Teil 4 — Begegnungen
Selen und Greg gingen, nachdem sie das Raumschiff verlassen hatten, gemeinsam die Gangway an den Docks zum Hafenmeister. Der Unternehmer regelte die notwendigen Formalitäten. Anschließend wandten sie sich zum Ausgang des Raumhafens. Greg schaute sich um, konnte aber in dem ganzen Gewühl von Humanoiden der verschiedensten Rassen und den endlosen Reihen Antigravgleitern niemanden ausfindig machen, der sie abzuholen schien.
„Bei den neun dunklen Sonnen!“, fluchte er.
„Wie soll man denn in diesem Chaos überhaupt jemanden finden können?!“
„Dort drüben scheint sich jemand auf uns aufmerksam machen zu wollen, Commander.“, entgegnete die Androidin und zeigte in eine bestimmte Richtung.
Er verfolgte, worauf sie deutete und sah in der dritten Reihe der Abholzone einen goldfarbenen Gallardogleiter der neuesten Generation.
„Nun, eine solche Geschmacksverirrung würde zumindest zu Simon passen.“, dachte Greg.
Direkt neben dem schnittigen, luxuriösen Transportmittel stand ein riesiger, rotgesichtiger Hüne, der ihnen wild gestikulierend bedeutete zu ihm zu kommen.
Sie bahnten sich ihren Weg durch die wogende Menschenmenge und hatten ihn wenige Augenblicke später erreicht.
„Sind sie Mister Dillinger und Miss Swanson?“, sprach er sie direkt an.
„Ja. Wer schickt sie?“
„Mein Chef, Mister Pratt. Mein Name ist Oliver. Entschuldigen sie bitte dass ich nicht vorne am Eingang stehe, aber ich wurde abgedrängt. Der Verkehr ist grauenhaft. Mir wurde ein Kennwort gesagt, dass ich ihnen nennen soll, Sir. Es lautet „Nebula“.“
Greg nickte.
„Okay. Dann können wir los.“, meinte er knapp.
Er wandte sich an Selen und zischte ihr leise zu:
„Überprüf´ die Fahrzeugkennung und den Halter. Ich möchte kein Risiko eingehen.“
Sel nickte.
Der Chauffeur öffnete ihnen die Türen und bat sie mit einer Geste einzusteigen.
Der Unternehmer aber wartete erst auf die Bestätigung von seiner Begleiterin. Diese zeigte nur Sekunden später mit dem Daumen nach oben und gab somit grünes Licht.
Sie nahmen im Fond Platz, die Türen schlossen sich und kurze Zeit später erhob sich der Gleiter mit einem leisen, tieffrequenten Summen und fädelte sich reibungslos in den endlosen Verkehrsstrom ein, der sich auf verschiedenen Ebenen zwischen den gigantischen Gebäuden abspielte.
„Es ist lange her, seit ich hier war.“, konstatierte der Kommandant nüchtern.
„Offenbar hat die Bevölkerungszahl weiter zugenommen und das Verkehrsaufkommen ist extrem gewachsen.“
„Ja, Sir. Sirius wächst unaufhörlich, wie ein Krebsgeschwür.“, bestätigte ihr Fahrer.
„Es wird immer schlimmer.“
„Wie gefällt es Dir, Mae?“, wandte er sich, erheblich leiser, an seine Begleiterin.
„Ich bin überwältigt, Sir!“
„Von der Station? Ernsthaft? Ich finde, die ist einfach nur ein mieses, hässliches Drecksloch!“
„Diese Aussage kann ich nicht bewerten, Commander. Ich bin überwältigt von der Vielzahl an Individuen, den mannigfaltigen Gerüchen und Geräuschen. Meine Sensoren waren vor kurzem, als wir uns mitten in der Menge befanden, nur Augenblicke von einer Notabschaltung entfernt. Auf so etwas Intensives war ich absolut nicht gefasst.“
„Hat Dir das etwa gefallen?! Der Gestank war kaum auszuhalten.“
„Ich empfinde nichts als Gestank, Sir. Im Schiff riecht es, bis auf den Sex, fast immer gleich, daher finde es hier sehr an- und aufregend und in höchstem Maße faszinierend!“, ereiferte sich die Androidin.
