Credan spuckte missmutig vor sich auf den Boden. Konnte denn irgendwann einmal ein Auftrag so einfach sein wie er sich anhörte? Nun, dafür hatte er wohl den falschen Beruf, wenn man das, was er tat, überhaupt so nennen konnte. Theoretisch war er gar nicht existent, es gab weder ein Zeugnis seiner Geburt noch war er auf der Liste der Einwohner der Stadt zu finden.
Dies brachte durchaus einige Vorteile mit sich, er konnte unbesorgt seinen Namen benutzen, ohne dass jemand falsches Informationen über ihn bekäme. Dennoch, von Zeit zu Zeit überkam ihn ein Gefühl der Leere und Bedeutungslosigkeit. Es gab nur sehr wenige Leute, die überhaupt von seiner Existenz wussten, noch deutlich weniger davon interessierte auch nur im Geringsten sein Schicksal. Falls er in einer Ecke tot aufgefunden würde, gäbe es niemanden, der sich darum kümmern würde.
Er stieß sich von der Wand, an der er die letzten 20 Minuten gewartet hatte, ab und ging ein paar Schritte in Richtung Straße. Wie automatisch wanderte seine Hand in seine rechte Hosentasche, kramte dort ein wenig herum, bis er endlich gefunden hatte, was er gesucht hatte. Er förderte eine Silbermünze zu Tage und betrachtete sie etwas melancholisch. Mit ein wenig Glück würde er damit zwei volle Mahlzeiten bekommen, mehr als er erwartet hatte.
Ein Blick zum Himmel verriet, dass das Tageslicht nicht mehr lange bleiben würde, die Dämmerung verging hier ziemlich schnell. Er sollte sich also beeilen, wollte er noch einen Happen abbekommen.
Aus Gewohnheit lief er mit lautlosen Schritten die schon recht leere Straße entlang, in Richtung Marktplatz. Dennoch trug dies bei Tageslicht eher dazu bei, dass er stärker auffiel, seine Erscheinung war bereits ungewöhnlich genug. Er war für diese Gegend ungewöhnlich groß gewachsen, die meisten Männer überragte er eine ganze handbreit. Trotzdem war seine Gestalt extrem schmal, so dass die meisten Menschen ihn wohl eher als gespenstisch beschreiben würden. Er war stets komplett ein schwarz gekleidet, selbst seinen Kopf überdeckte eine schwarze Kapuze. Darunter verbarg sich ein mit Narben übersätes Gesicht, welches man wohl auf knapp 30 Jahre schätzen würde, ein trügerischer Schluss. Nur der Griff eines Dolches am Gürtel schimmerte silbern aus der Scheide hervor.
Mit langen Schritten näherte er sich einem Stand, der einige Brotlaibe in der Auslage hatte. Ohne, dass ein Wort über seine Lippen kam hielt er dem stämmigen Mann dahinter die Silbermünze in seiner rechten Hand hin. Dieser nahm sie an sich und gab ihm 6 Bronzestücke und eines seiner Brote. Mit einem Nicken bedankte Credan sich und verschwand ebenso lautlos, wie er gekommen war.
An einer dunklen Stelle am Rand blieb er stehen und würdigte dem soeben erstandenen Brot zum ersten Mal mehr als nur einen kurzen Blick. Es sah genießbar aus, also kniete er sich hin und begann damit, sein Abendmahl zu essen.
Langsam schob er sich den letzten Bissen in den Mund. Es war nicht viel gewesen, aber er kam damit zurecht. Gerade als er aufgestanden war, spürte er etwas Kühles an seinem Kehlkopf, ein von hinter ihm auf ihn gerichteter Dolch. Er musste aufpassen sich nicht zu viel zu bewegen, sonst würde eine unschöne Narbe an seinem Hals entstehen. Nicht, dass er noch keine hatte, aber eine blutende Wunde war immer etwas unpraktisch.
