Das Ende des Finsterwaldes
Jeder Schritt war eine Qual. Morgane konnte es sich einfach nicht erklären, doch der Geruch des mittlerweile verkrusteten Sperma, welches sie bedeckte, erregte sie so sehr, dass ihre Säfte ihre Schenkel hinabliefen und sie nur mit größter Willenskraft nicht unverzüglich auf dem Waldboden mastrubierte. Ihr einziger Gedanke galt der Flucht aus diesem scheuslichen Wald, dem Finsterwald mit all seinen namenlosen Schrecken, die tief in der Dunkelheit lauerten. Schritt für Schritt quälte sich die junge Jägerin vorwärts, jeder Schritt ließ sie vor Lust leise aufkeuchen. Was war mit ihr geschehen? Immer wieder stellte sie sich diese Frage und sie war sich sicher, dass der alte Reisende etwas damit zutun hatte: Hsenaals. Bruchstückhafte Bilder kamen nach und nach wieder aus den tiefen ihres Kopfes hervorgespült, Bilder, wie der alte Mann auf ihr lag, sie mit unvergleichlicher Schönheit und Manneskraft begattete. Konnte das sein?
Plötzlich vernahm Morgane ein Geräusch. Es war das plätschern eines Baches, ganz nah am Weg, ganz nah an ihrer Position. Jede Vorsicht vergessend hastete sie in die Sträucher und sprang über die knorrigen Wurzeln der finsteren Bäume, die bedrohlich ihre Äste nach ihr auszustrecken schienen. Sie wollte sich waschen, dass verfluchte Zeug von ihrem Körper spülen, der Drang danach war zu stark, zu fordernd.
Als Morgane den kleinen Bach vorfand, der sich hier mitten durch die Wildnis schlängelte, riss sie sich sofort die Klamotten vom Leib und wusch sich. Gründlich reinigte sie sich mit dem klaren, kühlen Wasser zwischen den Beinen, ihre Brüste, das Gesicht, ihre Haare. Sie spürte, wie die unheilvolle Lust zurückging, mit jedem Mal, in dem sie ihren Körper mehr von dem Sekret befreite, welches der Alte auf ihr zurückgelassen hatte.
Erleichtert atmete sie auf, dass kalte Wasser hatte ihr in vielerei Hinsicht gut getan. Immernoch nackt, erinnerte sich die Jägerin plötzlich, wo sie hier eigentlich war und sah sich verstohlen um: Sie stand weit abseits des Weges, abseits jeder Sicherheit und bar jeden Schutzes, wenn es ihn denn überhaupt in diesem unheimlichen Wald gab. Schnell zog sie sich wieder an, nahm ihr Gepäck und hastete eilig in die Richtung zurück, aus der sie gekommen war und tatsächlich fand sie auf den Waldweg zurück.
Nichtsdestotrotz konnte sie förmlich spüren, wie ihr etwas aus dem Wald hinterherlechzte, wie ein Raubtier, welches seine Beute nicht bekommen hatte. Das Erschreckende war: Morgane hatte nicht das Gefühl, dass es ein Tier oder eine Person war, sondern der Wald selbst und sie hatte das Gefühl, dass er sie… ziehen ließ. Es war ein unbeschreibliches Gefühl der Angst und des Schreckens, welches aus jeder Pore dieses Waldes zu triefen schien und dennoch passierte ihr nichts.
Ob sie das dem Alten zu verdanken hatte? Morgane wollte nicht darüber nachdenken und setzte ihren Weg fort. Sie wollte nicht mehr rasten, nicht mal mehr nach Stunden des Fussmarsches. Ihre Beine taten weh und gerne hätte sie geruht, doch nicht hier, nicht in diesem Wald. Eilig verschlang sie unterwegs etwas Zwieback, trank aus ihrer Feldflasche und erst jetzt fiel ihr auf, dass der Alte ihr rein garnichts aus dem Gepäck geraubt hatte, als er verschwunden war. Oder doch? Je mehr sie sich den Kopf darüber zermartete, was mit ihr geschehen war, umso mehr schienen ihre Gedanken dicht zu machen, es war, als wöllte sie sich nicht daran erinnern.
