Es war vor langer Zeit. Es waren auch ganz andere Zeiten. Damals hatte ich mir noch nicht eingestehen wollen, dass ich auf Männer stehe. Wenn ich einem gutaussehenden Mann begegnete, schaute ich ihn mir schon mal genauer an, und zwar umso mehr, je mehr nackte Haut zu sehen war. Aber ich redete mir ein, dass ich mich einfach nur mit ihnen vergleichen wollte und auf ihren tollen Körper neidisch war. Ich war weit davon entfernt, mir vorstellen zu können, dass ich eines Tages mit einem Mann ins Bett gehen würde und noch weniger, dass ich eines Tages sagen würde: Ich bin schwul!
Zu dieser Zeit war ich, Leon, 24 Jahre alt, studierte in Mainz und wohnte dort in einer 4er-WG mit zwei Kerlen und einem Mädel: Mirko (25), Benjamin (23) und Verena (24). Eigentlich bin ich überhaupt nicht der WG-Typ. Mein Einzug in diese WG ein Jahr zuvor war vielmehr eine spontane Aktion — und eine Verzweiflungstat. Im dunklen Kämmerchen, in dem ich zuvor gelebt hatte, hatte ich es nicht mehr länger ausgehalten und für eine größere eigene Wohnung hatte mir schlicht das Geld gefehlt. Als Fan von Sauberkeit und Ordnung war das WG-Leben für mich zwar eine Herausforderung, mit meinen Mitbewohnern hatte ich aber echt Glück. Und nicht nur in dieser Hinsicht. Wir waren vom Temperament her sehr verschieden, kamen aber gut miteinander zurecht. Ab-und-zu unternahmen wir etwas zusammen, aber im Wesentlichen lebte jeder sein eigenes Leben. Und was mir als noch recht schüchterner Mensch gefiel: Jeder hatte doch recht viel Privatsphäre.
Über eine Seite des WG-Lebens hatte ich mir vor meinem Einzug allerdings viel zu wenig Gedanken gemacht: über das Sexleben. Nun gut, bei mir stellte sich die Frage eigentlich auch nicht. Es war keine sehr einfache Zeit für mich. Mit meinem Körper war ich nicht wirklich zufrieden. Ich fand mich zwar nicht hässlich, aber viel zu dünn. Während mehr als einer neidisch darauf war, dass ich so viel essen konnte wie ich wollte, ohne ein Gramm zuzunehmen, trieb mich mein Stoffwechsel in den Wahnsinn. Aber Lust auf intensives Fitnesstraining hatte ich auch nicht, sodass sich an meiner Figur natürlich nichts änderte. Mit Frauen hatte ich lange überhaupt kein Glück: Mit meinen 1,80 Metern, meinen dunkelbraunen Haaren, meinem damals bartlosen und fast noch kindliches Gesicht war ich für manche Frauen zwar attraktiv — aber leider waren es nie diejenigen, an denen ich selbst Interesse hatte. So war ich auch mit 25 Jahren noch Single — und Jungfrau.
Das war in unserer WG allerdings nicht bei jedem so. Gerade Mirko und Verena hatten ein sehr erfülltes Liebesleben. Gefühlt ständig brachten sie jemanden mit nach Hause oder verbrachten die Nacht woanders. Wenn sich einer von den beiden in ihrem Zimmer vergnügte, bekam ich das natürlich mit. Einerseits fand ich die Geräusche schon ziemlich antörnend und, so sehr ich mich im Nachhinein dafür schämte, hatte ich mir schon mehr als einmal einen abgewichst, während Mirko und Verena es gerade mit wem auch immer wild trieben. Andererseits aber wurde ich dadurch noch stärker mit meinem eigenen Versagen auf konfrontiert. Und so war ich jedes mal, wenn einer meiner Mitbewohner gerade eine heiße Nacht hatte, noch neidischer und frustrierter. Meinen Frust wichste ich mir regelrecht raus und ich datete umso mehr Frauen, aber es änderte nichts daran, dass ich nach wie vor erfolglos blieb. Vermutlich hatten die Menschen, mit denen ich in Foren zu diesem Thema schrieb, Recht mit ihrer Meinung, dass mir die Frauen meine verzweifelte Suche anmerkten.
