01 Die Begegnung 1
Ihr kennt doch alle die Werbung von Wüstenrot. Da sagt doch dieses süße kleine Mädchen: „Papa, wenn ich groß bin, will ich auch mal Spießer werden“.
Ich weiß nicht wie das süße Mädchen heiß.
Ich heiße Corinna.
Ich weiß nicht, wie alt sie ist.
Ich bin jedenfalls wesentlich älter.
Allerdings haben wir einiges gemeinsam:
Wir wohnen beide in einem Bauwagencamp.
Sie trägt die gleichen abgewetzten, schmuddeligen Klamotten wie ich.
Sie hat dieselben Wünsche für später, wie ich auch.
Nur etwas unterscheidet uns.
Sie ging nach dem Dreh bestimmt nach Hause. Ich sah den Spot im Kaufhaus, in der TV-Abteilung, und ging dann zurück nach Hause.
In unseren Bauwagen.
Dabei war Anfangs alles so schön.
Mama war zu Hause, Papa arbeitete als angehender Beamter bei Vater Staat.
Alles war O.K.
Bis zu jenem Tag, als Mama und Papa mit mir auf die Demo gegen Atomraketen gingen. Papa wurde verhaftet, weil er einer der Hauptredner war. Mitten in seinem Vortrag wurde er von der Bühne gezerrt.
Was folgte ist schnell erzählt.
Papa kam in Untersuchungshaft, wurde angeklagt und bekam 6 Monate. Er verlor seine Stelle und wurde Arbeitslos. Wir verloren die schöne Wohnung, Mama wurde sehr krank und 3 Monate nachdem Papa wieder bei uns war, starb sie. Ich war damals 9.
Papa bekam natürlich keine Arbeit mehr.
Radikaler Linker und Knasti. Das sagt ja wohl alles.
Er hielt uns mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Worauf er aber immer besonderen Wert legte war, daß ich frei denken lernte. Und so sagte ich immer das, was ich dachte und dachte, was ich sagte. Frei von jeder Lüge.
Zwar eckte ich damit überall an, was zu meinem äußeren Erscheinungsbild noch dazukam, aber mich störte es nicht.
Ich lebte zufrieden und glücklich zusammen mit meinem Vater im Bauwagencamp.
Mit 10 kam ich aufs Gymnasium.
Papa half mir bei den Schulaufgaben und einige andere aus dem Camp ebenfalls. Und da unter ihnen einige Lehrer waren, die wohl das gleiche Schicksal wie das meines Vaters teilten, hatte ich immer sehr gute Noten.
In meiner Klasse war ich natürlich von Anfang an das Kind asozialer Eltern. Daß Mama tot war erfuhren sie erst einige Monate später. Aber sie hänselten mich trotzdem wo sie nur konnten.
Und so weinte ich sehr oft nach den Pausen, im Unterricht, still in mich hinein.
Und das leider heute noch.
Hinten saß ich. In der letzten Bank. Mutterseelenallein, da niemand neben mir sitzen wollte.
12 Jungs und 14 Mädchen waren mit mir zusammen in der Klasse. Aber Freunde hatte ich darunter keine. Ich war sozial zu tief unter ihnen angesiedelt. Also kein Umgang für sie.
Doch als ich 12 war begann sich mein Körper zu formen. Ihr wißt ja, was ich damit meine. Und da ich die erste war, bei der dies losging, und dies auch noch sehr schnell und überaus üppig wurde, kamen die Jungs nach und nach zu mir und wollten nur das eine.
Anfassen!
Aber ich wehrte mich sehr gut. Niemand hat es je geschafft. Zwar lockten sie mich zu sich nach Hause und zeigten mit ihren Reichtum, aber das ließ mich kalt. Ich vergaß wohl zu sagen, daß die meisten Schüler auf diesem Gymnasium wohlhabende Eltern hatten.
Teilweise sogar sehr wohlhabend.
Aber eine Nutte wollte ich nicht werden.
Weder jetzt, noch später.
Heute haben wir einen neuen in die Klasse bekommen.
Georg!
