17. Dreizehnter Tag, morgens, Bangkok
Chai Noom Na Ajutthaja wartete bereits eine Stunde vor dem Büro des deutschen Botschafters. Nicht, dass dieser ihn mit Absicht warten ließ, vielmehr schien Dr. Sievers ein vielbeschäftigter Mann zu sein. Chai versuchte, seiner Nervosität insofern Herr zu werden, als er überpünktlich zu diesem Termin erschienen war und so noch hinlänglich Gelegenheit hatte, den allgemeinen Geschäftsbetrieb im Botschaftsgebäude zu beobachten, um sich nicht ganz so fremd zu fühlen.
Er blickte auf die warme Tasse Milchkaffee vor sich, die ihm eine freundliche blonde Sekretärin serviert hatte. Man zollte ihm Aufmerksamkeit, ein Umstand, welchen er so nicht gewohnt war. Man hatte ihm offenbar in einem Vorhaben eine wichtige Rolle zugedacht, ohne dass er wusste, welchen Part er erfüllen sollte, noch, worum es eigentlich ging.
Chai war nun seit mittlerweile zehn Jahren privater Ermittler sowie auch Vermittler in den Kreisen der westlichen Diplomatie Bangkoks. Zum einen beherrschte er, neben seiner Landessprache, mit der spanischen, englischen und französischen drei weitere fließend, zum anderen galt er als überaus vertrauenswürdig und zuverlässig.
Rein äußerlich gab er sich stets unauffällig, am heutigen Tage hatte er sich für seinen verschlissenen Sommermantel, ein sauberes weißes Hemd ohne Krawatte und eine schwarze Bundfaltenhose entschieden.
Seine untersetzte Statur bei einer Größe von gerade einmal einen Meter sechzig, der eierförmige Kopf mit dem dunklen Haarschippel auf dessen Spitze und die dicke Hornbrille verliehen ihm nicht wirklich eine beeindruckende Erscheinung. So zählte er nicht zu jener Sorte Mensch, die man gemeinhin als schön bezeichnete, wohl nicht einmal als durchschnittlich. Doch der kleine Mann haderte damit keinesfalls, im Gegenteil war er eher dankbar für seine Unauffälligkeit. Auch wurde er nur äußerst selten als Bedrohung wahrgenommen, ein Umstand, der sich maßgeblich auf seinen beruflichen Erfolg auswirkte.
„Herr Noom Na Ajuttaja?“
Der kleine Mann sah zu der attraktiven Sekretärin auf, die ihm die Tür offenhielt.
„Der Botschafter empfängt sie jetzt.“
Chai erhob sich, deutete eine leichte Verbeugung an und folgte ihr durch das Vorzimmer ins Büro des Botschafters. Der Raum war funktional und technisch eingerichtet. Um einen modernen, breiten Schreibtisch gruppierten sich ein komfortabler Ledersessel für den Botschafter und nicht minder bequeme Sitzmöglichkeiten für seine Besucher und Gäste.
Im linken hinteren Teil des Raumes saßen ein Mann und eine Frau mit ernsten Mienen an einem runden Tisch und betrachteten den kleinen Asiaten mit unverhohlenem Erstaunen, als ob sie jemand anderen erwartet hätten. Chai kannte solche Reaktionen zur Genüge und hatte längst gelernt, daraus Kapital zu schlagen.
„Herr Noom Na Ajutthaja, schön, dass sie es einrichten konnten.“
Botschafter Dr. Hannes Sievers reichte ihm die Hand und geleitete ihn dann zum Besprechungstisch, wo sich die beiden südeuropäisch anmutenden Gäste des Diplomaten erhoben und den Ermittler mit sichtlich enttäuschten Gesichtsausdrücken begrüßten.
„Ich möchte Ihnen Herrn Dr. med. Maurice und Frau Dr. jur. Maria Silami vorstellen. Sie haben die lange Reise von Deutschland zu uns auf sich genommen, da ihr Sohn schon seit etlichen Tagen verschollen ist.“
Chai reichte den beiden Herrschaften die Hand und nahm dann in einem der Fauteils Platz.
