Dies ist er also, der zweite Teil zu Assassins‘ sins. Alle, die in erster Linie eine erotische Geschichte lesen wollen, bitte ich einfach bei Kapitel 2 anzufangen, ich hoffe es ist eine gelungene Fortsetzung.
An alle, die auch das erste Kapitel lesen wollen, ein kurzes Vorwort: Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Teil überhaupt veröffentliche, da er weder eine erotische Geschichte ist und außerdem ein Thema anspricht, welches eigentlich nicht in die Erotik gehört, für mich aber trotzdem eine starke Verbindung zu dieser Geschichte hat, die Sünden eines Assassinen. Ich bitte darum, es als die Fantasy-Geschichte zu sehen, die sie ist, und Meinungen und Aussagen der handelnden Figuren nicht für meine eigenen zu halten. Es geht um den Wert von Leben, inwiefern Morde, die Cora und Credan verüben, moralisch vertretbar sind aber auch um die Probleme, damit umzugehen. Ich hoffe, euch die Gefühlswelt der Figuren, besonders der von Credan, ein wenig verdeutlichen zu können und zu zeigen, wie eng Tod, Leben und Liebe eigentlich verbunden ist.
Egal, für was ihr euch entscheidet: Lasst bitte wieder Kommentare und Rückmeldungen, sie waren es, die mich dazu motiviert haben, doch noch eine Fortsetzung zu schreiben, obwohl ich es eigentlich als abgeschlossene Kurzgeschichte geschrieben hatte. Nochmal vielen, vielen Dank dafür!
KAPITEL 1: Zweifel
Die Nacht war kühl und beinahe furchteinflößend still. Nicht ein einziger Vogel war zu hören, nur ein entferntes leises, weit entferntes Gemurmel ließ sich vernehmen. Der Himmel war fast wolkenlos, das diffuse Licht des Mondes überzog alles mit einem silbernen Schimmer.
Mit genauso lautlosen Schritten wie die Nacht eilte Credan durch die Gassen, zwischen engen Häuserschluchten hindurch, die Straßen meidend. Er wusste, dass Cora ihm mühelos würde folgen können, auch wenn sie ihre Anwesenheit durch nichts verriet. Wie immer blieb sie etwa 50 Schritte hinter ihm, unsichtbar wie ein Schatten.
Er machte einen vorsorglichen Umweg um die Taverne ‚Zum goldenen Wildschwein‘, auch wenn sie
um diese Zeit längst geschlossen war. Man konnte nie vorsichtig genug sein, zu jeder Zeit konnte noch ein Betrunkener herausgeworfen werden und diese sorgten bei einem Treffen für gewöhnlich für so viel Lärm, dass man die Aufmerksamkeit in einem nicht allzu kleinen Umkreis auf sich zog, nicht gerade das, was er gebrauchen konnte.
Ein zweifacher Eulenruf zerbrach die Stille, ruckartig blieb er stehen und drehte sich um. Zwei Sekunden später sah er Cora mit gezogenem Dolch auftauchen, zehn weitere Sekunden später war sie bei ihm. Sie hatte knapp mit dem Kopf geschüttelt, das Signal war nicht von ihr gekommen.
In der Stadt gab es nahezu keine Eulen, ihr Ruf war dementsprechend selten, aber für den Großteil der Bevölkerung nichts alarmierendes, sie hielten es für einen normalen Vogelruf. Für eine Handvoll andere Personen jedoch, vorzüglich den Assassinen, war dieser Ruf aus diesen Gründen zu einem praktischen Alarmzeichen geworden, für die meisten unauffällig und dennoch eindeutig.
Weder er noch Cora hatten ihn diesmal benutzt, er kam also höchstwahrscheinlich von einem anderen Assassinen. Das Gildenhaus, ein unauffälliges Bürgerhaus, welches trotzdem recht zentral gelegen war, befand sich ganz in der Nähe. Einer unausgesprochenen Absprache folgend, rannten sie direkt dorthin, diesmal nebeneinander mit gezogenen Dolchen, jedoch so, dass man sie sofort wieder unauffällig verschwinden lassen konnte.
