Ich, der Roboter?

(Dies ist die – ziemlich freie – Übersetzung einer englischen Geschichte mit dem Titel „I robot?“, die mir gut gefallen hat. Meine Übersetzung darf beliebig weitergegeben und/oder verändert werden.)

Es war Freitag gegen vier Uhr nachmittags, und Julia war mit dem Aufräumen und Saubermachen fast fertig. In einer Villa mit vier Schlafzimmern und zwei Esszimmern zu leben, brachte zwar einige Annehmlichkeiten mit sich, aber dieses riesige Haus immer hübsch und adrett zu halten, war eine Menge Arbeit. Fast täglich musste sie durch die Zimmer gehen, Staub wischen oder saugen, und das dauerte so lange, dass sie danach kaum noch Zeit für sich hatte, da sie bereits mit der Zubereitung des Abendessens für sich und ihren Mann anfangen musste.

Julia liebte Timo, so sagte sie es sich jedenfalls. Und sie wusste, dass er sehr hart arbeitete, um ihren Lebensstandard zu finanzieren. Dennoch – sie hasste die langen Tage zu Hause, die kamen und gingen, ununterscheidbar, angefüllt mit Putzen und Saubermachen, mit Einkaufen und Kochen. Timo hatte ihr zwar angeboten, eine Haushaltshilfe zu engagieren, aber sie wollte das nicht. Dass eine in ihren eigenen Wänden frei umherging und ihre Sachen wegräumte oder wusch, mit diesem Gedanken mochte sie sich nicht anfreunden. Und so musste sie wohl oder übel selbst die Rolle der überforderten Hausfrau spielen, was mit der Zeit deutliche Spuren auch in ihrem Eheleben hinterlassen hatte. Immer seltener hatte Julia Lust, mit ihrem Mann, der sie mit seiner verständnisvollen Attitüde nur noch langweilte, ins Bett zu gehen. Sie hatte sich eine Reihe von Ausreden zurecht gelegt, und nur zu seinem Geburtstag wagte sie es nicht, es ihm abzuschlagen.

Nun hatte sie gerade das Kaffeetischchen aus dem 19 Jahrhundert mit Möbelpolitur eingerieben, als es klingelte. Sie ging zur Haustür, und dort stand ein Paketbote, der gerade eine fast zwei Meter hohe Kiste auf die Stufe vor dem Eingang hob.

„Ein Paket für Herrn und Frau Schmittner.“ sagte der Mann.

„Was ist das?“ sagte Julia etwas barsch, „Ich habe glaube ich nichts bestellt.“

Er schüttelte den Kopf. „Ich liefere nur aus, Frau Schmittner, und kann Ihnen gar nichts dazu sagen. Ich weiß nur, dass es an diese Adresse hier geliefert werden soll, und dass es bereits bezahlt ist.“

„Na gut. Vermutlich wieder mal eine dieser technischen Spielereien von meinem Mann“, vermutete Julia, nahm den Kunststoffgriffel und unterschrieb den Empfang auf dem Touchscreen, den ihr der Mann hinhielt. Sie wünschte ihm noch einen guten Tag, dann wuchtete sie das schwere Paket, welches unten Räder hatte, über die Schwelle in die Eingangshalle, schloss die Tür, und rollte es ins Wohnzimmer.

In den zwölf Jahren ihrer Ehe hatte Julia schon so einiges an merkwürdigen Gerätschaften und Apparaten, die meist in Paketform und unangekündigt an ihrer Haustier ankamen, für ihren Mann in Empfang genommen. Sie nahm einfach an, dies war seine Art, mit dem Frust, den das Eheleben bei ihm erzeugte, umzugehen. Und so tolerierte sie es meist, wenn er sie dafür nur in Ruhe ließ. Und tatsächlich hatte er sich nie großartig beschwert, wenn sie ihn wieder einmal abwimmelte. In den letzten drei Monaten beispielsweise hatte Julia diverse Päckchen geöffnet, eine komplette Modelleisenbahnanlage, Flugsimulatoren, eine Indoor-Golf-Trainigsanlage, zu guter Letzt sogar ein Gerät zum Tontaubenschießen. Sie musste zugeben, dass sie durchaus neugierig war, was er sich nun wieder hatte einfallen lassen. Was mochte es wohl sein? Wie es da so stand, schien es sie geradezu darum anzubetteln, geöffnet zu werden.

