Hi, mein Name ist Natalie. Vorneweg möchte ich sagen, dass ich das, was Cora und mir passiert ist, niemandem wünschen würde. Aber zur Beruhigung: wir haben beide keinen bleibenden körperlichen Schaden davongetragen. Bis auf eine Kleinigkeit, vielleicht.
Falls Sie trotzdem die schlimmen Dinge, die geschehen sind, lieber nicht lesen wollen, hören Sie bitte bei dem Stern * auf Seite 2 auf. Wenn Sie aber nur an „der Sache an sich“ und eigentlich gar nicht an Cora und mir interessiert sind, dann fangen Sie am besten erst beim Stern * auf Seite 2 an zu lesen, da vorher nicht viel Action stattfindet.
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Mir wurde mulmig. Der ausgewaschene Weg durch den dichten Wald wurde enger und steiler, aber Cora verlangsamte unsere Fahrt nicht. Im Gegenteil schien sie es auch noch zu genießen, wenn der Geländewagen auf dem rutschigen Splitt um die Kurven driftete. Ich aber klammerte mich an den Haltegriff oberhalb der Beifahrertür und wusste nicht mehr, ob ich die Augen schließen oder lieber wachsam auf die Fahrbahn starren sollte. Jederzeit, fürchtete ich, könnte ein großer Stein oder ein querliegender Baum auf der Straße unserer rasenden Fahrt ein abruptes Ende bereiten.
Aus dem Radio kam fast nur noch Knacken und Rauschen. Ich konnte gerade noch erahnen, dass die Musik von einer gesprochenen Meldung unterbrochen wurde. Ich drehte die Lautstärke auf, um besser verstehen zu können, was gesagt wurde. Aber dadurch wurden eigentlich nur die Störungen noch lauter.
„Du, Cora, halt mal an! Die sagen da etwas über die Gegend, in der wir sind. Man soll keine Anhalter mitnehmen, oder so. Aber ich kann’s nicht verstehen. Mensch, halt doch an.“
Doch Cora dachte gar nicht daran, den Wagen zu stoppen. Immerhin bremste sie ein klein wenig ab. Aber nur, um mit der Hand zum Radio rüber zu fassen und es aus zu schalten.
„He,was soll das? Das könnte wichtig sein“, empörte ich mich.
„Glaubst du wirklich, dass hier mitten im Wald, in einem abgelegenen Bergtal, ein Anhalter auftauchen wird?“, tadelte sie mich, „Außerdem haben wir gleich gar keinen Empfang mehr. Das ist hier ein absolutes Funkloch. Handy kannst du übrigens auch vergessen.“
Unwillkürlich griff ich nach dem Telefon in meiner Handtasche. Tatsächlich zeigte es kein Netz mehr an.
„Da ist doch aber wenigstens ein Telefon in eurem Ferienhaus?“, meine Stimme klang ängstlicher, als es mir lieb war.
„Woher denn?“, Cora amüsierte sich offensichtlich über mich Hasenfuß, „Die Hütte steht da seit fast hundert Jahren und im Umkreis von fünfundzwanzig oder dreißig Kilometern ist sonst nichts. Absolutely nothing. Glaubst du wirklich, da hätte sich jemand die Mühe gemacht, eine Telefonleitung hin zu legen? Wozu auch? Das ist ja gerade der Witz an der Sache. Völlige Abgeschiedenheit. Zeit für sich. Von nichts gestört oder abgelenkt werden. Darum habe ich dich doch hierher eingeladen.“
Ja, von nichts gestört zu werden, außer von hungrigen Bären oder einem Waldbrand oder einer plötzlichen lebensbedrohenden Erkrankung, dachte ich bei mir.
Ich sah zu Cora rüber, die konzentriert hinter dem Steuer saß, aber trotz des hohen Tempos und der engen Straße keine Anzeichen übermäßiger Anspannung zeigte. Offenbar kannte sie diesen Weg wie ihre Westentasche. Vermutlich war sie ihn schon oft genug gefahren, um jede Bodenwelle und jedes Schlagloch persönlich zu kennen. Wahrscheinlich war sie hier schon herauf und herunter gebrettert, ehe sie offiziell den Führerschein hatte. Das ganze Land ringsum einschließlich der alten Jagdhütte gehörte ihrer Familie. Ebenso wie der fette Geländewagen und drei oder vier andere Autos. Fahrpraxis hatte Cora sicher genügend.
