Ich betrete das „Aphrodite“ mit gemischten Gefühlen. Ich bin mir nicht zu 100 Prozent sicher, ob ich das wirklich will. Nein, ich bin mir eigentlich sicher, dass ich es nicht will. Ich habe so etwas definitiv nicht nötig. Aber mein bester hat gemeint, dass ich das unbedingt versuchen sollte. Etwas geileres habe er nie gesehen und erlebt. Kurz, er hat mich da reingequatscht und jetzt kann ich nicht mehr zurück. Zumindest vorbeischauen muss ich, damit er mich endlich zufriedenlässt. Ich schaue mir das also an und dann bin ich auch schon bald wieder weg.

An der Tür zum Lokal steht ein Schild mit der Aufschrift „Members only“. Mein ist überzeugt, dass ich mich hier unbedingt umschauen sollte. Er hat mir auch erklärt, was es mit dem „Aphrodite“ so auf sich hat. Allerdings habe ich ihm schon bald nicht mehr zugehört. Auf jeden Fall, dieser Club ist nicht für normale Gäste zugänglich. Man(n) muss Clubmitglied sein oder eine junge Frau, nur dann kommt man am Türsteher vorbei.

Ein großer heller Raum empfängt mich. Alles ist in Weiß gehalten: Die Wände, die Möbel, einfach alles. Offenbar soll damit Unschuld suggeriert werden. Aber genau das ist eine Lüge. In Wahrheit geht es in diesem Raum um ausgesprochen profane Dinge. Manche würden sagen, es würden schmutzige Dinge geschehen. Wie dem auch sei, man will sich und den Gästen wohl die Illusion von Unschuld vermitteln. Mir ist das egal. Ich brauche mir das Ganze nicht schönzureden. Ich weiß, was in diesen Räumen passiert und finde es nicht verwerflich. Es ist nur nichts für mich.

Wenn ich ehrlich bin, empfinde ich den weißen Raum als sehr elegant und ästhetisch ansprechend. Er strahlt Ruhe aus. Das passt zur gedämpften Lautstärke. Die Musik ist nur sehr leise zu hören und die Gäste sprechen in einer sehr angenehmen Lautstärke miteinander. Auch die eher reduziert wirkende Einrichtung passt perfekt. Sie ist, wie schon erwähnt, komplett weiß und verschmilzt mit dem Weiß der Wände. Nur die Kleidung der Besucher hebt sich durch die Farben deutlich vom Rest ab. Sie ziehen die Aufmerksamkeit automatisch auf sich. Unwillkürlich vermitteln diese Farben, dass die Besucher ein Fremdkörper sind und wieder verschwinden werden. Bei diesem Gedanken muss ich schmunzeln. Ich werde auf jeden Fall bald wieder verschwunden sein.

Ich bleibe im Eingangsbereich kurz stehen und schaue mich erstmal im Raum um. Ich will mir einen Überblick verschaffen und das alles auf mich wirken lassen. Im lockeren Abstand stehen Grüppchen der immer gleichen Möbel schön verteilt. Sie bestehend aus einer Couch, zwei Sesseln und einem Glastischchen. Der Raum bekommt durch das vorherrschende Weiß etwas Astrales. Er wirkt sauber und unberührt, er taucht das, was hier drinnen geschieht, in eine abgehobene Sphäre. Man kommt sich der normalen Welt entrückt vor, so als befände man sich in einem eigenen Universum. Ich habe beinahe den Eindruck, als wäre ich in einem Raumschiff.

In der Mitte steht ein großer, runder Tresen, hinter dem ein Barmann gerade ein Glas Sekt und dann einen Whisky einschenkt, beides auf ein Tablett stellt und damit zu einem der Tisch geht. Dort sitzen ein älterer Herr und eine junge, ausgesprochen attraktive Frau. Ich schätze sie auf Mitte bis Ende Zwanzig. Er stellt die Getränke diskret ab und verschwindet sofort wieder.

