunkt gab es ein Café, in das ich sie einladen wollte. Als sie ankam, warf es mich einfach um, wie selbstverständlich sie mir ihre Lippen zum Kuss anbot. Sie hakte sich bei mir ein, als ich sie in das Café einlud. Sie erzählte interessant und packend über ihre Ausbildung als Krankenschwester in Korea. Es war nicht schwer, mit ihr zu reden. Sie konnte sich sehr gut ausdrücken, obwohl sie in meinen Augen sehr exotisch aussah. Sie war klein im Vergleich zu mir, aber sie war gut bei Schick. Sie hatte dunkle, fast pechschwarze Haare und tiefbraune Augen sowie prominent ausgeprägte Wangenknochen. Ihr vollständig rundes Gesicht mit den Mandelaugen war eine eigenartige Mischung von russischem Starlet und koreanischer Niedlichkeit. Ihre sehr helle Haut kontrastierte mit den dunklen Augenbrauen und dem blassrosa Lippenstift. Sie trug eine blaue Jeans mit großzügig geschnittenen Beinen und eine hellbeige Jacke mit einem weißen T-Shirt. Sie gestand mir lächelnd, dass sie so häufig auch zum Aufbaugymnasium ging. Ich merkte gar nicht, wie die Zeit verging bei dem Gespräch mit ihr.

So genau weiß ich nicht, wie es dazu kam. Jedenfalls lud ich sie für das nächste Wochenende in eine Disco ein. Oh, ich war immer noch durchaus vorsichtig. Es war eine große und belebte Disco in Barmbek, wo wir in der Menge unauffällig untergehen würden und wo das Publikum eher jünger war, sodass meine Kollegen aus dem Promotionsstudium hier wohl nicht verkehrten.

Ich war überrascht von ihrem Anblick, als wir uns vor der Disco trafen. Sie war auf diese Überraschung wohl auch schon vorbereitet, denn sie grinste mich rotzfrech an. Ich wusste wirklich nicht, was ich sagen sollte. Sie trug einen knallengen, tiefblauen Rock aus Stretch-Stoff, der ihren üppigen Hintern und ihre kräftigen Oberschenkel in einer schon bald ordinären Weise betonte, wobei deren Kontrast mit dunklen Nahtstrümpfen und Sandaletten mit hohen Absätzen und Fesselriemen auf mich sexy wirkte. Unter ihrer weißen, halbtransparenten Bluse trug sie einen schwarzen Büstenhalter aus Spitzengewebe, der meinen Pulsschlag beschleunigte. Von wegen unauffällig in der Menge untergehen, mit ihr am Arm würde ich garantiert auffallen!

„Meine Güte, Ilka — darf ich in Deinem Interesse hoffen, dass Du so nicht zur Schule gehst? Oder sagt Mara nichts dazu? Also ich, wenn Du so dahingehen würdest, dann…“

Ihr Grinsen vertiefte sich noch, als sie mich von schräg unten anblickte und provozierend fragte:

„Ja, Thomas, was würdest Du dann machen? Du darfst es mir ruhig sagen.“

Herrjemine, da zeigten sich schon wieder die Hörner der kleinen Teufelin. Ich war hin- und hergerissen zwischen einer gewissen Empörung und einem amüsierten Lachen.

„Ilka, Ilka — ich denke, Du weißt ganz genau was ich dann machen würde – Dich übers Knie legen!“

Sie lächelte mich hinreißend an und schmiegte sich an meinen Körper, während sie mit ihrer linken Hand meine rechte auf ihren Po legte und leise schnurrend mir ins Ohr flüsterte:

„Vielleicht hast Du Recht und diese freche Göre verdient wirklich eine Abreibung? Was meinst Du, Thomas?“

Ich hatte alle möglichen Bedenken über diese unmögliche Person, aber sie verpufften einfach, als ich ihr einen spielerischen Klaps gab. Dann küsste ich sie und hielt sie in meinen Armen. Sie fühlte sich in diesem Moment so richtig an. Wobei ich zugeben muss, dass ich in diesem Moment wohl eher schwanzgesteuert dachte, wenn man das Denken nennen kann.

11.Ilka

Ilka fühlte intuitiv die Bedeutung des ersten Treffens außerhalb der Party. Es würde eine Verabredung ohne Partystimmung und zunächst ohne Musik sein. Sie wählte also etwas, was dezent genug auch für die Schule war, dachte aber an die Auswahl der ‚richtigen‘ Unterwäsche. Thomas hatte sicherlich den Zeitpunkt des Rendezvous so gewählt, dass in seiner Wohngemeinschaft keine anwesend waren. Warum sonst hätte er eine Zeit so früh am Nachmittag wählen sollen?