„Der Input ist gewaltig. Solche Datenmengen musste ich noch nie verarbeiten, ich bin immer noch bei Analyse und Auswertung. Es ist toll! Ich fühlte mich in ihrer Mitte so lebendig, wie ein Teil von ihnen.“
Greg dachte über ihre Worte nach, versuchte ihre Überlegungen und Empfindungen nachzuvollziehen. Er kam zu dem Schluss, dass er sie vermutlich nie wirklich verstehen würde können, da Selen’s Betrachtungsweisen und Handlungen vollständig andere Motive als bei einem Menschen zugrunde lagen.
„Es freut mich, dass es dir gefällt.“, meinte er daher nur leise und schwieg anschließend. Sel schien zu spüren, dass er nicht mehr reden wollte und hielt sich ebenfalls zurück.
Der Gleiter stieg sanft nach oben in eine andere Spur und wechselte damit die Fahrtrichtung.
Der Unternehmer schaute versonnen aus dem Seitenfenster und musterte beiläufig die dunklen Gebäudekolosse und die zahllosen, hell leuchtenden, schwebenden Werbetafeln, die sie passierten. Der künstliche Himmel, der die gesamte Station überspannte, wurde langsam dunkler und erste orange Farbtöne erschienen in den Schleierwolken rechts von ihnen am Horizont.
Erneut stiegen sie nach oben und wechselten abermals die Bahn. Dieser Prozess wiederholte sich noch einige Male, bis sie auf eine Spur gelangten die wesentlich weniger frequentiert wurde. Diese führte offenbar aus dem Areal von Raumdock und Innenstadt in die östlichen Außenbereiche der Station. Der Unternehmer spürte, wie sie beschleunigten.
Als er sich gerade entspannt zurücklehnte und seine Augen für ein kleines Nickerchen schließen wollte, meldete Selen sich zu Wort.
„Ich bedaure es sie stören zu müssen, Sir, aber wir werden offenbar verfolgt.“
Greg richtete sich mit einem Ruck auf.
„Was? Bist Du sicher?“
„Ja, Sir. Ich scanne sicherheitshalber ständig unsere Umgebung und drei Flugkörper haben seit einiger Zeit jeden unserer Richtungswechsel präzise nachgeahmt.“
„Das muss nicht unbedingt etwas heißen.“
„Das ist richtig. Die Kennungen dieser Gleiter sind aber, wie ich soeben überprüft habe, auf das likianische Handelskontor zugelassen und sie nähern sich uns inzwischen stetig. In wenigen Klicks werden sie uns erreicht haben.“
„Verdammt! Warum hast du das nicht direkt gesagt? Die wollen uns abfangen.“
Greg wandte sich laut an den Fahrer.
„Wir werden verfolgt und es könnte gleich zu einem Angriff kommen, bringen sie uns hier raus!“
Dieser drehte sich um und sah ihn entgeistert an, machte aber keine Anstalten etwas zu unternehmen.
„Ein Angriff? Hier auf der Schnellspur?“
„Reden sie nicht lange, sondern handeln sie, Mann!“, blaffte der Unternehmer ihn an.
„Es gibt hier aber im Augenblick keine Abzweigungen oder Ausfahrten.“, erwiderte dieser lahm.
„Daher wird die Automatik nicht zulassen, dass wir die Spur verlassen.“
Ihr Chauffeur schien nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte zu sein.
„Dann schalten sie die gottverdammte Automatik aus, sie dämlicher Idiot und fliegen sie manuell!“, schrie Greg ihn an.
Aber es war bereits zu spät. Ein roter Lichtfinger erfasste das Heck des Fahrzeugs, durchschnitt die hintere Bank, verfehlte Greg nur um Haaresbreite und bohrte sich zischend durch den Hinterkopf ihres Fahrers.
„Sel!“, schrie der Kommandant.