In Gedanken versunken, bemerkte die junge Frau zunächst garnicht, dass es um sie herum immer heller wurde. Ihr Herz machte einen Satz, als sie plötzlich das Ende des Waldes sah, dass Ende dieses schrecklichen Ortes, welches sich durch die hellen Sonnenstrahlen der Welt ankündigte, die Morgane willkommen zu heissen schienen. Vergessen war die Müdigkeit des langen Wanderns, sie rannte, rannte auf das Licht zu, so schnell, wie sie ihre schmerzenden Füsse tragen konnten. Es blendete sie förmlich, doch das war egal. Nur raus aus dieser Hölle. Die letzten Meter sprang sie, als flüchte sie vor einem schrecklichen Tier, welches sie verfolgte und stürzte sich in den Boden, auf dem sie einfach liegen blieb und die grellen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut genoss.
Sie hatte es geschafft, sie hatte den legendären Finsterwald durchquert, sie hatte es wirklich geschafft! Sie war unbeschreiblich glücklich, die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut zu spüren, es war, als wäre all das Böse, dass sie die letzten… Tage? Morgane schreckte hoch. Wie lange war sie in der Finsternis? In dem Wald war es unmöglich, die Uhrzeit zu schätzen, es herrschte immer die tiefste Nacht. Schnell griff Morgane in ihren Rucksack und sah nach ihren Lebensmittelrationen, sie war mindestens 3 Tage in dem Wald gewesen, glaubte sie den von ihr doch immer sehr gewissenhaft verzehrten Rationen. Auch die Spuren der Kettenfahrzeuge der Imperialen, die sie immernoch verfolgte und die sich auch hier fortsetzten, waren verblasst.
Konnte das sein? Doch Morgane hatte im Grunde genommen ihre Antwort: Sie schlief nur ein einziges Mal, das Mal, als der Alte die Gelegenheit nutzte und sie missbrauchte. Danach lief sie, lief weiter, ohne ein einziges Mal zu rasten, ohne zu schlafen. Sie wollte nur raus aus dem Wald, fort von diesem grauenhaften Ort.
Morgane setzte sich auf den Boden und sah beunruhigt in die Dunkelheit des Waldes, in welcher sie scheinbar wirklich drei Tage verbracht hatte. Die imperialen Plünderer, die ihre Dorfleute entführt hatten, musste bereits einen gewaltigen Vorsprung haben und Morgane zweifelte daran, ob sie sie jemals einholen würde. Doch was blieb ihr schon übrig? Ihr Heim war zerstört und sie hatte nichts mehr, ausser dem Gefühl nach Rache und der Hoffnung, dass ihre Schwester noch leben könnte.
Sie biss die Zähne zusammen, stand auf und schritt weiter den Weg entlang, immer weiter in Richtung Osten.
Der Bauer
Es war bereits später Nachmittag und Morgane wanderte nun schon seit Stunden den abgetrampelten Weg entlang. Zu ihrem Entzücken wich jedoch die trostlose Felslandschaft zunehmend den grünen Wiesen und kleinen Tannenwäldchen, die die Straßen säumten. Hier und da erblickte sie weite Ackerfelder und in der Ferne konnte sie kleine Bauernhöfe erkennen, die wie Spielzeughäuser in der Ferne lagen.
Morgane war müde und hungrig. Ihr Körper schrie nach Schlaf, den sie ihm in den letzten Tagen nicht gegönnt hatte und für die Nacht würde sie ohnehin eine Unterkunft brauchen. Sie verließ die Hauptstraße, wenn man sie denn so nennen konnte und nahm das kleine Wegchen, dass in Richtung eines nahegelegenen Bauernhofes führte, der dem Schild nach der „Familie Greffensbach“ gehörte.
Mit Sicherheit nahm man sie hier auf, zur Not hatte sie noch ein paar Taler einstecken, die sie den Bauern anbieten konnte. Reisende waren hier sicher keine Seltenheit, wenn auch die wenigsten aus dem Finsterwald kommen würden.