Mit der Kleidung lag sie goldrichtig, das konnte sie an der Reaktion von Thomas ablesen. Mit dem Zeitpunkt hatte sie sich jedoch getäuscht. Er lud sie in ein Café zu Kaffee und Kuchen ein. Und mit der Zeit wurde es deutlicher, dass er keine Planung für ein Schäferstündchen hatte. Stattdessen redeten sie miteinander für den halben Nachmittag. Es war eine entspannte Unterhaltung, aber es gab keine zärtlichen Gesten von ihm mit der Ausnahme des ersten Kurses. Seine Blicke sagten zwar, dass er sie attraktiv fand, aber das spiegelte sich nicht in seinen Handlungen wider.

Als die Zeit zum Abschied kam, musste sie sogar dezent die Frage nach einem weiteren Treffen andeuten, bevor er reagierte. Das verwirrte sie nicht wenig. Warum sah er sie mit solchen Augen an, wenn er nicht gleichzeitig ein Treffen mit ihr in intimerer Umgebung haben wollte? Das war ihr noch nie passiert, dass sie einen Mann quasi um ein Treffen bitten musste. Und auch das nächste Rendezvous hatte er an einem sehr öffentlichen Ort geplant. Die von ihm genannte Disco war nach ihren Erkundigungen ein Ort, der wenige lauschige Ecken hatte. Wollte Thomas nur eine platonische Freundschaft haben? Das stimmt aber nicht mit dem Verhalten über ein, dass er auf der Party gezeigt hatte.

Sie musste herausfinden, ob sein Verhalten auf der Party nur dem Alkohol geschuldet war oder der Stimmung. Jedenfalls wählte sie dann für das Stelldichein vor der Disco eine bewusst provokante Aufmachung. Und Bingo, es war ein Volltreffer. Es führte schon vor der Disco zu einem sehr leidenschaftlichen Kuss von ihm und einem spielerischen Klaps. Das war ein guter Auftakt.

Das Tanzen in der Disco war auch nicht schlecht. Nur mit der Unterhaltung haperte es, aber dafür gab es als Entschädigung die schönen Schmuse-Blues, wo sie richtig schön eng mit ihm tanzen konnte. Es war ein richtig gelungener Discoabend. Sie hatte keinerlei Zweifel mehr daran, dass sie körperlich attraktiv fand und bestimmt keine platonische Beziehung beabsichtigte. Beim Engtanzen hatte sie mehr als einmal festgestellt, dass er eine Erektion hatte. Sie fühlte sich beruhigt dadurch.

Nach Mitternacht bot er ihr an, sie nach Hause zu bringen. In der U-Bahn setzte sich auf seinen Schoß und er küsste sie sofort. Sie war Feuer und Flamme. Beim Ausgang von der U-Bahn gab es einen Spiegel, in dem sie die Gelegenheit hatte, sich im zu sehen. Der große schlanke Mann neben ihr mit dem schmalen, ernsten Gesicht hatte sie in dem Spiegelbild unter den Arm gehakt. Sie hätte am liebsten ein Foto von diesem Augenblick gemacht.

Als sie vor der Wohnung von Mara erwartungsgemäß ihn bat, ob er nicht noch eine Tasse Kaffee bei ihr trinken wollte, da erlebte sie hingegen eine unerwartete Abfuhr:

„Ilka, lieber nicht. Mara habe ich noch nicht erzählt, dass wir uns treffen — Du vermutlich auch nicht. Du bist ihre , deshalb möchte ich vorher lieber mit ihr reden. Ich kenne Mara schließlich seit vielen Jahren. Treffen wir uns doch nächstes Freitagabend zum Konzert um 20:00 Uhr in der Musikhalle, ja? Eine halbe Stunde vor dem Konzert an der Kasse, einverstanden?“

Sie stimmte ihm zu, war aber perplex. Gut, sie mochte es, dass er sich richtig Gedanken über ihre Beziehung ihrer Schwester machte, aber sie hatte ihn ja mit dem Angebot zum Kaffee eingeladen und damit auch kein Problem damit gehabt, dass ihre Schwester davon erfuhr. In der U-Bahn hatte sie schon eine Art Vorfreude gehabt, sich vorzustellen, wie er sie in ihrem Zimmer ausziehen würde — und nun ging er einfach. Das musste sie erst einmal verdauen.

