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Wiebke öffnete leise die Tür. Sie lugte hinein und stellte erleichtert fest, dass sich Sven nicht in seinem Zimmer aufhielt. Auf ihr Klopfen hatte zuvor niemand reagiert. Die 18-Jährige sah sich um und nahm das typische Chaos in den vier Wänden ihres älteren Bruders wahr. Kleidungsstücke lagen verstreut auf dem Boden und auf Möbeln, benutztes Geschirr stand auf seinem Schreibtisch, daneben eine leere Bierflasche. Sie konnte verstehen, warum ihre Mutter regelmäßig Wutanfälle bekam, wenn sie das Zimmer ihres Sohnes betrat. Wo hatte Sven das Teil nur hingelegt? Wiebke sah sich um, und fragte sich gleichzeitig, wie sie in dem Chaos etwas finden sollte. Wo würde ein um Ordnung bemühter Mensch seine Digitalkamera hinlegen? Und wo ihr chaotischer ?

Sie öffnete mehrere Schubladen, Schränke, sah unter Haufen von Kleidungsstücken nach, wurde aber nicht fündig. Wiebke wollte resigniert aufgeben, als ihr eine zündende Idee kam. Sie begab sich auf die Knie, beugte sich herab und warf einen Blick unter das Bett. Neben Unrat, Staubflocken und getragenen Klamotten entdeckte sie ein Lederetui, in dem sie die Kamera vermutete. Sie sollte recht behalten und setzte ein zufriedenes Lächeln auf. Sie hätte Sven natürlich lieber gefragt, ob sie sich seine Kamera ausleihen durfte, doch wahrscheinlich hätte er sich gesträubt und sie mit Fragen bombardiert. Da er nichts von ihrer geheimen Ausleihaktion wusste, konnte sie Fotos machen und diese wieder von der Kamera löschen, bevor Sven etwas von dem kurzzeitigen Verschwinden des Geräts erfahren würde.

Wiebke zog sich auf ihr Zimmer zurück, schloss die Tür hinter sich und setzte sich auf das Bett. Sie schaltete die Kamera ein, um deren Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Die Batterien schienen aufgeladen zu sein. So weit, so gut. Sie machte sich mit der Bedienung des Gerätes vertraut, was ihr nicht schwerfiel. War genug Speicherplatz auf der Karte? OK, Platz war scheinbar kein Problem. Welche Schnappschüsse hatte Sven zuletzt geschossen? Von Neugierde getrieben schaltete sie vom Aufnahmemodus in den Bearbeitungsmodus und erkannte, dass ihr zuletzt ein eher ungewöhnliches Bild gemacht hatte. Wiebke riss die Augen auf, konzentrierte sich auf das kleine Display und glaubte ihren Augen nicht trauen zu können. Sie richtete ihren Blick auf die Mitte des Fotos, legte den Kopf schief und drehte die Kamera in ihrer Hand. So oft sie das Gerät auch drehte, blieb das Motiv immer dasselbe: ein erigierter Penis.

Was sollte das denn? Wessen Exemplar war das? Sah sie sich gerade den Schwanz ihres Bruders an? Sie erinnerte sich, dass weitere Fotos auf der Karte gespeichert waren, und wechselte zum vorherigen Bild. Auch auf diesem wurde sie mit der harten Männlichkeit des unbekannten Mannes konfrontiert. Wenn es nicht der Penis ihres Bruders war … War Sven vielleicht schwul und hatte er den Schwanz seines Liebhabers fotografiert? Wiebke schüttelte den Gedanken ab. Sven hatte doch bis zuletzt eine gehabt, das konnte es nicht sein. Zwei weitere Bilder schoben sich in das Display. Erneut prangte auf diesem ein gar nicht mal so kleiner Penis im einsatzbereiten Zustand. Wiebke wurde immer unruhiger. Sie wollte unbedingt in Erfahrung bringen, um wen es sich bei dem Besitzer des Penis auf den Fotos handelte.