Julia wusste zwar, dass die Lieferung nicht für sie war, aber schließlich war sie an Herrn und Frau Schmittner gerichtet, und deshalb, so dachte sie sich, würde sie wohl nichts falsch machen, wenn sie es schon mal öffnete. Sie holte ein Messer aus der Küche und schlitzte das Klebeband, mit dem das Paket verschlossen war, an der Vorderseite auf, bis schließlich die neueste Errungenschaft ihres Mannes zum Vorschein kam.

Sie wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. War es eine Skulptur? Eine Art von seltsamer metallisch glänzender Vogelscheuche? Sie hatte keine Ahnung, was ihr Mann mit einer Metall-Statue wollte, zumal er nicht wie sie zu spontanen Einkäufen neigte.

Julia befühlte das Gesicht und den Kopf der Statue. Sie fühlten sich kühl an. Auf dem Hinterkopf fand sie schließlich eine Art Schalter, den sie aus Versehen umlegte.

Ein greller Blitz blendete sie, als ob jemand sie gerade mit dem extrem starken Blitzlicht einer alten Kamera fotografiert hätte. Für einige Sekunden konnte sie nichts sehen. Sie rieb sich ihre Augen. Langsam kam ihre Sicht wieder, und als diese schließlich wieder klar war, blickte Julia auf ein splitternacktes Ebenbild ihrer selbst, welches genau dort in dem geöffneten Paket stand, wo sich eben noch die seltsame Metallstatue befunden hatte.

„Hi!“ sagte die nackte Julia lächelnd. Ihre Stimme klang exakt so, wie ihre, die der echten Julia. Die andere neigte leicht ihren Kopf, wodurch sie ein etwas devotes Aussehen bekam. „Ich bin die Automatic Maid 5000 der Firma Hometronics GmbH und stehe ganz zu Ihren Diensten. Sie dürfen mich auch ‚Automaid‘ nennen.“

Der echten Julia dagegen hatte es die Sprache verschlagen. Mit offenem Mund starrte sie auf ihr anderes Ich, das ihr, völlig nackt, entgegenlächelte.

„Äh.. was… wie…?“ stammelte sie.

Die Automaid 5000 schien Julias Verwirrung zu verstehen und begann, ihre noch gar nicht gestellten Fragen zu beantworten.

„Die Automatic Maid 5000 ist das neueste Modell eines Haushaltsroboter. Ich bin programmiert zu kochen, zu putzen, saugen, sauberzumachen und über 150 andere Haushaltsarbeiten selbstständig durchzuführen.“

„Wahhh?“

„Mit dem Kauf meines Modells haben Sie automatisch eine 5-Jahres-Garantie erworben. Sie haben das Recht, mich innerhalb von 30 Tagen ohne Angabe von Gründen zurückzugeben. Außerdem bin ich wasserdicht bis in eine Tiefe von dreißig Metern.“

Bevor die echte Julia ein weiteres unartikuliertes Geräusch von sich geben konnte, ging die Tür zum Wohnzimmer auf und Timo trat herein.

Erbost deutete Julia auf ihr nacktes Ebenbild. Sie brachte aber immer noch kein Wort heraus.

„Ich kann das erklären“, antwortete Timo verlegen und nahm ihre Hände in die seinen, um sie etwas zu beruhigen. „Atme mal tief durch, und dann hör mir mal zu.“

Julia tat wie geheißen und atmete einmal durch. Es half. Sie fand ihre Sprache wieder. „Was zum Teufel ist das?“ fuhr sie ihn giftig an und stieß seine Hände weg.