Die Spitzen ihrer kurzgeschnitteten dunklen Haare hatte sie blond färben lassen, was ihr zusammen mit der Stupsnase und den rundlichen Wangen ein freches, burschikoses Aussehen gab. Über einem rotkarierten Männerhemd trug sie eine helle Weste mit aufgesetzten dicken Taschen, die ihr Körperprofil kaschierte, so dass man sie fast für einen Mann hätte halten können, wenn sie nicht eine so beneidenswerte Oberweite gehabt hätte. Das Steuer hielt sie fest im Griff und strahlte dabei so viel Sicherheit und Selbstbewusstsein aus, dass ich mich wieder etwas beruhigte. Ich strich meine langen rotbraunen Haare mit beiden Händen nach hinten und band sie mit einem Haargummi zu einem Pferdeschwanz. Ich ertappte mich bei dem Gedanken, ob ich mir die gleiche Frisur wie sie schneiden lassen sollte.
Es war schon komisch. Obwohl sie fast ein Jahr jünger war als ich, war sie mir immer älter und reifer vorgekommen. Beinahe wie eine größere Schwester. Nicht weil sie ein klein wenig größer war als ich oder ihr Körper, als wir Teenager waren, sich früher als meiner entwickelt hatte. Ich konnte den Neid fast noch immer spüren, den ich damals empfand, als sie bereits breite Hüften und einen Wahnsinnsbusen hatte, während ich noch in einem schmächtigen, schmalbrüstigen Mädchenkörper gefangen war. Und auch als ich endlich meine Periode bekommen hatte und einen BH (wenigstens Körbchengröße A) tragen musste, hatten die Jungs immer nur Augen für sie gehabt, während ich das Mauerblümchen geblieben war.
Es war einfach so, dass sie schon immer sehr viel Ausstrahlung und eine besondere Wirkung auf Menschen hatte. Fast jeder war von ihr beeindruckt und in einer Gruppe war sie automatisch der Mittelpunkt, um den alle anderen kreisten. Ich dagegen wurde kaum wahrgenommen, wenn sie dabei war.
Vielleicht hatte ich mich deshalb zu früh und ohne groß nachzudenken immer wieder in unreife Beziehungen gestürzt und irgendwann ohne es wirklich zu wollen meine Unschuld verloren, während Cora in der ganzen Zeit nie richtig mit einem festen Freund zusammen war. Anscheinend suchte ich verzweifelt nach wenigstens einem Gebiet, wo ich sie ausstechen konnte. Aber auch das funktionierte nicht richtig. Denn wenn meine Beziehungen dann wie üblich mal wieder auseinander gingen, entweder weil mich der Junge sitzen ließ oder ich von ihm die Schnauze voll hatte, war es wieder Cora, die mich auffing und tröstete.
So wie jetzt, nachdem ich herausbekommen hatte, dass Tim schon seit Wochen mit einer anderen pennte, während ich noch davon träumte, dass wir zusammenziehen würden. Ich war so wütend auf ihn! Eigentlich aber wütend auf mich selbst, dass ich wieder einmal auf so einen windigen Typen hereingefallen war und nichts gemerkt hatte, während schon alle anderen hinter meinem Rücken darüber tuschelten. Erst hatte ich getobt und ihm auf der Straße eine Szene gemacht. Dann hatte ich mich ausgeheult und war zu Cora geflohen.
Und Cora hatte nicht lange gefackelt und mich zu diesem Wochenendtrip eingeladen. Nur du und ich, hatte sie gesagt. Wir nehmen ein paar CDs mit, machen ein gemütliches Feuer im Kamin und kuscheln uns mit dicken Socken und bequemen Klamotten aufs Sofa. Viel quatschen und Wein trinken und lachen. Und dann vergisst du den Idioten und ist alles wieder gut.