Die Fenster waren dunkel, sah man jedoch genau hin, konnte man einen leichten Lichtschimmer am jeweils oberen Rand erkennen. Um nicht aufzufallen, waren alle Fenster verdunkelt, diese Tatsache war also nichts Ungewöhnliches.
Blitzschnell sah er sich um, beinahe hätte man meinen können, alles wäre normal. Beinahe. Ein langer, nicht in das Schattenbild des Mondes passender dunkler Fleck war auf dem Hausdach zur linken des Gildenhauses auszumachen, genau gegenüber von ihnen.
Die Person beherrschte ihre Kunst, sie hatte nur Pech, dass er und Cora genau gegenüber von ihm aufgetaucht waren, so dass er für seine geübten Augen auffiel. Er spürte wie Coras Hand ihn am Arm berührte, sie wollte ihn auf den Fremden auf dem Hausdach aufmerksam machen. Noch durch den Anfang der Nacht etwas durcheinander, drehte er sich instinktiv zu ihr, um ihr zu sagen, dass er ihn auch gesehen hatte, jedoch keinen Moment zu früh. Er sah ein kurzes Aufblitzen einer Klinge, die auf ihren Rücken zuflog, reflexartig parierte er sie, einem Panther gleich, der sich blitzartig auf seine Beute stürzt.
Das Klirren, als die beiden Klingen sich trafen zerriss beinahe ohrenbetäubend die Stille, auch wenn es nicht lauter als ein normaler Schritt war. Cora duckte sich instinktiv und drehte sich in einer einzelnen fließenden Bewegung. Wieder standen sie beide eng nebeneinander, sie jedoch diesmal in geduckter Stellung. Kaum vernehmbare Schritte entfernten sich, es war jedoch nichts zu sehen.
Al er sich erneut in Richtung Gildenhaus umdrehte, sah er, wie sich die Person auf dem gegenüberliegenden Dach aufgerichtet hatte und eine schussbereite Armbrust in beiden Händen hielt, die auf die Stelle gerichtet war, an der er stand. Weder er noch der andere bewegte sich, beide schienen in die von der Dunkelheit verborgenen Augen des anderen zu starren.
Für den Bruchteil einer Sekunde vernahm er etwas, das sich ähnlich wie das keckern eines Eichörnchens anhörte, lang genug jedoch um die Stille der Nacht, die wieder wie ein schwerer Schleier über sie gefallen war nachhaltig zu stören. Sich entspannend ließ er einen ähnlichen Ton hören und sah sich nach Cora um. Sie hockte nach wie vor am Boden, jederzeit bereit einen Angriff abzuwehren oder auszuführen. Er legte seine Hand sanft auf ihre Schulter, um ihr zu signalisieren, dass die Gefahr vorüber war.
Sie stand auf und steckte ihren Dolch ebenfalls wieder in eine Tasche an ihrem Gürtel. Ohne groß darüber nachzudenken, zog er sie sanft zu sich, wollte sie küssen. Zum ersten Mal hatte er wirklich Angst um sie gehabt, war getrieben gewesen von dem Schreckensbild ihres toten Körpers. Erschrocken stellte er fest, dass er sich zum ersten Mal seit langer Zeit vergeblich versuchte, sich auf das zu besinnen, was er gelernt hatte, zu groß war die Angst um sie gewesen. Sollte er sie jetzt verlieren, würde er innerlich zusammenfallen und seinen Körper mitnehmen.
Gerade noch rechtzeitig bemerkte Cora seine Absicht und ließ sich zu einer Umarmung fallen, aus der sie sich jedoch wieder ziemlich schnell löste. Sie schenkte ihm einen kurzen, missbilligenden Blick und wendete sich schließlich ab, um das Gildenhaus zu betreten.