„Du verdammter Lump, du Elender!“, schimpfte jemand und ein gequältes Ächzen ertönte. Sofort ging Morgane in Deckung, nahm ihren Bogen und legte schussbereit einen Pfeil auf die Sehne. Vorsichtig schlich sie sich näher an den Bauernhof heran und beobachtete, verborgen hinter einem Holzzaun, wie drei Männer auf einen am Boden liegenden Bauern einprügelten.
„Hey!“, rief Morgane drohend und trat selbstbewusst mit dem Bogen in der Hand aus ihrem Versteck. Erschrocken wirbelten die Männer herum. Zwei legten drohend ihre Hände auf ihre Schwertgriffe, der Dritte grinste sie nur bösartig an. „Wer bist du, Schlampe und was bildest du dir ein, die Männer des Fürsten Hrothgar bei der Arbeit zu stören?“ Die Männer trugen schwarze Uniformen, augenscheinlich imperialer Standard. Darüber trugen sie die üblichen Kettenhemden und Helme, wie sie bei den Soldaten des Fürsten üblich waren. Ihr stachen jedoch die weiß-schwarzen Armbinden ins Auge, die jeder der drei um seinen linken Arm gebunden hatte und auf denen der Aquila prangte, der doppelköpfige Adler, das Symbol des verhassten Imperiums, jener Mörder, die ihr Dorf niedergebrannt hatten.
„He, Miststück. Ich rede mit dir!“, kläffte der Mann, doch Morgane hörte ihm nicht zu. Voller Zorn blickte sie auf das verhasste Symbol auf seinem Arm. Er war ein Verräter, ein Hund der Besatzer. Er mordete und unterdrückte im Namen seiner imperialen Herrchen.
Die drei Männer wussten nicht, wie ihnen geschah, als Morgane plötzlich ihren Bogen hochriss und den Hals des Redners mit ihrem Pfeil durchbohrte. Entsetzt griff er nach seiner Kehle, stieß ein langes, ungesundes Röcheln aus seiner blutenden Wunde aus und sank auf die Knie nieder, doch noch ehe er den Boden berührt hatte, schoss Morgane mit atemberaubender Geschwindigkeit zwei weitere Pfeile ab, die die Brust des Mannes links von ihr durchbohrten.
Sie war die beste Jägerin ihres Dorfes, eine tödliche Schützin, die mit höchster Präzision und Geschwindigkeit ihre Beute erlegte. Der letzte Soldat, ein Jüngling mit Sommersprossen im Gesicht, blickte geschockt seine toten Kameraden an, ehe die Panik ihn übermannte. Er lief los, flüchtete vor der Schönheit, die so beiläufig seine Freunde niedergestreckt hatte, beide gestandene Soldaten und erfahrene Mörder.
Morgane ließ keine Gnade walten, legte langsam und kontrolliert ihren Pfeil auf die Sehne, spannte den Bogen, zielte, hielt den Atem an und schoss. Sie traf den Mann direkt im Kopf, er stürzte beim Lauf vorn hinüber, machte eine Rolle vorwärts und blieb reglos auf der Erde liegen. Befriedigt von ihrem guten Schuss wendete sie sich nun dem Bauern zu, welcher den Schikanen der Lakaien ausgesetzt war.
„Alles in Ordung?“, fragte sie ihn fürsorglich und kniete sich zu ihm. Trotz des geschundenen und zerschlagenen Gesichts zauberte der tiefe Ausschnitt der Jägerin dem Mann ein breites Grinsen ins Gesicht und er sagte fröhlich: „Ja!“ Doch dann schienen die Schmerzen wieder Oberhand zu gewinnen und er stöhnend tastete seine Rippen ab. „Gebrochen scheint nichts zu sein, ausser vielleicht meine Ehre. Bitte, hilf mir hoch.“ Morgane gab ihm die Hand und zog ihn auf die Füsse. Erst jetzt fiel ihr auf, was für ein Koloss er eigentlich war.
