Als Scheidungswitwe — Ehevermittlung die erste
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Zur Übersicht für die geneigte Leserin und den geneigten Leser — es gibt ja deren einige, denen meine Geschichten gefallen — hier eine chronologische Übersicht meiner bisherigen Geschichten:
[Der Unterschied] [Die Grundbegriffe]Das Obligatorische
[Über einen starken Typ] [Ferienspaß I]PennälerInnenfeten
Lernen fürs Abitur
[Ferienspaß II]Erstes Eheleben
Auf Schlingerkurs in den Hafen (mit Ferienspaß III)
Der weltberühmte Pianist hat heute nicht seinen besten Tag
Auf der Durchreise
Der Wanderclub
Die Ernennung
[Hinter unverschlossenen Türen]Vetternwirtschaft
Vom anderen Ufer
An der Ostsee hellem Strande …
Wenn der Herr außer Haus ist, tanzt das Mäuslein im Bette
Die Rettung aus der Gosse
Die Tröstung
Gartenarbeit
Das Cembalo
Urlaub mit Mama
Als Scheidungswitwe — Ehevermittlung die erste
Die mit [] markierten Texte sind nicht in Literotica zu finden, denn sie handeln von Jugenderlebnissen, bei denen einige der handelnden Personen noch keine achtzehn Jahre alt sind, oder sie sind kürzer als 750 Wörter. Wer auch diese Texte lesen möchte, melde ich bei mir, möglichst per E-Mail.
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Die schönen Liebesstunden mit Tadziu waren leider zu Ende, und ich war wieder allein, außer natürlich im Dienst und bei Besuchen bei meiner Mutter oder bei Besuchen von und bei Trudi oder —
Aber allmählich wurde mir das Fehlen eines nahen Partners schmerzlich bewußt. Was immer zwischen Dieter und mir war oder nicht war — bis zu meiner Scheidung hatte ich immer einen Partner im Haus, der — außer wenn er seinen Weibern nachstieg, und das tat er nur am Nachmittag — immer freundlich und hilfsbereit war.
Die Kurzaffäre mit Tadziu und der Nordseeurlaub waren ein wahres Aufatmen gewesen, aber nun war ich nachmittags, abends und nachts wieder fast immer allein, und nie in meinem Leben habe ich mich so oft und mit so raffinierten Tricks selbst befriedigt wie in den nun folgenden Wochen.
Andererseits hatten mich gerade diese Affären bezüglich meiner Wirkung auf Männer wieder selbstsicher gemacht. Wenn ich nicht gerade wieder einmal Trübsinn blies, war mir schon klar, daß ich mir die sympathischsten Männer aussuchen konnte — kaum einer würde meinen Verführungskünsten widerstehen. Die Auswahl wurde aber wesentlich dadurch begrenzt, daß ich aus weiblicher Solidarität keiner Frau ihren noch so sympathischen Mann oder Freund wegnehmen wollte. —
Ich hatte einen äußerst sympathischen Kollegen, Herbert mit Namen — wir duzten uns mit den meisten Kollegen, sein Nachname war Hecht — mit den Fächern Mathematik und Physik, der mit seiner Frau im Haus seiner Mutter in Ohlstedt, der Endstation der U-Bahn im Nordosten Hamburgs, wohnte; das Haus war aber noch zwei Kilometer von der U-Bahn entfernt. Als durchgeistigter Mensch meinte er, nie Autofahren lernen zu können, und so fuhr er jeden Tag mit dem Fahrrad zur Endstation der U-Bahn und zuckelte dann mit derselben in fast einer Stunde zu unserer Schule — und abends wieder zurück. Leider war seine Frau vor eineinhalb Jahren ganz unerwartet an Krebs gestorben, und bei der Trauerfeier hatte ich auch seine Mutter und deren Haus kennengelernt.