Drei weitere Schnappschüsse zuvor kam sie dem Geheimnis einen deutlichen Schritt näher. Jetzt sah sie nicht nur den Schwanz, sondern auch den Rest des Körpers. Jemand hatte sich vor einen schrankhohen Spiegel gestellt, nackt. Dann hatte er die Kamera vor sein Gesicht gehalten und den Auslöser betätigt. Die freie Hand ruhte im Schritt des Fotomotivs. Wiebke wusste nur zu gut, wer der Nackte war, auch wenn sie das Gesicht nicht deutlich erkennen konnte. Sie erkannte den Schrank. Auch der Rest des Zimmers, soweit man dieses auf dem Bild erkennen konnte, kam ihr bekannt vor, weil sie sich bis gerade in diesem aufgehalten hatte. Sie fokussierte den aktuellen Schnappschuss auf dem Gerät. Sven stand mit der Hand am Schwanz vor seinem Kleiderschrank und hatte sich selber fotografiert. Zu welchem Zweck?

Wiebke blickte fasziniert auf das Bild. Nie zuvor hatte sie ihren Bruder in so einem intimen Augenblick zu sehen bekommen. Natürlich schon in Badehose, auch mal flüchtig nackt, wenn er aus der Dusche kam und sie sich versehentlich begegneten. Doch noch nie hatte sie Sven in einem Moment höchster Erregung abgepasst. Sie betätigte die Kamera und sah sich erneut die nachfolgenden Bilder an. Sie blieb an einem Foto hängen, auf dem das beste Stück ihres Bruders in Nahaufnahme zu erkennen war. Der Penis war steif, die Eichel streckte sich an der Spitze des Phallus in Richtung Kameraobjektiv. Sven musste seinen Schoß von oben herab fotografiert haben. Wiebke nahm gestutztes Schamhaar rund um den Kolben wahr. Svens Schritt wirkte gepflegt. Im nächsten Moment schalt sich Wiebke, weil sie sich in Gedanken verlor, die sie für unangemessen hielt. Man machte sich doch keine Gedanken über den Intimbereich des eigenen Bruders, oder? Dennoch sah sie voller Faszination auf das Foto, studierte erneut die anderen Schnappschüsse und kam nicht umhin festzustellen, dass ihr Bruder gar nicht mal so schlecht bestückt war.

Aber was fing sie nun mit dieser Erkenntnis an? Und es beschäftigte sie die Frage, warum zum Teufel ihr Bruder sich selber nackt fotografiert hatte, und dann auch noch in diesem Zustand. Und da war noch etwas … Ein breites Grinsen legte sich über ihr Gesicht. Zufälle wie diesen konnte es doch gar nicht geben. Offenbar aber doch, denn wie es der Zufall wollte, hatte sich Wiebke die Digitalkamera ihres Bruders nur aus einem einzigen Grund ausgeliehen: Sie wollte ihrem einen aufregenden Schnappschuss von sich schicken. Timo, mit dem sie seit mehreren Wochen liiert war, hatte Wiebke um ein scharfes Foto von sich gebeten, das er immer bei sich tragen würde. Als Wiebke ihn auf seine Vorstellungen angesprochen hatte, hatte Timo gegrinst und ihr freie Hand bei der Auswahl des Motivs gelassen, solange nur genügend nackte Haut aufblitzte. Wiebke war zunächst wenig begeistert gewesen. Ihr gefiel der Gedanke nicht, dass Timo ein freizügiges Foto von ihr besaß, das er im möglichen Falle eine Trennung weitergeben würde. Dann aber hatte ihr die Vorstellung gefallen, dass Timo sich zu jeder Zeit an ihren Reizen erfreuen konnte. Sie hatte sich für ein Bild mit entblößtem Busen entschieden. Nicht zu versaut, aber frivol genug, um ihrem Freund einzuheizen. Sie hätte das Bild am liebsten mit ihrem Handy geschossen, doch das war ihr vor wenigen Tagen heruntergefallen und war hinüber, und ihr Ersatzgerät war ein schlichtes Handy ohne Fotofunktion. Deshalb benötigte sie kurzfristig Svens Kamera. Und nun stellte sich heraus, dass ihr Bruder vor wenigen Tagen, was sie an dem Datum der Aufnahmen erkennen konnte, ebenfalls auf den Gedanken gekommen war, seine Reize für die Nachwelt festzuhalten. Fraglich war nur, ob und wem Sven die Bilder schicken würde.