Innerlich verfluchte er sich dafür, dass er so unvorsichtig gewesen war, sie hatte recht. Jetzt war es noch wichtiger als zuvor, dass die Gilde auf ein rein praktisches Verhältnis zwischen ihnen beiden vertraute, ein öffentlicher Kuss war da alles andere als förderlich. Dennoch, tief in ihm tat es weh, ihr nicht nahe sein zu dürfen, doch es musste sein. Sein Verstand wusste das, sein Herz jedoch schmerzte bei jedem Gedanken daran.
Er schaffte es gerade noch, sie bis zum Eingang einzuholen und hielt sie leicht an der Schulter fest. „Tut mir leid, es ist nicht einfach…“ Ihre Gesichtszüge wurden minimal weicher und sie zeigte ein angedeutetes Kopfnicken, so, dass man es auch einfach übersehen könnte. „Ich weiß…, aber wir müssen uns konzentrieren. Wir dürfen uns heute Nacht keinen Fehler erlauben.“ Ihr Gesichtsausdruck war hart, ihre Worte klangen selbstsicher, beinahe anklagend. Dennoch, er spürte, dass sie mindestens ebenso mit sich kämpfen musste wie er. Hinter der selbstsicheren Fassade fiel es auch ihr unendlich schwer, ihm nicht einmal tief in die Augen blicken zu dürfen.
Leise, gedämpfte Schritte waren hinter ihm zu hören, instinktiv drehte er sich fluchtbereit um, entspannte sich jedoch sofort wieder, als er Lycran erkannte. Seine Armbrust hatte er wieder auf den Rücken geschnallt, er machte jedoch einen missmutigen Eindruck. „Warum steht ihr vor der Tür und geht nicht hinein?“, fragte er, und ließ dabei ein unverhohlenes Misstrauen mitschwingen. „Wollten wir gerade tun, doch dann haben wir dich gehört.“ antwortete Credan mit einem ebenso frostigen Unterton.
Sanft drängte er Cora in das Gildenhaus hinein, aus dem inneren schlug ihnen warme, aber abgestandene Luft entgegen. Es war wie immer diffus beleuchtet, in einer Ecke stand ein vollgestopftes Regal mit Büchern und Pergamentrollen neben einem ebenso überladenen Schreibtisch. Dahinter ließ sich das Gesicht von Kvoth ausmachen. Mit einem kurzen Nicken in seine Richtung begrüßte er ihn, er war jedoch so mit Schreiben beschäftigt, dass er ihre kleine Gruppe, die eben das Haus betreten hatte, nicht bemerkt hatte.
Cora ließ ein leichtes Räuspern hören, woraufhin Kvoth erschrocken aufsah. „Guten Tag“ stammelte er, etwas durcheinander. Lycran verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. „Das ist wohl ein wenig übertrieben… Ich würde es nicht als einen guten Tag bezeichnen, wenn Theobald sich bereits so sicher ist, das er sich traut der Gilde persönlich einen Besuch abzustatten. Aber ich hoffe doch, dass dieses Problem bald erledigt ist, oder?“
Bei dem letzten Satz hatte er sich in Richtung von Cora und Credan gewendet und funkelte sie böse an. „Eigentlich wollte ich mein Leben noch einen Moment genießen können, aber das ist etwas schwer, wenn ihr beide euch lieber miteinander beschäftigt, als ein wenig Pflichtbewusstsein für die Gilde zu zeigen…“
Credan zuckte kurz zusammen, sollte er etwas davon mitbekommen haben, was vor ein paar Stunden passiert war? Nein, eigentlich konnte er das nicht, Lycran war schon immer misstrauisch gewesen und er war auch einer der Gründe, warum sie die wahren Umstände ihrer Beziehung um jeden Preis geheim halten mussten. Ein wenig Unsicherheit jedoch blieb, warum konnte er Cora nicht einfach so lieben, wie es allen erlaubt war? Aber diese Probleme waren ihm schließlich bewusst gewesen und er würde sie auf keinen Fall wieder aufgeben.