„Nach vorne!“
Diese fackelte nicht lange, riss die zusammengebrochene Gestalt wie eine Puppe nach rechts auf den Beifahrersitz, kletterte auf den Fahrersitz, ergriff das Steuer und schaltete in Windeseile den Autopiloten aus.
Zwei weitere Laserschüsse trafen das Fahrzeug, bevor sie aus dem Verkehr abtauchen konnten. Der erste bohrte nur ein faustgroßes Loch durch den rechten Kotflügel, der andere jedoch zerstörte ihre linke, hintere Antriebseinheit.
Als direkte Folge verlor ihr Gleiter rapide an Höhe und geriet ins Trudeln, schließlich jedoch konnte Selen ihn wieder fangen.
„Wir müssen sie abschütteln, Sel!“
„Ich werde mein Bestes tun, Sir! Würden sie sich bitte anschnallen? Es wird nun vermutlich etwas turbulent.“
Greg ergriff den Gurt, zog ihn quer über seinen Oberkörper und ließ den Verschluss einrasten. Die Androidin tat es ihm gleich.
„Okay!“, vermeldete Greg.
„Kann losgehen!“
Dann begann ein wahrer Höllenritt. Die Androidin ließ den Gleiter mit mehreren Rollbewegungen nach unten abtauchen, dabei ließ sie ihn wild hin und her tanzen. Auf einen Beobachter musste es wie ein unkontrollierter Absturz wirken.
Weitere grellrote Strahlen schossen an ihnen vorbei, verfehlten sie aber. Immer näher kamen sie dem Boden, Greg sah die Gebäude einer großen Fabrikanlage mit großer Geschwindigkeit auf sie zukommen. Unmittelbar bevor sie aufzuschlagen drohten, riss Selen jedoch das Steuer hart herum und ihr Gleiter schoss, zwischen Kühltürmen und Fertigungsanlagen, nur wenige Meter über der Erde einen schmalen Korridor entlang.
Einer unserer Verfolger schien offenbar nicht über ihr fliegerisches Können zu verfügen, denn in seinem Bemühen, ihr riskantes Manöver nachzuahmen, zerschellte er in einem gewaltigen Feuerball an einer der Gebäudewände.
Sel´s Flugmanöver wurden immer halsbrecherischer. Im Zickzack jagte sie auf engstem Raum, zwischen Rohrleitungen und Belüftungsschächten, durch die verwirrende Architektur der Fabrikanlage, doch die verbliebenen Verfolger bleiben ihnen hartnäckig auf den Fersen. Diese beiden Piloten schienen wesentlich besser ausgebildet zu sein.
Doch dann ereilte einen weiteren das gleiche Schicksal wie seinen Kumpanen.
Selen war nur mehrere Meter vor einem Kran mit kreischenden Motoren nach rechts ausgewichen, die Reaktionszeit ihres Verfolgers schien dazu aber nicht mehr ausgereicht zu haben. Er krachte mitten in das Gittergestänge und ein weiterer Gleiter verglühte in einer Feuerblume im Abendhimmel.
„Das macht Spaß, Sir!“, hörte Greg zu seiner Verblüffung die Androidin freudig ausrufen.
„Jetzt den Letzten! Ich brauche ihre Unterstützung, Sir. Bei drei schießen wir gemeinsam durch die Frontscheibe.“
Noch bevor der Unternehmer wusste, was sie vorhatte, drehte sie die Nase des Gleiters nach oben, beschleunigte und begann einen beinahe senkrechten Steigflug. Die verbliebenen drei Motoren mühten sich, aber sie verloren zusehends stetig an Geschwindigkeit.
„Eins.“
Selen zog ihre Waffe und entsicherte sie, der Unternehmer tat es ihr gleich.
Ihr Gefährt kam zum Stillstand. Wie in Zeitlupe verharrte es einen Moment in der Luft, dann kippte es rücklings in einen engen Salto ab.
„Zwei.“
Sie stürzten im freien Fall nach unten.
„Drei!“
„Feuer!“
Der Unternehmer konnte noch nicht einmal sehen, worauf er überhaupt schoss, drückte aber reflexartig den Abzug durch.
