Kapitel 7: Eine unerwartete Bekanntschaft
Es dauerte eine Weile bis Hellen alle über ihre plötzliche „Genesung“ informiert hatte. Sie hatte kurz mit dem Gedanken gespielt ein paar Tage frei zu nehmen, doch war es ihr lieber wenn sie sich beschäftigte. Ihre Träume lagen in Trümmern, sie hätte gar nicht gewusst was sie mit der freien Zeit hätte anstellen sollen.
Natürlich überlegte sie, ob sie sich mit Jon trotz seines Rückzugs aus dem EES Portal in Verbindung setzen sollte. Doch nahm ein Callgirl niemals von sich aus privaten Kontakt zu einem Kunden auf. Das war beinahe so undenkbar, wie Kunden zu niederzuschlagen. Ganz abgesehen davon, wußte sie auch nicht wie. Sie musste seine Entscheidung wohl oder übel akzeptieren. Helen beschloss, zusammen mit Jon auch das Kapitel EES abzuschließen. Sie gab dort Bescheid, dass sie endgültig nicht mehr für Verabredungen zur Verfügung stehen würde und löschte den EES Messenger von ihrem Notebook.
Mehr noch als um Jon, trauerte sie jedoch um ihre zerplatzen Träume. Ihre Hälfte von der Millionen hätte ausgereicht, ein kleines Ensemble zusammen zu stellen und eine Zeitlang zu erhalten. Eine eigene Tanzcompanie, mit jungen und hungrigen Leuten. Sie sah Bilder von sich bewegenden Menschen vor ihrem inneren Auge. In Gruppen, zu zweit, einzeln, manchmal auch nur eine Hand oder einen Fuß. Niemand hätte diesmal ihre Autorität in Frage stellen dürfen. Sie hatte Reibereien mit Besserwissern so satt.
Der alltägliche Trott nahm sie wieder gefangen. Aufstehen, Pilates am Morgen, Frühstücken, Techniktraining, um 11:00 am die Gruppe mit den Hausfrauen. Der Snack in der Mittagszeit, Anfängerkurs von 2:00 bis 3:30 pm, Fortgeschrittenen 3:30 bis 5:00 pm. Danach Sport, Abendessen, Bürokram, Bett, neuer Tag.
Seit der Sache mit Jon waren schon fast zwei Wochen vergangen. Sie war in ihrer Fortgeschrittenklasse, als sie das merkwürdige Gefühl beschlich, beobachtet zu werden. Das war deshalb merkwürdig, weil es normal war, das man ihnen beim Üben zusah. Der Übungsraum war vom Flur davor nur durch eine Trockenbauwand mit eingelassenen Glasscheiben getrennt. Auf dem Flur davor warteten wie gewöhnlich die Moms und Dads auf ihren Nachwuchs und sahen zu.
Helen stellten sich die Nackenhaare auf, so als würde sie observiert. Sie war es eigentlich von der Bühne her gewohnt betrachtet, ja fixiert zu werden. Es kam auch schon mal vor, das ein Dad größeres Interesse an der figürlichen Ausstattung der Tanzlehrerin als an den Fortschritten seiner Tochter zeigte. Helen hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, diesen Blicken mit einem Schmunzeln und Augenzwinkernzu begegnen. Sie starrte niemals zurück, sondern richtet nach einem kurzen freundlichen Blckkontakt stets als erste ihre Augen zurück auf anwesenden Schüler. Es sollte niemandem peinlich sein, sie anzusehen. Helen war es auch gleichgültig warum die Leute ihre Kinder zu ihr in die Schule brachten, ob es nun die Qualität ihrers Unterrichts oder die ihrers Hinterns war, Hauptsache sie kamen.
Doch jetzt schien es ihr, als wäre da besondere Heimlichkeit im Spiel, als sollte sie nicht mitbekommen, beobachtet zu werden. Da waren ein paar Leute im Flur. Zwei Moms, die eine gehörte zu Kendra, die andere zu Jennifer, beides ihrer Schülerinnen. Dann war da noch eine Frau, zu jung für eine Mom, die Helen vom Alter her in die Kategorie große Schwester einordnen würde. Auch das nichts Ungewöhnliches. Ihre Elevinnen wurden oft von älteren Geschwistern abgeholt.
Die Frau die Helen zunächst niemandem zuordnen konnte, schaute aufmerksam Nina bei den Übungen zu. Vielleicht gehörte sie zu ihr? Als Helen das nächst Mal einen Blick auf sie werfen konnte, war es aber Rosalyn der ihre Aufmerksamkeit galt. Und hatte sie nicht blitzschnell weggsehen? Ein indirekter Blick durch den Spiegel bestätigte ihre Vermutungen. Helen wurde beobachtet. Als die Frau den indirektem Blick Hellens über den Spiegel gewahr wurde, wandte sie ihre Augen verschämt ab.