Er spürte, wie der zugehörige Arm auf seiner Schulter abgelegt wurde, jedoch so, dass deutlich wurde, dass die zugehörige Person etwas mehr als einen halben Kopf kleiner als er sein musste. Ein Kopf wurde leicht seitlich gegen seinen Hinterkopf gelegt, so dass zwischen dem Mund des Anderen und seinem Ohr nur noch eine Daumenbreite lag.
Ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen, vorsichtig und soweit es möglich war, ohne dem Dolch zu nahe zu kommen. „Wie lange bist du schon hier?“ fragte er, deutlich entspannter als es die Situation eigentlich hergab. Er hörte ein unterdrücktes Lachen hinter sich, der Dolch vor seinem Hals entfernte sich ein wenig. „Seitdem du das Brot gekauft hast. Ich wusste, dass du hierher kommen würdest.“
Währenddessen entspannte sich der Griff um ihn, der Kopf an seinem Ohr entfernte sich ein wenig.
„Warum bist du hier?“ fragte er. Er bekam eine etwas belustigt klingende Antwort: „Ich kann dich doch nicht einfach den Lohn alleine einstreichen lassen. Und da ich noch ein wenig Ehre im Leib habe, melde ich meinen Anspruch, bevor du angefangen hast und biete dir meine Hilfe an. Der Lohn wird so oder so geteilt.“ Währenddessen hörte er, wie der Dolch in die Scheide geschoben wurde.
Ohne, dass das Lächeln auf seine Lippen verschwunden wäre, drehte er sich um. Mit leicht schief gelegtem Kopf entgegnete er: „Ich tippe mal, ich habe keine Wahl?“
Er sah in ein helles Gesicht, mit einem ironischen Lächeln auf den Lippen. Eine schmale Nase erhob sich zwischen zwei hellgrün funkelnden Augen. Unter der dunkeln Kapuze erkannte er kupferbraune, offen über die Schulter fallende Haare. Es kam keine Antwort auf seine Frage.
Mit einem dankbaren Nicken ging Credan einen Schritt vor und überbrückte so die Distanz, die die andere Person zurückgewichen war, als sie ihn losgelassen hatte. „Ich bin froh, dass du gekommen bist, Cora.“ Er ließ eine kurze Pause. „Es wäre jedoch nett, wenn du mich nicht jedes Mal beinahe umbringen würdest, wenn du auftauchst. Es ist etwas … unangenehm.“
Das Lächeln auf ihrem Gesicht wurde breiter, er sah sie leise in sich hinein lachen. Eigentlich sah sie dabei wunderschön aus, wie er fand. Wenn sie dieses Lächeln zeigte, hatte er irgendwie das Gefühl, sie beschützen zu müssen, sie vor der Umgebung verstecken zu müssen, nur um ihr Lächeln ein wenig länger betrachten zu können. Sie war durchaus selbst in der Lage, sich zu verteidigen und auf sich aufzupassen, doch es gab ihm einen Grund, bei ihr zu sein. Sie schenkte ihm ein gutes Gefühl, eine Art loderndes Feuer, tief in seinem Herzen.
Cora – Sie war wahrscheinlich die einzige Person in seinem Leben, die es würde wissen wollen, wenn er umkommen würde. In anderen Berufen hätte man sie vielleicht als Kollegin oder Konkurrentin angesehen, je nach Stand, sie selbst bezeichneten sich einfach als Gleichgesinnte. Nicht mehr und nicht weniger, auch wenn er diesen Umstand durchaus bedauerte.
Es gab Zeiten, in denen sie wie der letzte Halt in seinem Leben erschien. In den meist einsamen Nächten, wenn es keinen Auftrag gab, dachte er oft an sie. Als würde sie wie in Kindertagen neben ihm liegen, allein ihre Gegenwart hatte damals seine Angst vor der Dunkelheit verschwinden lassen. Nicht selten hatte er sich gewünscht, sie beide könnten ein normales Leben führen, vielleicht als eine Familie.
