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Vorwort _ Es ist an der Zeit, meinen Nachlaß zu ordnen. Aus den verschiedensten Gründen standen meine Geschichten auf unterschiedlichen Seiten mit wechselnden Pseudonymen. Nun möchte ich die Arbeit von Jahren bündeln. Eine Nachbearbeitung findet nur rudimentär statt.

Alle Personen in dieser Geschichte sind über 18 Jahre alt.

Die ersten beiden Folgen erschienen 2004 nicht unter dem Serien-Titel ‚Auf neuen Wegen‘, sondern als separate Geschichten. Ich nehme sie diesmal mit dazu, weil sie das Kennenlernen der Hauptpersonen erzählen.

Die Teile 15 bis 18 sind Erstveröffentlichungen.

Die Durchnummerierung ist neu und mit der ursprünglichen Nummerierung nicht mehr vergleichbar.

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Auf neuen Wegen [8] Familienzuwachs

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Samstag

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Ich saß seit Stunden gemütlich in meinem Lieblingskuschelsessel. Auf dem kleinen Glastisch neben mir dampfte eine heiße Tasse Tee, und meine Hand schlich sich, ich weiß nicht zum wievielten Male, zu dem Glasschälchen mit den Dominosteinen. Wenn ich zur Adventszeit an etwas nicht vorbeikomme, dann sind es Dominosteine.

Gerade wollte ich mein Buch aufschlagen, da hörte ich von oben erst ein lautes Gepolter, dann einen spitzen Schrei, gefolgt von einem lauten Lachen. Langsam wurde es mir unheimlich, was die Beiden da oben trieben. Ich legte mein Buch wieder zurück, suchte mit den Füßen die warmen Puschen vor meinem Sessel und stand auf.

Auf dem Weg die Treppe hoch wurde das Kichern und Lachen immer lauter, bis ich, im Türrahmen stehend, den Grund des Heiterkeitsausbruches sah. Und auch ich konnte mich eines Grinsens nicht erwehren.

Bianca, splitterfasernackt, lag, über und über mit Deckenfarbe bekleckert, auf dem mit Plastikfolie abgedeckten Fußboden. Yvonne stand breitbeinig, ebenfalls ohne eine Faser am Körper, über ihr, und versuchte mit Lappen und eilig herbeigeholten Klopapierrollen, die Farbe von Biancas Körper zu wischen. Oder zu verteilen. So genau war das auf den ersten Blick nicht zu erkennen.

Die umgekippte Stehleiter und der ausgelaufene Farbeimer sprachen eine eindeutige Sprache. Ich schaute zur Decke. Das Malheur war wohl beim letzten Pinselstrich geschehen, denn die Decke sah einwandfrei aus. „Wenigstens das haben sie hinbekommen … „, dachte ich.

Bianca schaute mich an und versuchte ernst zu bleiben. Allein ihre Mundwinkel verrieten, dass sie krampfhaft gegen das Kichern ankämpfen musste. Da konnte sie ihre Stirn kräuseln so viel sie wollte. Sie konnte mich nicht täuschen. Mühsam versuchte sie aufzustehen, und Yvonne reichte ihr helfend die Hand.

„Na, die Damen scheinen sich ja ausgesprochen wohl zu fühlen“, sagte ich und schaute sie strafend an. Yvonne und Bianca schauten betreten den Boden an. Wenn sie jetzt lachen mussten, würde alles nur noch schlimmer, das wussten Beide ganz genau. Bianca, über und über mit Farbe beschmiert, war ein Bild der Versuchung. Über ihre, durch viele Monate unter freiem Himmel gebräunte Haut, zogen sich Bahnen von weißer Farbe. Kleine Rinnsaale suchten sich ihren Weg nach unten, umschmeichelten ihren fleischigen Venushügel, liefen nach innen, wo sie letztendlich an den beringten Schamlippen abtropften und auf dem Boden kleine Pfützen bildeten.