Die beiden Waffen entluden sich nahezu im gleichen Moment, ihre gelben Strahlen durchschlugen fauchend die Frontscheibe und fraßen sich in den Gleiter, dessen Unterseite sie gerade im Begriff waren zu passieren.
Durch seine Bewegung und ihren langen Energiestoß zerschnitten sie ihn in glatt in zwei Hälften.
Erstaunlicherweise explodierte er nicht.
Greg beobachtete fasziniert, wie die beiden Teile noch einen Augenblick durch ihren Schwung weiterflogen und dann lautlos nach unten stürzten.
Ihre Fluglage normalisierte sich wieder.
„Wow!“, jauchzte Selen.
„Das war fast geiler als Sex!“
Greg zitterte immer noch vor Aufregung und Adrenalin am ganzen Leib und schaute sie fassungslos an.
Die Androidin drehte sich zu ihm um und grinste breit.
„Noch eine Runde, Sir?“
„Bist du irre? Untersteh´ dich!“
„Schade!“
Die Androidin zog einen Schmollmund.
„Dann sollten wir besser schnell landen und uns zu Fuß aus dem Staub machen, denn meine Langstreckensensoren melden Verstärkung, die in wenigen Minuten eintreffen wird. Vermutlich haben wir einen Peilsender am Gleiter.“
Sie landete den Gleiter ein Stück von der Fabrik entfernt, am Rande einer Ackerbaufläche, und sie verließen das arg ramponierte Gefährt.
Als sie sich genügend davon entfernt hatten, gab Selen einen kurzen, gezielten Feuerstoß ab und der Gallardo ging in Flammen auf.
„Verdammt, Sel! Was soll das?! Simon wird mir an den Hals springen! Weißt Du, was so eine Kiste kostet?“
„Abzüglich der Wertminderung durch den gebrauchten Zustand in etwa 527.000 Credits. Es tut mir leid, aber es war notwendig, Sir. Um den Sender zu zerstören und unsere Spuren zu verwischen. Nach den Likianern werden vermutlich Beamte der Stationswache hier auftauchen. Die könnten Fingerabdrücke nehmen und später einen Haufen neugierige Fragen stellen.“
Greg seufzte. Sie hatte natürlich Recht.
„Und wie kommen wir jetzt von hier weg? Und gelangen zu Simon? Soll ich mit ihm Kontakt aufnehmen, damit er uns abholt?“
Die Androidin schüttelte den Kopf.
„Im Augenblick sollten wir am besten erst einmal untertauchen und jeden Kontakt vermeiden. Unsere Feinde scheinen äußerst gut informiert zu sein. Wer weiß, ob sie nicht unsere Intercoms abhören.“
Der Unternehmer nickte zustimmend.
„Okay. Dann sollten wir jetzt machen, dass wir schleunigst wegkommen, denn dein kleines Feuerchen sieht man meilenweit.“
Die nächsten Stunden verbrachten sie damit, sich so weit wie möglich von ihrem Landeplatz zu entfernen. Mehrfach sahen sie, als sie zurückblickten, Suchscheinwerfer umherstreifen, aber diese waren weit entfernt von ihrer jetzigen Position.
Es war schon vollständig dunkel, als sie sie eine kleine Siedlung erreichten. Sie bestand vielleicht gerade mal aus dreißig bis vierzig sehr einfachen Häusern. In der Mitte erblickten sie zu ihrer Freude einen Gasthof, vor dem einige Gleiter und Airbikes standen.
Als sie ihn betraten, wandten sich die Augen nahezu aller Anwesenden zu ihnen herum und sie wurden argwöhnisch gemustert. Es waren zum größten Teil Farmarbeiter und Tagelöhner, aber auch einige verwegen aussehende Biker.
Vermutlich verirrten sich nicht oft Fremde in diese Gegend.
Bis auf eine reichlich üppige Frau hinter dem Tresen befand sich kein einziges anderes weibliches Wesen in Inneren, stellte Greg mit wachsendem Entsetzen fest, nachdem er sich umgeschaut hatte.
