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Die hier beschriebene Episode liegt zeitlich zwischen denen in meinem Erzählungen „Der weltberühmte Pianist …“ und „Der Wanderclub“. Der Held der vorliegenden Geschichte ist derselbe wie im „Ersten Eheleben“; darauf wird hier auch Bezug genommen.
Zur Übersicht für die geneigte Leserin und den geneigten Leser — es gibt ja deren einige, denen meine Geschichten gefallen — hier eine Übersicht meiner bisher hier eingereichten Geschichten:
Das Obligarorische
Lernen fürs Abitur
Erstes Eheleben
Auf Schlingerkurs in den Hafen
Der weltberühmte Pianist hat heute nicht seinen besten Tag
Auf der Durchreise
Der Wanderclub
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Meine Liebschaft — praktisch Eheleben, wenn auch Fernehe — mit Theo hatte sich perfekt eingespielt, ich besuchte ihn zwei- bis dreimal pro Woche, und außerdem „analysierten“ wir bei ihm so manchen Konzert- und Ausstellungsbesuch, und nachdem uns einer meiner Kollegen zweimal bei solchen Gelegenheiten zusammen gesehen hatte, galt ich bei ihm als untreue Ehefrau — allerdings war er ein Anständiger und machte nur mir gegenüber Bemerkungen darüber — als also mein Doppelleben perfekt lief, rief mich eines Abends Trudi an:
„Hallo, Melanie, wie geht es dir — rate mal, wer mich angerufen hat — das rätst du nie!“
„Peter!“
Das verschlug Trudi für mindestens zwei Minuten die Sprache — dann stotterte sie:
„Woher — weißt du das?“
„Intuition — und du hattest einen Peter-Ton.“
„Sag mal: kannst du frei sprechen — ist Dieter nicht zu Hause?“
„Nee, der ist noch nicht nach Hause gekommen –„
„Vielleicht ist er bei seiner Tussi.“
„Vielleicht — oh, nein, ich hör ihn in die Garage fahren. Also Trudi, sag schnell, was hat Peter gesagt?“
„Er ist gerade in Hamburg und möchte dich sehen — er wußte nicht, ob er dich anrufen kann, deine Nummer hatte er schon richtig rausgefunden — also, du kannst ihn abends im Hotel anrufen und was verabreden — ich sag dir schnell die Nummer — tschüs!“
Da kam auch schon Dieter herein und sagte:
„Guten Abend, Melanie — hast du gerade mit Trudi telephoniert — hat sie wieder einen ihrer Liebeskummer?“
„Na ja, sie hat über einen ihrer Freunde gesprochen, den kenn ich auch noch von früher.“
Nach dieser Halbwahrheit ließ Dieter das Thema auf sich bewenden.
Abends anrufen — das war problematisch. Am Tage wäre es einfacher gewesen. Aber ich wollte den lieben Peter unbedingt sehen, und ich hatte Trudi bei dem kurzen Gespräch nicht fragen können, ob sie wußte, wie lange Peter in Hamburg bleibt.
So ging ich, als der Fernsehabend begonnen hatte und Dieter aufmerksam den „Monitor“ verfolgte, in den Flur zum Telephon und wählte die Nummer, die mir Trudi gegeben hatte.
„Hier Waldhotel Remmel — womit kann ich Ihnen dienen?“
Hatte mir die blöde Trudi doch nicht Peters Durchwahl- oder wenigstens Zimmernummer gegeben! Wie hieß eigentlich Peter mit Nachnamen — als Studenten hatten wir uns natürlich nur beim Vor- oder Kosenamen genannt!