Yvonne, wer sonst, hatte, als Bianca noch am Boden lag, ihren Finger in die Farbe getaucht, und kleine Smileys auf die Brüste ihrer gemalt. Ich ging einen Schritt näher, übertrieben nah, und schaute mir die Smileys aus wenigen Zentimeter Entfernung an. Bianca hielt krampfhaft die Luft an, um nicht auflachen zu müssen. Dann drehte ich mich zu Yvonne um, legte ihr die Hand unters Kinn, hob ihr Gesicht, bis sie mir in die Augen schauen konnte. „Das da“, wobei ich mit dem Zeigefinger der anderen Hand auf die Schmierereien deutete, „das warst nicht unter Umständen DU?“

Yvonnes und Biancas Blicke kreuzten sich für einen Sekundenbruchteil, und schon war es mit der mühsam aufrecht gehaltenen Beherrschung vorbei. Wie auf ein geheimes Zeichen hin prusteten Beide los und kriegten sich nicht mehr ein.

Im Türrahmen stehend, drehte ich mich noch einmal um. „Das macht ihr mir aber alles gründlich sauber! Und dann ab unter die Dusche!“ Als ich außer Sichtweite der Beiden war, blieb ich stehen und hielt mir die Hand vor den Mund. Sonst hätte ich auch noch laut losgelacht. „Die Beiden“, dachte ich. „Die haben sich gesucht und gefunden!“

Ich wollte gerade wieder nach unten gehen, da hörte ich Bianca sagen: „Ich muss mal pullern. Bin gleich wieder da.“

„Du wirst dich doch wohl nicht, so mit Farbe verschmiert, auf die Toilette setzen! Bist du verrückt geworden?“, giftete Yvonne.

„Ich muss aber ganz dringend“, quengelte Bianca.

„Dann mach doch einfach hier“, meinte Yvonne lapidar. „Ist eh alles versaut.“

Und kurz darauf hörte ich das typische Geräusch, wenn Wassertropfen auf Plastikfolie fallen.

*

Rückblende

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Nach drei Tagen ging es Bianca schon einigermaßen besser. Dank Yvonnes Hühnerbrühe, die sie ihrer liebevoll mit dem Löffel einflößte, kam Bianca langsam wieder zu Kräften. Am fünften Tag saß sie schon angezogen mit uns am Frühstückstisch, legte sich anschließend aber sofort wieder hin und schlief in einem Stück bis zum späten Nachmittag.

Yvonne und ich saßen zu dieser Zeit in meinem Bett und unterhielten uns. Wir hatten uns eine große Kanne Tee gemacht und naschten etwas von dem Gebäck, das zwischen uns auf einem Teller lag.

Patricia hatte mich in ihrem Abschiedsbrief gebeten, ich solle mich um Bianca kümmern. Und ich erinnerte mich noch gut an den Tag kurz vor ihrer Abreise, als wir uns in einem Restaurant verabredet hatten. Wusste sie da schon, was mit ihr geschehen würde? Oder warum sonst hatte sie an diesem Tag so düster gesprochen und sich so intensiv nach meinen und Yvonnes Gefühlen Bianca gegenüber erkundigt?

Natürlich hätte ich einfach sagen können, Bianca bleibt bei uns und damit basta! Aber ich hielt es für richtig, mit allen Beteiligten darüber zu sprechen. Immerhin ging es um etwas, das unser ganzes Leben umkrempeln würde.

„Du weißt, dass Bianca der Mensch ist, den ich nach dir am meisten liebe“, sagte Yvonne zu mir und schob sich ein weiteres Schokoherz in den Mund. „Also, auch wenn ich hier nichts zu sagen habe“, sagte sie mit vollem Mund und ein wenig übertreibend pathetisch, „aber ich hätte keine Probleme damit, wenn Bianca bei uns bleiben würde. Im Gegenteil!“

„Aber du wärest nicht mehr automatisch die Nummer Eins! Ist dir das überhaupt klar?“, sagte ich und schaute meiner Liebsten in die Augen.

