Kapitel 18 — Veras

Erst im Laufe des Nachmittages machen wir uns auf den Rückweg. Ich lasse Vera in meiner Wohnung zurück und bringe die Reste unseres Picknicks in die Hotelküche. Auf dem Weg dorthin treffe ich Pia.

„Der Schnüffler ist wieder da. Er hat eingecheckt“, informiert sie mich.

„Wer wohnt im zweiten Zimmer?“, erkundige ich mich.

„Es war eine Frau bei ihm. Keine Ahnung, wer das sein soll. Ich habe den Eindruck, dass zwischen den beiden eine gewisse Spannung besteht. Ein sind sie auf keinen Fall“, informiert mich Pia.

„Kann sie eine Assistentin sein?“, frage ich.

„Kann sein, doch dafür ist sie mir zu alt. Ich schätze sie auf Anfang fünfzig. Er ist höchstens fünfunddreißig. Da würde ich mir eine Assistentin in seinem Alter oder jünger vorstellen“, mutmaßt sie.

„Ist sie die ?“, rate ich.

„Glaube ich nicht. Dafür kommandiert er sie zu viel herum“, vermutet Pia.

„Welche Zimmer haben die beiden?“, will ich wissen.

„Er hat das Zimmer Dreihundertneunzehn und die Frau das Zimmer Dreihundertneunundzwanzig.“

Ich bedanke mich bei Pia. Die Information ist wichtig. Auf dem Weg zurück in meine Wohnung überlege ich, wer die Frau sein könnte. Plötzlich kommt mir ein Verdacht. Ich gehe schneller und beeile mich zu Vera zu kommen. Ich schließe die Tür hinter mir und gehe die Treppe hinauf. Sie ist auf der Terrasse und liegt entspannt in der Nachmittagssonne.

„Hallo Schatz, der Schnüffler ist wieder da und hat eine Frau bei sich. Sie ist etwa fünfzig Jahre alt und ich vermute, dass es deine ist“, platze ich heraus.

Durch den Mädchenköper geht ein deutlich sichtbarer Ruck. Vera springt wie von der Tarantel gestochen auf und schaut mich mit großen Augen an.

„Wie kommst du darauf? Du kennst sie doch gar nicht“, ist sie überrascht.

„Ich vermute es. Komm, lass uns nachschauen gehen!“, fordere ich sie auf.

„Wie nachschauen? Wir können doch nicht durchs Hotel laufen. Wenn uns der Typ sieht!“, wehrt sie ab.

„Wir haben doch den Geheimgang. Von dem aus können wir in die Zimmer schauen“, erinnere ich sie.

„Ja genau! Dann los“, meint sie. „Worauf wartest du noch?“

Nun ist sie ungeduldig und kann es kaum erwarten. Wir eilen ins Bad, verschwinden durch die Spiegeltür und nehmen den schmalen Gang an der Landseite des Hotels. Ich biege einen Quergang zu früh ab und wir kommen zum falschen Zimmer. Deshalb müssen wir umkehren. Der vor Erwartung platzenden Vera entkommt eine Unmutsbekundung. Ich weiß, dass sie es nicht so meint und mache mir nichts draus. Als wir endlich das richtige Zimmer erreichen, sehe ich eine Frau um die Fünfzig auf der Couch sitzen und weinen. Sie scheint verzweifelt zu sein.

„Mutter“, sagt Vera ganz leise. „Das ist meine Mutter. Wir müssen ihr helfen.“

Vera ist in sich zusammengesackt. Sie schaut mich hilfesuchend an. Der Anblick ihrer weinenden Mutter wirft sie komplett aus der Bahn. Sie ist wieder das kleine, hilflose Mädchen, das sich in sein Schicksal ergeben hat.

„Klar müssen wir ihr helfen. Wir müssen aber auch vorsichtig sein und uns einen Plan zurechtlegen. Mach dir keine Sorgen!“, beruhige ich sie.

„Es tut mir in der Seele weh, meine Mutter so leiden zu sehen“, flüstert mir Vera zu.