„Herzlich willkommen in unserem Land. Es tut mir leid für Sie, dass die Umstände ihrer Reise so negativ behaftet sind.“
Sein Englisch war akzentfrei und makellos. Der Botschafter nickte dem Thailänder zu und wandte sich dann an seine Gäste.
„Herr Noom na Ajuttaja ist ein Spezialist für Fälle wie den ihren. Die Aufklärungsquote der ihm seitens unserer Botschaft übertragenen Angelegenheiten ist außergewöhnlich hoch und er versteht es, sehr diskret und unauffällig zu arbeiten. Wir kooperieren seit nunmehr zehn Jahren und er genießt unser uneingeschränktes Vertrauen. Allerdings möchte ich Sie darauf hinweisen, dass relativ hohe Kosten entstehen könnten, zumal Herr Noom na Ajuttaja stets nach gewalt- und konsequenzlosen Möglichkeiten sucht, um das gewünschte Ziel zu erreichen.“
Die Silamis betrachteten den Detektiv mit einigem Erstaunen, konnten die Erläuterungen des Botschafters nur schwer nachvollziehen. Chai spürte ihre Verwirrung und ergriff das Wort.
„Nun, ich darf mich Ihnen vielleicht etwas näher erklären. Meine Aufgabe sehe ich darin, die oder das Gesuchte wiederzubeschaffen, ohne dass es zu einer Schädigung der Person oder des Objektes kommt. Ich will Ihnen jetzt nicht allzu große Hoffnungen machen, meine Aufklärungsquote liegt bei etwa dreißig Prozent und die meisten Menschen, die in Bangkok verschwinden, werden entweder tot, oder gar nicht gefunden. Wenn ich aber Erfolg haben soll, werde ich die Polizei oder andere staatlichen Organe außen vor lassen und einen Weg suchen, der für alle Beteiligten gangbar bleibt.“
„Sie meinen, wenn jemand Alain entführt hat, soll diese Person ungestraft davonkommen oder sogar noch Geld von uns erhalten?“
Maurice lehnte sich zurück, blickte erschüttert in die Runde und konnte sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden.
„Ich lebe von meinen Ruf, Herr Doktor Silami, und Ihr Sohn ebenfalls, sollte ich den Auftrag annehmen.“
Maria hatte dem Thailänder aufmerksam zugehört. Sie musste ihren anfänglichen Eindruck revidieren, er schien, trotz seinem seltsamen Äußeren, hochgradig intelligent und gebildet zu sein.
Chai erwiderte ihren Blick, nickte ihr freundlich lächelnd zu und fuhr fort.
„Ich möchte alles über ihren Sohn erfahren. Über seinen Charakter, ob es in der Vergangenheit Auffälligkeiten gab, wie sein Freundeskreis aussieht, wer ihn auf dieser Reise begleitet hat und welche Ziele er hatte. Bitte berichten Sie mir alles ganz offen und halten Sie nichts zurück. Ich will keine Beschönigungen oder Lügen hören. Sie würden mir damit nicht helfen, sondern könnten mich unter Umständen sogar von einer Spur ablenken. Sie verstehen mich?“
Die Silamis sahen sich an, schienen sich schweigend darauf zu einigen, dass Maurice das Wort führen sollte. Alains Vater hatte einen neutraleren Bezug zum gemeinsamen Sohn, während Maria, nichts, aber auch gar nicht auf ihn kommen lassen würde. So holte Maurice noch einmal tief Luft, warf seiner Frau einen entschuldigenden Blick zu und begann dann, den Thailänder eingehend zu informieren.