Es klang viel zu einfach und zu verlockend, als dass ich hätte nein sagen können, obwohl ich von Camping, Natur und so eigentlich gar nichts hielt. Sogar einen Schlafsack musste ich erst von meinem Bruder leihen. Doch Cora war unerbittlich. Pünktlich stand sie vor meiner Tür, half mir dann noch, die letzten Sachen zu packen, setzte mich schließlich auf den Beifahrersitz und brauste los. Hier war ich nun und mein Herz schlug wie wild, während Cora in halsbrecherischem Tempo die Serpentinen hinab kurvte.
Endlich flachte das Gelände ab. Nach einigen weiteren hundert Metern wurden die Bäume lichter und schließlich hielt Cora den Wagen neben einer kleinen Hütte an, die unmittelbar am Ufer eines klaren Bergsees stand, auf dem die letzten Strahlen der untergehenden Sonne glitzerten.
„Prima, wir haben es gerade noch geschafft! Ich wollte, dass du das unbedingt noch siehst“, rief sie so fröhlich und ehrlich begeistert, dass sie plötzlich wie ein kleines Mädchen wirkte.
Ausgelassen sprang sie aus dem Wagen, öffnete den Kofferraum und stürmte mit ihrer Tasche und einem Rucksack über eine hölzerne überdachte Veranda zur Eingangstür der Hütte. Auf dem Weg fummelte sie einen Schlüsselbund aus einer ihrer vielen Westentaschen, schloss auf und verschwand im Gebäude. Ich folgte ihr mit dem Rest unseres mageren Gepäcks und überlegte, ob ich mich von ihrem Elan anstecken lassen sollte.
Ich trat in den Raum, der nahezu die ganze Grundfläche der Hütte einnahm und ließ die Schlafsäcke und meine Tasche fallen. Ich kam nicht dazu, mehr als einen ersten knappen Eindruck von der spärlichen aber vermutlich hochwertigen Einrichtung aufzunehmen, denn Cora hüpfte wie ein Irrwisch auf einem Bein herum, während sie versuchte, gleichzeitig ihren zweiten Stiefel abzuschütteln und ihre Hose auszuziehen. Weste und Hemd lagen bereits quer über dem großen Sofa.
„Los komm, zieh dich auch aus!“, drängte sie ausgelassen, „wir gehen schwimmen.“
Sie ließ sich auf das Sofa fallen, um endlich die Hose loszuwerden. Dann streifte sie Strümpfe, Slip und BH ab, während ich noch überlegte, ob ich mich umdrehen sollte. Das war natürlich Blödsinn, denn sie hatte ganz offensichtlich kein Schamgefühl vor mir. Außerdem hatten wir uns nach dem Sport schon häufig in den Umkleideräumen gemeinsam ausgezogen und zusammen geduscht. Trotzdem fühlte ich mich völlig überrumpelt und ein wenig peinlich berührt.
Cora wollte davon aber offenbar nichts wahrnehmen und flitzte mit einem weiteren „Komm!“ splitterfasernackt an mir vorbei ins Freie. Ich marschierte unsicher hinter ihr her und sah gerade noch, wie sie von dem schmalen Bootssteg, der ins Wasser ragte, mit Anlauf und einem lauten Juchzer ins spiegelnde Wasser sprang.
Während sie prustend und lachend wieder auftauchte und wild strampelnd das Wasser aufspritzen ließ, schlenderte ich zum Ende des Stegs, ging auf die Knie und streckte eine Hand ins Nass. Es war nicht eisig, aber für mein Empfinden doch unangenehm kühl. Cora schwamm mit ein paar kräftigen Zügen auf mich zu und fragte:
„Willst du nicht reinkommen? Es ist herrlich.“
„Nee. Ich finde es zu kalt zum Schwimmen. Außerdem weiß ich nicht, ob uns jemand überraschen könnte, wenn wir ohne Kleider im Freien rumlaufen.“
„Ach was, hier kommt außer uns bestimmt niemand her. Sei kein Frosch.“
„Der Frosch bist höchstens du, so wie du im Wasser strampelst“, neckte ich zurück.