Zum Glück fiel mir über die längst verschüttete Eselsbrücke vögeln — Vogel — Singvogel ein:
„Verbinden Sie mich bitte mit Herrn Peter Fink!“
„Einen Moment bitte!“
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„Hallo, hier Peter Fink.“
„Hallo Peter, hier Melanie.“
„Mensch, Melanie, das freut mich aber, daß du anrufst. Wie geht es dir? Was machst du? Was macht dein Dieter? Hast du schon Kinder?“
„Also Peter –„
„Was ist, Melanie?“
„Ich kann hier nicht frei sprechen — können wir uns irgendwann, irgendwo treffen? Wie lange bist du noch in Hamburg?“
„Noch drei Tage! Kannst du morgen nachmittag ins Remmel kommen? Du weißt doch, wo das ist? Hier ist nicht viel Betrieb, aber ein erstklassiges Restaurant. Da können wir was essen und erzählen.“
„Um vier?“
„Wunderbar. Ein Bussi auf deinen Busen!“
„Frechdachs! Ich bin verheiratet!“
„Na und? War ja nur in Gedanken!“
„Das glaubst du doch selbst nicht!“
„Also, Melanie — hast du eben einen Kuß auf deinen Busen gekriegt? — Na, also: nur in Gedanken! — Tschüs bis morgen!“
Nu ja, der liebe Peter — der Stimme nach ein bißchen forscher und selbstbewußter geworden!
Würde Peter versuchen, mich nach dem Essen ins Bett zu kriegen? Wahrscheinlich würde er — oder war er vielleicht auch verheiratet und wollte wirklich „nur“, daß wir von den sieben Jahren erzählen, die vergangen waren, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
Vielleicht war bei ihm mit seinem sehr liberalen bürgerlichen Elternhaus mehr das Bürgerliche durchgeschlagen — aber das paßte nicht zu Peters frechem Busenkuß.
Ich erwischte mich am Abend und am folgenden Tag dabei, daß ich überhaupt nicht daran dachte, ob ich Dieter vielleicht noch untreuer würde, wenn ich Peters zu erwartenden Avancen nachgäbe — wieviel Frauen hatte Dieter schon neben mir gehabt mit seinen Besuchen bei gewissen Damen?
Nur wegen Theo hatte ich ein schlechtes Gewissen — allerdings war erst übermorgen wieder ein Besuch bei ihm geplant. Ich hatte ihm zwar von Peter erzählt, aber nur als Jugendfreund — würde ich ihm von einem neuen Treffen mit Peter erzählen, auch wenn es nicht platonisch verliefe?
Am Nachmittag des nächsten Tages zog ich einen nicht zu kurzen, weiten Rock an, um Peter nicht gleich zu sehr aufzuheizen. Dieter hatte ich erzählt, ich müsse mit einem Kollegen etwas Stundenplanmäßiges besprechen.
So fuhr ich raus zu Remmel, gespannt darauf, wie sich Peter in den vergangenen Jahren verändert oder nicht verändert haben würde.
Als ich auf den Parkplatz einbog, kam Peter schon zu meinem Auto gelaufen, und kaum war ich hinausgeklettert, setzte Peter zum Kusse an — zog dann aber zurück und sagte:
„Toll siehst du aus, Melanie — macht das das Eheleben?“
Eine Zehntelsekunde zögerte ich, ob ich ihn wegen dieser lieben Frechheit tadeln sollte — dann zog ich seinen Kopf zu mir und küßte ihn lange und ausgiebig. In einer Atempause fragte ich:
„Warum hast du mich denn nicht geküßt?“
Und in der nächsten Atempause antwortete Peter:
„Man darf doch kein fremdes Eheweib küssen!“
Darauf gingen wir händchenhaltend und fast hüpfend ins Restaurant. Jeder hätte denken müssen, wir seien ein Liebespaar, das sich nach einer Trennung zum ersten Mal wieder sieht — und genau so war es ja auch.
Kaum saßen wir am Tisch, den Peter in einer hinteren Ecke des Saales bestellt hatte, da bombardierte er mich wieder mit den Fragen, die er schon am Telephon gestellt hatte:
„Wie geht es dir? Was machst du? Was macht dein Dieter? Habt ihr schon Kinder? Was –„
„Ich kann mir diese Fragen doch nicht alle merken! — Mir geht es gut — ich habe fertig studiert, bin jetzt Referendarin und werde wohl demnächst zur Studienrätin ernannt — Dieter verdient Geld, und in seiner Freizeit — Kinder haben wir nicht –„
„Noch nicht — oder?“
„Wahrscheinlich überhaupt nicht, jedenfalls erstmal — ich will ja auch erstmal im Schuldienst Fuß fassen, und — und die Gören in der Schule sind mir erstmal genug — und was machst du?