Zwei Jahre älter als ich und schon einmal sitzengeblieben!
Aber er sah sehr nett aus und hatte so ein strahlendes lachen in seinen Augen. Allerdings war er sehr still.
Und da nur noch ein Platz in der Klasse frei war, der neben mir, mußte er sich neben mich setzen.
Hi. Ich heiße Georg. Ich , hab in meinem Leben schon so manches erlebt. Leider war es in der letzten Zeit nicht gerade etwas Schönes gewesen.
Meine Eltern, beide Physiker, konnten mir eine sehr sorglose Kindheit bereiten. Mama hörte auf zu arbeiten, als ich kam.
Wir hatten ein riesiges Haus und ein ebensolches Grundstück. Hier konnte ich schon mit 12 Jahren Auto fahren lernen, ohne daß jemand etwas sagen konnte.
Papa hatte auch eine kleine Sportmaschine, in der er mir das Fliegen beibrachte, und Mama nahm mich zum reiten mit.
Alles in Allem ging es uns sehr gut.
Bis zu jenem Tag im vorigen Jahr, als Papa mit dem Flugzeug abstürzte. Er war sofort tot.
Besoffen geflogen!
Hieß es.
Da machte es auch nichts, daß Papa nur ein einziges Glas Alkohol in seinem Leben getrunken hatte.
Champagner!
Auf seiner Hochzeit mit Mama.
Durch diesen Umstand wurde ich sehr schlecht in der Schule und blieb voriges Jahr sitzen. Mama machte mir deshalb Vorhaltungen.
Sie wisse, daß ich sehr schlimmes durchmache und auch Papa nachtrauere. Aber er hätte bestimmt nicht gewollt, daß ich deswegen in der Schule versage.
Es dauerte einige Tage, bis ich richtig begriff, daß sie recht hatte. Und von da an verbesserten sich meine Zensuren. Allerdings mußte ich das Jahr noch mal machen.
Die Leute vom Reitstall, eigentlich war es ja ein Gestüt, kannten Papa sehr gut. Daher glaubten sie nicht an einen Absturz durch Alkohol. Sie wollten mich auch weiterhin reiten lassen, ohne daß sie dafür eine Bezahlung forderten. Aber ich wollte fürs reiten arbeiteten. Und so arbeitete ich an Wochenenden und in den Ferien dort.
Es war mir unangenehm, umsonnst zu reiten.
Almosen?
Nein, Almosen wollte ich nur wirklich nicht haben.
Nicht das ich eingebildet oder hochnäsig war. Ich wollte nun mal nicht umsonnst reiten.
Auch beim Air-Service in Wahn glaubten alle, aber auch wirklich alle nicht an den Absturz durch Alkohol. Dafür kannten sie meinen Vater nur zu gut. Der Chef selbst nahm mich auf Papas Beerdigung beiseite und meinte, daß ich jederzeit bei ihm fliegen lernen kann. Umsonnst. Aber wir einigten uns schließlich darauf, daß ich dafür auch arbeiten würde.
Und so wechselten sich meine Wochenenden ab. Gestüt, Flughafen, Gestüt, Flughafen. Und die Ferien teilte ich so auch auf.
Meine Zensuren wurden wieder sehr gut und ich schaffte die Versetzung als Klassenbester.
Allerdings kam nun etwas Neues auf mich zu.
Wir mußten umziehen. Das Haus, in dem wir bisher gewohnt hatten, beinhaltete zu viele Erinnerrungen an Papa. Und dies konnten weder Mama, noch ich richtig verkraften.
Also zogen wir um. In ein richtiges Traumhaus, am Rande der Stadt. Zwei Etagen, wenn man das ausgebaute Dach dazuzählte.
Im Keller ein Schwimmbad mit Sauna und Solarium. Die Waschküche mit Trockenraum, und zwei Vorratsräumen. Dazu einige Räume in denen Heizung und Klimaanlage untergebracht waren.
Parterre die große Küche, Mamas Arbeitszimmer, eine Toilette und ein gigantisches Wohnzimmer mit Ausgang zur Terrasse.