Es war an einem Spätnachmittag im November nach einer Lehrerkonferenz, daß es in Strömen goß und ich Herbert vorschlug:
„Du kannst doch bei diesem Wetter nicht nach Hause fahren! Willst du nicht bei mir übernachten?“
„Aber Melanie, das geht doch nicht, bei dir als alleinstehender Frau. Was sollen deine Nachbarn denken?“
„Na, was werden die sich schon denken, wenn sie dich überhaupt sehen? In dem Block, in dem ich wohne, ist es nicht so anonym wie wohl so oft, ich habe lauter nette Nachbarn, und wenn sie sich etwas denken, dann sollen sie. Es muß ja nicht richtig sein, was sie sich denken!“
„Ich kann wirklich nicht zu dir kommen, ich habe noch die Hefte mit der Klassenarbeit für meine Mathestunde morgen zu Hause, die muß ich in jedem Fall abholen!“
„Also dann, Herbert, keine Widerrede, dann fahre ich dich schnell nach Hause. So weit ist es ja auch nicht, ich kenne den Weg gut“ — von Wanderungen mit Otto, aber das sagte ich Herbert nicht! — „und fahre gern Auto.“
Pro forma brummte Herbert noch eine Art Protest, ließ sich dann aber gern von mir nach Ohlstedt fahren. An der U-Bahn-Station verstauten wir Herberts Fahrrad notdürftig in meinem zu kleinen Kofferraum — vorschriftswidrig ohne rotes Fähnchen — und fuhren die für ein Auto kurze Strecke zu Herberts Haus.
Hier lud mich Herbert noch zu einem Kaffee ein, was ich gerne annahm. Als ich mir die Hände wusch und mich etwas frisch machte, hörte ich, wie Herberts Mutter ihm sagte, er hätte doch gern in der Stadt bei mir bleiben können und nicht den weiten Weg nach Ohlstedt machen müssen — allerdings: die Hefte!
Ich wurde auch noch zum Abendessen eingeladen — und weil es immer noch goß, auch zum Übernachten. Herberts Mutter gab mir ein Nachthemd und machte mir das Bett im Gästezimmer. Hier schlief ich sanft und selig in der frischen Landluft und dem gemütlichen Rauschen des Dauerregens.
Am nächsten Morgen hatte uns beiden — der „Jugend“, wie sie sagte — Herberts Mutter schon das Frühstück bereitet, und wieder sagte sie, Herbert könne gern bei mir übernachten, wenn wieder es wieder einmal unvernünftig wäre, nur zum Übernachten nach Ohlstedt zu fahren. Durch ihr ganzes Verhalten gab mir Herberts Mutter zu verstehen, wie sympathisch ich ihr war; sie hoffte wohl, ich könnte Herberts Frau werden.
Weil es immer noch regnete, ließen wir Herberts Fahrrad im Schuppen, und ich fuhr mit ihm zur Schule. Nach dem Unterricht fuhr ich Herbert nicht wieder nach Ohlstedt, denn es war Freitag, und Herbert würde von der U-Bahn zu Fuß nach Hause gehen.
Aber schon in der Woche darauf hatte ich Herbert als Schlafgast. Er unterrichtete nämlich nicht nur an unserer Schule, sondern gab auch den Kurs in Analysis für Fortgeschrittene an der Volkshochschule. Und dieser Kurs war gerade jetzt im Winter auf Montags und Donnerstags von 20 bis 22 Uhr gelegt worden. Herbert rief mich am Sonntag an, erzählte mir dies — ich wußte es natürlich schon, denn wir hatten im Lehrerzimmer darüber gesprochen — und fragte mich, ob er Montags und Donnerstags bei mir übernachten dürfe — „ich bringe auch Schlafanzug, Zahnbürste und einen Schlafsack mit!“
„Das freut mich“, antwortete ich, „aber den Schlafsack kannst du zu Hause lassen. Ich bezieh dir das Klappsofa im Wohnzimmer!“
Also schon am nächsten Tag klingelte Herbert — mit einem Rucksack „bewaffnet“ — um halb elf abends bei mir. Wir aßen in der Eßecke in der Küche ein Nasi Goreng, das ich vorbereitet hatte, dann zeigte ich Herbert seine Schlafstatt, und er sah beim Gang ins Badezimmer durch die offene Tür auch meine Spiegel-Schrankwand.