„Das verstehe ich. Aber wir dürfen jetzt nicht den Kopf verlieren. Keine Sorge, wir werden deine Mutter bald in Sicherheit bringen“, wiederhole ich mich.

Wir beobachten das Zimmer eine Zeitlang. Plötzlich wird die Tür geöffnet und dieser Franz Lukas betritt den Raum. Er hat offenbar die Schlüsselkarte und kann jederzeit ins Zimmer kommen. Soweit ich bemerkt habe, hat er nicht einmal angeklopft.

„Du weißt, was dein Mann gesagt hat!“, meint er zur Frau. Sein Ton ist unfreundlich und bestimmend. Ihr Weinen lässt ihn völlig kalt.

„Ich werde alles tun, was er verlangt. Nur tut meiner Vera nichts zu Leide. Bitte!“ fleht sie.

Vera und ich schauen uns im schwachen Schein der Taschenlampe überrascht an. Vera checken als erste, das erkenne ich an ihren Gesichtszügen. Doch auch ich verstehe wenig später, was gespielt wird.

„Wenn du tust, was man dir sagt, dann wird der Kleinen nichts geschehen. Aber wehe, du parierst nicht“, droht er. „Du kannst dich daran erinnern, wie es dir damals ergangen ist.“

„Nein, nur das nicht. Die Typen dürfen meine arme Vera nicht in die Finger kriegen. Ich tue echt alles, was ihr verlangt“, bettelt sie.

Es ist erschreckend, welche Macht er über die arme Frau ausübt. Allein schon der Gedanke, dass ihre Tochter das erleiden muss, was man ihr angetan hat, versetzt sie in Angst und Schrecken. In mir baut sich ein unsagbarer Hass auf den Mann im Zimmer und seinen Auftraggeber auf. Am liebsten würde ich beide auf der Stelle in der Luft zerreißen.

„Du wirst dich herrichten und diesen Müller beim Abendessen ansprechen. Wehe du schaffst es nicht, ihn für dich zu interessieren!“ warnt er sie.

„Was ist, wenn er nichts von mir wissen will?“, antwortet sie eingeschüchtert.

„Wenn du ihn nicht in drei Tagen im Bett hast, dann Gnade Gott deiner Brut. Du hast die Typen kennen gelernt. Die nehmen die kleine Schlampe komplett auseinander. Das kann ich dir versprechen. Die freuen sich schon lange darauf“, droht er.

„Ich gebe wirklich mein Bestes“, beteuert sie. „Versprochen!“

„Das will ich hoffen“, kontert der Schnüffler.

Er greift der Frau anzüglich auf den Hintern und verschwindet dann wieder. Veras Mutter bleibt ängstlich und verheult zurück. Ich kann ihr die Verzweiflung deutlich ansehen.

„Komm, wir verschwinden“, flüstere ich Vera zu.

„Ich kann nicht“, sagt sie ganz leise. „Es ist meine Mutter. Wir müssen ihr helfen.“

Erst jetzt erkenne ich, dass Tränen über ihre Wangen rinnen. Es sind dicke fette Tränen, die zu Boden kullern. Ich habe sehr wohl bemerkt, dass sie immer ernster und grimmiger wurde. Ich habe das Gefühl, wenn sie den Mann in die Finger bekommt, bringt sie ihn auf der Stelle um.

„Wir werden ihr helfen, doch wir müssen besonnen vorgehen. Lass uns zurückgehen und überlegen, wie wir es am besten anstellen. Im Augenblick ist sie nicht in Gefahr“, erkläre ich Vera.

„Ich muss ihr sofort helfen. Ich liebe meine Mutter!“, jammert sie.

„Komm schon! Tu nichts Unüberlegtes“, mahne ich.

Da Vera drauf und dran ist, den Mechanismus und damit die Tür ins Zimmer zu öffnen, ziehe ich sie zurück. Sie wehrt sich, doch ihr Widerstand ist nicht groß. Deshalb schaffe ich es, sie zurück in den Hauptgang zu ziehen und sie dann zurück in meine Wohnung zu führen. Vera ist wie in Trance. Sie wirkt wie fremdgesteuert.