Doch Gefühle waren für sie beide stets ein Thema gewesen, über das man nicht redete. Wenn man das tat, was sie taten, waren diese einfach fehl am Platz. Zeigte man eine Empfindung, könnte dies bereits tödlich enden früher oder später. Man lernte relativ schnell sich aus diesem Grund einen geistigen Schutzwall aufzubauen, der nichts nach außen dringen lässt. Dieser erzeugte aber auch eine unendliche, mit nichts zu füllende Leere. Die eigenen Gefühle waren sozusagen in einem gefangen und da sie nicht nach außen konnten, begannen sie die Seele Stück für Stück zu zerstören.
Oft wünschte er sich, er könne dies alles mit jemandem teilen, er brauchte jemanden der ihn beschützte. Nicht mit Waffengewalt, sondern von innen heraus. Doch er kannte niemanden der ihm nahe stand. Bis auf Cora.
Niemandem würde er je so blind vertrauen wie ihr, doch die Chance ein normales Leben zu führen war vor langer Zeit vertan, vielleicht sogar schon bei seiner Geburt. War es Schicksal, oder hätte er an einem Punkt in seinem Leben eine Wahl gehabt?
Sie waren beide Straßenkinder gewesen, seitdem sie sich erinnern konnten hatten sie ohne die Nähe eines anderen auf der Straße gelebt. Mit acht Jahren hatten sie sich das erste Mal getroffen, der Anfang von ihrem späteren Leben. Ein Mann hatte sie beide bei sich aufgenommen, gab ihnen Essen und ein Bett, welches sie beide sich geteilt hatten. Es war eigentlich unüblich, dass sich jemand um das Schicksal der Armen sorgte, aber aus Dankbarkeit war ihnen anfangs nie der Gedanke gekommen, dass ihre Rettung, als welche sie es bezeichneten, noch andere Gründe außer Barmherzigkeit haben könnte.
Am Anfang hatten sie ihm dabei geholfen Holz zum Heizen hereinzutragen und ähnliche Tätigkeiten, schon bald jedoch begann er damit sie zuerst noch spielerisch mit Stöcken gegeneinander kämpfen zu lassen. Er brachte ihnen bei wie man sich lautlos bewegte, wie man während der Nacht scheinbar unsichtbar blieb. Über die Zeit in der sie, wie er nun wusste, zu Assassinen ausgebildet wurden, war Cora für Credan wie eine Schwester gewesen, auch wenn sie seine Gefühle nie erwidert hatte. Sie hatte ihm einmal gesagt, dass sie sich zwar um den jeweils anderen zu kümmern hatten, jedoch wären sie nichts weiter als zwei Waisen die aus Zufall zusammen ausgebildet wurden. Sie war stets diejenige gewesen, die eine schier unglaubliche Willensstärke an den Tag gelegt hatte, die jegliche Probleme stets alleine lösen wollte.
So waren die ersten Jahre verstrichen, noch waren sie nichts weiter als Kinder, die nichts davon verstanden, wie die Welt wirklich lief. Dennoch, mit der Zeit wurden er und Cora immer vertrauter. Mit der Zeit begann sie, trotz der anfänglichen direkten Ablehnung, immer mehr Aufgaben mit ihm zusammen zu erfüllen, solange es dadurch einfacher ging oder ein Vorteil für sie heraussprang. Sie war die geborene Anführerin, willensstark und selbstsicher.
Während der Nacht hatte er sie manchmal weinen gehört, wenn sie glaubte, dass er schlief. Er hatte sie nie darauf angesprochen, sie verdammte jegliche Form von Schwäche. Tagsüber war sie stark, nachts weinte sie.
Eines Nachts schließlich, er lag wie sonst auch immer neben ihr im Bett und stellte sich schlafend, hatte er sich zu ihr gedreht, sie wie zufällig mit einem Arm zu sich gezogen. Sie zuckte kurz zusammen, entspannte sich jedoch bald wieder, als sie ihn vermeintlich schlafend sah. Sie hatte ihre Tränen getrocknet und war dicht an ihn geschmiegt eingeschlafen.