„Ich hab Ingenieur fertig studiert, Spezialgebiet Schiffbau, und hab eine Stelle bei Howaldt in Kiel gefunden.“
„Und –?“
„Was, ,und` –?“
„Na, was du mich auch gefragt hat — vice verso — bist du verheiratet — hast du Kinder?“
„Ich hab eine Freundin — und da ist etwas schiefgegangen — entschuldige, so soll man nicht sagen — hatte ein Präser ein Loch, oder hat sie einmal die Pille vergessen, oder haben wir uns verrechnet — jedenfalls ist Erna schwanger geworden, und wir wollen nächste Woche heiraten — das Kind kommt in sechs Monaten.“
„Gratuliere!“
„Na ja, an den Gedanken muß ich mich erstmal gewöhnen.“
„Wie lange seid ihr denn schon zusammen?“
„Viereinhalb Jahre.“
„Dann kann man ja wirklich mal ans Heiraten denken. Kennst du Erna von früher?“
„Nein, obwohl sie in Hamburg studiert hat, hab ich sie hier nicht getroffen –„
„Wirklich nicht — du hattest sie doch nicht neben mir –?“
„Nein, wirklich nicht! Sie ist erstens ein Jahr und zwei Studienjahre älter als ich und war zweitens bei den Theologen. Sie wollte — und will eigentlich immer noch — Pfarrerin werden, aber erstens ist es mit den Stellen bei der Kirche nicht mehr so doll und zweitens kriegt sie dann wahrscheinlich zunächst eine Stelle auf einer der Inseln oder sonst jwd. Jetzt arbeitet sie mit Drogenabhängigen.“
„Auch kein leichter Job!“
„Das kannst du laut sagen!“
„Und eine angehende Pfarrerin hast du geschwängert?“
„Das ist bei den Evangelischen nicht mehr so wie früher. Ich kenne eine Pfarrerin, die ist in ihrer Gemeinde irrsinnig beliebt, obwohl — oder gerade weil — sie unverheiratet mit einem Maler zusammenlebt, mit dem sie drei Kinder hat und der überall in der Gemeinde hilft, wo Not am Mann ist — ohne einen Pfennig Entschädigung zu fordern. Und Erna und ich wollten sowieso Kinder haben — aber wie man immer so sagt, wenn man jung ist: später — später. — Aber ich muß immer daran denken, was du vorhin gesagt hast — du hast immer abgebrochen — stimmt bei dir alles?“
„Was soll denn bei mir nicht stimmen?“
„Na ja, in deiner Ehe. Dieter ist doch zwölf Jahre –„
„zehn –„
„Na ja, also zehn Jahre älter als du, wie geht das denn mit ihm?“
„Wie soll es gehen? Er verdient gut, vergöttert mich, er läßt es wirklich an nichts fehlen — auch nicht im Bett, wenn du Neugierheini das so genau wissen willst — wir waren noch nicht ein halbes Jahr verheiratet, da hat er mich den Führerschein machen lassen und mir ein Auto geschenkt.“
„Aber irgendwie klingt auch jetzt wieder deine Stimme etwas belegt –„
„Ach nein, Peter, es ist schon alles in Ordnung! — Sag mal, wenn ich so nachrechne, nachdem ich geheiratet hab und bevor du Erna kennengelernt hast — da waren doch drei Jahre dazwischen!“
„Erstmal hab ich es viel selbst gemacht und dabei an unser letztes Mal gedacht — ich muß es zugeben — einen Tag vor der Hochzeit mit der Braut meines Rivalen im Bett — davon hab ich noch lange gezehrt — entschuldige, Melanie, das klingt jetzt machohaft, aber ich hab dich wirklich lieb gehabt.“