Sein dunkles Haar und die buschigen Kotletten betonten sein ohnehin schon kantiges Gesicht und seine muskulöse Gestalt gaben ihm eine imposante Erscheinung. Es war offentsichtlich, dass es sich um einen hartgesottenen Bauern in seinen vierzigern handelte, der bereits von klein auf an harte Arbeit gewohnt war. „Vielen Dank für die Hilfe.“, sagte er und klopfte sich den Staub von seinen Klamotten.
„Nichts zu danken. Was wollten die Kerle?“, fragte Morgane und zeigte mit dem Daumen auf die Leichen hinter sich. „Schutzgeld eintreiben. Hrothgars Banden werden in letzter Zeit immer kühner. Seine Männer ziehen wie Banditen durch das Land, nehmen Reisende aus und pressen uns Bauern Schutzgeld ab, obwohl wir schon hohe Abgaben an ihren Herren leisten. Seit die Imperialen eine Kompanie ihrer Gardisten in seiner Stadt staioniert haben, wird er immer dreister. Er hat nahezu niemanden mehr zu fürchten, da sich niemand mit den Terrasöhnen und ihren Laserwaffen anlegen wird.“ Er spuckte verächtlich in Richtung der toten Soldaten.
Beide blickten zu Boden und schwiegen sich eine Weile Weile an, bis Morgane die Stille brach. „Hast du hier eine Truppe der imperialen Armee vorbeikommen sehen? Sie müssen aus Richtung des Finsterwalds in gepanzerten Transporten gereist sein. Es müssen Einheimische bei ihnen gewesen sein.“ Der Bauer verzog das Gesicht und sagte finster: „Ja.“ Vor Hoffnung strahlend fragte die Jägerin weiter: „Wann hast du sie gesehen? Wo sind sie hin?“ Er wich ihrem Blick aus und sah in die Ferne, nach Osten. „Sie kamen vor ein paar Tagen mit ihren Chimären den Weg entlanggerast. Drei Panzer waren es mit schwer bewaffnete Truppen. Sie waren auf dem Weg nach Osten und wenn Freunde von dir unter ihnen waren, dann sind sie jetzt verloren.“ Verständislos sah die junge Frau den Bauern mit dem todernsten Gesicht an. „Man munkelt von Lagern.“, fuhr er fort, den Blick immernoch gen Osten gewandt, „Von Lagern die fern jeglicher Menschlichkeit sind. Dorthin bringt der Imperium jene, die aufmüpfig waren, die es gerne verschwinden lassen möchte. So, wie sie meine Frau vor zwei Jahren verschwinden ließen.“ Er drehte sich zu ihr und blickte ihr ernst in die Augen. „Glaub mir, du willst nicht wissen, wo deine Leute jetzt sind. Find dich damit ab, dass sie verloren sind, du kannst sie nicht retten.“
Seine Worte waren für Morgane wie ein Stich ins Herz. Natürlich hatte er Recht. Nie hatte sie sich die Frage gestellt, was sie eigentlich tun würde, wenn sie die Imperialen finden würde, welche realistischen Chancen sie gegen ihre Laserwaffen hatte, die ganze Dörfer dem Erdboden gleichmachten. Doch zählte nicht der Versuch? Die Tatsache, seine Leute nicht im Stich zu lassen? „Nenn mir den Namen des Ortes, an dem sie sind.“, verlangte Morgane trotzig. Der Bauer seufzte, blickte sie lange an und sagte schließlich: „Sie sind in der Stadt Kilmad. Irgendwo dort in der Nähe soll zumindest das Lager sein, wo genau, weiß ich nicht, doch die Einwohner können dir sicher weiterhelfen, wenn du geschickt und vorsichtig genug bist, die richtigen Leute zu fragen. Die Lager sind ein Tabuthema, wie du dir sicherlich vorstellen kannst.“
Ohne weitere Worte marschierte Morgane weiter in Richtung Osten, doch sie spürte bereits, wie ihr müder Körper streikte. Erst die starke Hand des Bauern auf ihrer Schulter ließ sie stehen bleiben. „Dafür, dass du mir gegen die Banditen geholfen hast, ist es das mindeste, dir für heute Nach einen Rastplatz anzubieten.“ Morgane blickte in seine dunklen Augen und nickte. Bald würde die Sonne untergehen und bei Nacht war es sinnlos, den Plünderern zu folgen. Ausserdem musste sie irgendwann einmal rasten. Sie nickte und folgte dem Bauern in sein Haus.