Seit etwa drei Monaten war das aber anders. Durch das Studium hatte ich vorletztes Semester ein Mädchen kennengelernt. Sie hieß Sabrina, war mittelgroß und schlank, hatte mittellange dunkelblonde Haare und relativ kleine, aber feste Brüste. Erst war sie mir nicht wirklich aufgefallen, sie saß einfach mit mir in einem Kurs jeden Mittwoch Vormittag. Doch irgendwann beschloss das Schicksal in Gestalt des Dozenten, dass wir ein Referat zusammen halten mussten. Und so kam es, dass wir uns ein paar Mal außerhalb des Kurses trafen — in der Bibliothek, in der Mensa — um das Referat zusammen vorzubereiten. Wir verstanden uns gut und hatten gute Gespräche. Als die Semesterferien begannen, verlief sich der Kontakt, doch im neuen Semester trafen wir uns wieder, dieses Mal hatten wir sogar zwei Kurse zusammen. Und in einem davon hatte der Dozent eine mehrtägige Exkursion geplant. Dabei kamen wir uns näher. Nach dem Programm hatten wir abends immer Zeit zur freien Verfügung. Eine Zeit, die wir nutzten, um in kleinen Gruppen etwas essen und trinken zu gehen. An einem Abend waren Sabrina und ich in der gleichen Gruppe und fingen an, uns besser kennenzulernen. So erfuhr ich zum Beispiel, was sie in ihrer Freizeit am liebsten macht, was für Musik sie hört und was ihre Lieblingsfilme sind.
So kam es, dass wir nach der Exkursion regelmäßig zusammen Mittagessen gingen. Ich merkte relativ schnell, dass ich mich in Sabrinas Anwesenheit sehr wohl fühlte, dass ich mich jedes Mal freute sie zu sehen, und dass etwas anders war als mit meinen anderen weiblichen Freundinnen. Ja, ich fand sie auch ziemlich attraktiv. Aber abgesehen davon, dass ich in Sachen Liebe total unerfahren war, war ich viel zu schüchtern um die Initiative für irgendetwas zu ergreifen. Ich kann von Glück reden, dass Sabrina da viel selbstbewusster war. An einem schönen Frühsommertag schlug sie mir vor, zusammen eine Fahrradtour zu machen. Es wurde ein sehr schöner Nachmittag. Nach etwa 1,5 Stunden schlug Sabrina vor, eine Pause zu machen und sich auf eine Wiese zu setzen. Langsam merkte ich, dass sie mich plötzlich anders anschaute. Als ich sie anlächelte, legte sie ihre Hand auf meine und rückte näher an mich heran. Dann nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und küsste sie.
Erst blieben unsere Lippen geschlossen, dann öffnete sie sie und gewährte meiner Zunge Zugang in ihren Mund. Unsere Zungen vereinigten sich zu einem innigen Kuss, nach einer Weile traute ich mich sogar, meine Hand unter ihr T-Shirt wandern zu lassen und sie am Bauch zu streicheln, ohne jedoch ihre Brüste zu berühren. Ich war im siebten Himmel und wünschte mir, dass dieser Moment nie zu Ende geht. Doch Sabrina musste leider am nächsten Tag zu ihrer Familie fahren und am Abend noch etwas Wichtiges für die Uni fertig machen, sodass wir uns für meinen Geschmack viel zu früh auf den Rückweg machen mussten.