„Wie lang ist es noch hin bis zum Sonnenaufgang?“, fragte er, den Kopf wieder in Richtung Kvoth gewendet. „Ich würde sagen noch zwei bis drei Stunden, warum?“ antwortete er, diesmal ein wenig gefasster. Bevor er etwas darauf erwidern konnte, fiel ihm Cora ins Wort, dabei drängte sie ihn in Richtung Tür. „Danke, Kvoth. Wir haben noch etwas zu erledigen, bis später.“
Als sie geendet hatte, stand sie bereits halb in der Tür und schob ihn ohne weiteren Kommentar mit hinaus. Erst als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, drehte sie sich zu ihm und sah direkt in seine Augen. Ihre Stimme wurde auf einmal schwer, schien wie durch eine Wand zu ihm zu kommen.
„Wir können so nicht lange weiter machen. Es ist noch nicht einmal die Nacht vergangen in der wir…“. Sie ließ eine beinahe unheimlich wirkende Pause, durch ihre Augen sah er, wie schwer ihr die Worte fielen. Innerlich schrie sie vor Schmerzen, den Schmerzen von Unterdrückung. Es hatte sich so gut angefühlt sie spüren zu können, warum konnte er dieses Gefühl nicht behalten?
Die Vorstellung, die Möglichkeit diesen Moment noch einmal spüren zu können war das einzige, was ihn davon abhielt sofort alles zu beenden. Er wusste, wie verzweifelt er sich daran klammerte, wie an ein dünnes Seil, welches so einfach reißen konnte. Dann würde er fallen, endlos bis zum Ende.
„Wir sollten uns wirklich zu Theobald von Kriwen aufmachen, seine Aktivitäten gegen die Gilde haben extrem bedrohliche Ausmaße angenommen, das haben wir eben gesehen.“ Ihre Stimme klang wie das von einem kleinen Kind, welches sich eben gerade von einem Weinkrampf erholt hatte: Brüchig und unsicher, ob die Stimme endlich die eigene Verzweiflung überspielen konnte.
Sie drehte ihre Kopf in Richtung Straße, wich seinem Blick aus und wendete sich zum gehen. Er sah deutlich, wie sie sich selbst dazu zwingen musste, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Dennoch wich sie gezielt seinem Blick aus, sie hatte Schwäche stets darüber definiert, wenn man sich selbst nicht mehr unter Kontrolle hatte, nun erstickte sie beinahe unter der Last der eigenen Gefühle.
Sie konnte jedoch nicht die Träne verbergen, die sich langsam aus ihrem Auge löste und über ihre Wange hinunter rann. Das Mondlicht schien in der Spur zu glitzern, ihr engelsgleiches Gesicht schien erfüllt von dem dunklen Schimmer der Nacht.
Sanft legte er eine Hand auf ihre Schulter, jedes Wort hätte sie zusammenbrechen lassen. Er spürte das Beben ihrer Brust, das dumpfe Pochen ihres Herzens. Wie in jener Nacht in seiner Kindheit spürte er ihr Leid so deutlich wie sein eigenes, nahm ihr den Schmerz ab und schirmte ihn vor ihr ab. Wie damals spürte er ihre innere Leere, lud die tonnenschwere Last der Verzweiflung auf seine Schultern. Wie früher tauschte er ihre Wunde mit seiner Kraft, die er wie jedes Mal beinahe zu verlieren schien.
Nur ein einziger Gedanke bewahrte ihn davor selber zusammenzubrechen, drang ihn dazu durchzuhalten und alles restlos aufnehmen zu können: Der Gedanke an sie. Er wusste, solange er ihr auf diese Weise half, würde es ihr besser gehen. Er musste durchhalten, sie war alles was zählte.
