Schläfrig öffnete Meike die Augen und schaute auf die andere Seite des Betts. Sie war leer und Jens, der gestern Abend so schön neben ihr eingeschlafen war, verschwunden. Leer und kalt, so wie die Bettseite fühlte sich auch Meike. Eine tiefe Traurigkeit überkam sie. „Machte es überhaupt noch Sinn, diesen seltsamen Vorschlag mit dem Testficken bis zum Ende der Woche durchzuziehen?“ Der Einzige, der scheinbar wirklich etwas davon hatte war Jens.
Traurig schoben sich ihre Hände unter die kalte Deck und krallten sich in ihr fest.
Silke schien mit ihren Nerven ähnlich am Ende zu sein wie Meike. Zumindest hatte es den Anschein, wenn sie Jens bissige, ironische Bemerkungen gestern Abend richtig verstanden hatte. Ihn schien das ganze nur zu amüsieren, wohingegen die beiden Frauen emotional ziemlich ausgelaugt waren. Jens forcierte das offenbar auch noch, denn anders konnte sie sich sein Verschwinden mitten in der Nacht nicht erklären. „Wie bei einem billigen One-Night-Stand und ich dachte es sei alles so wie früher.“ Tränen stiegen ihr in die Augen. Das Gefühl, benutzt zu werden, wurde immer stärker. „Dieser Vollarsch, denkt echt, er könne uns beiden als seine privaten Schlampen missbrauchen. Und im Moment kommt er damit auch noch durch.“
Salzige Tränen liefen über Meikes Gesicht. Sie blickte auf den Wecker neben dem Bett. Vier Uhr siebenundvierzig. „Warum ist er bloß nicht hier geblieben?“ Die Frage quälte Meike und plötzlich wurde sie sich ihrer Nacktheit bewusst. Die Nacktheit, die sie Jens gestern noch so offenherzig angeboten hatte, war ihr jetzt unangenehm. Ausgenutzt hatte er sie. Nichts anderes. Er fand es einfach nur geil, seinen doofen Schwanz abwechselnd in ihre und Silkes Möse zu stecken. Dass es dabei auch um Gefühle ging, schien ihm nicht klar zu sein. Warum tat er ihr das an? Warum tat er es den beiden an? Warum? Die Frage hing im Raum und Meikes Tränen kullerten weiter auf ihr Kopfkissen, das immer noch ein wenig nach ihm roch.
Tieftraurig schob sie das Kissen an die andere Seite vom Bett. „Wieso kann es nicht Knall machen und alles ist so wie früher? Wieso kann ich ihn nicht einfach vergessen? Ich will nicht mehr. Ich kann nicht mehr. Morgen blas ich die ganze Sache ab. Er soll sich sofort entscheiden! Am besten bleibt er bei dieser Fotze. Ich will ihn eh nicht mehr.“ Weinend und tief enttäuscht sank sie wieder in einen unruhigen Schlaf.
Um kurz nach sieben klingelte ihr Wecker und Meikes Stimmung war immer noch gedrückt. Der Blick nach draußen half ihr auch nicht, bessere Laune zu bekommen. Bleigraue Wolken bedeckten den Himmel. Schon jetzt hing eine drückende Schwüle in der Luft. Meike öffnete die Balkontür. Sie sog den Duft von Ozon in ihre Lungen. Irgendwann im Laufe des Tages würde es gewittern. Die ganze aufgestaute Energie, die Hitze des Sommers würde sich in dem Sturm entladen. Der Regen würde alles reinwaschen und alles wieder auf ein normales Maß zurückbringen. Die heftigen Hitzeausbrüche der letzen Tage würden verschwinden. Mit verschränkten Armen stand Meike nackt an der Balkontür und sog die aufgeladene Luft ein. Sie fühlte die nahende Entladung. Sie gab ihr Kraft. Die Luft roch nach Urgewalt. Alles würde gut werden. Aber dafür musste es ein heftiges Unwetter geben.