„Natürlich bin ich mir darüber im Klaren“, antwortete mir Yvonne. „Aber ich behalte dich als meine , und bekomme obendrein noch eine dazu … Was will ich mehr …?“

„Nun, zuerst müssen wir mal Bianca fragen, was sie von der Idee hält. Es könnte doch sein, dass sie andere Pläne hat. Ich jedenfalls habe noch nicht mit ihr darüber gesprochen“, sagte ich und griff nach der Zigarettenpackung.

„Im Grunde kannst du dir das auch sparen“, meinte Yvonne und nahm die Zigarette, die ich ihr reichte. „Danke, Yasmin“ Sie inhalierte tief und pustete den Rauch gegen die Decke.

Hätte ich mir eigentlich denken können, dass die Beiden darüber schon gesprochen hatten. „Hat sie dir eigentlich schon erzählt, was Patricia und Bianca in dem knappen Jahr gemacht haben, in dem sie weg waren?“, fragte ich Yvonne.

Yvonne schüttelte mit dem Kopf. „Nee, die hält dicht wie eine Auster.“ Und nach einer Weile: „Ich habe aber auch ehrlich gesagt nicht gefragt.“

„Sie wird schon wissen, wann, und ob überhaupt, sie uns erzählt, was in der Zeit passiert ist“, sagte ich leise vor mich hin.

*

Am selben Abend schaute ich nach Bianca und sah sie aufrecht im Bett sitzen. „Bitte! Komm doch“, sagte Bianca, und streckte beide Arme nach mir aus. Nach ein bisschen Small Talk brachte ich das Gespräch auf Patricias Vermächtnis. Und wie sich herausstellte, hatten Patricia und Bianca schon vor langer Zeit über die Möglichkeit gesprochen, dass ich Bianca aufnehmen würde, wenn Patricia etwas passieren würde. Mir fiel sofort wieder mein letztes Date mit Pat ein. Wie ich heute wusste, hatte sie damals schon die Weichen gestellt.

„Du weißt, dass ich Patricia immer sehr geliebt habe“, sagte Bianca zu mir. „Aber sie hat mich auch auf die Zeit vorbereitet, wenn sie nicht mehr für mich da sein kann. Und du, liebe Yasmin, weißt genau, wie sehr ich mich immer bei dir und Yvonne wohl gefühlt habe. Ich würde mich sehr freuen, mit dir und Yvonne, in deinem Haus, und unter deiner Obhut, zu leben.“

„Dann soll es so sein!“, sagte ich und drückte sie ganz liebvoll. „Das Yvonne sich sehr freuen wird, das zu hören, brauche ich ja wohl nicht extra zu erwähnen“, lächelte ich sie an.

„Nein, das brauchst du nicht“, meinte sie trocken. „Wir haben schon ausgiebig darüber gesprochen. Und ihre größte Sorge war, dass du, aus Rücksicht ihr gegenüber, ‚Nein‘ sagen könntest.“

Und dann tat Bianca etwas, was mich nicht nur überraschte, sondern auch für einen Moment sprachlos machte. Sie schob ihre Hand unter der Bettdecke hervor, griff nach meiner Hand und zog sie unter die Decke. Sie hatte ihre Schenkel geöffnet und drückte meine Handfläche gegen ihr Geschlecht. Ich spürte die Ringe, die ich mir noch nicht genauer angeschaut hatte, aber als ich sie gewaschen hatte, war mir aufgefallen, dass es viel mehr waren, als vor ihrem Verschwinden. Meine Hand gegen ihre Lippen pressend, schaute sie mich mit fast schon verzweifeltem Blick an. „Wenn ich bei dir bleiben darf, muss ich dich aber um etwas bitten. Es ist ungeheuer wichtig für mich, das zu wissen.“

„Und was wäre das?“

„Natürlich bin ich noch ziemlich traurig. Sehr traurig sogar. Aber ich bin, mal abgesehen von meinem Schnupfen“, und dabei lächelte sie matt, „nicht wirklich krank! Und ich will auch nicht als Kranke behandelt werden …!“

Ich nahm meine Hand von ihren Schamlippen und zwickte sie kräftig mit Daumen und Zeigefinger in ihren rasierten Venushügel, bis sie die Stirn in Falten legte und sich ihre Hände in den Stoff des Lakens krallten. Dann stand ich auf, gab ihr einen Kuss auf die Wange und meinte: „Du solltest dich noch etwas ausruhen. In Ordnung?“ Dankbar schaute sie mich an und nickte.