„Du bist ja für alle Eventualitäten ausgestattet! Ich habe bei mir auch so einen Kleiderschrank — ein Geschenk meiner Mutter zu meiner Hochzeit — sie ist eine lebenslustige Frau — du hast sie ja kennengelernt — sie weiß, was ein Männerherz erfreut.“
„Ein Männerauge!“, korrigierte ich ihn, aber das war in diesem Augenblick nicht der richtige Ton, denn Herbert wurde etwas wehmütig, als er an seine glückliche und so tragisch zu Ende gegangene Ehe zurückdachte.
„Das tut mir wirklich leid, daß es mit deiner Hilde so schnell zu Ende gegangen ist. Habt ihr denn gar nichts vorher gemerkt?“
„Ich Trottel habe nichts gemerkt, und Hilde hat ihre Leibschmerzen immer verschwiegen, wohl um mich nicht zu belasten. Und als sie endlich zu einem Internisten ging, war es zu spät.“
Ich gab Herbert einen Kuß auf die Stirn, und wir legten uns schlafen.
Herberts Übernachtungen wurden in den folgenden Wochen zu einem Ritual. Wenn Herbert kam, aßen wir noch etwas zusammen, oder wir trafen uns in einem Restaurant. Manchmal sahen wir noch eine politische Sendung oder einen Film im Fernsehen, aber nie machte Herbert Anstalten, sich mir zu nähern: immer das Korrekte, ganz so, wie er auch seinen Dienst versah. Dagegen war ja eigentlich nichts einzuwenden, aber ich sehnte mich doch wieder danach, die Wärme eines lieben Mannes neben mir zu spüren — und dann wohl auch das Weitere. Ich merkte auch an Herberts Verhalten, daß ich ihm als Frau nicht ganz gleichgültig war, und wenn es im Film eine etwas gewagtere Szene gab, machten wir schon lockere Bemerkungen.
Als einmal eine Szene mit einer Liebedienerin zu sehen war, schloß ich aus Herberts Bemerkungen, daß er dieses Milieu kannte.
„Du warst doch sicher schon einmal bei einer solchen Dame?“, fragte ich ihn direkt.
„Ja, Melanie, um ehrlich zu sein, nach Hildes Tod war ich manchmal bei einer Thailänderin in ihrer Wohnung. Schockiert dich das?“
„Überhaupt nicht! Das ist doch völlig normal! War es schön mit der Thai-Dame?“
„Sehr schön! Ich war einer ihrer Stammkunden. Aber dann ist sie plötzlich verschwunden, und als ich wieder bei ihr klingelte, öffnete ein blödes dickes Trampel. Seitdem mache ich Marke Eigenbau — du hast es vielleicht gehört.“
Ja, das hatte ich manchmal aus dem Wohnzimmer gehört!
Aber der korrekte Herbert wollte nicht anbeißen. Ich hatte, wie gesagt, nach dem Ende meiner Liebschaft mit Otto, nach der Scheidung und nach den Appetit-Anregungen mit Tadziu und Ingwer große Sehnsucht nach Wärme und einer Umarmung, wollte mich Herbert aber nicht einfach an den Hals schmeißen, denn eigentlich war mir gerade sein zurückhaltendes Wesen sehr sympathisch.