Schon ertönten mehrere Pfiffe und lautstarkes Gemurmel setzte ein. Auch einige zotige Worte und Obszönitäten wurden halblaut ausgesprochen, aber ansonsten blieben die Gäste friedlich.
Greg beschloss, sie am besten nicht zu beachten und steuerte schnurstracks die Theke an. Selen folgte ihm.
„Können sie uns vielleicht weiterhelfen?“, sprach Greg die Besitzerin des Etablissements an.
„Wir hatten eine Autopanne und benötigen einen fahrbaren Untersatz, um nach East End zu gelangen.“
„Wollen se was kaufen, mieten oder als Anhalter mitfliegen?“, fragte diese mit einem öligen Grinsen.
„Wir würden gerne ein Gefährt erwerben.“
„Gibt hier nich viele zu kaufe.“
„Wir würden einen guten Preis zahlen!“
Die Gesichtszüge der Matrone wurden schlagartig gierig.
„Ach, ja? Hab´ nen alten Barton vor de Tür. Wieviel würden se denn dafür ausspucken?“
„Das käme auf Alter und Zustand an.“
„Nu, neu is mein Schätzchen nich mehr. Würd´ mich auch ungern von em trennen.“
Greg beriet sich mit seiner Assistentin.
„Wieviel sollen wir vorschlagen?“
Selen seufzte und flüsterte ihm zu: „Ich habe ihn gesehen, bevor wir hineingegangen sind. Der ist eigentlich nur noch ein Haufen Schrott. Mehr als 3000 Credits ist er nicht mehr wert.“
Greg nickte und wandte sich wieder an die Wirtin, die immer noch feist grinste.
„Wie wäre es mit 5000 Credits?“
Die Augen der dicken Frau verengten sich zu schmalen Schlitzen.
„Wollen se mich beleidigen? De ist logger das Doppelte wert!“
„Ist er denn flugbereit?“
„Jo, isser. Säuft zwar wie nen verdammtes schwarzes Loch, aber die Turbinen schnurren wie ein Skarrik.“
Der Unternehmer seufzte.
„Äh, auf ein Wort, Sir.“, machte Selen sich leise bemerkbar.
„Ja?“
„Wie sollen wir den Gleiter bezahlen, Sir?“
„Na, mit meiner Credit-Card. Wo ist das Problem?“
„Nun, vielleicht überwachen die Likianer den Zahlungsverkehr und würden dann genau wissen, wo wir uns befinden. Ich würde das an deren Stell auf jeden Fall so machen.“
„Verdammt, daran habe ich nicht gedacht. Was sollen wir jetzt tun? Wir haben kein Bargeld.“
„Meiner Meinung nach haben wir genau zwei Optionen. Entweder wir stehlen ein oder zwei Gleiter oder Airbikes oder wir suchen eine Mitfahrgelegenheit, die Simon dann bei Ankunft für uns auszahlen kann.“
Greg überlegte.
„Stehlen kommt nicht in Frage, das gäbe einen Haufen Ärger, aber die Leute hier sehen nicht sehr vertrauenswürdig aus und auch nicht unbedingt sehr motiviert uns Hilfe zu leisten. Wie willst Du sie überzeugen?“
Selen schmunzelte.
„Mit dem, was ich neben Kämpfen am besten kann.“
„Du bist unmöglich, Sel. Aber vermutlich bleibt uns nichts anderes übrig. Also gut, das ist deine Show, du Luder.“
Während der Unternehmer der Barfrau mitteilte, dass er ihr Angebot nicht annehmen könne, ging Selen mit wiegenden Hüften in die Mitte des Raumes. Alle Gespräche verstummten schlagartig, beinahe wie auf ein geheimes Stichwort.
„Guten Abend, Gentlemen. Wir suchen jemanden, der meinen Arbeitgeber und mich gegen eine Belohnung nach East End bringt.“
Erneut setzte eifriges Getuschel ein, schließlich stand einer der drei Biker, vermutlich der Anführer der Gruppe, auf und begann zu sprechen.