Im ersten Stock Mamas Bad, ihr Schlafzimmer, einen Raum zum Bügeln und nähen. Drei weitere Räume standen noch leer.
Die zweite Etage, das frühere Dach, es war auch durch eine separate Treppe von außen zu erreichen, war mein Reich. Es war quasi eine separate Wohnung, mit großem Bad, einem Wohnzimmer mit sehr großem Balkon, fast schon eine Terrasse, einer Küche und einem Schlafzimmer.
Trotzdem waren noch zwei Zimmer ungenützt. In dem einen würde ich wohl meinen Flugsimulator aufbauen, in dem anderen meine Computer aufstellen. Es dauerte ja auch nur zwei Wochen, bis das ich, unter Fluchen, bis hin zu Weinkrämpfen, alles verkabelt und installiert hatte. Aber zum Glück waren ja noch Ferien.
Aber dann begann für mich der Ernst des Lebens.
Ich hatte durch unseren Umzug auch die Schule wechseln müssen, und kam auf ein neues Gymnasium. Zum Glück hatte es einen sehr guten Ruf.
Als ich nun in der Klasse stand, war es mucksmäuschenstill. Alle starrten mich an. Richtig unangenehm war es. Aber da mußte ich durch.
Die Lehrerin teilte den Schülern mit wie ich heiße und stutze dann.
„Bist du später eingeschult worden?“
Ich wußte, daß sie irgendwann dahinter kommen würde, daß ich eine Ehrenrunde gemacht hatte. Also schüttelte ich den Kopf und sagte:
„Nein, ich bin voriges Jahr sitzengeblieben.“
Ein Lachen ging durch die Bänke, welches sich die Lehrerin sofort verbot.
„Wenn ihr seine Noten habt“, sie hielt mein letztes Zeugnis in ihrer Hand, „dann könnt ihr lachen. Außer Corinna kommt keiner von euch mit ihm mit.“
Das war wohl das Schlimmste, was sie machen konnte. Einen Sitzenbleiber kann man ja noch verkraften. Aber ihn auch noch hochloben, wegen seinen jetzigen guten Noten, das würde böses Blut geben.
Und ich hatte recht.
Als sie mich anwies, hinten in der letzten Bank Platz zu nehmen, mußte ich an den Reihen meiner neuen Mitschülern vorbei. Und die gaben mir gleich zu verstehen, was sie von mir hielten. Mehr als einmal hörte ich das Wort „Sitzenbleiber“.
Schließlich saß ich in der Bank. So halb hatte ich mitbekommen, daß ich die Bank mit einem Mädchen teilte. Ich hatte kastanienbraune lange Haare gesehen. Sehr wellig, nicht glatt, aber auch keine richtigen Locken.
02 Die Bewährungsprobe 6
Während der ersten beiden Stunden hatten wir Mathe. Ich mußte einige Fragen beantworten und erntete dafür von der Lehrerin wohlwollendes Kopfnicken. Den Stoff kante ich schon und Mathe, sowie auch die übrigen Naturwissenschaftlichen Fächer, waren meine stärke. Allerdings schauten mich meine Mitschüler sehr böse an. Und ich wußte nur zu gut, was dies zu bedeuten hatte.
Und so war es dann auch.
Schon in der ersten Pause wurde ich auf der Treppe einigemal angerempelt. Doch auf dem Gang von der Treppe zur Türe nach draußen versperrten mir einige Jungs den Weg.
„Sitzenbleiber“ und „Streber“, welches ja eigentlich ein Widerspruch in sich war, hörte ich mehrmals.
Zu spät sah ich die Faust von links kommen. Sie traf mich und ich stolperte zu Boden.
Binnen weniger Sekunden war das Treppenhaus leer. Bis auf eine Person.
Als ich sah wie Peter ausholte, stockte mir der Atem. Ich wußte was nun passieren würde. Das hatte ich auch schon hinter mir. Als sie fort waren hockte ich mich neben ihn auf den Boden und half ihm auf.
„Das hab ich auch schon hinter mir. Das war erst der Anfang.“
„Nun, es gibt eine Möglichkeit, das zu unterbinden.“
Ich schaute ihn ganz entgeistert an.