Nach zwei weiteren Wochen, in denen wir montags und donnerstags wohl den Tisch, aber nicht das Bett geteilt hatten und nur mit Bademantel bekleidet, nie nackt, durch die Wohnung gingen, legte ich Herbert, als wir wieder einmal eine Komödie im Fernsehen sahen, in der es auch um Sex ging, sanft eine Hand aufs Knie und fragte:
„Herbert, ich habe so ein schlechtes Gewissen, daß du immer auf der harten Klappcouch schläfst, willst du nicht — aber ich will dich nicht drängen — mit mir in meinem großen Bett –„
„Aber Melanie, darum habe ich mich doch nicht hier einquartiert! Es ist doch wirklich unpraktisch, daß ich nur zum Schlafen so weit rausfahre. Es macht mir gar nichts aus, hier auf der Couch zu schlafen, und hart ist sie auch nicht!“
„Das ist sehr edel von dir. Aber mal von der anderen Seite gesehen: Ich bin einfach zu faul, dir hier immer das Bett zu machen! Es wäre doch viel einfacher, wenn wir zusammen –„
„Aber das macht mir doch nichts aus! Ich kann mir doch gern selbst das Bett machen, das mache ich doch zu Hause auch!“
„Du machst es eben zu Hause nicht, sondern schlägst es morgens auf zum Lüften, läßt es den Tag über so liegen uns steigst abends wieder so ins Bett. Aber hier muß ich immer morgens das Bettzeug wegnehmen, denn wer weiß, welcher Besuch kommt –„
„Aber das mache ich doch gern alles auch selbst! Das hättest du mir doch schon längst sagen sollen! Ich bin doch so froh, daß ich abends hier mit dir sitzen darf!“
„Ich bin ja auch froh, daß du hier bist — wenigstens die zwei Tage — und, Herbert — ich würde so gern wieder die Wärme eines lieben Menschen spüren — komm doch zu mir ins Schlafzimmer — zier dich doch nicht — dein Trauerjahr ist ja auch schon vorüber — ich freß dich nicht auf — und ich verlange auch nicht wegen geraubter Unschuld die Ehe, wenn du das vielleicht befürchtest –„
„Aber denk doch bitte nicht, ich hätte deswegen –„
„Das denk ich doch gar nicht, ich weiß doch, daß du nicht deswegen hier übernachtest — aber ich will nicht immer so allein sein — also, wenn du willst — ich würde mich freuen…“
„Melanie, das kommt jetzt für mich etwas unerwartet –„
„Wirklich?“
„Ja, Melanie, ganz ehrlich: wirklich! Vielleicht — vielleicht das nächste Mal –„
„Na, Herbert, überleg dir’s!“
Damit gab ich ihm einen herzhaften Kuß auf die Wange und fuhr fort:
„Gehst du oder gehe ich zuerst ins Badezimmer?“
„Geh mal du und laß mich noch über diesen Abend nachdenken, liebe Melanie!“
Ich machte mich also zum Ins-Bett-Gehen fertig. „Liebe Melanie“: na ja, vielleicht ja doch!?
Ich legte mich nackt ins Bett und las noch ein paar Seiten. Dann wurde ich schläfrig; ich drehte mich zur Seite, machte das Licht aus und schlief bald ein.
Ich wachte — ich weiß nicht, wieviel später — davon auf, daß sich Herbert an mein Bett schlich, sich hinter mir parallel zu meiner Embryo-Haltung an mich schmiegte und mich mit der freien Hand ganz zart streichelte. Er war ebenfalls nackt. Ich gab ihm ohne Worte zu verstehen, wie wohl mir das tat. Es war wie mit Fredi — dies ist wohl ein übliches Ritual verführter Männer, die einer eindeutigen Aufforderung anstandshalber nicht auf der Stelle folgen wollen.
Ich bewegte mich noch ein wenig, um unsere Berührungsfläche zu maximieren; dabei fühlte ich Herberts harten Stab. Als ich spürte, daß er eindringen wollte, hob ich etwas mein oberes Bein, um es ihm zu erleichtern. Wie von selbst fand Herbert den richtigen Eingang und brachte mich mit ganz langsamen, ruhigen Bewegungen zum Höhepunkt, den wir fast gleichzeitig erreichten. „Der Kerl hat kein Kondom benutzt“, dachte ich schlaftrunken; nach der Scheidung war ich zunächst etwas lässig im Nehmen der Pille gewesen. Aber in dieser seligen Stimmung war mir das egal; ja, ich hätte gern auch ein Kind von Herbert bekommen.