Hier treffen sich also wohlhabende Männer und junge Frauen, sogenannte Sugardaddys und Babes. Das hat mir mein Freund auch so erklärt. Im ersten Moment habe ich sein Ansinnen, mir hier eine Frau für vergnügliche Stunden zu suchen, schockiert von mir gewiesen. Ich bezahle nicht für Sex und für eine vorgetäuschte Beziehung schon gar nicht, habe ich empört geantwortet. Er aber hat versucht, mir die Sache schmackhaft zu machen. Ich könnte es mir leisten und mir den Traum erfüllen, eine junge, attraktive Frau in meinem Bett zu haben. Er habe dies schon öfters gemacht und sei mehr als zufrieden. Er hat einfach nicht lockergelassen.

Ich solle mir das „Aphrodite“ zumindest einmal ansehen, ich sei zu nichts verpflichtet, hat er immer wieder gemeint. Keine Ahnung, warum er sich solche Sorgen um mein Liebesleben macht, auf jeden Fall hat er fürchterlich genervt. Damit er endlich Ruhe gibt, habe ich schlussendlich zugestimmt. Wenn ich ganz ehrlich bin, war ein wenig auch die Neugier mit dabei, zu erfahren was für Frauen sich auf so etwas einlassen und zu was allem sie bereit sind.

Kaum hatte ich zugesagt, hat mein Freund auch gleich online die Clubmitgliedschaft für mich beantragt und wenig später eine positive Antwort erhalten. An diesem Punkt gab es kein Zurück mehr. Schließlich hatte er mit der Anmeldung auch gleich 1.000 Euro Mitgliedsbeitrag hingeblättert. Das sei ein Geschenk an mich, hat er gemeint. Genau genommen hat er es mir damit erschwert, einen Rückzieher zu machen.

Gestern Abend dann hat er mir noch eingehend erklärt, was ich machen und wie ich mich verhalten soll. Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich nicht genau aufgepasst habe. Irgendwie war mir die Sache peinlich. Aber vor allem habe ich mich gefragt, wie er dazu kommt, mir zu erklären, wie ich eine Frau anbaggern soll. Das habe ich doch noch immer hinbekommen, wenn ich es wirklich wollte.

Ich fürchte allerdings, seit gestern habe ich auch das Wenige vergessen, das ich von seinen Unterweisungen aufschnappen konnte. Jetzt allerdings, wo ich hier stehe, wünschte ich, ich hätte gestern doch besser aufgepasst. Ich komme mir wie ein am ersten Schultag vor. Wenn ich mich so umschaue, keimt in mir der Verdacht auf, dass das hier mit dem herkömmlichen Kennenlernen schon so gar nichts zu tun hat.

Doch egal aus welchem Grund ich hier bin und wie es gelaufen ist, ich stehe nun mal in diesem Raum und habe keine Ahnung, wie ich mich verhalten soll. Ein wenig bin ich auch von der astralen Atmosphäre begeistert und gleichzeitig abgelenkt. Allerdings bin ich in mir unbekannten Situationen schon berufsbedingt nicht ganz unbeholfen und mache mich auf den Weg zum Tresen. Dort stehen Hocker und zudem sitzen dort auch zwei andere Herren. Mich dort hinzusetzen kann deshalb nicht ganz falsch sein.

„Was darf es sein?“, erkundigt sich der Barmann.

„Einen Cappuccino bitte.“

Der Mann lächelt mich freundlich an und macht sich ans Werk, das Gewünschte vorzubereiten. Ich blicke verstohlen in die Runde und entdecke zwei Herren, die sich jeweils auf einer der Couchgruppen angeregt mit einer jungen Frau unterhalten. An drei Plätzen sitzen jeweils junge Frauen, sie sind allein. Eine liest in einem Buch, eine zweite schmökert in einer Illustrierten und die dritte schaut sich einfach nur um.

„Neu hier?“, erkundigt sich der Barmann. Dabei stellt er mir die Tasse hin.

„Sieht man das so deutlich?“, erkundige ich mich. Ich lächle etwas verlegen.