„Unterbinden? Wenn du weiter so geschwollen redest, dann bekommst du bestimmt noch mehr Ärger.“
„Warts ab. Du wirst schon sehen.“
Ich ging mit ihm nach draußen auf den Hof und sah unsere Mitschüler in einigen Gruppen stehen, uns lachend ansehend.
„Da kommt ja unser Traumpaar“, „Da haben sich ja die richtigen gefunden“, „Versager und Schlampe, das paßt“, konnten wir nur zu deutlich hören. Die Ausdrücke, welche sich unterhalb der Gürtellinie wälzten, und sich nicht nur aufs aussehen, sondern auch auf Tätigkeiten sexueller Natur bezogen, möchte ich hier nicht wiedergeben. Ich kannte sie nur zu gut.
Aber noch etwas hörte ich.
Seine Stimme!
Leise und kaum zu verstehen fragte er: „Wer war’s?“.
„Peter, der lange da hinten.“, flüsterte ich zurück.
Ohne auf mich zu achten ging er langsam durch die Reihen. Warum, ich weiß es nicht, aber ich hielt mich auch weiterhin dicht an seiner Seite.
Fast war er an Peter vorbei, da sah ich ein Zucken seines Körpers. Danach sah ich Peter am Boden liegen, sein Mund blutig. Sofort kamen Rudi und Willi auf Georg zugestürmt. Aber Georg hob sein rechtes Bein, streckte es und Willi lief mit voller Wucht hinein. Rudi, eigentlich der Rädelsführer, wollte natürlich sofort einen Rückzieher machen. Aber Georg war schneller. Er scheuerte ihm eine, sodaß Rudis Backe feuerrot wurde und anschwoll. Mit eingekniffenem Schwanz trollte er sich schnell in die Menge der Schüler, die sich um uns herum gebildet hatte. Als Georg weiterging, blieb ich auch weiterhin an seiner Seite. Ängstlich macht man uns Platz.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, das ich durch seine Kraft und Stärke, und nicht zuletzt auch durch seinen Mut, nun endlich Ruhe vor meinen Mitschülern hatte.
Meine Hand brannte vom Faustschlag und die Innenfläche von der Ohrfeige. Aber das war mir scheißegal. Ich hatte für Klarheit gesorgt. Von nun an gab es nur zwei Möglichkeiten.
Die eine: Klassenkeile!
Aber da würde ich schon sehr viel austeilen, bis das ich zu Boden gehen würde.
Die andere: Das sie mich von nun an in Ruhe lassen würden.
Jetzt erst merkte ich, daß dieses Mädchen immer noch an meiner Seite war.
„Was willst du?“, fragte ich sie in einem sehr schroffen Tonfall, der mir aber sofort wieder Leid tat. Sie konnte doch nichts dafür.
„Entschuldigung. Ich wollte dich nicht verschrecken. Ich bin noch etwas aufgeregt. Wegen eben.“
„Das dachte ich mir schon.“
„Und? Bin ich in deinen Augen jetzt auch ein Schläger?“
„Wie kommst du darauf?“
„Nun, das ist ja wohl jetzt die Meinung der anderen.“
„Auf deren Meinung scheiß ich.“
Ich grinste.
„Schön zu hören.“
„Ich heiße Corinna.“
„Ein hübscher Name.“
Sie wurde rot!
Man sah sie hübsch aus. Dieses rote Gesicht, umrahmt mit ihren braunen Haaren.
„Danke.“, hauchte sie leise.
„Wofür?“
Aber sie antwortete nicht. Stattdessen senkte sie ihren Kopf, schaute vor sich auf den Boden, und ich konnte sehen, wie ihre Wangen noch röter wurden.
Doch als ich so an ihr herunterschaute, sie war etwa 10 cm kleiner als ich, wenn nicht noch mehr, bemerkte ich, das sie zwei ganz schön große Rundungen in ihrem Pullover hatte.