Der Momente auf dem Balkon hatten Meike die nötige Kraft für den Start in den Tag gegeben. Vor drei Stunden war sie noch ein Häufchen Elend gewesen, das sich vor Selbstmitleid verzehrte. Doch jetzt legte sie eine grimmige Entschlossenheit an den Tag. Die Sache mit Jens würde heute ein Ende finden. Auf die eine oder andere Art. Aber den bisherigen Zustand würde sie nicht bis zum Ende der Woche durchhalten.
Auf der Arbeit angekommen türmte sich Meikes Wut, genauso wie die Gewitterwolken am Himmel. Bis zu einer Explosion würde es nicht mehr lange dauern. „Wieso glaubt dieser Wichser, dass er einfach so abhauen könnte, wenn er mich gefickt hat? Sehe ich aus wie ne Bahnhofsnutte?“ Sie stürmte durch das Treppenhaus des noch fast leeren Bürogebäudes.
Kochend vor Wut betrat sie ihr Büro und wäre am liebsten sofort wieder rückwärts hinausgegangen. Dort saß Simone Tränen überströmt an ihrem Platz und schluchzte Herz erweichend. Als Meike hereinkam blickte sie auf.
„Er hat eine andere.“, brachte sie zwischen ihren Heulkrämpfen hervor. Meike war in ihrer Wut gar nicht aufgefallen, dass Simones Corsa auch schon vor der Tür stand. Normalerweise kam sie nie vor neun und jetzt war es erst kurz nach acht. Sie trug die gleichen Sachen wie gestern und sah furchtbar aus, ungekämmt, übernächtigt und verschmiertes Make–Up. Auf dem Schreibtisch lag zusätzlich noch eine H&M Tüte. Ein karierter Rock war halb auf die Unterlage gerutscht.
Simone schluchzte wieder. „Ich wollte ihn gestern überraschen. Bin extra zu H&M gefahren, um diesen Scheißrock zu kaufen.“ Sie griff danach und schleuderte die Tüte durch das Büro. „Und dieser Arsch knallt meine Schwester, als ich nach Hause komme! In meiner Wohnung!“
Meike entgleisten sämtliche Gesichtszüge.
„Was?“, schrie sie beinahe. „Er hat mit deiner Schwester geschlafen?“
„Geschlafen? Quatsch. Gefickt. Die beiden haben im Flur an der Garderobe gefickt. Ich konnte sogar vor der Wohnungstür das klatschen von Haut auf Haut hören. Und geschrieen hat mein kleines Schwesterlein. Es war furchtbar! Sie stand an die Garderobe gelehnt, während er sie von hinten nahm. Als ich die Tür aufschloss, konnte ich nur diesen geilen Gesichtsausdruck im Gesicht meiner Schwester sehen. Ich hab die Tür wieder ins Schloss geworfen und bin abgehauen“
Ein weiterer Heulkrampf schüttelte sie. „Ich wusste nicht, wo ich hinsollte. Nach Hause wollte ich nicht. Zu meinen Eltern auch nicht. Da wäre ich nur diesem Flittchen über den Weg gelaufen. Bin die ganze Nacht durch die Gegend gefahren.“
Meike ging neben Simone in die Knie und griff nach ihrer Hand.
„Hast Du was getrunken?“
Schüchtern nickte Simone. „Ne halbe Flasche Wodka, dann musste ich kotzen, als ich daran dachte, dass dieses Schwein auch mich gefickt hat.“
Wieder schluchzte sie. „Warum? Warum machen die das? Meine Schwester und mein Freund. Warum?“
Meike schloss die Bürotür. Wieder diese Frage nach dem Warum?
„Ich bring sie um. Ich bring meine Schwester um. Diese miese Schlampe. Warum machen die das?“ Verzweifelt blickte Simone zu Meike hoch. Tränen liefen aus den geröteten Augen. Reste von Wimperntusche färbten ihre Augen schwarz. Sie griff nach Meikes Hand. Pure Verzweiflung sprach aus ihr.
„Es tut so weh.“
Das war das entscheidende. Schmerz. Seelischer, körperlich fühlbarer Schmerz. Zugefügt von Leuten die man liebte. Warum taten sie das einem an?