„Jeder war irgendwann zum ersten Mal hier.“

„Aber ich habe keine Ahnung, was ich tun soll.“

„Das hatten die anderen auch nicht, glauben Sie mir“, beruhigt er mich. „Sie suchen sich einfach eine der jungen Damen unter jenen aus, die alleine an einem Tisch sitzen. Sie geben ihr einen Drink aus und wenn sie Sie zum Tisch einlädt, dann setzen Sie sich zu ihr.“

„Woher weiß ich, was sie trinken will?“

„Das kann ich Ihnen verraten.“

„Oh, danke, sehr zuvorkommend“, antworte ich. „Ich muss also wählen.“

„Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, ich an Ihrer Stelle würde noch etwas warten. Es müssten noch ein Frauen kommen. Dann ist für sie die Auswahl größer.“

„Ach so. Danke“, antworte ich. Dann fällt mir ein Detail ein. „Die Damen können die Einladung auch ablehnen?“

„Natürlich, sie müssen nicht jeden Mann sympathisch finden. Niemand zwingt sie zu etwas. In so einem Fall lässt sie den Drink einfach wieder zurückgehen.“

„Ist das nicht peinlich, wenn man eine Abfuhr bekommt?“

„Warum? Sie sind dann eben nicht ihr Typ oder sie hat auf einen der anderen Herren ein Auge geworfen. Hier ist es fast, wie im wirklichen Leben“, meint er, korrigiert sich aber schnell. „Nein, stimmt nicht ganz. Einige Unterschiede gibt es schon. Einerseits ist es direkter und andererseits einfacher.“

„Direkter und einfacher zugleich?“

„Im wahren Leben muss man eine Frau umwerben und es gibt dabei natürlich viel Spielraum für Missverständnisse. Draußen kann man noch nicht einmal wissen, ob eine Frau grundsätzlich Interesse hat, einen Mann kennenzulernen oder ob sie schon vergeben ist. Hier sind zumindest diese Fragen geklärt. Jede Frau, die alleine an einem dieser Tische sitzt, sucht eine Begleitung.

Außerdem stellt man über mich die Frage, ob Interesse besteht und bekommt eine klare Antwort. Ist es ein Ja, dann ist alles gut. Wenn es hingegen ein Nein ist, dann ist die Abfuhr nicht direkt, sondern genau genommen bekomme ich sie.“

Ich rühre meinen Kaffee um und nehme einen Schluck. Was er sagt, ist echt nicht von der Hand zu weisen. Das System ist tatsächlich recht simpel. Ich betrachte die drei jungen Frauen, die alleine sind. Sie sind durchwegs Anfang bis Mitte Zwanzig. Die Herren der Schöpfung sind dagegen durchwegs älter, deutlich älter. Ich würde sie zwischen fünfzig und sechzig schätzen, einer ist vermutlich um die siebzig. Mit meinen vierundvierzig Jahren bin ich weitaus der Jüngste im Raum. Der Barmann ist jünger, aber der zählt ja nicht.

Eine der Damen mustert mich recht interessiert. Leider ist sie so ganz und gar nicht mein Typ. Sie wirkt aufgebrezelt und irgendwie künstlich. Ich hingegen würde eine umgängliche und natürliche Frau bevorzugen. Die anderen beiden sind auf ihre Lektüre konzentriert. Die mit dem Buch wäre ganz hübsch, aber wirklich umwerfend finde ich auch sie nicht. Es fehlt noch das gewisse Etwas, das mich von den Füßen haut.

Plötzlich geht die Tür auf und zwei weitere junge Frauen betreten das Lokal. Ich beobachte die erste, die ausgesprochen hübsch ist. Sie ist auf jeden Fall schon eher mein Typ als die Frauen, die schon hier sind. Allerdings ist auch sie mir ein wenig zu viel geschminkt und wenn mich nicht alles täuscht, hat sie die Lippen aufgespritzt.

Unglücklicherweise verdeckt sie die zweite, sodass ich diese im ersten Moment nicht richtig sehen kann. Erst als die erste sich nach links wendet und die zweite einen Moment stehen bleibt, um sich zu orientieren, stockt mir geradezu der Atem. Mein Gott! Diese Frau ist atemberaubend schön.