Von meiner Wohnung aus, rufe ich Pia an. Sie hat noch zu tun, verspricht aber, so schnell wie möglich zu kommen. Ich versuche in der Zwischenzeit Vera zu beruhigen. Sie steht sichtlich unter Schock.

„Das darf nicht noch einmal geschehen“, klagt sie.

„Was darf nicht noch einmal geschehen?“

„Sie darf nicht noch einmal diesen Männern ausgeliefert werden. Du hast absolut keine Ahnung, was die mit ihr machen. Nein, nein, nein, das darf nicht sein“, jammert sie.

„Das wird nicht passieren. Wir holen sie da raus“, rede ich auf sie ein.

„Aber wie? Der Typ hat sie unter Kontrolle“, hält sie dagegen.

„Dich haben wir schließlich auch befreit. Deshalb mach dir keine Sorgen, wir schaffen es auch bei deiner Mutter. Hab doch Vertrauen zu mir“, beschwöre ich sie.

„Du kennst diesen Mann nicht! Der ist zu allem fähig“, meint Vera. „Bitte, bitte hilf ihr!“

„Wir helfen deiner Mutter, gemeinsam und überlegt. Ich habe auch schon einen Plan“, verrate ich.

Vera schaut mich zum ersten Mal direkt an. Bisher hat sie nur zu Boden geschaut. Ihre Augen sind verheult und ein wenig rot und geschwollen. Ich kann deutlich die Verzweiflung in ihren Augen erkennen. Ganz automatisch nehme ich sie in den Arm und drücke ihren Kopf gegen meine Brust.

„Es wird alles gut. Glaub mir!“, beruhige ich sie. —

Etwa eine halbe Stunde später klopft es und Pia steht vor der Tür. Ich gehe mit den beiden auf die Terrasse und wir setzen uns. Vera ist apathisch und folgt mir wie ein folgsames Hündchen. Pia betrachtet sie besorgt. Ich mache ihr mit einer Handbewegung klar, dass wir gleich reden werden.

Auf der Terrasse, wo uns niemand hören kann, erzähle ich Pia in groben Zügen, was wir gesehen haben.

„Ich bin sicher, Lukas und sein Lakaie gaukeln Veras Mutter vor, sie hätten die Tochter in der Hand und wollen sie auf diese Weise zwingen, ihnen zu gehorchen. Ich gehe davon aus, dass nun die Mutter an Veras Stelle den Mordanschlag auf mich verüben soll. Anders kann ich mir nicht erklären, warum sie sich an mich heranschmeißen soll“, teile ich den beiden meine Vermutungen mit.

„Dieses Schwein!“, meldet sich Vera erstmals wieder zu Wort. In ihr scheint sich die Verzweiflung zu legen und die Wut Oberhand zu bekommen.

„Was ist dein Plan?“, erkundigt sich Pia. Sie scheint mich inzwischen schon recht gut zu kennen. „Du hast einen, das sehe ich.“

„Ich werde im Speisesaal essen, damit Veras Mutter mit mir Kontakt aufnehmen kann. Ich werde freundlich sein und so tun, als würde ich sie sympathisch finden“, erzähle ich.

„Du gehst aber nicht mit ihr ins Bett!“, platzt Vera heraus. Ihre Augen funkeln mich böse an. Ich muss lächeln, was sie nur noch mehr gegen mich aufbringt. Deshalb nehme ich ihre Hand und drücke sie. Ihre Eifersucht finde ich einfach nur süß.

„Natürlich nicht, mein Schatz. Aber es soll für den Schnüffler so aussehen, als ob sie mir gefallen würde“, erkläre ich weiter. Vera schaut mir prüfend in die Augen.

„Dabei sagst du ihr die Wahrheit über mich und so?“, will Vera ungeduldig wissen.

„Nein, das wäre zu gefährlich. Der Schnüffler könnte in der Nähe sein oder deine Mutter mit einem Sender ausgestattet haben. Das wissen wir doch nicht“, stelle ich klar. „Ich verbringe einen netten Abend mit ihr und begleite sie hinauf ins Zimmer. Kurz bevor wir aufbrechen, schicke ich Euch eine Nachricht und ihr schleicht Euch über den Geheimgang bis zu ihrem Zimmer.