Beinahe die ganze Nacht hatte er wach gelegen und über sie gewacht. Er spürte ihre Wärme, sie tat ihm unendlich gut. Ihre Nähe war die Heilsalbe für seine Wunden, es tat ihm dafür jedoch weh, wenn er sie weinen sah. Ohne es zu wollen fühlte er ihren Schmerz beinahe so heftig wie sie, auch wenn er damals noch nicht hatte verstehen können, woher dieser rührte. Er hatte diese Nacht anstatt ihr gelitten, ihr die Traurigkeit abgenommen.
Damals waren sie 14 gewesen, sechs lange Jahre wohnten sie nun bei Alwen, ihrem Lehrmeister. Obwohl er nie ein Wort über diese Nacht verloren hatte, weder zu Cora noch zu Alwen, war sie in sein Gedächtnis eingebrannt worden, er meinte sich beinahe an jeden ihrer Atemzüge erinnern zu können.
Seit dieser Nacht hatte sich etwas verändert. Nichts was nach außen hin sichtbar oder bemerkbar gewesen wäre, er spürte dass sich in ihm etwas verändert hatte. Cora war tagsüber stets so reserviert wie auch davor, doch nun spürte er, wie er sich darüber freute, wenn sie eine Übung gemeinsam erledigen mussten, wenn es Zeit wurde schlafen zu gehen.
Wie zuvor teilten sie sich ein Bett, doch nun schien es, als wäre sie ihm näher als nie zuvor. Sie hatte ihn oft in Schutz genommen, falls er einen Fehler gemacht hatte und Alwen ihn wieder einmal lautstark ausschimpfte. Er fühlte sich als könne er ihr etwas zurückgeben, wenn er ihr die Traurigkeit abnahm.
Zwei Wochen später hatte Alwen sie morgens aufgesucht, etwas was er zu diesem Zeitpunkt bereits seit über drei Jahren nicht mehr getan hatte, sie kamen einigermaßen gut alleine zurecht. Tagsüber und auch immer häufiger nachts wurden sie von ihm ausgebildet, er kümmerte sich jedoch nicht mehr um ihre täglichen Aufgaben.
Er hatte ihnen gesagt, dass sie beide immer mehr der endgültigen Reife entgegen strebten, und für Männer und Frauen in diesem Alter ziemte es sich nicht in einem Bett zu schlafen, solange sie nicht verheiratet waren.
Credan war in ein anderes Zimmer umgezogen, ein Umstand über den er sich nicht beschwerte, schließlich stellte Alwen ihm das Zimmer ohne Aufwand und ohne etwas dafür zu verlangen zur Verfügung. Es hieß nur leider auch, dass er Cora nur noch sehr selten alleine antreffen würde.
Eine tiefe Sehnsucht entwickelte sich langsam in seinem Herzen. Anfangs hatte er sie ignoriert, doch sie war immer stärker geworden, bis dies schlicht unmöglich wurde. Sie wurde zu einem Teil von ihm, ein Schmerz, den er stets bei sich trug. Bis heute.
Sie beide hatten über die Zeit eine sehr enge Freundschaft aufgebaut, jeder konnte sich blind auf den anderen verlassen. Es half außerdem, die harten Übungen zu meistern, mit der Zeit hatten sie gelernt, wie man diese am besten zu zweit erledigte. Diese Beziehung wollte er unter keinen Umständen riskieren, er hatte niemandem außer ihr und Meister Alwen.
Dennoch, der tiefe Schmerz in seiner Brust wurde immer stärker. Die Sehnsucht danach, sie wie früher einfach in den Arm nehmen zu können, ihre Nähe spüren zu können, das alles wurde nie erfüllt.