Zu Gast in dem Bauernhof
Lunnot, so hieß ihr Gastgeber, der sich beiläufig vorstellte, als er sie in seiner Behausung willkommen hieß, führte ein karges und doch erträgliches Leben. Es schien, als reichte das, was er anbaute, gerade zum Leben oder eher gesagt das, was der gierige Fürst ihm an Erträgen übrig ließ. Das Haus bestand aus einem großen Raum, in dessen Mitte in einem offenen Kamin ein großes Feuer loderte und den Mittelpunkt des Hauses ausmachte. Links sah sie ein großes Bett, welches in der Ecke stand und augenscheinlich ihrem Gastgeber und seiner nun verschleppten Frau gehörte. Einige Meter davon entfernt stand rechts ein weiteres, etwas kleineres Bett und es weckte in Morgane einen schmerzlichen Verdacht. Es war das Bett eines Jugendlichen. „Hier schläfst du.“, sagte er kurz und zeigte auf eben jenes Bett.
Morgane fragte nicht nach, wem dieses Bett gehörte, es bedurfte keiner weiteren Fragen und ein Blick in die leicht genässten Augen von Lunnot erklärten den Besitzer des Bettes mehr als jedes Worte. „Ich werde nun die Leichen verstecken. Mach es dir bequem, in dem Kessel dort wirst du etwas Eintopf finden, Schüsseln und Löffel sind da drüben. Bitte, bedien dich.“ Damit trottete er davon und ließ Morgane allein. In diesem Moment stellte sie fest, dass sie nicht die einzige war, die Verluste zu beklagen hatte. Verluste, die auf die schier grenzenlose Eroberungssucht eines Imperiums zu rechnen waren, welches auf einem fernen Planeten beheimatet war und scheinbar die ganze Galaxie für sich beanspruchte. Welches Recht nahm sich dieses Imperium der Menschheit heraus? Noch während Morgane sich etwas von dem dampfenden Eintopf nahm und gierig verschlang, konnte sie ihre Gedanken nicht von dem Imperium lösen.
Sie wusste nicht viel, kannte aber den imperialen Glauben, der von einem Gott-Imperator sprach, der in einem goldenen Thron in Terra, der Wiege der Menschheit eingebettet war und der Beschützer der Menschheit sein soll. Seine Missionare verbreiteten eifirg ihren Glauben, auf ihrem Planeten wie auch im Rest der Galaxie, wie sie hörte und den Missionaren folgte stets die alles zermalmende Kriegsmaschinerie jenes Gott-Imperators, der ein Segen für die Menschheit sein soll.
Noch eine Schüssel voll mit Eintopf. Sie hasste dieses Imperium, dieses brutale Regime mit seinem Kadaver auf Terra, den sie alle anbeteten, als bringe er die Erlösung. Sie wollte es zerstören, es vernichten. Restlos und kompromisslos. In diesem Moment fragte Morgane sich ernsthaft und mit einem leichten Schrecken, ob das gerade ihre Gedanken waren. Im Mittelpunkt stand die Rettung ihrer Leute, alles andere war nebensächlich, doch seit dem Finsterwald hatte sich etwas verändert. Es war seltsam, schwer zu beschreiben, doch fühlte sie sich einfach anders als zuvor, sie fühlte sich verändert, nachdem sie Hsenaals getroffen hatte.
Die dritte Schüssel. Etwas trieb sie voran, füllte ihre Gefühle mit einem unsagbaren Hass auf das Imperium, so stark, dass sie manchmal ihre Leute und ihre Schwester Hilda gänzlich vergas, welche in der Hand der Imperialen war. Sie waren plötzlich Nebensache und die Befriedigung, die sie spürte, als sie heute die imperialen Lakaien tötete, war unbeschreiblich.