„Ich weiß es nicht. Wirklich nicht.“
Meike kniete sich vor Simone und die beiden umarmten sich
„Ich weiß es nicht, warum so was passiert. Ich weiß es nicht. Ich bin nur traurig und leer.“
Leise weinend vergrub Simone ihr Gesicht in Meikes blondem Haar.
„Ich will sie nicht mehr sehen. Beide nicht.“, dabei bohrten sich ihre Fingernägel in Meikes Oberarme.
„Das geht so nicht Simone. Du brauchst Schlaf.“
„Ich geh nicht nach Hause.“, schluchzte sie hysterisch.
„Du schläfst bei mir. Ende der Diskussion und ich fahr Dich. In Deinem Zustand kann man dich nicht allein auf die Strasse lassen.“
Widerstandslos ließ Simone sich von Meike aus dem Gebäude und in ihren Wagen verfrachten. Dort warf sie einen Blick in den Spiegel und lächele das erste Mal seit Stunden. „Ich sehe ja wirklich furchtbar aus. Warum sagst Du denn nichts?“ Sie wischte die Spuren notdürftig beiseite. „Danke, dass ich bei Dir schlafen kann. Das ist echt lieb von Dir.“
Meike lächelte schwach. „Wir Betrogenen müssen doch zusammenhalten.“
„Dein Abend gestern war wohl auch nicht so toll, oder?“
„Hm, der Abend war schon Ok, aber dieser Scheißtyp ist mitten in der Nacht abgehauen und hat es bis jetzt nicht für nötig gehalten, sich bei mir zu melden. Der denkt scheinbar, ich lass mir alles gefallen, aber da hat er sich getäuscht.“
Langsam kam die Wut wieder in Meike nach oben, die sie die letzte paar Minuten unterdrückt hatte.
Sie schaltete den CD Player im Wagen an.
I am just a worthless liar.
I am just an imbecile.
I will only complicate you.
Trust in me and fall as well.
I will find a center in you.
I will chew it up and leave,
I will work to elevate you
Just enough to bring you down.
“Tolles Lied. So ähnlich fühl ich mich auch grad!“
Meike brummte irgendeine unverständliche Zustimmung. Den Rest der Fahrt verbrachten die beiden in traurigem Schweigen. Jede hing ihren eignen Gedanken nach und verfluchte ihre Situation.
In der Wohnung angekommen suchte Meike eine frische Zahnbürste und ein Handtuch für Simone heraus. Dann warf sie ihr noch ein T-Shirt auf das Bett.
„Schlaf dich aus und dann ruf deine Eltern mal an. Nicht dass die sich unnötig Sorgen machen.“
Simone hatte sich auf die Bettkante gesetzt und nickte niedergeschlagen. Sie schluchzte schon wieder ein wenig, fing sich dann aber.
„Ja mach ich. Versprochen!“, sagte sie und nickte tapfer. „Und noch mal Dank dafür, dass ich hier schlafen kann.“
„Kein Problem. Mach ich wirklich gerne!“ Sie zeigte Simone kurz noch die wichtigsten Sachen in der Wohnung wie Telefon, Fernbedienung, Kaffeemaschine und ähnliches. Dann drückte sie ihre Leidensgenossin noch einmal und verließ die Wohnung.
Als sie die Tür ins Schloss zog, war es kurz nach halb zehn. Meike wollte sich wieder auf den Weg zur Arbeit machen, als ihr die Idee kam, einfach mal unangemeldet bei Jens im Büro vorbeizufahren. Warum sollte nur sie leiden? Es war an der Zeit, die Karten neu zu mischen. Sie rief kurz im Büro an und sagte, dass sie einen halben Tag frei machen würde und erst gegen Mittag im Büro sein würde.
Dann lenkte sie ihren Wagen in Richtung Süden und fuhr zu der Firma, bei der Jens arbeitete.