*

Bianca fügte sich in unseren Haushalt nahtlos ein. Es gab kein lautes Wort, es gab keine Streitereien, und wenn etwas nicht so lief, wie ich es wollte, dann sagte ich das in einem ruhigen Ton. Es war selbstverständlich, dass Patricia auf ganz andere Dinge Wert gelegt hatte, als ich es tat. Aber Bianca lernte schnell und Yvonne half ihr dabei, wo sie nur konnte. Mit anderen Worten: Ich ließ die Zügel ganz schön locker, was meine Beiden natürlich bemerkten, aber nicht unbedingt ausnutzten.

Oft sah ich meine beiden Mädchen Händchen haltend irgendwo sitzen, oder sie spazierten im Garten und unterhielten sich über Gott und die Welt. Abends saßen wir dann oft gemeinsam am großen Wohnzimmertisch und spielten Karten oder Scrabble. Irgendwie hatten Bianca und Yvonne ein System entwickelt, auf meine, ich sagte immer gerne ‚Wünsche‘, zu reagieren. Es passierte also so gut wie nie, dass Beide aufsprangen, wenn ich, zum Beispiel, eine Tasse Tee haben wollte. Wie das System der Beiden funktionierte, hatte ich noch nicht herausbekommen, aber es klappte ganz vorzüglich.

*

Zwei Wochen waren inzwischen vergangen, seit Bianca genesen war. Es war ein Freitag, und ich hatte den ganzen Nachmittag in der Firma verbracht. Dr. Deutschmann, mein Geschäftsführer, hatte um diesen Termin gebeten, weil wichtige Entscheidungen anstanden. Auf dem Weg nach Hause rief ich meine Nummer an, damit die Beiden ungefähr wussten, für wann sie das Essen bereiten sollten.

Wenn irgendwann meine Firma den Bach herunter gehen sollte, und ich, aus welchen Gründen auch immer, auch noch meinen Privatbesitz verlieren würde, ich hätte mit den Beiden immer noch ein Restaurant aufmachen können. Yvonne hatte mich ja schon immer auf das Leckerste bekocht, aber seit Bianca unter meinem Dach lebte, hatte die Küche noch einmal einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Langsam aber sicher nervte mich Yvonnes süffisantes Lächeln, wenn ich mal wieder kopfschüttelnd auf der Waage stand. Ich musste wirklich unbedingt was für meine Linie tun!

Nach dem Essen saßen wir noch bei einer Tasse Kaffee zusammen, rauchten, und unterhielten uns über das, was jede von uns den Tag über gemacht hatte. Yvonne hatte einige Stunden in unserem Büro verbracht und Papierkram erledigt. Zwischendurch kümmerte sie sich um die Wäsche. Bianca war den ganzen Tag in der Stadt gewesen. Es gab für sie noch einiges an Behördengängen zu erledigen, anschließend war sie einkaufen. Unser Vorratsschrank leerte sich jetzt merklich schneller.

Als eine Gesprächspause einsetzte, ergriff ich das Wort. „Ich habe mir in den letzten Tagen oft über etwas Gedanken gemacht“, sagte ich, „worüber wir ansatzweise auch schon mal gesprochen hatten.“ Yvonne und Bianca schauten sich fragend an. „Es geht ganz einfach um die Frage, wer in Zukunft wo wohnt und schläft!“ Biancas Gesichtsausdruck ließ keine Rückschlüsse auf das zu, was sie gerade dachte. Sie konnte ein geradezu unheimliches Pokerface auflegen. In Yvonnes Gesicht konnte ich dagegen lesen wie in einem offenes Buch. Sie rechnete mit dem Verlust ihrer Privilegien.