Dass wir uns verstehen, Ihr wartet im Geheimgang. Ich bringe deine Mutter an die Tür und verabschiede mich. Sie geht ins Zimmer und vom Gang aus könnt Ihr beobachten, was im Zimmer geschieht. Vor allem ist wichtig zu kontrollieren, ob sie eine Wanze am Körper trägt. Dem Schnüffler traue ich auch das zu.

Ich komme zu Euch und wir warten in aller Ruhe ab. Sobald ich im Geheimgang bin wechselt Pia auf die andere Seite und behält – immer vom Geheimgang aus – den Aufpasser im Auge. Wenn alle schlafen und keine Gefahr droht, schleichen wir zwei uns in das Zimmer deiner Mutter und holen sie über den Geheimgang heraus. Wir werden sie wohl oder übel im Haus auf der anderen Seite unterbringen müssen. Danach schauen wir, was weiter geschieht“, verrate ich meinen Plan.

„Aber der Schnüffler wird Verdacht schöpfen, wenn die Frau plötzlich verschwunden ist“, gibt Pia zu bedenken.

„Wir sagen ihm, die Frau habe ganz früh das Hotel verlassen und gesagt, er würde zahlen. Wir hinterlassen ihm auch einen Brief, in dem deine Mutter alles erklärt. Darin tut sie, als habe sie Gewissensbisse und könne nicht tun, was er von ihr verlangt. Sie soll andeuten, sie würde nach Deutschland zurückkehren, um ihre Tochter zu retten. An der Rezeption werden sie sagen, sie habe sich von einem Taxi zum Bahnhof bringen lassen“, antworte ich.

Es entsteht eine kurze Pause. Vera schaut mich unsicher an, Pia hingegen wirkt nachdenklich. Keine von beiden sagt etwas. Das macht mich Zusehens nervöser und unsicherer. Hat meine Idee einen Denkfehler?

„Guter Plan“, meint Pia. Es dauert aber ganz schön lange, bis sie etwas sagt. „So machen wir es.“

„Ich vertraue dir“, haucht Vera. Sie umarmt mich und legt den Kopf auf meine Schulter. „Was würde ich nur ohne dich tun?“

Da es inzwischen Zeit für das Abendessen ist, ziehe ich mich um und lasse die beiden Frauen in meiner Wohnung zurück.

„Wir schaffen das! Vertrau mir!“, sage ich zu Vera. Ich ziehe sie an mich und küsse sie liebevoll.

„Das tue ich“, meint sie. Vera spricht leise, doch allmählich kehrt wieder ihre Entschlossenheit zurück. Sie drückt sich fest an mich.

Nur ungern löse ich mich von ihr und mache mich auf in den Speisesaal. Dort setze mich an einen Tisch. Im Vorbeigehen bemerke ich im Barbereich Veras Mutter, die auf einem Hocker sitzt und auf etwas zu warten scheint. Am Tisch neben mir macht es sich ihr Aufpasser gemütlich. Er will wohl ganz nahe sein, um alles unter Kontrolle zu haben. Von meinem Platz aus, kann ich beide beobachten und sehe, wie er ihr ein Zeichen gibt, das Zeichen zum Angriff.

Wenig später erhebt sich Veras Mutter und kommt in den Saal. Sie schaut sich kurz um und steuert dann direkt auf meinen Tisch zu.

„Guten Abend, so alleine hier? Darf ich mich zu Ihnen setzen?“, erkundigt sie sich.

Ihre Stimme ist dünn und unsicher. Sie blickt mir nicht in die Augen, sie hat sie auf den Boden vor sich gerichtet, als würde sie dort etwas suchen. Um ihr die Sache zu erleichtern, lächle ich sie freundlich an, stehe auf und biete ihr mit einer entsprechenden Handbewegung den Platz mir gegenüber an.

„Aber gerne, es ist mir eine Ehre. Ich bin Thomas Müller“, stelle ich mich vor.

„Danke“, antwortet sie.