„Das weiß ich doch, Peter — und ich war es wohl, die Schuld an unserer Trennung hatte — ich hätte ja auch warten können, bis du fertig studiert hast — aber ich blöde Gans mußte dann ja diesen schicken Dieter heiraten, weil ich dachte, ob so ein netter Mensch wohl noch mal wiederkommt — ach Peter, reden wir nicht mehr darüber — du liebst doch deine Erna?“
„Ja, wahnsinnig — ich will euch nicht vergleichen — das führt doch nie zu was.“
Es kam das gute Essen, das wir bestellt hatten, und der Wein. Beim Essen redeten wir nicht sehr viel mehr, als daß wir uns die Köstlichkeit des Gerichtes bestätigten — und ich „schmeckte und genoß“: Nachdem ich in vier Monaten drei Kilogramm zugenommen hatte, holte ich meine Dreisatzkenntnisse aus dem hintersten Winkel meines Gedächtnisses hervor und fand nach dreimaligem Nachrechnen, daß ich fünfzigjährig über 250 Kilo wiegen würde, wenn es so weiterginge, worauf ich von meiner Ärztin den Rat bekam, beim Essen jeden Bissen zu „schmecken“ und „bewußt zu genießen“.
Nachdem das gute Essen bewältigt war, fragte mich Peter bei der italienischen Eispezialität, die wir uns als Nachtisch genehmigt hatten:
„Erinnerst du dich eigentlich noch an Italien?“
„Na und ob! Immer wieder! ,Dov’è una farmacia?` Ihr Feiglinge, Egon und du, ihr trautet euch ja nicht zu fragen. Männer! Aber bumsen wolltet ihr mit uns!“
„Aber du konntest doch am besten Latein!“
„Falls du es immer noch nicht weißt: Auch in Italien wird schon lange nicht mehr Lateinisch gesprochen! Der Portier hätte es sicher auch verstanden, wenn Egon oder du ihn auf Englisch oder sogar auf Deutsch gefragt hättet.“
„Du hast ja recht — aber wir waren doch auch noch richtige Grünschnäbel — gerade zwanzig — und da schämt man sich auch als junger Mann, nach Präsern zu fragen. Kannst du das nicht verstehen?“
„Das versteh ich doch vollkommen — und wenn ich damals auch am liebsten im Boden versunken wäre — jetzt ist das doch eine prima Geschichte, um sich daran zu erinnern!“
„Das freut mich, daß du das jetzt so siehst –„
„– das hab ich schon später an dem Tag so gesehen!“
„– aber das war ja erst am nächsten Tag — erinnerst du dich auch noch an den Abend und die Nacht davor?“
„An was soll ich mich denn da erinnern?“, fragte ich scheinheilig. „War da irgend etwas Besonderes?“
„Ja, was könnte das gewesen sein?“
„Also, mir fällt nichts ein!“
„Ich weiß wirklich nicht — wir waren irrsinnig müde nach dem langen Tag –„
„– und haben geschlafen –„
„– ja, doch — da wurde ich verführt –„
„Nun hör aber auf, Peter“, fuhr ich ihn mit verstellt böser Stimme an, „das ist doch die Höhe — ,ich wurde verführt` — dabei hast du mich verführt!“
„Keine Rede! Ich hab nur deine Hand gehalten, aber du hast mir das Pyjama aufgeknöpft –„
„Aber nicht, bevor du deinerseits mein Pyjama aufgeknöpft und meinen Busen begrapscht hast!“
„Ich deinen Busen begrapscht — sanft gestreichelt hab ich ihn, und du hast wohlig geknurrt wie ein Kater –„
„– höchstens wie eine Katze — und dann hast du mir in den Schritt gefaßt, du Wüstling, in meinen jungfräulichen Schoß –„
„,Jungfräulich`, daß ich nicht lache — du hast mir doch selbst von deinem wüsten Vorleben erzählt — Robert –„
„Rolf — aber mit dem ist es gar nicht erst zu was gekommen, also doch jungfräulich –„