Immer häufiger hatte er sich dabei erwischt, wie er sie einfach nur ansah, jeden ihrer Muskeln studierte. Mehr als einmal hatte Cora ihn gefragt, ob alles in Ordnung sei, wenn er sie wieder einmal einen Moment zu lange ohne eine Regung betrachtet hatte. Er hatte immer nur genickt, hatte sich nie getraut, ihr seine wahren Gefühle zu offenbaren.
Zwei ganze Jahre hatte dieser Zustand angehalten. Ihre Zusammenarbeit hatten sie zur Perfektion getrieben, nun standen schließlich das Ende der Ausbildung und die Aufnahme in die Gilde bevor. In einem intensiven Gespräch mit ihm hatte Alwen diesen Moment vorbereitet.
Obwohl es üblich war, dass ein Assassine, zu denen er in wenigen Tagen gehören würde, stets völlig auf sich allein gestellt arbeitete, hatte Alwen es arrangiert, dass er gemeinsam mit Cora aufgenommen wurde. Wohlwissend darum, dass sie die Übungen, die sie von ihm bekommen hatten immer häufiger als Team erledigt hatten, auch wenn dies nicht ganz der gestellten Aufgabe entsprach, war dies seine letzte Gefälligkeit. Er warnte sie jedoch beide ausdrücklich, dass, egal wie gut man den anderen zu kennen glaubte, dieser einen immer hintergehen könne. Obwohl sie beide eine ganz besondere Freundschaft aufgebaut hatten, sollten sie diese stets mit Vorsicht betrachten. Ihre kleinen Zimmer würden sie als Geschenke der Gilden behalten können, vorausgesetzt sie zeigten sich dieser gegenüber ergeben.
Die Aufnahmezeremonie war deutlich einfacher gewesen, als er es erwartet hatte. In einem großen Raum eines von außen wie ein normales Adligenhaus aussehendem Haus bekamen sie von Alwen und drei Männern, die sie noch nie zuvor gesehen hatten eine Kette mit einem silbernen Stern ausgehändigt. Der war aus unzähligen kleinen Dreiecken zusammengesetzt, mal größer mal kleiner, so dass diese eine Art Inschrift in der Mitte erkennen ließen. Diese war jedoch in einer alten Sprache, sodass sie nicht lesen konnten, was diese besagte. Dann waren sie zu einer Art Altar geführt worden, an dem sie einen Treueschwur abgelegt hatten. Mit den Worten, man würde sie finden, falls man ihre Dienste benötigte, war schließlich alles vorüber. Der Stern war das Erkennungszeichen, falls sie mit einem Auftraggeber in Kontakt kamen, würde dieser es sehen wollen.
Zweieinhalb Jahre waren seit damals vergangen. Alwen hatte er nie wieder gesehen, manchmal wurde er von einem groß gewachsenen Mann angesprochen, wenn dieser einen Auftrag für ihn hatte. Diese wurden von der Gilde verwaltet, einen Teil des Lohnes behielt sie ein, den anderen Teil bekam er zum Leben. Dafür sorgte die Gilde für eine warme Unterkunft und, falls jemand keine anderen Möglichkeiten hatte, auch für das Notwendigste zu Leben.
Das Einzige, was sich seitdem nicht verändert hatte, war seine Freundschaft zu Cora. Die Gilde akzeptierte es, wenn sie einen Auftrag zusammen erledigten, dafür war ihre Erfolgsrate überdurchschnittlich gut. Es gab Zeiten, da hatten sie beinahe jede Nacht einen Auftrag und dementsprechend viele Einkünfte, doch manchmal reichte es kaum zum Überleben. Die Hilfe der Gilde beschränkte sich, was das betraf, wirklich nur auf das absolut notwendige, falls es darum ging, dass ein Assassine nicht genug Lohn erhalten hatte, um sich etwas zu Essen zu kaufen.
Das Leben war hart und hinter jeder Ecke konnte der Tod lauern, doch es war deutlich besser, als bettelnd und frierend seinen Tod langsam abwarten zu müssen.