Wiebke gestand sich ein, dass die Neugierde an ihr nagte und sie liebend gerne in Erfahrung bringen wollte, was es mit den Bildern auf sich hatte. Doch zuvor erledigte sie etwas, weswegen sie ins Zimmer ihres Bruders geschlichen war. Sie stellte sich vor den Spiegel, lüftete ihr Oberteil, unter dem sie keinen BH trug, und machte die Digitalkamera bereit. Sie richtete das Objektiv auf ihren Busen, stellte die Größe der Aufnahme ein, vergewisserte sich, dass ihr Kopf nicht mit auf dem Bild war, und betätigte den Auslöser. Sie schoss gleich mehrere Fotos ihrer Brüste und begutachtete anschließend ihr Werk. Mit dem Ergebnis zufrieden setzte sie sich an den Schreibtisch und startete ihren PC. Glücklicherweise passte das Ladekabel ihres kaputten Handys in die Digitalkamera, und so übertrug sie die gewagten Fotos auf ihren PC und löschte sie im Anschluss auf der Kamera. Bevor sie das Gerät zurück in das Lederetui steckte, hielt sie inne und dachte nach.

Die Kamera war immer noch an ihrem PC angeschlossen. Es waren noch mehr Bilder auf dem Speicher. Auch die Fotos ihres nackten Bruders. Ohne weiter nachzudenken, kopierte sie weitere zwölf Bilder von der Kamera auf ihren PC. Sie verstaute die Kamera und machte sich auf den Weg zurück zum Zimmer ihres Bruders. Sie hatte sich kurz etwas von ihm ausgeliehen, und er würde es noch nicht einmal bemerken und ihr eine Szene machen. Und sie hatte eine aufregende Entdeckung gemacht, über die sie sicherlich noch einige Male nachdenken würde. Was hatte Sven veranlasst, sich selber zu fotografieren? Und für wen? Sie betrat Svens Zimmer und kniete sich vor dem Bett. Sie versuchte sich zu erinnern, wo die

Kamera gelegen hatte, und platzierte das Gerät entsprechend. Gerade, als sie sich aufrichten wollte, vernahm sie eine Stimme hinter ihrem Rücken, die ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.

„Suchst du etwas Bestimmtes?“

Wiebke wagte nicht, sich zu bewegen. Sie vernahm Schritte hinter sich, die näher kamen. Dann tauchten Schuhe in ihrem Blickfeld auf, die sie unschwer als die schäbigen Turnschuhe ihres Bruders erkannte. Sven hockte sich neben sie, beugte sich vor, blickte unter das Bett und nahm seine Kamera hervor. Er hielt sie in der Hand, begutachtete sie und sah dann seiner tief in die Augen. „Was hast du denn damit vorgehabt?“

„Äh … Nichts“, stammelte Wiebke unsicher. Sie war eine schlechte Lügnerin. Schon immer gewesen. Man musste ihr nur streng in die Augen schauen, und schon brach sie in den meisten Fällen zusammen und beichtete alles, was man ihr abverlangte. Auch ihr Bruder beherrschte diese Technik und sah sie schweigend und streng an. Wiebke hielt seinem Blick stand, sah dann aber zur Seite und entschied, dass Leugnen keine Option darstellte. „Ja OK … Ich habe mir kurz deine Kamera ausgeliehen.“

„Und warum?“

„Spielt das eine Rolle?“, fragte Wiebke. „Außerdem warst du ja nicht da, so dass ich nicht fragen konnte.“

Sven richtete sich auf und setzte sich auf sein Bett. Seine Schwester erhob sich, strich ihre Kleidung glatt und wollte das Zimmer verlassen. „Warte doch mal.“

„Was denn?“, fragte Wiebke gereizt. Sie wollte so schnell wie möglich das Weite suchen.