„Schatz, jetzt lass mich das erst mal erklären.“

„Was willst du denn da erklären? Dass du ein völlig abgedrehter Perverser bist, der sich Kopien von seiner Frau machen lässt, und sich mit ihnen vergnügt, wenn ich mal nicht da bin?“

„Nein, es ist ganz anders. Sie sollte gar nicht aussehen wie du.“

„Du wolltest mich mit einem Roboter betrügen!“

„Nein nein nein, überhaupt nicht. Sie sollte weder nicht wie du aussehen, noch wie ein Roboter.“

„Ach nein? Und wie sollte sie dann aussehen? Wie deine Sekretärin vielleicht?“

„Bitte Julia, jetzt hör mir erst mal zu, bevor du mich beschimpfst. Ich hatte mir eigentlich gedacht, dass sie das Aussehen einer ca. 60 Jahre alten Haushaltshilfe Typ alte Jungfer bekommt.“

„Du willst es mit einer 60-Jährigen machen? Bist du irgendwie krank?“

„Das ist kein Sex-Spielzeug, Julia, sondern das, was draufsteht, ein Haushaltsroboter. Es sollte ein Geschenk für dich sein.“

„Eine nackte Kopie von mir selbst soll ein Geschenk für mich sein? Lass dir bitte was besseres einfallen.“

„Es ist eine mechanische Haushaltshilfe. Ich habe sie dir gekauft, da ich doch weiß, wie sehr dir die eintönige Arbeit hier im Haus auf die Nerven geht. Sie kann alle diese Sachen übernehmen, und du hast Zeit für dich, dich zu entspannen, oder zu tun, was auch immer du tun willst.“

„Und warum sieht sie dann aus wie ich?“

„Sie hat das Aussehen derjenigen Person angenommen, die den Schalter im Nacken umgelegt hat. Es sei denn, und das war eigentlich mein Plan, man wählt eine der 50 vorgefertigten Persönlichkeiten, die im Speicher abgelegt sind.“

„Und wieso ist sie nackt?“

„Als du den Schalter umgelegt hast, hat sie eine DNA-Probe von dir entnommen. Es ist ein bio-mechanischer Android, der nun nicht nur wie du aussieht, sondern sich auch genauso anfühlt und anhört. Wir müssen ihr alte Kleidung von dir geben, die sie tragen kann.“

Timos Worte hatten Julia etwas beruhigt.

„Können wir den Schalter nicht einfach nochmal umlegen, und die vorgefertigte – wie war noch ihr Name? – bekommen?“

Timo zögerte. „Ihr Profil war unter dem Namen ‚Miss Appleby‘ abgespeichert. Aber ich fürchte, das wird jetzt nicht mehr ganz so einfach sein. Der Schalter ist nun unter ihrer neuen Haut und den obersten Schichten ihres Gewebes verborgen. Wir müssten die Firma kontaktieren, damit sie sie wieder abgeholt und auf Fabrikeinstellungen zurücksetzt. Und da am Montag Feiertag ist, wird dies kaum vor Dienstag sein.“

Julia merkte, dass die Wut wieder in ihr hochkochte, aber sie unterdrückte sie. „Bis Dienstag können wir also ihr Aussehen nicht ändern?“

„Ich fürchte, nein.“

„Und das Ding ist eine Roboter-Haushaltshilfe? Sie kocht und putzt, und nicht mehr?“

„Ich gehe auch mit Hunden Gassi“, ließ sich die Automaid 5000 vernehmen. „Außerdem kann ich als Babysitter eingesetzt werden, oder einfache Reparaturen durchführen. Ich kann…“

„Danke!“ unterbrach Timo sie. „Nein, sie ist nur ein Haushaltshilfe, Julia, nichts mehr.“

„Naja, schätze, ein Wochenende kann ich mit einem zweiten Ich leben.“

„Super! Es tut mir leid, dass ich dich so erschreckt habe. Wirklich! Es sollte eine Überraschung für dich sein.“

„Na, die ist dir auf jeden Fall gelungen,“ stellte Julia fest. „Naja, ich muss mich jetzt ans Abendessen machen. Ich habe noch nicht mal angefangen…“

„Kein Problem,“ antwortete Timo. „Wir haben jetzt ja einen Roboter. Wollen wir nicht mal testen, wie gut sein Koch-Programm ist?“

Julia war sich gar nicht sicher, ob eine plumpe Maschine so gut kochen würde, wie sie, aber andererseits, so dachte sie sich, käme es wohl auf einen Versuch an. Sie hatte sowieso keine Lust, in der Küche zu stehen.