„Alain ist ein sehr intelligenter, junger Mann. Wir haben ihm alles mit auf den Weg gegeben, wozu wir imstande waren, und ihm eine umfassende Erziehung zuteilwerden lassen. Vor allem meine Gattin war in diesem Punkt rastlos, hat ihn behütet und gefördert, soweit es ihre Kräfte erlaubt haben. Das hat sich auch wirklich ausgezahlt. Wenn man ihn in unserem Umfeld beobachtet, dann er ist höflich, geistreich und eloquent im Umgang mit anderen Menschen. Doch er hat auch eine andere Seite, eine die er vor uns zu verheimlichen versucht.“
Maria sah ihren Mann erstaunt an. Was wusste er, was ihr entgangen war? Worauf wollte er hinaus?
„Ich habe vor einigen Tagen den wahren Grund erfahren, weshalb er gerade dieses Land besucht hat und es fällt mir nach wie vor schwer, das zu akzeptieren. Erst, als ich die SMS und E-Mails an seine Freunde gelesen habe, musste ich es als gegeben hinnehmen.“
Seine Frau blickte ihn erschüttert an. Was würde jetzt kommen? Warum hatte Maurice sie nicht eingeweiht?
„Alain ist allein der Frauen wegen hierhergekommen. Ich habe es gelesen und eindeutige Fotos gesehen.“
Chai verstand, ging nicht weiter darauf ein, doch Maria wollte jetzt alles wissen.
„Was hast du gelesen, welche Fotos gesehen?“
Der Botschafter schien peinlich berührt zu sein und blickte sichtlich verstört zwischen den beiden Eheleuten hin und her.
„Unser Sohn ist hier, um mit Prostituierten zu verkehren. Er ist nicht so vollkommen, wie du glaubst, Maria. Und er war es wohl auch nie.“
Maria starrte ihren Gatten entsetzt an. Sie hatte Alain beigebracht, sich Frauen gegenüber stets respektvoll zu zeigen. Das konnte, nein, durfte nicht wahr sein. Woher sollte das auch gekommen sein? Welche Fehler hatten sie in Alains Erziehung begangen? Nein! Es konnte und durfte einfach nicht wahr sein. Nicht Alain, nicht ihr Sohn.
„Ich glaube das alles nicht. Maurice, ich glaube es einfach nicht! Sein ganzes Zimmer ist voll von Souvenirs aus Thailand, er hat sich für den Buddhismus interessiert, für die Menschen, die Natur, das Land an sich. Du hast doch auch sein Reisetagebuch beim letzten Mal gelesen. All die Wanderungen und Führungen, an denen er teilgenommen hat, die ganzen Eindrücke, die er seinem Tagebuch anvertraut hat.“
Maurice sah sie betrübt an.
„Ich habe vorgestern mit Ina und Ralf gesprochen. Er hat es aus diversen Broschüren abgeschrieben, die beiden haben mir alles erzählt, Maria. Alain könnte hier im tiefsten Sumpf stecken und das noch freiwillig.“
Frau Silami standen Tränen in den Augen, dankbar nahm sie von Chai ein Papiertaschentuch entgegen. Dieser wandte sich gleichzeitig an Maurice.
„Bis zu welchen Tag können sie Alains Aufenthaltsort zuverlässig bestimmen?“
Maurice überlegte.
„Die ersten fünf Tage hielt er sich in seinem Hotel in Patong auf. Wir haben, abgesehen von einem einzigen Mal, täglich abends mit ihm telefoniert. Das heißt, vor allem meine Gattin. Ihm ging es gut und er hatte viel Spaß, wie er uns versichert hat. Er hat uns noch mitgeteilt, dass er mit seinen Freunden Tom und Christian nach Bangkok fliegen wollte, um sich die Stadt anzusehen. Er hat erzählt, dass Christian in Patong jemanden kennengelernt hat, der sie nach Bangkok eingeladen hätte und ihnen dort als kundiger Reisebegleiter zur Verfügung stehen wollte. Sogar eine Adresse hat er uns gegeben, die sich bei näherer Überprüfung allerdings als Fälschung erwiesen hat.“
Chai unterbrach ihn.
„Haben Sie diese Adresse noch?“
Maurice nickte, durchsuchte sein Smartphone und reichte es dem Ermittler, der einen Notizblock aus einer seiner Manteltaschen kramte und anschließend Notizen auf das Papier kritzelte.