Wer war sie, was wollte sie von Helen? Mit einem Aufblitzen von Erheiterung kam ihr der Gedanke, dass sie vielleicht einfach auf Frauen stand und zu schüchtern war, um ihren Blick zu erwiedern – interessant. Zu weiteren Überlegungen kam Helen nicht, denn schon war die Unbekannte wieder verschwunden.
Helen dachte nicht weiter darüber nach und in der Zeitspanne bis zum Ende der Unterrichtsstunde hatte sie die kleine Begebenheit beinahe vergessen. Ihre Schüler hatten sich bereits umgezogen und ihre Sachen gepackt. Die letzte Nachzüglerin war eben gegangen und so kontrollierte Helen mit einem letzten Blick den Raum bevor sie ihn absperren wollte.
„Miss Thomas, Helen Thomas?“ Eine Frauenstimme. Sie hatte sich so leise angenähert, dass Helen darüber erschrak. Es war die Frau von vorhin. Sie fuhr fort „Entschuldigung, ich wollte sie nicht erschrecken, aber sind sie Mrs. Thomas, Mrs. Helen Thomas wie Helens Dance Academy?“
„Ja bin ich, wie kann ich ihnen helfen?“
Helen versuchte einzuschätzen, mit wem sie es hier zu tun hatte. Für eine der Hausfrauen war sie recht jung, ungefähr mitte zwanzig. Sie war Asiantin, mittelgroß und zu mollig für eine Tänzerin. Sie trug ihre glatten schwarzen Haar schulterlang und sah in ihrem Kostüm ziemlich geschäftsmäßig aus, als käme sie direkt aus dem Büro einer Versicherung oder Bank.
Sie machte einen schüchternen Eindruck, denn sie wich Helens Blick aus und kramte dann ein Handy aus ihrer Handtasche. „Bitte, können sie mir sagen ob sie diesen Mann kennen?“ Sie zeigte ihr ein Bild eines jungen Mannes, rotblonde Haare, breites freundliches Gesicht, Sommersprossen. Noch bevor das bewußte Erkennen in Helens Verstand einsetzte, reagierte ihr Unterbewustsein.
„Huuu“ ein Schluchzer, Helen musste sich abwenden und schlug die Hände vors Gesicht, weitere Schluchzer. Er war es, Jon oder wie immer er auch hieß. Sie kämpfte gegen einen heraufziehenden Weinkrampf und konnte nur ganz kleine Atemzüge machen. „Entschuldigung, ich brauch einen Moment.“ Dann ein paar tiefe Atemzüge später „wär wohl sinnlos es abzustreiten, also ja, ich kenne ihn und… und sie sind?“ „Ich bin seine Frau“ ein weiterer Schlag in die Magengrube. „Whow, also ich weiß nicht was ich sagen soll. Was wollen sie von mir?“
„Ich will nur reden. Ich muss wissen was vorgefallen ist, bitte es ist sehr wichtig für mich.“
Mit ihr reden? Helen konnte unmöglich mit der Frau eines Kunden über so ein Treffen reden. Ihr rationales Denken setzte wieder ein „Oh – ich… kann ich das Bild nochmal sehen? Mit einem gewissen Unverständnis und nach einigem Zögern hielt sie ihr das Handy wieder hin. Helen zwang sich es diesmal mit Interesse und dann mit gespielter Erleichterung zu betrachten. „Oh das tut mir jetzt aber leid. Sieht wirklich fast wie mein Cousin – Frank aus.“ Das „Frank“ war ihr erst im letzten Augenblick eingefallen, weshalb ihr Redefluss kurz ins Stocken geraten war. „Sie müssen wissen er ist letztes Jahr bei einem Unfall ums Leben gekommen. Ich hatte Frank so gern. Die Sache mit ihm geht mir immer noch sehr nahe, auch wegen der Kinder. Aber den Mann auf dem Foto, also den kenn ich nicht. Tut mir wirklich sehr leid, dass ich ihnen nicht helfen kann. Ich muss absperren. Ich fürchte sie müssen jetzt gehen.“
Sie sah Helen ungläubig und erschüttert an. „Sie lügen. Es ist offensichtlich, dass sie ihn erkannt haben. Ich… warten sie…“ Sie holte einen Umschlag aus ihrer Handtasche, aus dem Geldscheine hervorlugten. „Sehen sie, es würde sich lohnen. Das hier sind tausend Dollar, alles was sie dafür tun müssen, ist mit mir zu reden.“