Als Veras Mutter den Stuhl zurückzieht, eile ich um den Tisch, um ihn ihr zurecht zu rücken.

„Oh, ein echter Gentleman. Das ist man heutzutage gar nicht mehr gewohnt“, bedankt sie sich.

„Leider gehen die guten Manieren in der heutigen Zeit immer mehr verloren“, stimme ich zu.

„Ich bin Susanne Casagrande, ich komme aus Deutschland“, stellt nun auch sie sich vor. „Mein ist vor vielen, vielen Jahren von Italien nach Deutschland ausgewandert. Ich selbst kann nur noch wenige Brocken Italienisch. Eigentlich schade.“

„Ich hingegen bin ein echter Deutscher, den das Schicksal nach Italien verschlagen hat. Mein hat dieses Hotel gekauft und zu dem gemacht, was es heute ist. Er ist leider kinderlos gestorben und so hat er alles mir vermacht.“

„Was muss man für ein Mensch sein, wenn man ein Bordell führt?“, will sie wissen. Ihre Mine ist abweisend.

„Das Hotel ist kein Bordell. Wir vermitteln nur auf Wunsch die passende Urlaubsbegleitung“, stelle ich klar.

„Wir wissen doch beide, was die Mädchen tun müssen“, wirft sie ein.

Der Mann am Nebentisch hält die Luft an und schaut sie böse an. Sie hat ihre moralischen Vorstellungen und hält damit nicht hinterm Berg, auch wenn es nicht von Vorteil für die ihr zugedachte Rolle ist. Sie kann eben nicht anders.

„Diese Mädchen machen das freiwillig. In den meisten Fällen zumindest“, weise ich den Vorwurf zurück. „Wenn Gäste zu aufdringlich werden, greifen wir ein.“

Es entsteht eine längere Pause. Frau Casagrande mustert mich mit skeptischem Blick. Sie mag mich nicht. Das sehe ich deutlich in ihren Augen. Sie sind grün, schimmern jedoch ausgesprochen matt und mich beschleicht der Eindruck, als sei weitgehend das Leben aus ihnen gewichen. Diese Frau hat schon vor langer Zeit resigniert und sich aufgegeben.

Ihren Andeutungen entnehme ich, dass Werner Lukas ihr von seinen Aufenthalten im Hotel erzählt und sich vermutlich damit gebrüstet hat, was er alles mit den Mädchen angestellt hat. Vermutlich hat er es ihr vorgehalten, wenn sie nicht das machen wollte, was er von ihr verlangt hat. Mit Sicherheit hat er ihr über seinen letzten Aufenthalt nicht die Wahrheit gesagt, zumindest nicht die ganze.

Die Unterhaltung während des Essens verläuft äußerst schleppend und ausgesprochen mühsam. Da ich die Hintergründe kenne, kann ich verstehen, warum dem so ist. Veras Mutter ist keine gute Schauspielerin und es fällt ihr schwer, sich zu verstellen. Sie mag mich nicht und daraus macht sie keinen Hehl. Trotzdem versuche ich das Gespräch mit allen Mitteln am Laufen zu halten und zeige mich ausgesprochen zuvorkommend. Der Schnüffler soll den Eindruck bekommen, ich wäre an Veras Mutter interessiert.

Ich lache mehrmals überschwänglich, um den Eindruck zu erwecken, wir würden uns gut unterhalten. Ich beobachte, wie der Detektiv ein wachsames Auge auf uns hat und uns sehr aufmerksam beobachtet. Anfänglich merkt man ihm an, dass er die Sache misstrauisch beäugt. Doch das ändert sich zum Glück mit der Zeit, mein Lachen scheint ihn zu beruhigen.

Als sich der Abend endlich dem Ende entgegen neigt, schicke ich Pia die Nachricht, dass wir aufbrechen. Wenig später erhebe ich mich und biete Veras Mutter an, sie nach oben zu begleiten. Ich bemühe mich, Interesse zu zeigen, um so den Eindruck zu erwecken, ich hätte den Köder geschluckt.