Aber von diesem Tag an war nichts mehr wie es war. Wir trafen uns mehrmals die Woche und zwei Wochen nach der Radtour hatten wir unser erstes Mal — was gleichzeitig auch mein erstes Mal war. Sabrina hatte schon mehr Erfahrung, sie nahm es mir aber nicht übel, dass nicht alles reibungslos lief. „Setz‘ dich nicht unter Druck, du wirst sehen, es wird immer besser werden.“, meinte sie liebevoll. Und sie hatte Recht. Auch ich entwickelte mich dank Sabrina positiv weiter. Sie war ein echter Glücksfall. Ich wurde selbstbewusster, lockerer, und war einfach nur überglücklich. Manche meiner Freunde und Verwandten konnten mich kaum wiedererkennen. Auch wenn ich ihnen Sabrina noch nicht vorgestellt hatte — wir wollten uns erst besser kennenlernen — spürten sie, dass ein Mädchen der Grund für mein verändertes Auftreten sein musste. Nach ein paar Wochen des Kennenlernens, das war etwa vier Wochen nach der Radtour, beschlossen wir, uns nun als Paar zu präsentieren. Und ich liebte sie, wie man einen Menschen nur lieben kann, ich war so glücklich wie noch nie zuvor in meinem Leben.
So gut ging es leider nicht einmal einen Monat. Inzwischen war das Semester vorbei. Ich liebte Sabrina zwar nach wie vor, aber sie — und parallel dazu unsere Beziehung — durchlief gerade eine schwierige Phase. Sabrina, die mir im Studium voraus war, hatte mit ihrer Masterarbeit begonnen. Leider hatte sie sich ein besonders schwieriges Thema ausgesucht, für das zu allem Überfluss auch sehr zeitintensive Umfragen notwendig waren. Nicht nur, dass unser geplantes verlängertes Wochenende in Prag verschoben werden musste — wir hatten auch kaum noch Zeit zusammen. Da Sabrina abends oft in ihrer WG blieb, um bei der Masterarbeit voranzukommen oder nach einem Treffen wieder zurück an den Schreibtisch musste, hatten wir nur noch selten Sex. Das war für mich ziemlich frustrierend, aber da ich meiner Freundin schon nicht bei der Arbeit helfen konnte, versuchte ich ihr zumindest keinen privaten Stress zu machen. Sie war mit der Situation auch nicht zufrieden und zeigte sich sehr dankbar für mein Verständnis.
Mit jeder Woche wurde es allerdings schwieriger, die Situation auszuhalten. Wir schrieben uns zwar mehrmals täglich, telefonierten mindestens einmal pro Tag, sahen uns so oft es ging. Aber es reichte mir nicht und, schlimmer noch: Ich hatte den Eindruck, dass meine Freundin oft woanders mit den Gedanken war. Ich sprach sie vorsichtig darauf an und sie versprach mir, sich in der knappen Zeit, die wir zusammen hatten, künftig ganz auf uns zu konzentrieren. Das sagte sie mir, während wir Hand in Hand am Rhein spazieren gingen. Ich gab ihr als Antwort einen langen Kuss. Tatsächlich gab sie sich Mühe, doch leider hatten wir nach kurzer Zeit nicht mehr, sondern noch weniger Zeit zusammen. Um es besser auszuhalten sagte ich mir immer wieder, dass es nur eine kurze Durststrecke sei, die höchstens noch ein paar Monate dauern würde. Ich versuchte, mir so wenig wie möglich anmerken zu lassen, aber in Wirklichkeit war ich ziemlich frustriert und irgendwie auch zunehmend wütend.
An einem Donnerstag Abend, als meine Mitbewohner und ich alle am Küchentisch saßen, sprach mich Benjamin auf meine schlechte Laune an und fragte (nicht ganz uneigennützig), ob sie denn irgendetwas tun könnten, um meine Laune wieder etwas zu heben. Ich dankte ihm, meinte aber nur, dass es sich schon wieder einrenken würde. Da meldete sich Mirko zu Wort und kündigte uns an, dass eine alte Schulfreundin ihn am nächsten Tag besuchen würde und zwei Tage bei uns in der WG wohnen würde. Das hatte mir gerade noch gefehlt! Ich hatte null Bock auf Smalltalk und auf die „Ich tue so als ob alles in bester Ordnung wäre“-Show! Außerdem hatten wir in der WG das so vereinbart, dass Besuche mindestens ein paar Tage vorher angekündigt werden sollten.