Am nächsten Abend ergriff sie die Initiative, damit ihr das nicht noch einmal passierte. Sie erzählte ihrer Halbschwester Mara, dass sie sich mit Thomas traf. Diese war nicht überrascht, dass sie und Thomas sich getroffen hatten. Sie hatte einen Teil der Ereignisse auf der Party mitbekommen, aber sie war schon überrascht, dass Thomas sie jetzt auf das dritte Treffen bat:

„Versteh mich nicht falsch, Ilka, aber Du bist eigentlich nicht sein Typ. Ich kenne ihn nur mit Freundinnen in seinem Alter und von einem anderen Typus. Na ja, Du weißt schon, langbeinige schlanke Frauen mit gestylten Brillen, die ihren Status als elegant und intellektuell demonstrieren sollen. Schwesterherz, ich will Dich nur warnen. Mach Dir lieber keine Illusionen.“

Das war nicht unbedingt das, was Ilka hören wollte. Sie nahm das zwar zur Kenntnis, aber sie nahm es sich nicht zu Herzen. Sie glaubte an ihre Intuition — und diese sagte ihr etwas anderes. Zu denken gab es ihr aber schon.

12.Thomas

Am Donnerstag bekam ich einen unerwarteten Anruf von Mara. Ich wusste im ersten Augenblick gar nicht, worüber sie redete.

„Thomas, ich möchte nicht, dass Du Spielchen mit ihr treibst. Das ist keine gute Idee — die ist noch neu in der Stadt. Haben wir uns verstanden, Thomas?“

Es dauerte einen Moment, bis der Groschen bei mir fiel. Sprach sie von Ilka? Aber wie konnte das sein?

„Mara? Redest Du von Ilka? Hat sie Dir etwas gesagt oder redest Du von jemandem anderen?“

Sie bestätigte, dass Ilka ihr von unseren Treffen erzählt hatte. Ich ärgerte mich, weil ich Ilka doch ausdrücklich gesagt hatte, dass ich vorher mit Mara selber reden wollte. Nun war ich in der Defensive. Ich entschuldigte mich bei Mara, dass ich hier noch nichts gesagt hatte. Es täte mir leid, ich würde sie schon so lange kennen und hätte sie schon vorher anrufen sollen. Sobald Mara das wusste, konnte ich nicht mehr zu lange zögern, das auch bei meinen anderen Freunden bekannt werden zu lassen. Falls Mara sich sonst verplappern würde, gäbe es unschöne Gerüchte. Damit musste ich genau das machen, was ich bisher sorgfältig vermieden hatte. Ich musste mich festlegen.

Also versicherte ich Mara, dass ich Ilka ernsthaft als in Betracht zog. Sie kannte mich gut genug, um zu wissen, dass ich solche Aussagen nicht leichtfertig traf. Sie klang zwar leicht verwundert, dass ich das sagte, aber sie zog es nicht in Zweifel. Sie erklärte, wie Ilka sich schon auf das Konzert freute und vorbereitete. Ich bat sie daraufhin, unser Gespräch über Ilka noch bis Samstag nicht mit ihrer Schwester zu diskutieren, denn ich wollte ihr selber über unser Gespräch erzählen. Das verstand Mara durchaus. Sie erzählte mir auch, dass sie am Freitagabend lange ausgehen würde…

Am Freitagnachmittag rief ich in Maras Wohnung an. Zu dieser Uhrzeit musste Ilka schon aus der Schule sein. Und inzwischen war es ja egal, ob Mara da war oder nicht. Ilka war überrascht.

„Hallo, Ilka. Du, können wir uns bitte eine Viertelstunde davor treffen, d.h. um 19:15 Uhr? Es gibt nämlich um 7:45 Uhr eine Einführung in das Konzert. Das habe ich erst heute erfahren.“

Es gab tatsächlich diese Einführung, aber das war nicht mein Grund für diesen Anruf. Ich würde vorher mit ihr über ihr Gespräch mit Mara reden müssen. Ilka stimmte dem früheren Zeitpunkt zu und wir trafen uns genau um diese Zeit dort vor der Kasse. Ilka sah hinreißend aus. Sie trug ein kleines Schwarzes mit hoher Taille sowie eine sehr feine Strumpfhose und erneut die schwarzen Ledersandaletten mit hohen Absätzen und schicken Fesselriemen. Diesmal waren nur ihre Fußnägel auch rot lackiert, in derselben Farbe wie ihre Fingernägel. Ihre Ohrläppchen waren mit goldenen Pendelanhängern geschmückt und sie trug auch ein passendes Goldkettchen um ihren Hals. Sie lächelte zufrieden, als ich ihr ein entsprechendes Kompliment machte und gab mir einen flüchtigen Kuss.