Cora machte Anstalten, mich nass spritzen zu wollen, überlegte es sich dann aber rechtzeitig besser. Spitzbübisch streckte sie mir die Zunge heraus. Dann drehte sie um und kraulte in Richtung Seemitte, während ich der Sonne zusah, wie diese erst die Ränder der hohen Berge vergoldete und dann endgültig hinter ihnen verschwand. Aus dem Wasser winkte Cora mir zu und rief:
„Natalie! Holst du mir bitte mein Handtuch aus dem Haus?“
Ich tat ihr den Gefallen und als ich zurückkam, stemmte sich Cora eben aus dem Wasser auf den Steg. Breit grinsend schüttelte sie sich zuerst wie ein Hund das Wasser ab, dann stellte sie sich breitbeinig und mit nach oben gestreckten Armen vor mich, damit ich ihr das große Badetuch um den Körper legen konnte. Das Wasser musste doch kalt gewesen sein, denn sie hatte vom Hals bis zu den Waden eine Gänsehaut. Besonders ihre Nippel auf ihren ausladenden aber festen Brüsten standen groß und hart hervor und auch in den weiten rosa Höfen darum herum standen dicht an dicht viele kleine Hügelchen.
Ich rubbelte Cora von den Schultern bis zu den Füßen trocken. Als ich dazu vor ihr in die Hocke ging, konnte ich genau erkennen, dass sie sich die Schamhaare bis auf einen schmalen, kurz gehaltenen Streifen über dem Venushügel rasiert hatte, und diesen auch noch hellblond, wie die Strähnchen auf ihrem Kopf gefärbt hatte. Die Härchen waren dadurch fast nicht mehr zu sehen, so dass ich vorher gedacht hatte, sie wäre da unten völlig blank, als sie nackt an mir vorbei geflitzt war.
Wieder spürte ich den beinahe zwanghaften Wunsch, dieses Outfit nachzuahmen und schalt mich innerlich dafür, dass ich nicht von selbst und vor ihr auf diesen Einfall gekommen war. Natürlich trimmte ich meine Bikinizone. Und wegen einem meiner Freunde hatte ich mir meine Muschi auch eine Zeit lang glatt rasiert. Aber sie in Form zu schneiden und auch noch zu färben, darauf wäre ich bisher im Traum nicht gekommen.
„Huh! So ganz ohne Sonne ist es doch ganz schön kalt“, unterbrach Cora meine Gedanken, „gehen wir rein.“
Sie wickelte sich das lange Badetuch wie einen Pareo um den Körper. Dann lief sie viel schneller als ich zum Haus und versuchte, mich mit Winken und Rufen anzutreiben. Aber ich steckte die Hände in die Hosentaschen meiner Jeans und stapfte versonnen hinter ihr her. Auf einmal war ich gar nicht mehr sicher, ob es eine tolle Idee gewesen war, hierher zu kommen. Mit der zunehmenden Dämmerung wirkte der See dunkel und trübe. Der Wald rauschte bedrohlich im auffrischenden Wind. Wolken ballten sich am Himmel zusammen. Die unbeleuchtete Hütte sah verlassen und wenig einladend aus. Aber ich wollte meiner Freundin den Spaß nicht verderben, riss mich zusammen und setzte, bevor ich eintrat, eine fröhliche Miene auf.
Coras Handtuch lag in einem unordentlichen Haufen am Boden. Sie hatte sich aus einem mit Bauernmalerei verzierten Holzschrank einen weißen Frotteebademantel besorgt und sich darin eingemummt. Eben fischte sie ein Paar dicker Wollsocken aus ihrer Tasche und streifte sie über ihre Füße.
„Du, Cora“, ich versuchte, möglichst unbeteiligt zu klingen, „ich fühle mich irgendwie nicht so richtig wohl. Wir sind hier schon ziemlich weit weg von allem. Und das mit der Radiomeldung, die wir nicht richtig hören konnten, geht mir auch nicht aus dem Kopf. Meinst du nicht auch, wir sollten sicherheitshalber zurückfahren?“
„Kommt gar nicht in Frage“, schalt sie mich, „das ist unser Frauenwochenende, das wir ganz allein verbringen wollen. Das lassen wir uns nicht vermiesen. Du wirst sehen, es wird echt toll.“
Dann sprang sie auf und nahm mich an der Hand.