Mein Gott, das hat noch nie jemand zu mir gesagt. Noch nicht mal Papa. Na ja, er hat mit ja auch den Namen gegeben. Er kennt ihn ja auch schon Jahre lang. Aber einen Schauer lief mir schon über meinen Rücken, als er sagte das er ihn hübsch findet. Ob er mich auch hübsch findet? Vielleicht sollte ich meine Brüste etwas vorstrecken. Sie fallen ja jedem Jungen gleich ins Auge.
Besser nicht, sonnst denkt er wohlmöglich noch Gott weiß was von mir.
Als ich diese prallen Rundungen einige Sekunden lang besah, verdeckt von ihrem Pulli, wurde mir plötzlich klar, was ich da eigentlich machte.
Ich stierte einem Mädchen auf die Titten. Zugegeben. Sie waren wirklich enorm. Aber so was macht man nicht. Mama hätte mir dafür bestimmt ein paar hinter die Ohren gegeben. Also vermied ich es, meinen Blick auf ihre Brüste zu beschränken. Und so besah ich mir Corinna als ganzes.
Schöne Haarfarbe, dicke Brüste, schön lang sind die Haare, sie verdecken ihre Brüste komplett, klein ist sie, aber ihre Brüste sind riesig, ihr Anorak und ihr Pulli, mit ihren großen Brüsten drin, sind ziemlich abgenutzt.
Ich hätte mich Ohrfeigen können.
Ihre Brüste wanderten durch all meine Gedanken.
Wir redeten über die Klasse, und ich wußte am Ende der Pause alles Wissenswerte. Das sie, durch die Bank weg, alle Kinder reicher Eltern waren und ziemlich versnobt. Besser gesagt: Arrogant!
Und die ganze Zeit, wenn sie mich nicht ansah, stierte ich auf ihre Brüste.
Doch zum Glück klingelte es und wir mußten hoch in die Klasse. Dabei ging sie vor mir, das Gesicht immer noch etwas nach unten gesenkt und, wenn ich richtig gesehen hatte war es noch immer rötlich. Sie hatte sehr lange Beine, was auf einen kleinen Körper schließen ließ. Aber mit gro…
GEORG!!!! LASS ES SEIN!!!
Aber es half nicht mich innerlich zur Ordnung zu rufen. Außer ihren Klamotten, den langen Haaren und ein kleiner Teil ihrer Wangen hatte ich ja bisher nur auf ihre gro, äh, üppi, äh riesi, äh. Scheiße! Ihre geilen dicken Titten gesehen. Und als ich dies dachte, war es vorbei. Ich hatte ihre Brüste als „geile dicke Titten“ tituliert, und schon war die Sache erledigt. Fortan hatte ich keinerlei Schwierigkeiten mehr, an sie zu denken oder sie zu sehen, und dabei mit ihren Brüsten in Konflikt zu geraten.
Dachte ich jedenfalls.
Er geht genau hinter mit. Ob er mich jetzt ansieht? Ist mein Popo zu dick? Meine Haare sind bestimmt wieder strähnig. Warum hab ich sie mir nicht noch gestern Abend gewaschen? Ob er meine alten Sachen ansieht? Ich hab doch schon lange nichts Neues mehr bekommen. Papa verdient doch nicht so viel.
Ich spürte, wie mir das Wasser in die Augen schoß. Ich schämte mich zum ersten Mal, wegen meinen Sachen.
Vielleicht kann ich Papa ja dazu überreden, daß ich morgen zur Schule mein Kleid anziehen darf. Es ist zwar auch etwas klein geworden und meine Brüste passen da nur noch mit Mühe hinein. Aber es ist das schönste, was ich momentan habe.
In der Klasse schob er mir sogar meinen Stuhl zu mir heran. Und ich hatte sogar das Gefühl, das er mit seinem Stuhl etwas näher zu mir rückte.
Die restlichen beiden Stunden verliefen ruhig. Geschichte und Deutsch. Heute waren nur vier Stunden und wir konnten gehen.