– „Und das fällt dir jetzt erst ein?“, fragte ich deshalb Mirko in einem vorwurfsvollen Ton.
– „Ey, chill doch mal! Hatte gerade echt ’ne Menge Stress an der Uni und bei der Arbeit und hab’s vergessen. Außerdem war’s bis gestern gar nicht sicher.“
Da Benjamin und Verena merkten, wie ich mich körperlich immer mehr anspannte, griffen sie ein, um eine Eskalation zu verhindern. Das gelang ihnen erstaunlich gut, aber bevor ich auf mein Zimmer ging, sagte ich in Richtung Mirko: „Aber lasst mich bloß in Ruhe!“
An besagtem Freitag sorgte ich dafür, bei der Ankunft von Mirkos Besuch nicht zu Hause zu sein. Ich blieb extra lange in der Bibliothek und ging anschließend mit Jannis etwas trinken, einem Freund den ich ein gutes Jahr vorher bei einem Sprachstammtisch kennengelernt hatte. Jannis, der selbst in einer Beziehung war, konnte meinen Frust gut verstehen und versuchte, mich aufzumuntern. Nachdem ich mich ein bisschen ausgekotzt hatte, redeten wir über etwas anderes. Jannis erzählte mir lustige Anekdoten, die mich zum Lachen brachten. Der Abend mit ihm war genau das, was ich brauchte. Wir blieben stundenlang in der Bar, erst gegen 1 machten wir uns auf den Weg nach Hause. Ich wäre am liebsten noch länger geblieben, aber Jannis hatte am Wochenende volles Programm. Als ich in die WG kam, war es ruhig. „Gott sei Dank!“, dachte ich mir. Da alle entweder schliefen oder weg waren, blieb mir die Begegnung mit Mirkos Besuch wenigstens erspart. Ich ging in mein Zimmer, zog mich bis auf meine Boxershorts und mein T-Shirt aus und ging ins Bad. Vor dem Einschlafen schrieb ich noch kurz Sabrina.
Am nächsten Tag wachte ich erst gegen 11 auf. Die Stimmen in der Küche verrieten mir, dass die ganze WG dort war. Ich stand auf, zog mir eine Jogginghose an, ging dann ins Bad und anschließend in die Küche.
– „Guten Morgen Leon! Na, gut geschlafen?“ fragte mich Verena.
– „Morgen! Ja bestens! Und ihr?“
– „Darf ich vorstellen?, klinkte sich Mirko nach einer Weile ein. Das hier ist Leon, mein vierter Mitbewohner. Und das ist Janina, mit der ich Abi gemacht hab‘.“
Janina und ich gaben uns zur Begrüßung kurz die Hand. Sie war von der Körpergröße und Statur wie Sabrina, hatte aber hellbraune mittellange Haare und ein dunkleres Hautteint. Auf den ersten Blick machte sie einen sympathischen Eindruck. Wir frühstückten alle zusammen und ich musste zugeben, dass Janina nicht der schlimmste Gast war, den wir in der WG im vergangenen Jahr hatten. Nach dem Frühstück sagte uns Verena, dass sie nun gehen müsste.
– „Hast du noch was geplant“, fragte ich sie überrascht.
– „Ich fahr ja übers Wochenende zu meinem Freund.“
– „Ah, echt? Wusst‘ ich gar nicht.“
– „Wärst du vorgestern nicht so früh schlafen gegangen, hättest du’s mitgekriegt“, sagte sie mit einem Grinsen.