„Komm, ich führe dich herum. Hier“, sie drehte sich im Kreis und zog mich mit, „das ist das kombinierte Wohn- und Schlafzimmer.“
Ich folgte ihr zu einer einfachen Holztür in der hinteren Wand. Wir traten hindurch und kamen in eine kleine, einfach eingerichtete Küche mit einem Kanonenofen. Hier gab es noch eine weitere Tür, die mit einem dicken, quergelegten Holzbalken verriegelt war. Cora ließ mich los, um den schweren Riegel mit beiden Händen hochzuheben und an die Wand zu stellen. Dann öffnete sie die Tür mit ausholender, theatralischer Geste. Dahinter lag aber nur der nächtliche Wald und ein gewaltiger Stapel gespaltenes Holz.
„Hier endet unsere Führung“, intonierte sie, „und es beginnt die Hausarbeit.“
Lachend lud sie mir soviel Holzscheite auf die Arme, wie ich tragen konnte. Dann nahm sie sich auch eine Ladung davon, drückte die Hintertür mit ihrer Kehrseite zu und zusammen gingen wir zurück ins Wohnzimmer. Neben dem gemauerten offenen Kamin ließen wir unsere Last auf den Boden kullern. Cora ging in die Hocke und mit Hilfe einer alten Zeitung und dünner Holzspäne entzündete sie mit einem Streichholz ein Feuerchen, über dem sie sorgsam dickere Scheite aufschichtete. Ganz offensichtlich machte sie dies nicht zum ersten Mal und bald prasselte ein stattliches Kaminfeuer, das die Hütte schon viel gemütlicher und heimeliger machte. Langsam färbten Coras gute Laune und ihr Optimismus auch auf mich ab.
„Müssen wir morgen frisches Holz hacken, wenn wir alles verbrennen?“, fragte ich.
„Ach, nein“, lachte Cora, „da ist so viel, das können wir in einem Monat nicht verbrauchen. Wir haben eine Jagdpächter, der sich um die Hütte kümmert, wenn er in der Gegend ist. Er schaut auch danach, ob genügend Holz da ist, kontrolliert den Notvorrat an Konserven und den Verbandskasten in der Küche. Wenn etwas fehlt, lässt er es auffüllen.“
„Dann hast du gelogen, als du sagtest, außer uns käme niemand her. Euer Pächter hätte durchaus hier aufkreuzen und dich im Nixenkostüm ertappen können.“
„Bestimmt nicht“, Cora schüttelte den Kopf, „ich habe ihm Bescheid gesagt, dass wir dieses Wochenende die Hütte nutzen und alleine sein wollen.“
In der Zwischenzeit hatte ich mich meiner Schuhe und der Straßenkleidung entledigt und mir einen bequemen Jogginganzug aus dicker, weicher Baumwolle angezogen. Wir ließen uns auf einem warmen Webteppich vor dem Kamin nieder. Cora zauberte aus ihrem Rucksack Käse und Toastbrot, das wir an langen Gabeln über dem offenen Feuer rösteten. Dazu besorgte sie zwei Gläser und eine Flasche Rotwein aus der Küche. Wir redeten und kicherten über alles Mögliche, wie es nur zwei echte Freundinnen tun können, und wurden zunehmend alberner. Als wir die zweite Flasche entkorkten, waren meine Sorgen und trüben Gedanken vergessen.
Mit den letzten beiden vollen Gläsern standen wir schwankend auf. Cora drückte mir ihres in die Hand und zog an einem Griff am Sofa, so dass sich dieses zu einem breiten Doppelbett aufklappte. Dann breitete sie unsere zwei Schlafsäcke darauf aus und ließ sich kichernd oben drauf fallen. Ich stellte die Gläser neben dem Bett auf den Fußboden und tat es ihr nach. Das Kaminfeuer hatte für eine wohlige Wärme in der Hütte gesorgt und wir verzichteten darauf, in die Schlafsäcke zu kriechen, sondern blieben einfach auf ihnen liegen.