Eigentlich konnten wir anderen gehen. Georg mußte noch in der Klasse bleiben. Im Treppenhaus hörte ich, wie die Anderen sich über ihn aufregten und zu dem Schluß kamen, das ich ihm gesagt haben mußte, wer Georg geschlagen hatte. Also wollten sie sich zuerst mich vornehmen. Da ich aber fast eine Etage über ihnen war, verschwand ich über den langen Flur, benutzte das andere Treppenhaus und lief schnell nach Hause.
Als Papa gegen 16 Uhr nach Hause kam, merkte er mir sofort an das etwas passiert war. Vielleicht lag es daran, daß ich so herumdruckste. Ich wollte doch so gerne das Kleid morgen anziehen, vielleicht aber auch, weil ich wie ein aufgescheuchtes Huhn im Bauwagen herumlief, als ich ihm von Georg erzählte. Vielleicht lag es aber auch daran, daß ich mir meine Haare gewaschen hatte. Aber ich wollte doch morgen hübsch aussehen.
„Kannst du mir mal sagen, wieso du dir heute die Haare gewaschen hast?“
Aber anstatt zu antworten wurde ich nur rot.
„Aha.“, sagte Papa nur.
„Was, „Aha“?“
„Tja. Wenn Mama sich früher außer der Reihe die Haare gewaschen hatte, dann traf sie sich mit mir. Könnte es sein, das da ein Junge dahinter steckt?“
Und da ich nicht antwortete und nur noch röter im Gesicht wurde, fuhr er fort.
„Einer aus deiner Klasse?“
Ich nickte.
„Aber ich dachte du magst die Spießer aus deiner Klasse nicht.“
„Er ist kein Spießer! Er hatte eine alte Jeans und ein Baumwollhemd an. So eins wie deine. Westernstiefel und eine alte braune abgewetzte Lederjacke.“
Und daraufhin erzählte ich ihm die Geschehnisse des heutigen Tages. Und da ich mehr und mehr voller Begeisterung von ihm erzählte, wußte er bescheit, wie es um mich stand.
„Willst du denn auch dein Kleid morgen anziehen?“
„Darf ich?“
Er nickte.
„Oh Papa.“
Ich fiel ihm um den Hals und weinte vor Glück.
Dann suchte ich mir die Sachen für morgen heraus, trocknete meine Haare, zog mich um und ging schlafen.
Mich behielt meine Lehrerin noch da. Sie wollte wissen, wieso ich so gute Noten habe, obwohl ich einmal sitzen geblieben war. Und, nachdem ich ihr dies erklärt hatte, konnte auch ich nach Hause.
Vor der Schule war niemand mehr. Einerseits dachte ich an eine Prügelei, andererseits an Corinna. Aber da niemand hier war, ging ich nach Hause.
Allerdings erlebte ich da eine Überraschung.
Mama war schon zu Hause und hatte Besuch. Ein Mann in einem piekfeinen Anzug saß ihr gegenüber. Ich bekam nur noch mit wie Mama sich bei ihm bedankte. Dann standen sie auf und Mama ließ ihn heraus.
„Wer war das?“, wollte ich wissen.
„Das war der Herr Kneiper. Von der Versicherung.“
„Wollte er uns eine Versicherung aufschwatzen?“
„Nein. Du weißt doch das Papa immer gesagt hat, das er vorgesorgt hat.“
Ich nickte.
„Für den Fall, das jemandem aus der Familie etwas passiert.“
„Ja. Und nun ist er gekommen und hat mir gesagt, daß er Schaden von der Versicherung voll bezahlt worden ist. Außerdem hat Papa sich auf 2,5 Millionen Versichern lassen. Bei Unfalltod auf das Doppelte.“
„Fünf Millionen?“
„Ja.“
„Und. Ist was in der Schule gewesen?“
„Nö.“
Aber sie merkte sofort, das da was war. Und so erzählte ich ihr vom „Sitzenbleiber“.
„Und das hast du natürlich nicht auf dir sitzen lassen. Hab ich recht?“
Ich nickte.
„Hast du denn wenigstens gewonnen?“
Lachend nickte ich wieder.
„Na, dann ist ja gut. Komm, laß uns Pläne machen.“
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