„Hast du mit meiner Kamera fotografiert?“

„Sieh doch nach, ob du Bilder von mir findest“, schlug sie selbstsicher vor. Sie hatte ihre Busenschnappschüsse gelöscht, also würde Sven nichts finden. Sven grübelte und lief dann plötzlich rot an. Er wirkte aufgewühlt, war angespannt und setzte sich kerzengerade hin. „Hast du dir etwa die Fotos angesehen, die auf der Speicherkarte waren?“

Sein Blick war stechend und brannte sich tief in Wiebkes Gewissen. Sie wusste, sie konnte ihn nicht täuschen. Warum war sie aber auch so verdammt leicht zu durchschauen? „Nein.“

Er beäugte sie kritisch, hakte nach. „Sicher …? Wenn du Fotos gemacht hast, und das hast du, weil du dir sonst meine Kamera nicht genommen hättest, wirst du dir die Bilder angesehen haben. Und hast dann vielleicht auch die Bilder gesehen, die ich zuletzt gemacht habe.“

„Nein, wirklich nicht.“

Sein Blick wurde bohrender, Wiebke dachte über Flucht nach. Sven konnte in ihr lesen wie ein einem Buch. „Du hast meine Fotos gesehen … Was hältst du von denen?“

Wiebke wog ihre Optionen ab. Weiterhin dumm stellen oder mutig voranpreschen und cool sein? Sie entschied sich für die zweite Möglichkeit und meinte: „Kann schon sein, dass ich deine privaten Nacktfotos kurz überflogen habe.“

„Und?“

„Was und?“

„Haben sie dir gefallen?“, fragte Sven in provokantem Ton.

Wiebke verzog übertrieben angewidert das Gesicht. „Spinnst du …? Was soll mir an deinem Schwanz schon gefallen?“

„Hast du überhaupt schon mal einen gesehen?“

„Was sollen die Machosprüche …? Du weißt genau, dass ich einen Freund habe.“

„Also wart ihr schon zusammen in der Kiste“, fragte Sven neugierig nach.

„Ich wüsste nicht, was dich das angehen sollte“, erklärte Wiebke genervt. „Und selbst wenn ich noch unberührt wäre, würde mich dein kümmerlicher Penis nicht aus der Fassung bringen.“

Sven lächelte zufrieden. „Hast du dich nicht gefragt, warum ich mich fotografiert habe?“

„Das interessiert mich nicht. Du hast schon so viele verrückte Dinge gemacht, da denke ich gar nicht drüber nach.“

„Ich habe die Bilder für Janine geschossen.“

„Der Janine?“

Janine war seit einigen Wochen mit Sven liiert, zumindest nahm Wiebke das an. Ob sie wirklich ein waren, hatte sie nie ganz verstanden. Sie wusste nur, dass Janine und Sven miteinander vögelten, und das nicht zu knapp. Auch wenn es ihren Eltern nicht gefiel, ließ Sven Janine und seine früheren Flammen bei sich übernachten, und besonders leise gingen diese Übernachtungen in der Regel nicht vonstatten. Wiebke erinnerte sich an ihr Busenfoto für ihren Freund und fragte sich, warum ihr Bruder seiner Geliebten ebenfalls frivole Bilder zur Verfügung stellen sollte. „Hat Janine vor, sich die Fotos von deinem Schwanz ins Portemonnaie zu stecken?“

Sven grinste schief und sah seine Schwester eindringlich an. „Ich denke nicht … Die Bilder sollen sie eigentlich nur daran erinnern, auf was sie verzichtet.“

„Hä … Das kapiere ich nicht.“

„Die gute Janine hat mit mir Schluss gemacht und bumst jetzt einen anderen“, erklärte Sven.

„Oh, tut mir leid“, erwiderte Wiebke, obwohl ihr herzlich egal war, welche Mieze im Bett ihres Bruders vor sich hin schnurrte.