„Haben Sie zu dieser Person nähere Informationen?“
„Nein. Keine.“
Der Detektiv nickte, reichte dem Arzt seinen Notizblock, bat ihn um Alains Handynummer und die Anschrift des Hotels in Patong.
„Schreiben Sie mir bitte auch die Namen und Telefonnummern seiner Freunde auf. Da wäre ich Ihnen sehr dankbar.“
Maria war in Gedanken, starrte vor sich hin, ihr Gesicht war weiß wie eine Wand. Ihr Sohn war ein Hurenbock? Diese Feststellung hatte sich in ihr Hirn eingebrannt.
„Darf ich aus ihrer Bitte rückschließen, dass Sie den Fall annehmen?“, warf der Arzt dem Detektiv einen hoffnungsvollen Blick zu.
Der kleine, rundliche Thai mit seiner unförmigen Brille nickte.
„Dieser Fall scheint interessant zu sein, wenn ich ihnen auch keine Illusionen machen möchte. Wir haben hier eine sehr schwierige Konstellation, die eher selten ist. Es wurden bislang keinerlei Forderungen gestellt, in den letzten Tagen wurden keine Übergriffe auf Touristen gemeldet und Bangkok ist ein Moloch, der nicht zum ersten Mal einen Menschen in sich aufgesogen hätte, ohne dass dieser dabei Spuren hinterlassen hätte. Wir werden sehen, was ich herausfinden kann.“
Eine Stunde später hatten die Silamis dem Detektiv alle sachdienlichen Informationen zur Kenntnis gebracht, die dieser auf seinem Notizblock vermerkt hatte. Chai stellte keine weiteren Fragen mehr und schien zufrieden zu sein. Maurices Blick ruhte auf dem kleinen Thailänder. Dieser Mann schien vielleicht einen Weg aufzeigen zu können, der möglicherweise zu Alain führen würde. Er schien mehr als nur ein Strohhalm zu sein, nach dem man in seiner Verzweiflung griff. Chai täuschte absichtlich mit seinem Äußeren, damit man ihn unterschätzte. Selten hatte Alains Vater einen Menschen getroffen, der derart nüchtern Fakten zusammentrug und auswertete, dabei noch versuchte, sich aus unwesentlich erscheinenden Dingen wie Kleidung, Angewohnheiten, Körpermalen und anderem mehr einen Eindruck zu verschaffen.
„Wir danken Ihnen, dass sie sich der Sache annehmen werden. Das gibt mir und meiner Frau Hoffnung.“
Chai erhob sich, reichte den Silamis die Hand, bevor er sich auch vom Botschafter verabschiedete.
„Ich werde alles in meiner Macht stehende tun. Sie bereiten sich vor, indem Sie so viele Geldmittel wie möglich liquid machen. Es kann sein, dass wir gar nichts davon brauchen, oder sogar noch mehr. Wir werden sehen. Das ist jetzt ihre Aufgabe, ich werde in der Zeit meinen nachgehen und nach Phuket reisen, um die ersten Informationen zu sammeln. Ich werde per Handy und E-Mail Kontakt mit ihnen halten. Sie werden bitte danach trachten, ununterbrochen für mich erreichbar zu sein, damit ich sie kontaktieren kann, sollte es von Nöten sein.“
Fragend blickte der kleine Thai Maria Silami an.
„Ich hoffe, dass sie ein entsprechendes Mobiltelefon besitzen?“
Die Anwältin nickte und nannte dem Ermittler ihre Telefonnummer sowie E-Mailadresse.