Wir gehen nach oben. Ich beobachte, wie uns in sicherer Entfernung der Schnüffler folgt. Er lässt Veras Mutter keinen Augenblick aus den Augen. Nur den kurzen Augenblick, in dem wir mit dem Fahrstuhl nach oben fahren, entwischen wir seiner Kontrolle. Er hat es offenbar nicht gewagt, sich mit uns in den Aufzug zu zwängen, das wäre wohl zu auffällig gewesen.

Er muss jedoch in Windeseile die Treppe hinaufgerannt sein. Als wir über den Flur zum Zimmer schlendern und ich verstohlen zurückschaue, entdecke ich, wie sein Kopf hinter der nächsten Ecke in Sicherheit gebracht wird. Aus der engmaschigen Überwachung schließe ich, dass er technisch nicht sonderlich ausgestattet ist und Veras Mutter nicht verkabelt ist.

„Danke für den netten Abend“, sage ich. „Ich würde mich freuen, wenn wir morgen zusammen etwas unternehmen könnten. Wenden Sie sich doch bitte nach dem Frühstück an die Rezeption und lassen Sie mich rufen.“

„Das werde ich machen. Schönen Abend!“, antwortet sie. Ohne weitere Worte verschwindet sie im Zimmer. Die Antwort war wohl eher vorgespielte Freundlichkeit, denn sie flüchtet förmlich vor mir ins Zimmer.

Ich schlendere zum Aufzug zurück und bemerke, wie ich immer noch beobachtet werde. Der Typ ist kein Fachmann, denn so plump zu observieren ist nicht professionell. Ich halte ihn inzwischen eher für einen ganz normalen Verwandten des Herrn Lukas, der kein geschulter Detektiv ist und davon nicht die blasseste Ahnung hat.

Sobald ich außer Sichtweite bin, beeile ich mich, in mein Zimmer zu kommen und in den Geheimgang zu gelangen. Dort warten Vera und Pia bereits auf mich. Sie beobachten Susanne, wie sie auf dem Sofa sitzt und weint.

„Wie ist es gelaufen?“, will Vera wissen. Dabei drückt sie mich fest an sich und küsst mich.

„Schwerfällig, deine Mutter ist keine gute Schauspielerin“, fasse ich den Abend zusammen.

„Das weiß ich. Lügen konnte sie noch nie“, flüstert Vera. „Das habe ich von ihr geerbt.“

Sie lächelt leicht über ihren Scherz. Sie scheint zum Glück wieder etwas zuversichtlicher zu sein. Der Blick auf ihre Mutter betrübt sie allerdings sichtlich.

Da fliegt die Tür auf und der Mann kommt herein. Er macht eine finstere Mine und scheint verärgert zu sein.

„Du kleine, dreckige Schlampe. Zum Glück steht dieser Affe auf dich. Du hättest um ein Haar alles versaut“, schimpft er. „Wie kann man sich nur so blöd anstellen?“

Vera neben mir zuckt bei diesen Worten zusammen. Offenbar kennt sie diesen Ton nur zu gut. Der Mann hingegen geht auf Susanne zu und gibt ihre eine Ohrfeige. Ich bin geschockt, dass der Mann mit einer erwachsenen Frau nur so umgehen kann. Auch Pia schaut finster drein.

„Aufstehen!“, befiehlt er.

Veras Mutter steht auf und bleibt in deutlich geduckter Haltung vor ihm stehen. Er beginnt ungeniert ihre Bluse zu öffnen. Zum Vorschein kommen ein Mikrophon und ein Sender.

„Du hattest Recht, wir müssen vorsichtig sein“, flüstert mir Vera zu. Sie hält meine Hand und drückt sie fest.

Der Man steckt die Abhöreinrichtung in die Tasche und öffnet auch noch Susannes BH. Er fasst grob an ihre Brüste.

„Das sind echt geile Euter. Für dein Alter bist du noch ganz gut in Schuss. Wenn das hier überstanden ist, darf ich ein Wochenende lang mit dir machen, was ich will. Das hat Werner versprochen“, sagt er. „Ich verspreche dir, ich fick dir das Hirn aus dem Kopf.“

„Ich mache alles, was Sie sagen“, antwortet Susanne eingeschüchtert.

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