„und Olaf — mit dem war es mit deiner Ehre dann aber wirklich aus — und dann war da noch — laß mich nachdenken –„
„Uli — hast du dir das so genau gemerkt? Du führst wohl Buch über das Vorleben deiner Geliebten?“
„Quatsch — das hast du mir alles irgendwann erzählt — und jetzt kommt es mir so allmählich wieder in den Sinn — also ,jungfräulich` konnte man von deinem Schoß damals doch eigentlich schon nicht mehr wirklich reden — aber vorher hast du mir in den Schoß gefaßt –„
„Das war nachher!“
„Das war vorher — und ich hab einen solchen Fleck gemacht — da hat meine Mama fürchterlich über geschimpft!“
„Jetzt hab ich dich! Jetzt phantasierst du aber wirklich! Erstens waren wir schon längst nackt, als du deinen vermeintlichen Fleck gemacht hast, und zweitens war deine Mutter und überhaupt deine Eltern bekannt dafür, daß sie dich wegen solcher Art Flecken überhaupt nicht ausgeschimpft haben!“
„Also, meinetwegen, du hast mich damals verführt! — Und — würdest du dich heute von mir verführen lassen?“
„Hab ich mir’s doch gedacht, daß es darauf hinauslaufen würde! — Wo denkst du hin, du wollst doch nächste Woche heiraten — und ich bin eine ans-tändige verheiratete Frau!“
„Aber du hast doch damals — noch am Tag vor deiner Hochzeit –„
„– damals waren wir ja praktisch noch Kinder — na, jedenfalls — aber jetzt — haben wir doch eine gewisse Verantwortung –„
„Was meinst du jetzt damit?“
„Na, ja, wir können doch nicht einfach so rummachen –„
„Können wir nicht?“
„Können wir schon, Peter — na komm — ich nehme an, du willst mich in deinem Zimmer vernaschen?“
„Ja, wo sollen wir sonst hin — bei dir geht es wohl nicht — vielleicht bei Trudi?“
„Das hat sie nur für den äußersten Notfall angeboten — aber warum nicht in deinem Zimmer hier?“
„Weil ich wirklich nur ein Einzelzimmer habe — das Bett ist schon arg schmal — selbst bei mir zu Hause damals war es viel breiter.“
„Ich glaube, wir schaffen das schon!“
So aßen wir unser Eis fertig, und Peter schleppte mich auf sein Zimmer. Wie sympathisch jungenhaft er noch war: Er paßte einen Moment ab, wo der Portier uns nicht die Treppe raufhuschen sah — obwohl die Zeiten sich ja schon längst geändert hatten.
Das Zimmer war recht gemütlich, aber doch auch ziemlich spartanisch. Das Bett war wirklich sehr schmal, und die Kleider-Ablegemöglichkeiten — außer dem Einbauschrank — nicht für Liebesbesuch berechnet. Allerdings ließen Badewanne und Dusche keine Wünsche bezüglich Wasserspaß und Reinlichkeit offen.
Wir küßten uns herzhaft und lange, und soweit Peters Hände nicht damit beschäftigt waren, mich liebevoll zu drücken, fummelten sie die Knöpfe meiner Bluse auf. Auch tastete Peter nach dem Reißverschluß meines Rockes, fand ihn, ratschte ihn auf — und mein schöner langer, weiter Rock fiel zu Boden — und ich stand vor Peter mit seinem feinen Anzug im Slip und mit nackten Beinen — eine unmögliche Situation!
„Du Wüstling! Du Mädchenschänder!“, schimpfte ich lachend, „Was fällt dir ein — ich bin eine verhei –„
„Gleich bist du wieder meine kleine, liebe Melanie von damals!“ schnitt mir Peter unter vielen Küssen das Wort ab.