Zwanzig Minuten später parkte sie auf dem Platz vor dem Bürogebäude. Einer plötzlichen Eingebung folgend blieb sie im Wagen sitzen. Böse grinsend griff sie unter ihr Shirt und öffnete den BH und warf ihn in den Fußraum. „Wichser! Wirst schon sehen, was Du davon hast!“ Sollte doch jeder Kerl auf ihre Nippel glotzen. Wenn sie schon wie eine Schlampe behandelt wurde, konnte sie sich auch so verhalten.
Hoch erhobenen Hauptes stolzierte sie in die Empfangshalle. „Hallo. Ich möchte zu Jens Krüger.“, sie warf dem jungen Empfangsmädchen einen tödlichen Blick zu und dachte. `Na hattest Du seinen Schwanz auch schon in deiner Teeniefotze? `
„Werden sie erwartet?“, ein schnippisch honigsüßes Lächeln empfing sie. „Hör mir mal zu“, sie zögerte, um das Namensschild zu lesen „Carola. Ich werde meinen Freund doch wohl noch ohne Vorankündigung besuchen dürfen, oder?“, sagte sie in einem eiskalten Tonfall.
Das arme Mädchen wurde knallrot. „Natürlich. Entschuldigung. Im vierten Stock.“ Dann bemerkte sie, das Meike keinen BH mehr trug und ihre Augen weiteten sich einen Moment.
Was denkst Du jetzt? Das wir es gleich in seinem Büro treiben? Niemals. Lieber schneid ich ihm die Eier ab, dachte sie.
„Dankeschön!“, giftete sie die Kleine an und ging zu den Aufzügen.
Vor seinem Büro angekommen, warf sie noch einmal einen Blick aus dem Fenster. Der Sommerregen hatte begonnen. Erste Blitze zuckten durch den schwülen Himmel. Meike öffnete die Tür und trat ein.
Jens saß in seiner lockeren Art auf seinem Stuhl und gab irgendwelche Daten in den PC ein. Beim Öffnen der Tür guckte er nach oben und stutze. „Was machst Du denn hier?“, fragte er sichtlich erstaunt
„Ich wollte wissen, warum dieser Scheißkerl von heut Nacht einfach abgehauen ist und mich da allein hat liegen lassen, wie ein billiges Flittchen?“
„Komm rein und mach die Tür zu. Muss ja nicht jeder hören.“ Er guckte ziemlich unsicher aus der Wäsche.
Verärgert warf Meike die Tür ins Schloss und stellte sich mit verschränkten Armen vor den Schreibtisch.
„Also?“, ein eisiger Blick traf Jens. Draußen wurde der Regen stürmischer. Blitze zuckten. Innerhalb von Minuten hatte sich der Himmel komplett verdunkelt. Donner grollte. In dem dunklen Büro wurde Jens nur von dem Licht des Monitors angestrahlt.
„Ich will Antworten.“
„Ich hab das Gefühl, dass das alles falsch ist.“
„Wieso, weil Du noch nicht Deinen Schwanz in meinen Arsch gesteckt hast? Keine Panik, ich hatte da schon was Größeres drin. Das wäre also nicht das Problem.“
Meike war wieder auf 180. Sie kochte vor Wut. Dieses harmlose unschuldige Getue von diesem armen Wicht kotzte sie regelrecht an.
„Wenn Du uns nur ficken willst, und dir meine Gefühle egal sind, dann sag das. Dann muss ich mir nicht so eine Mühe geben. Ficken lassen kann ich mich auch von jemand anderem.
Aber du bist so blöde, dass du selbst das nicht kapierst.“
„Was? Ich versteh Dich nicht“
„Was soll dieses hirnlos doofe Gelaber von: Ich hab das Gefühl, dass das alles falsch ist.“, sie äffte seinen Tonfall noch ein wenig weinerlicher nach, als Jens das selber geschafft hatte.