Die vierte Schüssel. Morgane war eine Jägerin, sie jagte für das Dorf und verteidigte es, doch nie war sie eine eiskalte Mörderin. Sie hatte die drei Männer ohne Vorwarnung angegriffen und getötet, selbst wenn sie Plünderer waren und selbst wenn sie Diener des Gott-Imperators waren: Das war nicht ihre Art, dass war sie nie gewesen.
Gerade wollte Morgane sich die fünfte Schüssel Eintopf eingießen, als sie feststellte, dass der Kessel leer war. Doch der Hunger blieb unverändert. Er zwickte und drückte in ihrem Magen, er wollte mehr, mehr Nahrung. Lunnot war noch nicht zurückgekehrt, es war Morgane auch etwas peinlich, dass sie den ganzen Eintopf alleine gegessen hatte. Doch schließlich bat er darum, sich zu bedienen! Trotz des Hungers schälte sich die Schönheit aus ihren Klamotten, legte ihre Stiefel, den schweren Umhang und ihre Hose ab und überlegte kurz und auch ihre Korsage. Es war ihr egal, ob sie nur von ihrem Tanga bekleidet unter der Decke liegen würde, es tat einfach gut, endlich zu ruhen, endlich in einem Bett unter einer warmen Decke zu liegen. Diesen Luxus ließ sie sich nicht nehmen. Sie zog sich die Decke bis zu den Ohren hinauf und schlief fast augenblicklich ein.
Die Nacht
Wirre Bilder, scheusliche, dämonische Fratzen, tastende Hände auf ihrem Körper, ein Phallus, der tief in ihr steckte und sich plötzlich unter lautem Lachen in ihr entlud.
„Du gehörst mir.“
Schweißgebadet schreckte sie aus dem Schlaf und brauchte eine Weile, bis sie die Orientierung gefunden hatte. Es war dunkel, dass Feuer des Ofens glühte nur noch und doch erfüllte der Vollmond, der durch die Fenster in das Haus drang, das Zimmer in einem gespenstischen Licht. Die Stimme, die sie hörte, sie war so nah und so fern, so fremd und doch so vertraut.
Erst jetzt bemerkte Morgane die Überschwemmung und ihre Hand zwischen ihren Schenkeln. Sie musste es sich im Schlaf selbst gemacht haben. Sofort wirbelte sie herum und sah zum Bett ihres Gastgebers. Sie erkannte im Mondschein recht gut seine Umrisse unter der Decke, laut schnarchend lag er da und schlief. Er schien nichts gemerkt zu haben. Erleichtert atmete sie aus.
„Geh zu ihm.“
Wieder schreckte sie hoch.
„Geh zu ihm.“
Es war die zischende Stimme, die sie aus dem Schlaf gerissen hatte.
„Geh zu ihm.“, forderte sie wieder.
Morgane blickte sich um, doch sie wusste, dass die Stimme in ihrem Kopf war, sie kannte diese Stimme, sie kannte sie aus dem Finsterwald. Plötzlich spürte sie wieder diesen Hunger, diesen quälenden Hunger und sie wusste: Es war nicht der Hunger nach Essen… Wieder blickte sie zu dem schlafenden Bauern. Er hatte, was sie wollte und sie war sich sicher, dass er es ihr gab, wenn sie es wollte.
Leise schlich sie aus dem Bett und die Stimme in ihrem Kopf frohlockte: „Gut, mein Kind! Gut!“ Ihre nackten, zierlichen Füsse tapsten über den groben Holzboden, hinüber zum großen Bett von Lunnot, seinem großen und einsamen Ehebett. Nur mit ihrem Knie betrat sie das Bett, die weiche Matratze gab unter ihrem Gewicht kaum nach und sie flüsterte dem schlafenden Bauern ins Ohr: „Lunnot…“ Es mochte ihr betörender Geruch, ihre erotische Stimme oder einfach sein schlechter Schlaf sein, doch Lunnot öffnete sogleich die Augen und war erstarrt von dem Anblick, der sich ihm bot: Morgane kniete an seinem Bett und schmachtete ihn förmlich an. Ihre zarte Haut erschien im Mondlicht milchigweiß und völlig übernatürlich und ihr dunkles, lockiges Haar fiel sanft über ihre zerbrechlichen Schultern.
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