„Sie sind ne´ mächtig heiße Lady. Wie sähe denn die Belohnung aus?“
„500 Credits für jeden?“
„Nich schlecht, aber nicht ganz, was wir uns vorstelln. Geld ist zwar cool, aber die Jungs und ich hätten ne bessere Idee.“
„Und die wäre?“
„Einen Strip für alle hier und für uns jeweils nen Blowjob!“
Lautes Gelächter, Gejohle und Pfiffe setzten ein.
Die Androidin wartete geduldig, bis sich der Lärm wieder gelegt hatte.
„Ihr seid ehrlich und gradlinig, Jungs. Das gefällt mir. Wenn keiner Einwände hat, dann haben wir einen Deal.“
In der nachfolgenden Stille hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Alle im Raum glotzten sie fassungslos an und glaubten, sich verhört zu haben.
„Echt jetzt?“, meinte der Anführer der Biker verblüfft, der sein Angebot eigentlich nur als zotigen Spruch gebracht hatte.
„Ja.“
„Wow!“
„Ich hab nen Einwand!“, rief in diesem Moment die Barfrau von der Theke.
„Ich dulde keinen Schweinkram in meiner Kneipe!“
Empörte Buh-Rufe setzten ein, einer der Feldarbeiter stand auf und bat um Ruhe. Dann wandte er sich an die dicke Matrone.
„Alma, wenn Du uns das hier versaust, dann trinkst du deine Drecksplörre ab jetzt alleine! Kein einziger von uns wird mehr in deine schäbige Kaschemme kommen und wir werden allen erzählen, was du getan hast.“
Zustimmendes Gemurmel von allen Seiten ertönte.
Die Wirtin erschrak sichtlich und lenkte, wenngleich etwas widerstrebend, ein.
„Ihr seid alle dreckige Schweine!“, schimpfte sie.
„Aber nu gut, ich will ma nicht so sein, ihr sollt euren Spaß haben.“
Frenetischer Jubel brandete auf und die Anwesenden begannen sofort damit, einen Tisch frei zu räumen und das restliche Mobiliar an die Wände zu rücken. Zwei der Biker suchten derweil in einer alten, digitalen Musik-Box nach einem geeigneten Stück.
Greg wusste nicht recht, was er nun machen sollte und beschloss, einfach an der Theke stehen zu bleiben. So bizarr diese ganze Situation war, sie stellte eine gute Lösung für ihr Problem dar. Noch war ihm allerdings nicht klar, ob er es gutheißen konnte, dass sie sich als Sexobjekt öffentlich prostituierte. Ihr selbst schien es, ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, aber recht gut zu gefallen, derart im Mittelpunkt zu stehen und von den Männern umgarnt zu werden.
Just in diesem Moment wurde sie äußerst behutsam von zweien der Feldarbeiter auf den Tisch gehoben.
Sie setzte sich im Schneidersitz hin und wartete bis die Umräumarbeiten ein Ende gefunden hatten. Als die Augen aller wieder auf sie gerichtet waren und ein erwartungsvolles Schweigen eingesetzt hatte, sprach sie laut zu den Anwesenden.
„Das, was heute hier in dieser Gasstätte passiert, bleibt unter uns, das müsst ihr mir versprechen?! Ihr habt uns nie hier gesehen!“
Sie erntete lautstarke Zustimmung von allen.
„Gut. Ich bin ein sehr unartiges, böses und grundverdorbenes Mädchen und werde euch mehr zeigen, als ihr euch in euren kühnsten Träumen ausmalen könnt, aber dafür fordere ich auch etwas von euch.“
„Was immer du willst, Schätzchen!“, rief jemand vorlaut, bekam dafür aber sofort Ärger mit den Umstehenden.
„Ich will eure Schwänze sehen. Sehen, wie ihr sie bearbeitet, eure Männersahne für mich verspritzt! Ich darf euch, wenn ich möchte, berühren, aber keiner von euch fasst mich an, denn sonst höre ich sofort auf und es gibt einen Mordsärger. Verstanden?“