„Geb doch wenigstens zu, dass es dir nur darum geht, uns beide flach zulegen. Scheint ja eh das Einzige zu sein, was ihr Männer so könnt. Beziehungen zerstören und dann neue Weiber abschleppen.“
„Was willst Du eigentlich?“ So langsam kam Jens aus seiner Defensive. „Glaubst du, du seiest die Einzige, die sich verraten fühlt? Erst benimmst du dich Wochen lang wie eine Eisprinzessin und dann fängst du mit diesem Fick-mich-wann-immer-Du-willst-Gehabe an. Ist dir vielleicht mal der Gedanke gekommen, dass mich das irritiert?“, bei diesen Worten stand er auf und steckte betont lässig seine Hände in die Hosentaschen. Nur noch der Schreibtisch trennte sie.
„Ach und da du ein Kerl bist, bist du, wenn du irritiert bist zu blöd zum sprechen, oder was?“
„Nein. Ich hatte nur keinen Bock auf eine Auseinandersetzung mit dir, aber das kann ich mir ja offenbar von der Backe putzen.“
„Scheinbar.“
„Und nun? Was willst du? Eine Entschuldigung? Eine Erklärung? Ich habe keine! Du schaffst es, dass ich mich von dir emotional löse und eine andere finde und dann machst du mir dieses hormongesteuerte Angebot. Was erwartest du? Dass ich sofort frage wie hoch, wenn du sagst spring?“, er machte eine kleine Pause
„Natürlich hab ich Fehler und mache immer noch welche. Nur wird es schon einen Grund gehabt haben, warum ich gegangen bin und mich nicht bei dir gemeldet habe. Schon mal daran gedacht, dass ich meine Ruhe haben will? Du kommst zu mir und bläst mir einen. Bietest mir dann an dich eine Woche lang test zu ficken, laberst mich am Telefon dicht, dass ich mit dir Champions League Sex haben kann und dann steckst du dir bei meinem Besuch eine Aubergine in die Möse? Ist Dir mal aufgefallen, wie behämmert das klingt, wenn man das erzählt?“
„Du hast dabei vergessen, dass Du in der Zwischenzeit deine Arbeitskollegin in den Arsch und zwischen die Titten gefickt hast, wovon es ja offenbar ein Video gibt, wie ich erfahren habe. Ganz zu vergessen, dass sie von dir vollgepisst werden wollte.“
In diesem Moment ging die Tür auf und Silke stand dort mit einem Lächeln in ihrem Gesicht, das sofort erstarb, als sie Meike erkannte. Ihr zu kurzer Rock spannte sich über ihren großen Hintern.
„Ah da ist die Nutte ja!“, Meikes Mundwerk war schneller als ihr Verstand.
Bevor Silke irgendetwas sagen konnte, ging sie in die Offensive:
„Klingt das nicht seltsam für dich, wenn du das hörst? Und du blöde Fotze guck nicht so. Ich bin hier fertig. Du kannst diesen Wichser haben!“
Mit diesen Worten drehte sie sich um und stolzierte durch die Tür, die Silke immer noch in der Hand hielt und ging in Richtung Aufzüge.
Im Aufzug angekommen atmete sie tief durch. Die zwei würden jetzt eine Menge zu bereden haben. Das lief sogar besser, als sie sich das gedacht hatte. Nur was passierte jetzt? Sie hatte ihrem Ärger Luft gemacht, aber die Situation war nicht wesentlich verändert. Immer noch war Jens mit Silke zusammen. Und über ihre Gefühle war sie sich genauso im unklaren, wie vor diesem Tag. Einerseits hasste sie ihn, für die Affäre mit Silke, andererseits fühlte sie sich immer noch emotional zu ihm hingezogen. Und die körperliche Anziehung war auch nicht zu verachten, obwohl ihr im Moment überhaupt nicht der Sinn nach Sex stand. Sie war immer noch durcheinander.
Der Regen prasselte immer noch, als sie an der Empfangsschönheit nach draußen ging. Auf den zehn Metern zum Wagen wurde sie klatschnass. „Schöne Scheiße, also dann ab ins Büro“
Quälend langsam verstrich die Zeit. Meike versank in der Arbeit und schottete sich gegen alles andere von Außen ab. Arbeiten und vergessen, das war im Moment das Beste. Bloß nicht darüber nachdenken, was sein könnte, wenn. Es gelang ihr, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren und nicht an Jens oder Silke denken zu müssen. Erst das Telefon ließ sie aus ihrer Arbeitswut hochschrecken.