Es ist nicht nur ihre Schönheit, die sie zweifelsohne von allen anderen unterscheidet. Sie hat dazu eine Ausstrahlung, die einfach umwerfend ist. Ich schätze sie auf etwa 1,75 Meter, sie ist blond und mit einer perfekten Figur gesegnet. Die endlos langen Beine, welche in einem sehr knappen Minirock enden, sind makellos. Als Oberteil trägt sie ein bauchfreies Latextop, das sehr eng anliegt und damit nicht viel von ihren weiblichen Attributen verbirgt. Ihre Brustwarzen zeichnen sich deutlich ab und lassen meine Fantasie Purzelbäume schlagen.

Sie wirft einen Blick zur Bar und mustert uns Herren, die wir dort sitzen. Man sieht sofort, dass sie genau weiß, was sie will. Ich habe den Eindruck, sie schenkt mir einen etwas längeren Blick und dabei spielt ganz kurz ein sanftes Lächeln über ihre Lippen. Mein Herz macht einen Sprung in meinem Brustkorb und kommt beinahe oben heraus. Das ist definitiv die Frau, bei der ich einen Versuch wagen möchte. Ich werfe alle Bedenken von wegen käuflicher Liebe und, dass ich so etwas nicht nötig habe, über Bord. Wenn ich diese Frau bekomme, dann ist mir ganz egal, wie wir zusammengekommen sind.

Als ich mich nach dem Barmann umschaue, wird dieser bereits von einem der anderen wartenden Herren zu sich gerufen. Ich schaue ihm enttäuscht hinterher, als er auf den Mann zugeht. Er hört sich an, was dieser ihm zu sagen hat und schenkt wenig später ein Glas Sekt ein. Anschließend macht er sich auf den Weg ausgerechnet zu der Frau, auf die ich ein Auge geworfen habe. Das hätte ich mir denken können und ärgere mich, dass ich nicht schneller war. Verdammt! Ich war zu langsam und habe es selbst vergeigt. Ich bin enttäuscht, mehr als ich mir je hätte vorstellen können. Das war’s dann wohl! Ich habe meine Chance vertan. Hätte ich doch besser aufgepasst, als mein Freund mir erklärt hat, wie es hier läuft. Möglicherweise hätte ich schneller reagiert und damit doch noch eine Chance gehabt.

Ich frage mich, ob ich nach dieser Enttäuschung überhaupt noch bleiben will. So etwas wie sie kommt garantiert nicht mehr zur Tür herein. Da ich diese umwerfende Frau gesehen habe, will ich mich nicht mehr mit einem Trostpreis abspeisen lassen. Ich versuche mir meine Enttäuschung nicht zu sehr anmerken zu lassen, aber vermutlich ist sie mir trotzdem deutlich ins Gesicht geschrieben. Ich war noch nie ein guter Schauspieler.

Ich beobachte traurig, wie der Barmann das Glas zur Couchecke bringt, an der meine Auserwählte Platz genommen hat. Sie schaut den Herrn an, auf den der Barmann deutet, und zuckt entschuldigend mit den Achseln. Fast im selben Atemzug schwenkt ihr Blick zu mir. Das Lächeln, das offenbar mir gilt, ist unglaublich und bringt auch mich wieder zum Lächeln. Mir wird ganz heiß. Noch nie hatte eine Frau mit einem einzigen Blick eine derartige Wirkung auf mich. Sie wechselt noch einige Worte mit dem Barmann, dann kommt er zum Tresen zurück. Einer der Herren, die ebenfalls warten, will ihn zu sich rufen. Doch er bittet ihn zu warten und kommt auf mich zu.

„Ruby würde das Glas Champagner gerne von Ihnen bekommen“, meint er.

„Natürlich, ich war nur zu langsam“, antworte ich ganz aufgeregt.

Der Barmann schmunzelt und schenkt mir einen aufmunternden Blick.