Cora drehte sich zu mir. Ihr Gesicht strahlte und in ihren Augen lag ein Glitzern, das nicht nur vom Widerschein des Feuers kam. Sie trug noch immer nur den Bademantel und nichts darunter. Durch ihre Bewegungen war der Stoff verrutscht und gab großzügige Blicke auf ihren üppigen Körper frei, aber ich dachte mir nichts böses dabei. Sie streckte ihren Arm aus und strich mir sanft über den Kopf, die Schultern und die Seite hinab bis zur Hüfte. Ihr zarte Berührung tat mir gut und ich seufzte zufrieden. Sie nahm dies als Einladung auf und fuhr fort, mich zu streicheln.
„Ich bin sehr froh, Natalie“, sie flüsterte beinahe, „dass du nicht mehr mit Tim zusammen bist.“
„Wie meinst du das?“
Mein Kopf war zu schwer und zu benebelt, als dass ich diese Frage selbst beantworten wollte, obwohl sich ein Verdacht in meine Gedanken schob.
„Du bist meine Freundin“, antwortete sie leise, „und ich mag dich sehr. Diese Jungs, mit denen du zusammen warst, sind nicht gut für dich.“
„Ach, ja?“, ich wurde ungewollt böse. So dicke Freundinnen wir auch waren, Belehrungen wollte ich mir heute von ihr bestimmt nicht anhören, „ich habe leider nicht den Vorzug, so wie du, an jedem Finger zehn Typen zu haben und mir den besten davon aussuchen zu können. Da muss ich eben mit dem Vorlieb nehmen, was du übrig lässt.“
Cora sah ehrlich verletzt aus und sofort tat mir leid, was ich gesagt hatte.
„Glaubst du das wirklich?“, sie klang traurig und ich schüttelte unwillkürlich den Kopf. Um sie zu trösten, legte ich meine Hand auf ihre. Sie rang sich ein Lächeln ab und fuhr fort.
„Hast du mich jemals mit einem Mann zusammen gesehen?“
Wieder verneinte ich.
„Natalie, was ich dir jetzt sage, habe ich noch keinem Menschen anvertraut. Ich fühle mich zu Männern nicht hingezogen. Ich wollte es mir lange nicht eingestehen. Ich dachte, ich sei schlecht oder irgendwie krank. Aber kürzlich habe ich eine Frau kennen gelernt. Und von ihr, mit ihr habe ich gelernt, was ich wirklich brauche.“
Mein Gesicht musste meine Verwirrung und mein Unverständnis widergespiegelt haben, denn Cora zuckte zurück und sprach drängender, intensiver.
„Bitte, Natalie, urteile nicht vorschnell und lehne mich nicht ab, bevor du alles gehört hast. Mit dieser Frau, das war nichts Ernstes oder Dauerhaftes. Ich brauchte nur jemand, der mir genug Halt und Stärke gab, um die Fesseln unserer Erziehung zu zerreißen und zu erkennen, was ich wollte. Und was ich wirklich will, schon seit Jahren und von ganzen Herzen, das bist du. Natalie, ich liebe dich.“
Ich konnte nicht fassen, was ich gehört hatte. Mein Verstand war ein einziges Chaos und es war unmöglich, einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Als sich Cora dann auch noch zu mir beugte und einen Kuss auf meine Lippen hauchte, war es um meine Fassung vollends geschehen. Ich schloss die Augen und spürte Tränen über meine Wangen laufen. Coras volle, warme Lippen bemühten sich, sie weg zu küssen. Ihre Hand schob sich unter das Oberteil meines Jogginganzuges und begann, meinen Bauch zu streicheln. Es war unheimlich beruhigend und ich entspannte mich unter ihren zärtlichen Berührungen. Doch als ihre Hand höher wanderte und ich den Eindruck bekam, sie wolle meine Brust liebkosen, ergriff ich Coras Handgelenk und hielt es sanft fest.