Ihre Telefonnummer wurde im Display angezeigt. „Hi Simone, geht’s dir besser?
„Ja Danke, das Schlafen hat gut getan. Ich wollt mich ein wenig revanchieren und was für uns kochen, wenn Du von der Arbeit kommst. Ist das Ok, wenn ich deine Küche unordentlich mache?“
„Klar.“, das Angebot freute Meike wirklich. „Mach das, solltest alles finden, was du brauchst.“
„Ok bis später dann. Und meine Eltern hab ich auch schon angerufen. Meine Schwester ist gestern auch nicht heimgekommen, wahrscheinlich hat sie die ganze Nacht mit diesem Arsch gefickt.“
Als sie das sagte, klang ihre Stimme nicht mehr traurig und verzweifelt, wie heute Morgen sondern stinksauer. Man merkte richtig, wie wütend sie war und Meike glaubte, dass es weder für Marc noch für Simones Schwester jetzt gut wäre, ihr unter die Augen zu treten.
„Alles klar. Ich freu mich schon und versuch, nicht dran zu denken.“
„Ich gebe mir Mühe. Bye!“
Zwei Stunden später staunte Meike nicht schlecht, als sie in ihre Wohnung kam. Simone hatte geduscht und sah bedeutend besser aus, als heute Morgen. Und auch ihre Wohnung sah gut aus. Der Tisch, auf dem Meike gestern Jens ihre Masturbationsshow geboten hatte, war schön gedeckt. Zwei Pastateller und zwei Rotweingläser standen dort. Die Balkontür stand offen und man konnte von draußen das Zirpen der Grillen und das Zwitschern der Vögel nach dem Sommergewitter hören.
„Ruhe! Endlich Ruhe!“ Eine Last schien von Meikes Schultern zu fallen, als sie sich setzte und Simone angrinste. „Das sieht ja wunderbar aus. Kann ich dich als Haushälterin anstellen?“
„Was zahlst Du denn?“
Beide lachten und Simone begann, die Pasta zu servieren.
„Sieht lecker aus. Was ist denn da drin?“
„Meeresfrüchte. Muscheln, Thunfisch, Kalamaris und Krabben. Mit einer scharfen Pfeffersauce. Mein Geheimrezept. Das mach ich nur für ausgewählte Personen.“ Dabei huschte ein leichter Anflug von Trauer über ihr Gesicht.
„Das hat sie bestimmt auch mal für Marc gekocht“, dachte Meike, sagte aber nichts zu dem Thema und begann den Wein zu entkorken.
Das Essen war wirklich wunderbar. Für einige Zeit vergaßen die beiden ihre Probleme und genossen den lauen Sommerabend und das herrliche Essen. Erst zum Nachtisch – Simone hatte selbst gemachtes Tiramisu aufgetischt – kamen sie wieder auf das leidige Thema zurück, als Simones Handy piepte und sie eine sms von Marc erhielt, der fragte, ob sie sich noch einmal unterhalten könnten.
„Bestimmt nicht. Mit dem Arsch red ich kein Wort mehr. Reicht schon, dass mir meine Scheißschwester wieder über den Weg laufen wird. Ich schreib ihm zurück, dass er meine Sachen seiner Neuen mitgeben kann. Bei seinen Sachen überlege ich noch, ob ich sie nicht lieber verbrenne, als sie meiner Schwester in die Hand zu drücken.“
Meike lächelte: „Ja ist echt Dreck, diese Situation. Aber du weißt wenigstens, was du machen willst. Wenn ich das nur auch mal wüsste.“
„Tja, was meinst du denn, was sich da noch ergeben kann, nachdem du heute in seinem Büro aufgekreuzt bist?“
„Ich werd´s abwarten. Vielleicht meldet er sich ja! Wenn nicht, ist die Sache eh durch. Dann kann er mich mal, oder besser gesagt er kann dann weiter Silke. Dann hab ich nämlich absolut keinen Bock mehr. Dann such ich mir wen anders zum vögeln und lieb haben.“