„Sie können gerne mit mir kommen“, meint er einladend.

„Jetzt schon?“

„Sie hofft, dass Sie zu ihr kommen“, antwortet er. „Warum also lange warten.“

„Ich kann es nicht glauben“, frohlocke ich.

Der Barmann schmunzelt, nimmt meine Tasse und geht erneut zur Couchecke. Ich folge ihm voller Aufregung. Ich fühle mich in meine Zeit als Teenager zurückversetzt. Ich weiß damit auch, dass sie Ruby heißt. Ein schöner Name! Ich ertappe mich dabei, wie ich von ihr schwärme. Der Barmann stellt die Getränke ab und lächelt uns beiden aufmunternd zu. Ruby steht auf.

„Freut mich, dass ich dir gefalle“, meint sie. Dabei reicht sie mir die Hand. „Ich bin Ruby.“

„Freut mich, ich bin Ben.“

„Ich habe dich noch nie im „Aphrodite“ gesehen.“

„Ich bin auch zum ersten Mal hier.“

„Noch unerfahren?“

„Fürchterlich!“

„Das macht nichts. Ich beiße nicht.“

„Davon bin ich ausgegangen, aber ich will mich auch nicht zu sehr blamieren.“

„Warum blamieren? Ich habe bisher keinen Fehler gesehen“, meint Ruby und lächelt aufmunternd.

„Ich habe keine Ahnung, was ich tun und machen soll.“

„Was sind deine Erwartungen an den Abend?“

„Erwartungen?“, frage ich überlegend. „Keine Ahnung.“

„Warum bist du hier?“, Ruby schmunzelt.

„Ein Freund hat mich überredet herzukommen.“

„Was suchst du?“

„Wie meinst du das? Ich soll mich nach einer Frau umsehen.“

Ruby lächelt immer noch. Also habe ich sie mit meiner Unsicherheit noch nicht ganz verschreckt. Sie blickt mir direkt in die Augen. Dabei ist ihr Blick voller Wärme und zieht mich sofort in seinen Bann. In mir steigt eine gewaltige Hitze auf. Ich bin sicher, ich bin rot wie eine Tomate und das bis zum Haaransatz.

„Dass du eine Frau suchst, das habe ich angenommen. Sonst wärst du nicht hier. Aber wozu brauchst du sie? Suchst du nur ein Abenteuer für einen Abend, möchtest du jemand für gesellschaftliche Ereignisse oder möchtest du etwas für einsame Stunden?“

„Keine Ahnung“, antworte ich unsicher. „Du lachst mich jetzt sicher aus.“

„Warum?“

„Weil ich mich so blöd anstelle“, antworte ich. „Wenn du lieber hast, dass ich gehe, dann sag es.“

„Wie kommst du auf so eine Idee?“

„Du bist sicher gewohnt, dass die Männer wissen, was sie wollen.“

„Normalerweise wissen sie es und ich bevorzuge generell auch solche Männer. Manche haben sogar zu klare Vorstellungen, wenn du verstehst, was ich meine“, antwortet sie. „Bei dir jedoch finde ich die Unsicherheit sogar süß. Frag mich nicht warum.“

Sie nimmt einen Schluck aus ihrem Glas und lächelt mich an.

„Das sagst du nur.“

„Nein, ich meine das ehrlich“, entgegnet sie. „Ich bin keine Nutte und doch kommt es immer wieder vor, dass Männer mich wie eine behandeln. Genau das mag ich nicht. Aber, wenn jemand unsicher, aber zuvorkommend ist, dann besteht doch immer noch eine Chance, dass sich etwas entwickelt. Dann finden wir viel leichter den Weg, den wir beide bereit sind, zu gehen.“

„Darf ich dich zum Abendessen einladen? Dann könnten wir uns besser kennenlernen und ich hätte Zeit, mir Gedanken darüber zu machen, was ich überhaupt will.“