Ich bekam die hinterlegten Tickets und schlug noch einen kleinen Spaziergang im botanischen Garten gegenüber der Musikhalle vor. Erst als wir dort drüben in einem kleinen einsamen Weg waren, stellte ich sie zur Rede:

„Ilka, ich habe Dir doch letztes Wochenende gesagt, dass ich vorher gerne mit Deiner Schwester Mara reden würde über uns. Nun hat mich Mara angerufen und mir gesagt, dass Du schon mit ihr geredet hättest. Mara ist eine langjährige Freundin von mir, ich hätte ihr das gerne selber erzählt. Was hast Du dazu zu sagen, Ilka?“

Wie ich es gehofft hatte, traf sie diese Frage unvorbereitet. Sie blinzelte erst einmal leicht nervös und zögerte einen Moment, bevor sie einen Kommentar abgab.

„Thomas, Mara ist meine Halbschwester, bei der ich wohne. Schwestern reden nun einmal miteinander. Es tut mir leid, wenn Dich das verärgert hat.“

Gut, ich war natürlich leicht verärgert, aber das war nicht der springende Punkt. Seit diesem Tag mit Beata Maria hatte ich nicht allzu viel für Gerüchte übrig. Heute war der Tag des Lackmustestes. Ilka und ich, wir hatten über ‚Erziehung‘ gesprochen. Jetzt würde ich sehen, ob sie das ernst gemeint hatte.

„Ilka, ich habe Dir klar gesagt, dass ich — und nicht Du — vorher mit Mara reden wollte. Das hast Du wissentlich und willentlich missachtet. Dafür werde ich Dir heute Abend nach dem Konzert in Deinem Zimmer in Maras Wohnung das Höschen strammziehen. Haben wir uns verstanden?“

Sie errötete, aber sie nickte. Dann zögerte sie einen Moment, bevor sie mich offen ansah:

„Thomas, ich verstehe das und ich habe das auch verdient. Mitunter teste ich meine Grenzen aus — und Du warst auch bei der Disco noch sehr verständnisvoll bezüglich meiner provozierenden Kleidung. Vielleicht hat mich das zu wagemutig gemacht. Kannst Du Deiner frechen Göre noch einmal verzeihen, bitte?“

In ihren Augen blitzte es auf und ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem leicht frechen Lächeln. Sie war trotz meiner Drohung mit der Bestrafung nach dem Konzert in bester Stimmung. Sie sah mich schwärmerisch an und bot mir ihre Lippen an. Das Angebot mit dem Kuss nahm ich nur zu gerne an, aber nach dem Kuss erklärt ich ihr unmissverständlich, dass meine Meinung war:

„Ilka, ich werde Dir gerne nach der erfolgten Bestrafung verzeihen. Da kannst Du bei mir sicher sein, dass ich nicht nachtragend sein würde. Aber wenn Du glaubst, dass Du mit einem noch so süßen Kuss der Züchtigung entkommst, dann hast Du Dich getäuscht.“

Sie zog einen Schmollmund, aber sie hakte sich in meinen Arm ein und kuschelte sich an mich. Sie strahlte mich an und erklärte mir, wie sehr sie sich auf das Konzert freuen würde. Kein Wort davon, dass sie noch einen Versuch machen würde, der Strafe zu entkommen.

Das Konzert war ein Genuss. Ilka hatte mir erzählt, dass deutsche klassische Musik in Korea durchaus sehr beliebt war. Deshalb hatte ich das auch vorgeschlagen und es war auf Gegenliebe gestoßen. Es war eine nette Mischung aus Smetana und Strauss – wir genossen das Konzert Händchen haltend.

Nach dem Konzert stiegen wir Stephansplatz in die U-Bahn ein. Während der Fahrt sah sie mich mehrmals von der Seite an mit einem eigenartigen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Das Hauptthema bis zum Ankommen bei der Wohnung war klassische Musik und die Situationen, in denen wir solche gehört hatten.

Ilka führte mich zu ihrem Zimmer. Den mit dem neuen Schreibtisch, der angesetzte Beine an allen vier Ecken hatte. Sobald sie durch die Eingangstür der Wohnung gegangen waren, hatte sie kein Wort mehr gesagt. Und sie sagte auch nichts, als sie die Tür zu ihrem Zimmer öffnete und mich zuerst hineingehen ließ. Ein klares Zeichen für mich, dass ich die Initiative ergreifen sollte. Ich war mir nicht sicher, wie ich es anfangen sollte, aber ich musste jetzt bei meiner Linie bleiben.

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