„Credan? Du hast den Auftrag diesmal bekommen, du musst mir den Auftrag erklären. Wenn du einfach schweigst, hilft mir das nicht viel.“ Er hatte wohl einfach dagestanden, als wäre er nicht von dieser Welt. Mit den Gedanken in der Vergangenheit, um den pochenden Schmerz in seinem inneren zu unterdrücken, in dem Versuch sich abzulenken. „Ja, natürlich. Tut mir leid…“, antwortete er noch etwas abwesend, schaffte es jedoch einigermaßen schnell wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
„Es hat noch Zeit, bevor wir uns auf den Weg machen müssen, es geht um den Sohn eines der Adligenhäuser hier, Theobald von Kriwen. Er ist einer derjenigen, die versuchen aus der Tradition auszubrechen, und die Zünfte aufzulösen, hauptsächlich die Handwerker-Zünfte, aber er hat es sich auch zum Ziel gemacht, die Assassinengilde zu zerschlagen. Zuerst war er keine Gefahr, doch mittlerweile scheint er zu viel zu wissen.
Jedenfalls kommt er normalerweise erst sehr spät nach Hause, er ist oft noch bis spät abends in einer der Tavernen. Ein Toter dort wäre zu auffällig, wir müssen warten. Ich denke der beste Zeitpunkt wäre ein bis zwei Stunden, bevor die Sonne wieder aufgeht. Dann schlafen die meisten im Haushalt, und er liegt völlig alleine in seinem Zimmer. Dort ist er am ungeschütztesten und es fällt nicht zu schnell auf, wenn er die Welt der Lebenden verlassen hat. „
Cora nickte. Sie wussten beide, dass es nicht einfach werden würde, in eines der Adligenhäuser ungesehen hinein und wieder hinaus zu gelangen, die Effektivität ihrer Zusammenarbeit begann langsam sich herumzusprechen. Sie bekamen immer häufiger hoch bezahlte Aufträge, die damit auch von äußerster Wichtigkeit aber auch von zunehmender Schwierigkeit waren.
„Nun gut.“, sagte sie schließlich, „Dann treffen wir uns drei Stunden vor Sonnenaufgang am Gildenhaus?“ Er senkte leicht den Kopf, der Versuch eines zustimmenden Nickens. Er hatte gehofft, ein wenig Zeit mit ihr verbringen zu können, aber seine Erwartungen waren wahrscheinlich wieder einmal zu hoch gewesen.
Er konnte seine Enttäuschung jedoch nicht schnell genug verbergen, sodass Cora etwas bemerkt hatte. Es wäre jedoch auch naiv gewesen, er könne etwas vor ihr verbergen, sie kannte ihn viel zu gut, als dass dies möglich gewesen wäre. „Was ist los?“, fragte sie. „Ich sehe, wenn etwas nicht stimmt, also versuch gar nicht, es vor mir zu verstecken.“ Wie immer, wenn er seine Gefühle nicht effektiv genug hatte verbergen können, beeilte er sich ihr Nachhaken mit einem Kopfschütteln abzuweisen. „Schon gut, es ist nichts Ungewöhnliches…“
Obwohl er sich bemüht hatte, möglichst sicher zu klingen, war ihm das nicht mal ansatzweise gelungen. Innerlich verfluchte er sich dafür, überhaupt geantwortet zu haben. Er durfte, konnte sie nicht mit seinen Problemen belasten, erst recht nicht kurz vor einem so wichtigen Auftrag. Es war eines der ersten Lektionen, die ihnen in ihrer Ausbildung beigebracht worden war: Sprich niemals mit einem anderen über deine Gefühle, früher oder später würde es dir den Tod bringen.
Sie legte kaum merklich den Kopf schief, und sah ihm direkt in die Augen. Seit sie sich kennengelernt hatten, beherrschte sie diesen Blick, es schien ihm, als würde dieser ihn durchbohren. Ihre Augen waren wie zwei wissende Pfeile, die völlig ungehindert seine Gedanken lesen konnten.