„Gern, das ist sehr freundlich von dir.“

Wir sitzen bei meinem Lieblingsitaliener, der nicht weit vom „Aphrodite“ entfernt ist. Ich bin öfters bei Luigi und bekomme deshalb immer einen etwas abgeschiedenen Tisch. Er weiß genau, dass ich gerne meine Ruhe habe. Ich mag den Trubel nicht. Ruby hat sich bei mir untergehakt, als wir die Schritte gegangen sind. Es war ein etwas ungewohntes, aber auch sehr angenehmes Gefühl, diese wunderbare Frau an meiner Seite zu habe. Daran könnte ich mich sofort gewöhnen. Wir haben auch sehr angeregt über Gott und die Welt geplaudert. Es fühlte sich so natürlich an, miteinander zu plaudern, die Meinung auszutauschen und uns damit ja auch ein wenig kennenzulernen. Nun sitzen wir hier und studieren die Speisekarte.

„Könntest du für mich bestellen? Du weißt, was gut ist“, meint Ruby.

„Hast du besondere Vorlieben oder magst du etwas gar nicht? Hast du Allergien?“

„Ich bin nicht wählerisch. Schlag einfach etwas vor.“

„Wie wäre es mit einer Auswahl an Bruschette für uns beide und anschließend ein Wildscheingulasch mit Polenta und Grillgemüse?“

„Klingt super, das nehmen wir.“

Mit ihrer Zustimmung bestelle ich für uns beide und wähle auch den passenden Wein dazu. Der Kellner hat zunächst Probleme, sich auf meine Bestellung zu konzentrieren. Er ist völlig von Ruby eingenommen und hört mir nicht einmal halbherzig zu. Deshalb lasse ich ihn die Bestellung wiederholen, was ihm fürchterlich peinlich ist, weil er sich nur die Hälfte gemerkt hat. Er läuft rot an und entschuldigt sich.

„Du hast eine beeindruckende Wirkung auf Männer“, stelle ich fest.

„Auch auf dich?“, will sie wissen.

Ruby schaut mich dabei überraschend zurückhaltend an. Bisher hätte ich sie als taffe und selbstbewusste Frau eingeschätzt. Deshalb passt diese plötzliche Unsicherheit nicht wirklich in mein Bild von ihr.

„Natürlich auch auf mich!“, bestätige ich. „Ganz besonders auf mich.“

Sofort macht sich ein erleichtertes Lächeln auf ihrem Gesicht breit. Sie ist unglaublich süß. Ein wenig bin ich jedoch überrascht von ihrer Reaktion.

„Du hast vorhin gefragt, welche Vorstellungen ich habe. Wie sieht es mit dir aus?“, frage ich.

„Wie meinst du das?“

„Was möchtest du?“

„Ich? Das ist doch nicht die Frage. Es geht doch darum, was du willst.“

„Warum? Wir können es doch auch umdrehen?“

„Das ist aber ungewöhnlich“, kontert sie. „Weißt du überhaupt, wie es in diesem Sektor läuft?“

„Nicht wirklich. Deshalb würde mir helfen, wenn ich weiß, was deine Wünsche und Vorstellungen sind.“

Ruby schaut mich verunsichert an. Sie scheint zu überlegen. Plötzlich lächelt sie und setzt sich gerade hin.

„Ich habe dir schon gesagt, dass es sich nicht um Prostitution handelt“, beginnt sie zaghaft. „Aus diesem Grund haben wir auch die freie Wahl, ob wir uns auf einen Kerl einlassen oder nicht.“

„Das habe ich verstanden“, bestätige ich.

„Die Mädchen sind jung, bevorzugen ältere und reifere Herren und lassen sich dafür gerne verwöhnen. Welche Frau liebt nicht den Luxus?“

„Die Männer haben die Kohle und haben damit die Möglichkeit die Mädchen zu verwöhnen“, ergänze ich.

„So in etwa“, meint sie.

„Bis hierher habe ich es auch verstanden. Mein Problem liegt nun im Detail. Ich nehme an, es gibt Männer, die jeden Tag eine andere haben wollen und es gibt solche, die etwas Stabileres anstreben.“

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