Als wir fertig waren, streichelte mich Herbert noch weiter, aber bald schliefen wir beide ein, ohne ein Wort miteinander gesprochen zu haben. Während der Nacht mußte ich mich im Schlaf umgedreht haben, denn als wir aufwachten, sahen wir einander ins Gesicht, lächelten uns an und umarmten uns zu einem stürmischen Kuß.
Es war aber nun Zeit aufzustehen und zum Dienst zu fahren. Wie meistens stand frau — also ich — zuerst auf und ließ mir wie immer in meinen glücklichsten Tagen viel Zeit im Badezimmer. Als ich aus dem Bad kam — das erste Mal nackt vor Herbert — hatte dieser schon den Frühstückstisch gedeckt. Während ich mich anzog, machte sich Herbert im Bad fertig, und auch während des Frühstücks wechselten wir kein Wort, sondern lächelten uns „nur“ verliebt an. Erst beim Abräumen des Geschirrs sprachen wir miteinander, das heißt, gleichzeitig sagte ich: „Danke für diese Nacht, Herbert!“ und Herbert: „Das war so schön mit dir, Melanie!“
Über diese gleichzeitigen, sich überkreuzenden Sätze mußten wir beide lachen und küßten uns wieder innig. „Reden wir das nächste Mal miteinander!“ war das Einzige, was wir heute noch sagten. Während der Fahrt zum Dienst sahen wir uns nur an den roten Ampeln verliebt an. Gut, daß Herbert heute in der Schulbehörde zu tun hatte, ich weiß nicht, ob wir unsere Verliebtheit vor den Kollegen hätten verbergen können.
An den nächsten beiden für Herbert volksschulfreien Tagen grüßten wir uns in der Schule wissend, aber nach außen unauffällig.
Und an unserem nächsten jour oder genauer soir fixe hatte Herbert zum Abendessen einen besonders guten Rotwein mitgebracht. Während des Essens unterhielten wir uns wie auch bisher immer über die Schule, über die Politik und alle anderen unwichtigen Dinge. Schließlich konnte sich Herbert dann doch nicht zurückhalten und fragte schüchtern:
„Melanie, darf ich auch heute wieder zu dir kommen?“
„Na klar, Herbert — aber ich muß vorher noch etwas mit dir besprechen –„
„Ich auch, ich muß dir auch was sagen. Also, Melanie, –„
„Nicht jetzt: nachher im Bett!“
Wir aßen unsere Rinderrouladen fertig, die ich zu diesem „Festtag“ vorbereitet hatte — und dann auch einen Nachtisch — aber wir konnten beide das warme Bett kaum erwarten. Allerdings beinhaltete unser normaler Ritus zu dieser noch nicht allzu vorgerückten Tageszeit noch etwas Fernsehen.
„Wollen wir vorher noch die Tagesthemen sehen“, fragte ich pro forma, „oder es läuft in RTL oder Vox, glaube ich, Emanuelle dreizehn, das wird uns vielleicht anregen!“
„Ich hätte das heute nicht nötig! Und du?“
„Ich eigentlich auch nicht! Ich geh dann schon mal ins Bad!“
In Windeseile trafen wir uns im Bett wieder, jeder brav unter der Bettdecke in seiner Hälfte, und Herbert hub an:
„Also, Melanie, ich muß dir etwas sagen –„
„Erstmal ich! Also, Herbert, was hast du dir eigentlich dabei gedacht, mich ohne Kondom und ohne Interruptus zu bearbeiten? Was wird, wenn ich ein Kind bekomm? Willst du mich dann heiraten?“
„Ja, Melanie, da hätte ich wenig gegen –„
„Dagegen hätte ich wenig –„
„Ja, Melanie, du als Deutschlehrerin — also: Natürlich würde ich dich dann heiraten, aber ich dachte, du nimmst sowieso die Pille und –„