„Ok. Aber vorher stecken wir sie noch in ein hübsche Kleider. Dass sie nackt ist, das will ich auf keinen Fall. Und wenn sie schon aussieht wie ich, dann will ich auch, dass sie halbwegs gut aussieht.“

———————

Eine Stunde später kratzten Timo und Julia die Reste des besten Abendessens von den Tellern, dass sie je gehabt hatten.

„Ich muss zugeben,“ sagte Julia, „das war gar nicht schlecht. Also wenn das das Ergebnis ist, werde ich es wohl überstehen, nicht selber kochen zu müssen.“

„Und das beste ist, dass wir jetzt Zeit für einander haben, und uns um den Abwasch keine Gedanken machen müssen.“

Timo stand auf, kam um den Tisch auf Julia zu, nahm mit einer galanten Bewegung ihre Hand und zog sie hoch. „Wir können machen, wozu wir Lust haben…“

Julia wusste nur zu gut, was er damit andeuten wollte, und wie sonst auch, hatte sie gar keine Lust dazu.

„Ich weiß, Liebling“, sagte sie, „Aber wollen wir uns nicht lieber ganz gemütlich mit einem Glas Wein vor den Fernseher setzen und einen entspannten Abend zu zweit verbringen? Ich fühle mich immer noch ziemlich erschöpft von der ganzen Arbeit heute Vormittag und Nachmittag und könnte etwas Ruhe gebrauchen.“

„Wie du willst,“ antwortete Timo und versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen.

Und so verbrachten die beiden den Abend auf dem Sofa und schauten, aneinander gekuschelt, ein eher langweiliges Abendprogramm auf verschiedenen Kanälen, während die Automaid 5000 ihnen dienstbeflissen und stets freundlich lächelnd die Weingläser nachfüllte. Timo war mit der Auswahl der Weine sehr zufrieden, auch wenn Julia fand, dass ihr Wein einen seltsamen Beigeschmack hatte.

Sie wurde immer müder, und nach dem dritten Glas Wein konnte sie kaum noch die Augen offen halten. Sie musste dringend ins Bett. Timo, der weniger Schlaf brauchte, brachte sie ins Schlafzimmer, wo er ihr noch beim Ausziehen und beim Zähneputzen half. Endlich konnte sie sich in ihr Bett legen, und wenige Sekunden nachdem sie ihren Kopf auf das Kissen gebettet hatte, war sie auch in einen tiefen und festen Schlaf gefallen.

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Am nächsten Tag wachte Julia vom Geräusch des Staubsaugers in der Diele des Erdgeschosses auf. Ihr Kopf brummte und sie fühlte sich noch ganz zerschmettert vom gestrigen Tag. Dann erst bemerkte sie, dass sie alleine im Bett lag. Offenbar war Timo schon zur Arbeit gegangen. Sie schielte auf den Wecker, der auf dem Nachtkästchen neben dem Bett stand. Es war zwei Uhr nachmittags!

Sie sprang aus den Federn, und stolperte aus dem Schlafzimmer. Sie musste jetzt schnell munter werden. Timo würde in drei Stunden bereits wieder nach Hause kommen, und es gab bis dahin noch eine Menge zu tun.

Sie torkelte mehr die Treppe herunter, als dass sie ging, und musste sich am Geländer festhalten. Und als sie die Diele des Erdgeschosses erreicht hatte, trat ihr die Automaid 5000 entgegen.

„Guten Morgen Frau Schmittner! Wie geht es Ihnen?“

„Äh, danke, gut…“ murmelte Julia, die sich immer noch wie gerädert fühlte. Sie schwankte leicht, so schwindelig war ihr.