Der Nachmittag verlief unspektakulär: Nach dem Frühstück duschte ich, dann telefonierte ich kurz mit Sabrina und schließlich machte ich noch was für die Uni. Abends wollten Mirko, Janina und Benjamin essen gehen und dann auf eine Party. Sie boten mir ab, mich ihnen anzuschließen. Ich lehnte dankend ab, womit sie sich aber nicht gleich geschlagen gaben. Sie hakten mehrmals nach, Mirko meinte, dass es mir gut tun würde und Janina versuchte, mich damit zu überzeugen, dass es ja ihr letzter Abend in Mainz sei. Doch ich widerstand dem Gruppenzwang und freute mich auf einen ruhigen Abend zu Hause. Als sie später weg waren, machte ich es mir gemütlich: Ich wechselte meine Jeans gegen eine weiße Jogginghose, machte mir was Kleines zu essen, setzte mich mit meinem Teller und einer Cola auf die Couch und schaute mir Serien an. Es war gegen halb 2, als ich hörte wie die Tür geöffnet wurde. So früh hätte ich mit ihnen nicht gerechnet. Ich drehte den Kopf Richtung Wohnzimmertür und sah, dass nur Janina und Benjamin da waren. Benjamin schien es ziemlich übel zu gehen.
– „Was ist passiert?, fragte ich etwas erschrocken. Und wo ist Mirko?“
– „Lange Geschichte, sagte Verena. Erzähl‘ ich dir gleich. Aber hilfst du mir erst, Benni auf sein Zimmer zu bringen?“
Als wir ihn auf sein Bett gelegt hatten, meinte Janina: „Sollen wir ihn nicht ausziehen?“
– „Nee passt schon, es reicht wenn wir ihm die Schuhe ausziehen.“
Dann gingen wir zum Wohnzimmer zurück. Ich holte eine Limo für Janina und wir setzten uns auf die Couch. Janina hatte sich ziemlich aufgebrezelt. Sie trug einen kurzen, hautengen schwarzen Rock und ein ebenso schwarzes hautenges Top mit einem ziemlich tiefen Dekolleté. Das Top brachte ihr Brüste, die größer waren als die von Sabrina, sehr gut zur Geltung. Sie hatte sich gut geschminkt, ohne dass es zu viel war. Ich musste gestehen: Sie sah sexy aus.
Sie erzählte mir, dass Mirko auf der Party ziemlich schnell ein Mädel kennengelernt hatte, die er ziemlich heiß fand und mit der er den ganzen Abend rumgemacht hatte. Als sie gerade auf der Toilette war, war Mirko kurz zu Janina und Benjamin gekommen, die gerade in einer Ecke einen Cocktail tranken, um sie zu fragen ob sie alleine zurecht kämen und ob sie ihm böse wären wenn er sie alleine lassen würden; so eine geile Braut könnte er sich nicht entgehen lassen.
– „Typisch Mirko!“, lachte ich laut auf.
– „Er war schon mit 17 so. Es ist gefühlt mit der Hälfte der Mädchen des Jahrgangs in die Kiste gesprungen.“
– „Wow, krass!“
– „Scheint dich zu überraschen?“
– „Naja, ich hätt‘ jetzt nicht gedacht, dass er wie ein Mönch gelebt hat, aber so krass hab‘ ich mir das nicht vorgestellt.“
– „Ich könnte mir gut vorstellen, dass du es sogar wilder bist als Mirko. Oft haben es Jungs, die so unschuldig sehen, Faustdick hinter den Ohren.“, meinte sie zwinkernd.
– „Tja, ich hab‘ ’ne Freundin.“, versuchte ich mit einem bemüht lockeren Ton das Thema zu beenden, das mir allmählich unangenehm wurde. „Aber wir haben jetzt viel über Mirko geredet, mich würd‘ mal interessieren was eigentlich mit Benjamin passiert ist?“
– „Nicht so spannend. Er hat sich einfach total volllaufen lassen. Er war irgendwie frustriert.“
– „Mehr nicht?“
– „Eigentlich fand ich es vorher spannender.“
– „Was meinst du?“
– „Muss ich deinem Gedächtnis wirklich auf die Sprünge helfen?“
– „Wir waren damit doch fertig, oder?“, versuchte ich mich wenig überzeugend aus der Sache herauszuziehen.
– „So wie du meiner Frage ausgewichen bist?“
– „Wie gesagt, ich bin in ’ner Beziehung.“
– „Das hast du schon gesagt. Und wie warst du früher? Oder wenn du jetzt als Single wärst“
– „Das willst du lieber nicht wissen! Auf jeden Fall nicht so aktiv wie Mirko!“
– „Hört sich gerade so an als wärst du das heimlich gern?“, fragte sie mit einem lasziven Augenzwinkern.