Er spürte, wie sich ihre Atmung langsam beruhigte, spürte wie die Wärme in ihren Körper zurückfand. Aus einem Impuls heraus gab er ihr einen flüchtigen Kuss in den Nacken. Gerade noch rechtzeitig, bevor hinter ihnen aus der Tür Lycran heraus kam. Sein Blick wirkte wie ein kalter Regenschauer, aber er half, wieder vollkommen klar denken zu können.
„Ich dachte, ihr hättet noch etwas zu erledigen, warum steht ich dann noch hier?“, fragte er mit deutlichem Misstrauen. „Wir wollten gerade gehen“, antwortete Credan, wendete sich ab und lief in gewohnter Manier durch die Gassen, leise wie sein eigener Schatten, die Sinne bis aufs äußerste gespannt.
Er wusste, dass Cora ihm ohne Probleme folgen würde, obwohl nichts ihre Anwesenheit verriet. Theoretisch hätte sie immer noch vor dem Gildenhaus stehen können, aber fühlte, dass dem nicht so war. Diese Verbindung hatten sie schon seit ihrer Kindheit gehabt, jeder von ihnen spürte den anderen.
Etwa 150 Schritte vor dem Anwesen der Kriwens blieb er stehen, ab diesem Morgen würde eine Person weniger in diesem Haus wieder erwachen. Wie immer so kurz davor, konzentrierte er sich darauf seinen Atem möglichst lautlos und flach werden zu lassen, so das selbst, wenn eine Person keinen Schritt vor ihm stehen würde, diese seine Anwesenheit nicht bemerken würde.
Er spürte, wie Cora links von ihm ebenfalls stehen blieb, sich ebenso wie er auf das bevorstehende vorbereitete. Er wusste, dass es ihr genauso schwer wie ihm fallen würde, alles auszublenden, vollkommen Platz für ihren Auftrag zu geben.
Sie würde es schaffen, sie war stark. Unbezwingbar und mit nichts zu brechen. Dennoch, eine kleiner Rest war bei ihm zurückgeblieben, er konnte die letzten Stunden nicht vergessen, wollte sie nicht vergessen. Zum ersten Mal wusste er, dass er sich nicht ausnahmslos auf seine Aufgabe würde konzentrieren können. Doch er musste es schaffen, es gab keine andere Möglichkeit.
Gespannt wie eine Bogensehne saß er auf dem Fenstersims vor dem Zimmer von Theobald. Jede Sekunde konnte jemand um die Ecke auf der Straße biegen, und obwohl er unsichtbar wie ein Schatten war, war die Möglichkeit, dass er entdeckt wurde nie ganz ausgeschlossen.
Bis hierhin war längst nicht alles so glatt gelaufen, wie er es sich erhofft hatte. An seinen Händen klebte heute Nacht schon bereits das Blut von zwei Wachen, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen waren, als er über die hintere Begrenzungsmauer des Anwesens geklettert war.
Eigentlich hatte seine Position oberhalb des Sichtbereichs gelegen, doch die beiden hatten an diesem Abend wohl offensichtlich schon eine Menge Bier getrunken, sie unterhielten sich angeregt und einer von ihnen hatte auf etwas am Himmel gedeutet. Der andere war seinem Blick gefolgt, wobei seine Position für einen kurzen Moment direkt vor seinen Augen lag. Die Augen des Mannes hatten sich erschrocken geweitet, als er ihn erblickte, sein Mund hatte sich geöffnet um Alarm zu schlagen. Bevor jedoch ein Ton diesen verlassen hatte, steckte ein Dolch in seiner Kehle und eine Sekunde später im Rücken des zweiten. Es war unumgänglich gewesen, sonst wäre für die ganze restliche Nacht das Anwesen in komplettem Aufruhr gewesen.
Routinemäßig hatte er die beiden Leichen so hinter einem Busch verstaut, dass man sie erst am Morgen finden würde, ein erfreulicher Umstand waren solche Zwischenfälle jedoch niemals. Diese beiden konnten nichts für das, was ihr Herr tat, sie waren einfach nur ihrer Arbeit nachgegangen.