„Sie sehen müde aus, Frau Schmittner,“ stellte der Roboter fest. „Vielleicht sollten Sie sich noch etwas hinlegen.“

„Ich muss… äh, sauber… bevor Ti- Timo kommt,“ stammelte Julia. Es fiel ihr schwer, zu sprechen, und sie merkte, dass sie kaum einen ganzen Satz herausbrachte.

„Aber Frau Schmittner! Ich habe bereits sämtliche Räume gereinigt. Ich habe die Einkäufe erledigt, und werde nun unverzüglich mit der Vorbereitung des Abendessens beginnen. Wenn Sie wollen, mache Ihnen noch einen Kaffee, und Sie entspannen sich etwas. Ich bin hier, um Ihnen zu dienen!“

„Aber… saubermachen…“ stammelte Julia.

Der Roboter legte einen Arm um Julia und führte sie sanft, aber bestimmt, in Richtung eines kleines Zimmers im hinteren Teil des Erdgeschosses, das von Julia und Timo zwar als Abstellkammer benutzt wurde, in dem aber auch ein kleines Klappbett für Gäste stand.

„Sie sind sehr erschöpft, Frau Schmittner. Sie müssen sich ausruhen! Überlassen Sie den Haushalt einfach mir. Ich komme mit allem hier zu Recht. Trinken Sie etwas oder lesen Sie ein gutes Buch! Wie Sie wollen. Ruhen Sie sich aus!“

„Ja, ausruhen…“ antwortete Julia in einer seltsam monotonen Stimme.

„Braves Mädchen,“ antwortete der Roboter, und führte Julia zu dem Gästebett. „Legen Sie sich so lange hier hin. Entspannen Sie sich. Ich werde mich um alles kümmern. Soll ich Ihnen einen Kaffee machen?“

„Ja. Hinlegen. Entspannen.“ stimmte Julia wie in Trance zu. Ihre Augen schlossen sich von ganz alleine, als der Roboter ihren Kopf sanft auf das flauschige Kissen bettete.

„Entspannen Sie sich,“ wiederholte die Maid mit einer einlullenden Stimme, bevor sie leise die kleine Kammer verließ. Wenn jemand sie dabei sehen hätte können, so hätte er auf ihrem Gesicht ein breites Grinsen bemerkt.

Zwei Minuten später betrat sie abermals den Raum und stellte eine Tasse verführerisch duftenden, dampfenden Kaffee auf das kleine Idea-Schränkchen neben das Bett. Julia, die fast schon wieder eingeschlafen war, raffte sich nochmal auf und trank einige Schlucke. Heiß rann das Getränk ihre Kehle herunter. Es schmeckte bitter, fast wie Medizin, aber in ihrem Körper verbreitete sich eine wohlige Wärme. Sie ließ sich wieder niedersinken und war nach wenigen Sekunden eingeschlafen.

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Als Julia das nächste mal aufwachte, war es sieben Uhr abends. Sie hörte Gelächter aus dem Wohnzimmer. Als sie sich schwerfällig aufraffte, um dorthin zu gehen, fühlte sich ihr Kopf wie Blei an. Aber sie musste wissen, was dort vor sich ging.

Sie konnte kaum gehen, torkelte zur Tür, und musste sich an der Klinke festhalten, um nicht umzufallen. Ihr gelang es, diese zu öffnen. Kaum, dass sie die Diele betreten hatte, kam ihr auch schon die Automaid 5000 entgegen. In der Hand hatte sie ein Glas Wasser mit Eiswürfeln und einem Zitronenstückchen. Sie lächelte, als sie Julia so hilflos bebend dort stehen sah. Dann nahm sie ihre Hand und führte sie ruhig, aber unwiderstehlich wieder zurück ins Bett.

„Aber Timo… lacht… Wie…so?“ protestierte Julia. Sie schien ihre Zunge nicht richtig bewegen zu können, und es fiel ihr schwer, die Wörter richtig auszusprechen, geschweige denn, ganze Sätze zu bilden.

„Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Schmittner. Ich habe Ihrem Gatten bereits ein gutes und gesundes Abendessen zubereitet, so dass Sie hier liegen und sich weiter ausruhen können. Die letzten Tage waren zu anstrengend für Sie. Hier, ich habe Ihnen ein Glas Wasser mitgebracht. Das wir sie erfrischen.“

Julia setzt sich wieder auf das kleine Klappbett. Sie nahm das Glas, das ihr hingehalten wurde, entgegen. Das Wasser schmeckte etwas bitter, wie Tonic Water, aber es war kalt und erfrischend. Mit einem Zug trank sie das Glas leer.

„Aba Timo… lacht?“ wollte sie abermals wissen, „Wieso?“

„Es ist alles in Ordnung. Ihr Mann ist ganz alleine. Und ich gebe mich als Sie aus, damit Sie sich noch etwas ausruhen können, während Ihr Mann nichts ahnt und glaubt, einen schönen Abend mit Ihnen zu verbringen. Auf diese Weise wird er sie um so mehr lieben.“

Tief in ihrem Herzen spürte Julia, dass irgendetwas daran nicht gut war. Aber andererseits klang es logisch. Sie konnte sich ausruhen, und der Roboter übernahm ihre Pflichten als . Eben nicht nur die Hausarbeit, sondern auch die Konversation mit ihrem Mann, die sie in den letzten Jahren so angestrengt und genervt hatte. Sie fühlte sich etwas besser, als ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen. Doch dann sah sie das tief ausgeschnittene Abendkleid, dass ihr mechanisches Hausmädchen trug, die glamouröse Kette, die von ihrem Nacken zwischen ihre Brüste fiel. Und als die Automaid 5000 sich neben das Bett auf den Hocker setzte, öffnete sich der tiefe Schlitz an der Seite des Kleides und entblößte die Spitzenansätze der hautfarbenen Halterlosen.

„Und was tragen Sie für ein Kleid?“ wollte Julia sie anschreien, aber es kam kaum mehr als ein Flüstern, etwa wie „Uwas… tragen… Kleid?“ aus ihrer Kehle.

„Ich wollte, dass Sie gut aussehen, Frau Schmittner. Ich habe nur die besten Absichten. Während Sie hier liegen und relaxen, sorge ich dafür, dass Ihr Mann sich wohlfühlt und Sie noch mehr lieben wird, als er es sowieso schon tut. Er muss ja nicht erfahren, dass es in Wirklichkeit nicht Sie sind.“

„Das Kleid… Wieso?“ stammelte Julia abermals.

„Damit er Sie noch mehr liebt!“ erklärte der Roboter.

„Mich… liebt?“

„Ja, Frau Schmittner.“ Sie kam nun mit ihrem Gesicht ganz nahe zu Julia und sagte in einem langsamen, fast beschwörenden Ton: „Timo… liebt… Sie.“

„Liebt… mich….“ antwortete die echte Julia fast mechanisch.

„Ja, er liebt sie. Und ich will, dass er Sie noch mehr liebt. Und wenn ich diese Nacht erst fertig mit ihm bin, dann wird er sie noch viel viel mehr lieben. Wollen Sie, dass Ihr Mann Sie noch viel mehr liebt?“

„Mehr… liebt…“ stammelte Julia. Es war ein schönes Gefühl, so geliebt zu werden.

„Und das beste dabei ist,“ fuhr die Maschine fort, „Sie brauchen sich um gar nichts zu kümmern. Sie bleiben einfach hier und entspannen sich. Sie brauchen Ihren Schlaf. Und Ihr Mann liebt Sie noch mehr. Ist das nicht wun-der-bar?“

„Wun-der-bar…“ wiederholte Julia. Sie fühlte, wie ihre Augen schwer wurden. Ihre Sorgen wegen des aufreizenden Outfits des Roboter-Hausmädchen verschwanden wie in einem Nebel, als sie wieder einschlief.

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Am nächsten Morgen wurde Julia von der automatischen Maid aufgeweckt.

„Warum bist du nicht in der Küche?“ verlangte der Roboter.

Obwohl sie fast den ganzen letzten Tag geschlafen hatte, fühlte sich Julias Kopf immer noch groggy an, und die Frage des Roboters verwirrte sie.

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