„Sie findet, das mit uns passt nicht mehr so richtig. Wir würden nicht mehr auf einer Wellenlänge liegen.“

Wiebke blickte Sven skeptisch an. Sie hatte ohnehin nicht verstanden, was die Frauen an ihrem Bruder fanden. Er war weder humorvoll noch besonders geistreich. Er sah gut aus, das musste sie zugeben, und wenn sie ehrlich war, musste sie eingestehen, dass Sven ordentlich bestückt war. Darauf kam es ihrer Meinung nach aber bei einer Beziehung nicht an. „Hat es zwischen euch denn gekracht?“

Sven lachte auf. „Vom ersten Tag an. Und dennoch hat es gepasst … Fand ich.“

„Und wenn sie mit dem anderen Typen glücklich wird?“

Ihr Bruder tat die Mutmaßung mit einer Handbewegung ab. „Ihr Neuer ist ein Weichei. So ein Harry Potter-Verschnitt ohne Narbe auf der Stirn. Was kann er ihr bieten, was ich nicht habe?“

„Niveau? Stil? Klasse? Gutes Benehmen …? Soll ich weiter machen?“, fragte Wiebke breit grinsend. Sven warf ihr einen vernichtenden Blick zu, anschließend sein Kopfkissen. Wiebke fing es auf und warf es sachte zurück. Sie legte den Kopf schief und betrachtete ihren Bruder. „Und du glaubst, sie mit einem Foto deines harten Freundes zurückgewinnen zu können?“

„Wahrscheinlich nicht. Aber ein Versuch ist es wert.“

„Du weißt aber schon, was das über dich aussagt, oder?“

Sven zuckte mit den Schultern. Wiebke rollte mit den Augen. „Wenn sie jetzt zu dir zurückkehrt, würde das ja bedeuten, dass sie das nur wegen deiner Qualitäten im Bett tun würde.“

„Ich weiß selber, wie das aussieht. Und ich war mir auch gar nicht sicher, dass ich Janine die Fotos zusende. War nur so eine spontane Idee.“

„Eine Bescheuerte, wenn du mich fragst“, fand Wiebke. „Außerdem würde das so ohnehin nicht funktionieren.“

„Warum nicht?“

„Du willst sie doch eifersüchtig machen, oder?“

„Ja sicher“, bestätigte ihr Bruder. „Dann muss sie sehen, dass es da eine andere gibt, die sich an deinem … Prachtexemplar erfreut“, erklärte Wiebke grinsend.

Sven dachte nach und konnte ihrer Schlussfolgerung etwas abgewinnen. „Da sieht man mal, dass man als Mann Frauen einfach nicht verstehen kann. Aber ich glaube, du könntest recht haben.“

„Sag ich doch.“

„Wenn Janine sieht, wie eine andere Spaß mit mir hat … Das müsste Wirkung zeigen.“

„Also schnapp dir ein heißes Mädel und lass dich mit ihr fotografieren“, schlug Wiebke vor. „Ich glaube zwar nicht, dass sich Janine davon beeindrucken lässt, aber die Erfolgsaussichten dürften immer noch besser sein, als nur mit dem Foto deines Penis.“

Sven überlegte. „Und wo bekomme ich auf die Schnelle ein anderes Mädchen her, das sich mit mir fotografieren lässt …?“

Als ihr Bruder seinen Blick auf sie richtete, wurde es Wiebke heiß und kalt zugleich. Sie wusste, wie ihr Bruder gestrickt war, und dass er immer wieder auf die abenteuerlichsten Ideen kam. Sie ahnte, was in ihm vorging, und musste seinen Gedankengängen sogleich Einhalt gebieten. „Denk nicht mal daran.“

„Was denn? Ich habe doch noch gar nichts gesagt“, verteidigte er sich.

„Ich weiß, woran du denkst und ich sage dir … Vergiss es!“

Sven schwieg einen Moment und sah Wiebke mit dem freundlichsten Lächeln an. „Lass uns doch einfach nur ein wenig brainstormen.“

„Worüber sollten wir da nachdenken?“

„Du hast doch selber gesagt, dass ich mich mit einer anderen fotografieren lassen soll.“

„Aber doch nicht mit mir!“, schrie Wiebke ihm entgegen und schüttelte energisch den Kopf. Wie konnte ihr Bruder nur auf so eine hirnrissige Idee kommen? „Und außerdem … Janine weiß doch, dass ich deine Schwester bin.“

„Nein. Woher?“

„Hä?“

Sven blickte Wiebke tief in die Augen. „Janine und du seid euch doch nie über den Weg gelaufen. Wenn sie zu uns kam, sind wir immer gleich bei mir im Zimmer verschwunden. Ich denke nicht, dass sie dich erkennen würde.“

Wiebke hatte keine Ahnung, ob das stimmte. Janine verkehrte definitiv nicht in ihren Kreisen, ging nicht auf dieselbe Schule und hätte sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht für das brave Mädchen interessiert. Sie selber stellte eine Mischung aus einer Rockerbraut und einer Gothic Queen dar, und Wiebke hielt sie für so oberflächlich, dass sie Svens Schwester wahrscheinlich nicht wahrnehmen würde, selbst wenn sie neben ihr im Bus sitzen würde.