„Die vier Gästezimmer oben brauchen wir ja nicht wirklich“, fuhr ich fort. Ich habe mir überlegt, dass wir die beiden Zimmer, die nach hinten rausgehen, so einrichten, dass ihr dort wohnen könnt. Beide Zimmer haben ein Bad. OK, das ist ziemlich klein, aber es ist alles da, was man braucht.“ Ich schaute von Yvonne zu Bianca und wieder zurück. „Was haltet ihr davon?“

„Supi!“, antworteten Bianca und Yvonne wie aus einem Mund. Allein das Gesicht, das Beide dazu machten, sprach Bände. Während Bianca sich ganz offensichtlich darüber maßlos freute, sah Yvonne ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt.

„Morgen früh fahren wir Farbe kaufen“, sagte ich zu den Beiden, die mit unterschiedlichem Eifer in ihren Tassen rührten. „Danach räumen wir die Zimmer aus, und ihr könnt das Wochenende nach Herzenslust malern. Nächste Woche schauen wir uns dann mal in den Möbelhäusern um.“

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Samstag

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Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen war, aber langsam wurde mir das mit den Beiden unheimlich. Ich hörte nichts mehr von oben. Kein Geraschel, keine Stimmen, nichts! Also suchte ich wieder meine Pantoffel und ging leise die Treppe hoch. Das erste Zimmer war fertig gestrichen, und im zweiten, in dem die Beiden zuletzt gemalert hatten, war ebenfalls fertig. Die Folie hatten sie weggeräumt. Alles war sauber, frisch gewischt und gesaugt. Jetzt wurde ich aber erst recht neugierig. „Wo stecken die Mädchen bloß?“, dachte ich und ging in das Zimmer, welches Bianca die letzen Wochen bewohnt hatte. Aber auch hier waren sie nicht.

„Die werden sich doch wohl nicht hinauf geschlichen haben?“, überlegte ich und stieg die Treppe zu meinem Reich hinauf. Es wäre mir ehrlich gesagt ziemlich egal gewesen, hätten sie mein Badezimmer benutzt. Es war größer und schöner, und wir benutzten es sowieso ständig. „Aber fragen hätten sie schon sollen“, dachte ich. Um so erstaunter war ich, dass ich meine beiden Täubchen auch hier nicht vorfand. „Jetzt bleibt ja nur noch eine Möglichkeit übrig“, überlegte ich. Und wenn sie das gewagt hätten, dann würde es aber was geben. Der Keller war ohne meine Anwesenheit tabu! Und das wussten sowohl Yvonne, als auch Bianca ganz genau.

Als ich die Kellertüre öffnete, wusste ich sofort Bescheid. Das Licht brannte, und vom anderen Ende des Kellers, dort, wo sich die Nasszelle befand, kam leises Kichern. Auf dem Weg dorthin nahm ich eine Gerte aus dem Regal und ließ sie spielerisch wippen.

Das Bild, welches sich mir bot, hätte eindeutiger nicht sein können. Das Wasser der Dusche lief immer noch, und die nassen Körper der Beiden zeigten, dass sie noch vor kurzem geduscht hatten. Jetzt aber stand Bianca mit weit gespreizten Beinen vor der gekachelten Wand, an der sie sich mit beiden Händen abstützte. Vor ihr, mit dem Rücken an der Wand, saß Yvonne, und hatte ihren Kopf in Biancas Schoß vergraben. Sehen konnte sie mich, von ihrer Position aus, nicht.

Ich blieb stehen und schaute mir das Schauspiel eine Weile an.

Yvonne hatte gerade eine Pause eingelegt und sagte zu Bianca aufschauend: „Ich wünschte, Yasmin würde mir auch erlauben, Ringe zu tragen!“ Dabei strich sie zärtlich über die Piercings, die in Biancas Schamlippen baumelten.

„Ich an deiner Stelle würde nicht darauf bestehen“, meinte Bianca auf ihre Freundin hinabschauend.