– „Ganz sicher nicht!“
– „Aha, und ich dachte ihr Kerle könnt nicht gut davon bekommen?“
– „Ja, schon, aber…“
– „Benjamin hat mir, als er noch nicht völlig weggetreten war, erzählt dass es ziemlich frustrierend ist in einer WG zu leben, in der ständig einer seine neue Eroberung mit nach Hause nimmt und dann hören zu müssen wie sie es wild miteinander treiben. Das ganze Geschreie und Gestöhne.“
– „Ja, schon…“, sagte ich und bereute es auf der Stelle. Ich begab mich langsam auf dünnes Eis.
– „Wusst‘ ich’s doch!, sagte Janina beinahe triumphierend. Und hast du dir auch mal einen abgewichst, während Mirko oder Verena gerade geilen Sex hatten?“
– „Wieso auch?“
– „Dein Mitbewohner ist es nach dem dritten Cocktail sehr gesprächig geworden.“
– „Und das hat dir Benjamin gesagt??“, fragte ich, während es mir allmählich sehr unangenehm wurde und ich langsam errötete.
– „Hat er! Und was ist mir dir?“
– „Naja, ich… ich“ — „Also ja!“
– „Nein, also…“, sagte ich, doch mein Kopf, der rot war wie eine Tomate, verriet mich.
– „Sicher?“, gab mir Janina noch eine Chance.
– „Ja, ok, es ist mal passiert…“ Mir war extrem warm, auch wenn ich nur ein T-Shirt anhatte und es im Wohnzimmer bestimmt nicht mehr als 20 Grad hatte.
– „Hab‘ ich’s mir doch gedacht! Ihr seid ja echt zwei ziemlich versaute Böcke! Und dann tut ihr so unschuldig?“
Es war mir so unangenehm, dass ich anfing zu stottern. „Naja… also… i…i… ich… D… d…. das… w… war… einmal… also… schon vor Längerem und…“
– „Einmal? Ja, ja, klar! Und bei wem war’s am Geilsten? Mirko oder Verena?“
– „W….w… was??“
– „Ach, kommt schon! Jetzt wo du eh durchschau bist, kommt es darauf auch nicht mehr an, oder?“
Mir entfuhr ein verlegenes Kichern.
– „Und?“
– „Willst du’s wirklich wissen?“
– „Ja klar!“
– „… Bei Mirko…“, sagte ich und senkte beschämt meinen hochroten Kopf. Nun hoffte ich, dass Janina meine Beule in der Jogginghose nicht bemerken würde. Aber wie sollte das möglich sein, wenn wir weiter über dieses Thema reden würden?
– „Hab‘ ich mir fast gedacht! Er ist bestimmt ein geiler Stecher!“, meinte Janina mit einem sehr verschmitzten Lächeln.
– „Dem Gestöhne der Frauen zu urteilen ja“, gab ich zu.
– „Wow!“
– „Aber ich hätte eigentlich gewettet, dass du zur einen Hälfte der Mädchen eures Jahrgangs gehörst?“
– „Kann ich dir ein Geheimnis anvertrauen?“
– „Na da bin ich mal gespannt!“
– „Ich hätt’s mir nur zu gern von diesem geilen Hengst besorgen lassen, aber wir sind seit der 6. Klasse befreundet und er geht aus Prinzip nicht mit Freunden ins Bett.“
Ihre Offenheit und versaute Sprache hauten mich fast um.
– „Was hast du denn von ihm mitbekommen, als du gelauscht hast?“
– „Äh, was?!“
– „Na sag‘ schon!“
– „Naja, wie ein Kerl halt stöhnt. Und Klatschgeräusche.“
– „Du hast ziemlich gut gelauscht.“
– „Naja, bei der Lautstärke“, lachte ich und wurde allmählich etwas lockerer.
Doch dann fragte Janina: „Und wie bist du denn so im Bett?“
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