„Gut! Soweit ist nun alles Notwendige geklärt. Wünschen Sie uns und Ihrem Sohn das nötige Glück, wir werden es brauchen.“
18. Dreizehnter Tag, mittags, Bangkok
Müde und verschlafen erwachte Alain aus einem unruhigen Schlaf. Die letzten Stunden hatte er allein in seiner Zelle verbracht. Kim hatte ihm versichert, dass sie bald wiederkommen würde, doch lag dieses Versprechen bereits einige Stunden zurück, sodass er sich ernstlich um sie zu sorgen begann. Hatte sich etwas geändert? Hatte man sie ihm weggenommen? Der Gedanke reifte in ihm, dass Kim durch eine andere Domina ersetzt worden sein könnte. Schließlich war sie bisher keineswegs böse oder grausam zu ihm gewesen. Ganz im Gegenteil, sie hatten sich gegenseitig geschenkt, was jeder dem anderen zu geben imstande war. Nähe, Zärtlichkeit, Lust und Geborgenheit.
Kurz hatte er am gestrigen Tage Nori, Uaan und Tom gesehen. Uaan hatte wie wahnsinnig geschrien und geweint, sie schien etwas erlebt zu haben, das sie beinahe um ihren Verstand gebracht hatte. Nori aber hatte weder Mitgefühl noch Reue gezeigt und ihre kleine Landsfrau in der Zelle eingeschlossen, ein paar Worte mit Kim gewechselt und dann das Verlies des Clubs verlassen. Würde sie über ihn gebieten? Regelrechte Panik befiel den Deutsch-Franzosen, wie er sie noch nie erlebt hatte. Kim, wo bist du? Er stellte sich diese Frage immer und immer wieder. Sie würde wieder zurückkommen. Ganz sicher. Sie waren miteinander verbunden, es war etwas zwischen ihnen, das er bislang so noch nicht gekannt hatte. War es die Gefahr, die sie für ihn geöffnet hatte? Oder war es ihrer Verruchtheit, ihrer Geilheit geschuldet? Gleich Süchtigen schienen sie sich gegenseitig zu brauchen, den Widerpart zu sich selbst im anderen gefunden zu haben.
Endlich! Seine Zellentür wurde aufgeschlossen und Kim betrat den Raum. Sie war nicht gekleidet wie sonst. Gummi und Latex bedeckten ihre Haut bis zum Hals, eine vielschwänzige Peitsche hing an ihrem Gürtel.
„Du vor mir knien, Alain! Bitte!“
Ihr streng geschminktes Gesicht nahm einen bösen, herrischen Ausdruck an. So hatte er sie noch nie gesehen. Aufkeimende Angst schnürte ihm die Kehle zu, Unsicherheit breitete sich unaufhörlich in ihm aus. Hatte er sich etwa in ihr geirrt? War sie vielleicht doch nicht anders, als Nori? Sollte er so etwas für Kim werden, wie Christian es augenscheinlich schon für diese gemeine Irre war?
„Kim, bitte!“
Sie legte ihm ihre von Leder umhüllte, rechte Hand auf die Schulter und sah ihn traurig an.
„Du mir folgen müssen, du hören, Alain? Du immer tun, was ich sagen. Bitte! Sonst andere kommen, du verstehen? Du sicher nicht wollen das.“
Der Deutsch-Franzose blickte der Thailänderin in die Augen, sah ihr an, wie wenig auch sie mit dieser Situation zurechtkam.
„Du wirst mir wehtun?“
Sie senkte den Kopf, konnte ihm nicht in die Augen sehen.
„Du mir zuhören, Alain! Nur so viel ich müssen, okay? Ich dich sehr mögen, du das wissen, oder?“
Er sah sie an, schloss seine Arme um ihren Körper.
„Wenn schon, dann sollst du es sein, Kim.“
„Du auf Knie gehen, Alain!“
Alain ließ sich auf den harten Betonboden heruntersinken.
„Wirst du mir sehr wehtun, Kim?“
Abermals senkte sie ihren Kopf, konnte seinem Blick nicht standhalten.
„Ja, ich müssen. Ich nicht wollen, Alain. Du mir bitte glauben. Aber ich müssen.“
Er spürte ihre Hände, die nach seinen Handgelenken griffen und die daran befindlichen Fesseln an seinem Halsband einklinken ließen. Sie befestigte eine Führungsleine am O-Ring, dann durfte er wieder aufstehen und ihr folgen.