„Wieso? Sieht doch toll aus!“

„Manchmal bist du so naiv“, sagte Bianca. „Meinst du etwa, ich trage die, weil mir das Spaß macht?“

„Klar, dachte ich das. Warum denn sonst?“

„OK … Den ersten Ring habe ich mir wirklich gewünscht. Weil ich mal Patricia hab sagen hören, das würde ihr gefallen. Und weil ich ihr eine Freude machen wollte, habe ich sie um Erlaubnis gefragt, mir einen stechen lassen zu dürfen. Aber als ich den Ring erst mal hatte, kam Patricia auf den Geschmack. Und als sie erst mitbekommen hat, wie praktisch der Ring war, wenn sie mich piesacken wollte, gab’s kein Halten mehr.“

„Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht“, meinte Yvonne nachdenklich.

„Also halte in Zukunft besser den Mund!“, sagte Bianca.

Aber Yvonne hatte noch eine Frage auf der Zunge: „Und warum nimmst du sie nicht einfach heraus? Jetzt?“

„Weil mir Yasmin das nicht erlaubt hat!“

„Aber du könntest schon, oder?“

„Na klar. Die Ringe haben zwar einen speziellen Verschluss, aber ich habe die Schlüsselzange, ohne die sich die Ringe nicht abnehmen lassen, oben in meinem Zimmer.“

Dieses kurze, wenn auch belauschte Gespräch, hatte mir mehr Informationen über Biancas Denkweise gegeben, als ich aus unseren Gesprächen erfahren hatte. Und ich hatte durchaus vor, diese Informationen auch zu nutzen! Aber jetzt wollte ich dem Treiben erst mal ein Ende setzen. „Wie ich sehe, fühlen sich die Damen ausgesprochen wohl hier unten …?“, sagte ich laut.

Bianca drehte sich mit einem Ruck herum, und Yvonne beeilte sich auf die Beine zu kommen. „Wir waren so mit Farbe beschmiert“, entschuldigte sich Yvonne, „dass wir nicht das Badezimmer oben schmutzig machen wollten.“ Und mit einem Blick, der Steine zum Erweichen gebracht hätte, fügte sie hinzu: „Hier unten können wir doch alles einfach mit dem Schlauch abspritzen … .“

Obwohl sie damit Recht hatte, konnte ich das nicht durchgehen lassen. Außerdem war es sowieso an der Zeit, Bianca eine Abreibung zu verpassen. Sie sollte nicht denken, ihre Schonfrist ginge ewig. Ich schaute Bianca in die Augen. „Regel Nummer eins den Keller betreffend …?“, fragte ich lauernd.

„Wir dürfen den Keller nie ohne deine Erlaubnis betreten!“, sagten Beide wie aus der Pistole geschossen.

Ich schaute sie eine ganze Weile an, dann blickte ich nach links, nach rechts, über die Schulter — und wieder die Sünderinnen an.

„Wir dürfen den Keller nie ohne Ihre Erlaubnis betreten, Yasmin“, korrigierten sie sich. Die erste Ohrfeige, die sie völlig unvorbereitet traf, war für die ‚Herrin‘. Ich mochte diese Anrede überhaupt nicht. Die zweite Klatsche gab’s nur der Symmetrie wegen.

„Wir dürfen den Keller nie ohne deine Erlaubnis betreten, herzallerliebste Yasmin!“, korrigierten sie sich ein weiteres Mal. Ich überlegte, ob sie mich in diesem Moment auf den Arm nehmen wollte, aber ihr Blick war klar und offen.

„In zehn Minuten seit ihr oben, meine Damen!“, sagte ich laut und schnitt mit der Gerte ein Stück Luft in Scheiben.

*

Ich hatte mich gemütlich auf mein Bett gesetzt und nippte an einem Glas Sekt, das ich mir zur Feier des Tage gegönnt hatte. Mein Blick fiel zur Treppe, wo gerade Yvonne und Bianca erschienen. Natürlich hatten sie es nicht in zehn Minuten geschafft. Dafür aber hatten sie sich in Schale geworfen. Yvonne, die Blonde mit der Porzellanhaut, trug schwarze Pumps und schwarze, halterlose Strümpfe. Bianca, mit ihren schwarzen Haaren und dem sonnenbebräunten Teint, trug das Gleiche, nur in weiß. Ein Bild, bei dem mir das Wasser im Mund zusammen lief.

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