„Nicht mehr die Melanie von damals — viel älter, reifer und erfahrener — um mindestens tausend Beischläfe — gibt es das Wort eigentlich im Plural –„
„Weiß ich nicht — tausend? — ihr müßt es ja getrieben haben –„
„Gar nicht so — ich hab nur schnell gerechnet — sieben Jahre dreimal die Woche — mindestens — wir waren schon fleißig mit Dieter — im Bett ist er gut, das muß man ihm lassen — und auch ganz lieb zu mir –„
„Und sonst ist er auch gut?“
„Na ja –„
„Was heißt ,Na, ja`?“
„Ach, Peter, reden wir nicht von Dieter — jedenfalls jetzt nicht — willst du dich nicht auch etwas frei machen — oder hast du jetzt eine so gehobene Stellung, daß du Liebe nur noch im Anzug machst –?“
„Ach ja, natürlich — ich hab gar nicht daran gedacht –„
„,Gar nicht daran gedacht`– na, du bist gut — du hast nur daran gedacht, deine ,liebe, kleine Melanie`, wie du dich auszudrücken beliebst, nackt zu sehen!“
„Das war und ist immer wieder ein erhebender Anblick!“
„Was du jetzt wieder mit ,erhebend` meinst!? — Kriegst du deinen Schlipsknoten selbst auf, oder soll ich Klein Peterlein dabei helfen?“
„Das ist gar kein Knoten — das ist ein fertig gebundener — mit einem Gummiband um den Hals.“
„Wie plebejisch!“
„Da hast du vollkommen recht! Aber ich hab in der letzten Minute vergessen, meine Krawatten in den Koffer zu tun, und da hab ich mir heute morgen vor der Besprechung nur schnell sowas bei Woolworth gekauft.“
„Wie ein halbseidener Sankt-Pauli-Typ!“
„Viertelseiden! — Und heute Nachmittag bin ich auch nicht dazu gekommen, mir was Vernünftiges zu kaufen –„
„– weil du dein ,liebe, kleine Melanie` flachlegen wolltest!“
„Soweit ich mich erinnere, hat sich meine ,liebe, kleine Melanie` recht gern von mir flachlegen lassen — und gestern abend am Telephon klang sie auch so, als ob sich das nicht geändert hätte!“
„Was du so aus dem knacksenden Telephon heraushörst — nein, also wirklich! Ich bin eine ans-tändige verheiratete Frau, und du heiratest nächste Woche die Mutter deines Erstlings — da muß man doch — ich glaub, wir ziehen uns wieder an und gehen ins Völkerkundemuseum — das ist doch hier um die Ecke!?“
Peter sah mich ungläubig an — ich versuchte, eine ernste Miene zu machen — Peter erkannte die Diskrepanz zwischen meinem Gesichtsausdruck und meinem Inneren — und umarmte mich wild, bedeckte mich mit tausend Küssen, entkleidete mich ganz und sich auch irgendwie — schmiß die Kleider irgendwo hin —
„Ich hab keine Lust, nachher deinen Anzug zu bügeln!“, konnte ich zwischen den Küssen gerade noch hervorbringen — und wir fanden uns eng umschlungen nebeneinanderliegend auf dem Bett wieder — und sahen uns verliebt an.
„Reifere Menschen — tiefere Liebe!“ ging es mir in diesem Moment durch den Kopf, und ich freute mich aufs Älterwerden.
Das wirklich sehr schmale Bett erzwang einen engen Körperkontakt, und wir waren beide schon so aufgeheizt, daß wir ohne weitere Vorarbeit zur Sache gehen wollten — da zog sich Peter, so weit es ging, zurück, sah mich fragend an und sagte nur „Verhüterli?“
„Was ficht dich an, Peter?“
„Ich hab welche hier, wenn wir sie brauchen –„
„Schon vorher an alles gedacht — wußt‘ ich es doch!“
„Na ja — aber ich muß es dir einmal sagen — ich fand das toll damals — du hattest immer solche Tütchen in deiner Handtasche — ich hab sie oft vergessen –„