Aus dem Augenwinkel sah er ein kurzes Aufblitzen, Coras Zeichen, dass die Straße frei von Passanten war und die restlichen Wachen vorerst nicht an seiner Position vorbeikommen würden. Er ließ kurz das Keckern eines Eichhörnchens hören, als Zeichen, dass er verstanden hatte und nun damit beginnen würde, sich Zugang zum eigentlichen Haus zu verschaffen.
Ein eiserner Verschluss hielt die beiden Fensterläden zusammen, welchen er nun mithilfe seines Dolches vorsichtig öffnete. Immer wieder hatte er sich gefragt, warum diese Verschlüsse, wenngleich sie nur ein simpler Verschluss vor dem eigentlichen Fenster waren, nicht deutlich stabiler und mithilfe eines Schlosses gesichert waren. Jedenfalls war es so ziemlich einfach mit ein wenig Geschick die Fensterläden von außen zu öffnen, das größte Problem stellte mehr das Aufmachen an sich dar, wenn man auf dem Fensterbrett davor saß.
Er öffnete sie demnach ohne vor größere Probleme gestellt zu werden, dahinter sah er jedoch, warum es jedenfalls in diesem Fall unnötig gewesen war, die Fensterläden mit einem Schloss zu sichern. Ein Gitter aus dicken Eisenstangen war vor dem Fenster angebracht, so dass man dort problemlos hindurchgreifen konnte, ein Mensch passte dort jedoch nicht durch. Innerlich fluchte er, er konnte den im Zimmer friedlich schlafenden Theobald schon beinahe schnarchen hören, und dennoch verwehrte man ihm den Einlass.
Er hatte gewusst, dass es schwierig werden würde, aber eine Sicherung dieser Art war extrem selten und kostspielig, er hatte nicht damit gerechnet, so etwas hier vorzufinden. Es war demnach das zweite Adligenhaus dieser Stadt, welches darüber verfügte, das andere Haus gehörte jedoch dem obersten Minister.
Der Weg über das Dach war zwar immer offen, war jedoch deutlich länger und geräuschvoller. Er hatte jedoch keine andere Wahl. Von seiner Position vom Fenstersims des zweiten Stocks konnte er dieses zum Glück ohne Probleme erreichen. Mit einer katzenartigen Bewegung richtete er sich auf und sprang ein wenig nach oben, so dass er die Dachkannte zu fassen bekam. Kurze Zeit später hatte er sich hochgezogen und gab Cora mit einem kurzen Dolchblitzen zu verstehen, wo er sich befand.
Ihre Antwort kam von der Position eines Fensters hinter der Ecke seiner ersten am Fenstersims. Er wartete einen kurzen Moment, bis sie schließlich neben ihm auf dem Dach hockte. Diese Position hatte immerhin den Vorteil, dass man sie vorerst nicht entdecken würde, es war vom Anwesen aus nicht einsehbar und vor der Straße ebenfalls verborgen, solange sie sich geduckt hielten.
Auch wenn sie die ganze Zeit in der Nähe gewesen war, fühlte es sich gut an, sie neben sich zu wissen. Sie deutete mit einem Arm an eine Stelle, an der zwei Steine etwas höher standen, er nickte, dies war der Grund, warum er hier Hoch geklettert war. Wie an allen Häusern dieser Art gab es eine Stelle, die man zum einfacheren Erreichen des Daches nutzte, wenn zum Beispiel der Kamin mal wieder ein wenig rußte oder das übergroße Familienwappen auf Hochglanz poliert wurde. Es handelte sich meisten um ein paar herausstehende Steine, die zu einem Fenster der obersten Etage führten. Diese Stelle war hier jedoch genau im Sichtbereich der gesamten Straße und konnte vom Anwesen selbst ebenfalls bestens eingesehen werden.