„Woher weißt du solche Intimitäten? Die Wahrheit ist, nach meiner Scheidung bin ich etwas nachlässig mit der Pille geworden, war auch manchmal zu faul, in die Apotheke zu gehen, und ich weiß nicht, ob ich im Augenblick gegen Empfängnis geschützt bin. Ich bin ja gestern gleich wieder eingeschlafen und habe mich nicht gleich gewaschen und ausgespült, und wenn es passiert ist, dann ist es passiert!“
„Ich glaub, ich kann dich beruhigen. Wir haben uns mit Hilde immer Kinder gewünscht und fleißig darauf hingearbeitet, aber Hilde ist nie schwanger geworden –„
„Das konnte ja auch an Hilde liegen!“
„Aber Hilde hat sich untersuchen lassen, und bei ihr war alles in Ordnung.“
„Und du hast sich nicht untersuchen lassen?“
„Nein, bisher noch nicht. Ich könnte damit leben, zeugungsunfähig zu sein — man kann ja auch ein Kind adoptieren — ,die Stimme des Blutes` finde ich Quatsch — aber so eine Untersuchung kommt mir wie eine Nazi-Ehetauglichkeitsuntersuchung vor.“
„So ein Vergleich geht ja doch vielleicht zu weit!“
„Ja, da hast du natürlich recht, Melanie. Ich sollte mich mal untersuchen lassen, um Klarheit zu haben. Machen wir es also erstmal mit Kondom. — Aber ich wollte dir etwas ganz anderes sagen!“
„Na, was denn?“
„Es gibt da noch eine andere Frau.“
„Du lieber Wüstling! Das hätte ich dir gar nicht zugetraut! — Entschuldige, das meinte ich jetzt nicht so! — Bei mir gibt es im Moment keinen anderen Mann. Aber du hast ja wohl von den Kollegen schon von meinem Ruf gehört: Das könnte sich von einem auf den anderen Tag ändern! — Wer ist es denn?“
„Nicht ganz so, wie du denkst, Melanie! Es ist meine Cousine Karin in Frankfurt. Du hast sie ja auf Hildes Begräbnis kennengelernt — die Frau in Schwarz –„
„Auf dem Begräbnis waren ja fast alle in Schwarz –„
„Ach so, ja, das hatte ich jetzt vergessen. Aber Karin wäre auch sonst in Schwarz gekommen, denn sie hat kurz vor — zweieinhalb Monate vor Hildes Tod — ihren Mann durch einen Unfall verloren. Die Fahrt zu der Beerdigung war Hildes letzte Reise. Hilde wußte schon, wie es um sie steht, und sie hat Karin und mich quasi miteinander verkuppelt.“
„Wie denn das?“
„Wir saßen nach der Beerdigung von Karins Mann abends noch zu dritt zusammen. Hilde hat offen zu uns über ihren Zustand gesprochen, sie wußte, daß sie nur noch wenige Wochen oder Monate hatte, und sie sagte zu uns: ,Seid lieb zueinander und paßt aufeinander auf!` in einem Ton, aus dem man heraushören konnte, daß sie noch bei dieser Gelegenheit auf unser Ja-Wort zu einer Heirat gehofft hatte. Du mußt wissen, Melanie: Karin ist immer meine Lieblings-Cousine gewesen, und das wußte Hilde.“
„Und dann habt ihr euch das Ja-Wort gegeben?“
„Nein, das haben wir nicht. Da Vettern-Ehen ja immer problematisch sind, wollten wir erst einmal mindestens ein Jahr sehen, ob wir nicht andere Partner finden.“
„Und — habt ihr schon andere Partner gefunden?“
„Karin hatte einen netten Freund gefunden, von dem sie zuerst dachte — aber dann war er auf die Dauer doch nicht ihr Typ.“
„Und jetzt probierst du mich aus — ob ich in Frage komme. — Weiß eigentlich Karin schon von mir?“
„Ich werde es ihr ehrlich erzählen, sie hat mir ja auch von ihrem Joachim erzählt. — Ausprobieren! — Ich hab dich sehr lieb, Melanie — aber in unserem Alter — und heutzutage überhaupt — man sieht doch vor einer dauerhaften Verbindung –„
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