Alains Angst verstärkte sich im Sekundentakt, ein bedrückendes Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Sie würde ihm wehtun, hatte sie gesagt. Doch in welchem Ausmaß und auf welche Weise?
Kurz drehte sie sich um, schenkte ihm einen Blick, welcher ihm Mut machen sollte. Er würde sich in ihre Hände begeben, es waren die einzigen, die er akzeptieren konnte. Er atmete tief durch, dann traten sie durch die Schwingtür in den Pathologiesaal.
„Komm, Alain! Komm!“
Er folgte ihr, ließ sich zu dem seltsamen Holzgestell führen, das eine kurze Bank für den Oberkörper und zwei merkwürdig abgewinkelte Fortsätze für die Beine aufwies. Sie löste ihm die Handfesseln vom Halseisen und deutete auf den Holzbock, der über keinerlei Polsterung verfügte. Wahrscheinlich würde jener morgen auch nicht bequemer sein.
Alain legte sich mit flatternden Nerven auf das Gestell und versuchte, seine Beherrschung zu bewahren und der Angst Herr zu werden. Er wusste, dass sie ihm eine Vielzahl an SM-Spielen aufzwingen konnte, die ihn allein schon beim Versuch, sich diese vorzustellen, schlichtweg überforderten. In unkontrollierten Zuckungen bahnte sich seine Panik vor dem Unausweichlichen einen Weg nach draußen.
„Du ruhig bleiben, Alain!“
Sie zog die Fixierriemen um seine Fuß- und Handgelenke fest, ging dann am Kopfende des Holzbocks vor seinem Gesicht in die Knie. Sie suchte nach Worten, fand aber keine. Stattdessen deutete sie zwischen ihre Beine, Alain kapierte dennoch nicht, worauf sie hinauswollte. Er spürte ihre behandschuhten Finger über seine Wangen streicheln, dann erhob sie sich und verschwand aus seinem Blickfeld.
Alain versuchte, ihr mit seinem Blick zu folgen, konnte seinen Kopf jedoch nicht weit genug drehen. Er vernahm das Öffnen einer Schranktür und betete inständig, dass ihr Spiel erträglich sein würde. Deutlich hörte er sie hinter seinem Rücken hantieren, konnte sich jedoch nicht erklären, welche Absicht sie verfolgte. Erst, als sie vor ihn trat, weiteten sich seine Augen. Ein kräftiger Kunstschwanz war mit Riemen um ihre Hüfte und Oberschenkel geschnallt, so dick, wie der eines gut bestückten Mannes.
„Du, Kim, ich …“
Sie schüttelte den Kopf, während sie ein Kondom über den Dildo streifte. Dann näherte sie ihr Becken seinem Gesicht und drückte die Spitze dieses Ungetüms an seine Lippen.
„Alain, viel …“
Sie suchte vergeblich nach den passenden Worten, steckte ihren Zeigefinger in den Mund und ließ ihre Zunge um diesen kreisen.
Alles sträubte sich in dem gefesselten Jungen, ihrer Aufforderung Folge zu leisten und es ihr gleichzutun. Etwas Derartiges kam für ihn nicht in Frage. Er drehte seinen Kopf zur Seite, sodass die Spitze des Kunstschwanzes seine rechte Wange berührte.
„Du müssen machen, sonst ich dir wehtun. Bitte, Alain! Für mich!“
Er wandte sich ihr langsam wieder zu und öffnete zögerlich seinen Mund.
„Morgen Mann wird sein. Du müssen immer denken, Gummi ist drüber. Bitte, Alain!“
Tränen stiegen dem Deutschen in die Augen, die Vorstellung, was morgen mit ihm passieren würde, trieb ihn schier in den Wahnsinn. Das Teil aber drang langsam und stetig immer tiefer in seinen Mund ein. Alain begann zu würgen, zerrte an seinen Fesseln und versuchte, das Mordsding wieder aus seinem Gesicht zu bekommen.
Endlich zog sich Kim wieder zurück, ging vor ihm in die Knie und drückte ihre Lippen auf die seinen.
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