Sven legte nach. „Außerdem muss man dein Gesicht ja auf den Fotos nicht so gut sehen können.“

„Spinnst du jetzt total?“, herrschte Wiebke ihn an. „Woran denkst du jetzt eigentlich genau? Dass du uns beide fotografierst und ich was bei dir mache?“

Sven zuckte mit den Schultern. „Glaubst du, Janine wäre sauer, wenn sie sieht, dass ich etwas mit einer anderen habe?“

„Wie du schon richtig erkannt hast, kenne ich deine Verflossene kaum. Also kann ich das nicht beurteilen. Ich bin mir aber sehr sicher, dass ich mich nicht gemeinsam mit dir ablichten lasse, um euer blödes Spiel mitzuspielen.“

„Ich will doch nur, dass sie sich ärgert und ins Grübeln kommt, ob ich ihr nicht doch fehle“, bat Sven.

Wiebke war sich sicher, sie hätte das Zimmer ihres Bruders längst verlassen sollen, doch irgendwie faszinierte sie das Thema, so unglaublich es auch anmutete. „Also noch mal … Woran hast du gedacht?“

„Keine Ahnung … Janine muss mich auf den Bildern erkennen können … Und ein anderes Mädchen, das Spaß mit mir hat.“

„Spaß?“

„Das Mädchen könnte ja ihre Hand um meinen harten Schwanz legen.“

Wiebke riss die Augen auf. „Und du glaubst ernsthaft, dass ich dieses Mädchen sein könnte?“

„Du sollst ja keinen Sex mit mir haben … Nur so tun“, versuchte Sven zu erklären.

Wiebke schüttelte den Kopf. „Du bist ja verrückt. Ein normaler Mensch kann auf so eine Idee nicht kommen … Ich bin deine Schwester!“

„Und?“

Sie warf die Hände in einer Geste der Verzweiflung in die Höhe. „Schnallst du nicht, dass ich es wohl kaum erstrebenswert finde, meinem eigenen Bruder an den Penis zu fassen?“

„Deshalb sagte ich ja, du müsstest nur so tun.“

„Wie kann ich nur so tun, wenn ich dein Ding anfassen soll?“

„Uns wird schon etwas einfallen.“

„Nein. Sende deiner Janine dein schönstes Schwanzfoto und warte ab, was passiert“, schlug Wiebke vor und machte auf dem Absatz kehrt.

Sie verließ Svens Zimmer und zog sich in ihr Reich zurück. Sie warf sich auf ihr Bett, starrte an die Decke und dachte nach. Sie ließ die letzten Minuten Revue passieren. Wie konnte ihr dämlicher Bruder nur auf so eine bescheuerte Idee kommen? Er konnte doch nicht ernsthaft glauben, dass sie sich auf so einen Quatsch einlassen würde. Als ob sie ihm zwischen die Beine fassen würde. Lächerlich. Obwohl … Wiebke versuchte, sich die imaginäre Szene auszumalen. Wie würde es ablaufen? Wäre Sven nackt und erregt? Wäre sie es auch? Zumindest nackt, denn erregt sein wäre für sie natürlich keine Option. Würde sie in die Kamera grinsen oder ihr Gesicht vom Objektiv abwenden? Würden reizvolle Teile ihres Körpers zu sehen sein oder nur ihre Hand, die nach dem Schwanz ihres Bruders langte? Sie schüttelte den Gedanken ab. Nein, das war einfach zu absurd. Zumal es nichts bringen würde. Welche Frau würde zu ihrem Ex zurückkehren, nur weil der ihr Schwanzfotos schickte? Oder

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