Helen wurde die Situation zu viel. Mit sanfter Gewalt, versuchte sie die Frau nach draussen zu bugsieren. Der Umschlag fiel zu Boden, Geldscheine breiteten sich auf der Tanzfläche aus. Hellen kniete sich rasch hin, raffte alles zusammen und stopfte es energisch zurück in die geöffnete Handtasche. Zwischen zusammengepressten Lippen stieß sie hervor „Ich weiß nicht, für was sie mich halten Misses, aber bei mir ist nicht alles käuflich. Und vorallem will ich, dass sie jetzt gehen.“
Die Frau war schon aus der Tür raus, als sie noch schnell einen Fuß in den sich schließenden Spalt schob. „Bitte, ich will doch nur mit ihnen reden. Wir haben uns getrennt – er sagt er liebt sie. Ich geh hier nicht weg, bevor ich nicht herausgefunden habe was vorgefallen ist.“
Mehr wollte sie nicht los werden, denn sie nahm ihren Fuss aus der Tür. Zu erschüttert, um sie noch schließen zu können, stand ihr Helen sprachlos gegenüber. Dann erwiederte sie durch den Türspalt. „Mam, ich bitte sie. Sie können doch nicht… nicht wegen sowas. Nur mal angenommen, er wäre bei einem Callgirl gewesen. Einem solchen Mädchen bedeutet das nichts, gar nichts. Ihm wird das bestimmt auch klar werden und dann ist es nur eine vorübergehende Schwärmerei.“ Helen merkte, wie ihr die Sicht verschwamm. „Was immer sie herausgefunden haben, versuchen sie es zu verzeihen, zu vergessen. Nur erwarten sie von dem Mädchen nicht, dass es etwas zugibt und sich entschuldigt.“ An Helens Nasenspitze hatte sich ein dicker Tropfen gesammelt. „Das kann es nicht, es gibt da so eine Kleinigkeit in dem Geschäft, die nennt sich Diskretion. Verstehen sie?“
Irgendwie schaffte sie es die Tür zu schließen. Helen drehte sich um und ohne mich nochmal umzuschauen, eilte sie zur Tür die in den Korridor hinter den Übungsräumen führte. Sie schloss sie hinter sich und atmete ertmal tief durch. Dann rannte sie den Korridor runter bis zur Hintertür. Erst als sie auch diese abgesperrt hatte, verließ Helen die schlimmste Panik.
Helen drückte sich in den Schatten der Wand, unsichtbar für jeden der von draussen reinschauen würde. Wer aber sollte schon durchs Oberlicht über der Tür reinschauen. Sie? Natürlich sie! Helen kam die Frau auf einmal übergroß und bedrohlich vor, wie eine Riese. Und sie war die Maus um deren Bau die Katze schlich. Helen rutschte die Wand hinab und sackte auf dem Boden in sich zusammen. Alles was sie in den letzten Tagen verdrängt hatte kam nun zurück. Warum hatte sie sich jemals auf so einen Mistkerl eingelassen? Warum hatte es sich so gut angefühlt mit ihm zusammen zu sein? Warum fühlte sie sich jetzt so verlassen? Sie war schuldig! Es war nicht bloß ein Gefühl, sondern Gewissheit. Eine greifbare lastende Schwere. Sicher brannte das scharlachrote A der Ehebrecherin für jeden sichtbar auf ihrer Stirn. Sie rappelte sich auf und wankte ums Eck in ihre Wohnung. Als erstes zog sie die Vorhänge zu. Dabei war es auch egal, das die umgebauten Lagerräume nur Oberlichter hatten.
Helen versuchte sich zu beruhigen und die Dinge zu tun, die sie normalerweise im Anschluss an die letzte Tanzstunde tat. Aber egal was sie auch versuchte, sie bekam folgenden Gedanken nicht mehr aus ihrem Kopf. „Sie ist da draussen.“ „Er hat sie verlassen.“ „Ich bin schuld.“ Nicht mal eine harte Übungssession mit dem Slingtrainer brachte ihr Abhilfe, obwohl sie sich beim Kraftteil richtig quälte. Mit ihrem Körper allein, konnte sie normalerweise in der Anstrengung aufgehen und alles andere aussen vor lassen, nur heute nicht. Frustriert brach ich ihr Programm ab. Sie brauchte jetzt was anderes. Doch für alles was ihr einfiel, musste sie nach draussen gehen. Laufen, Fitnessstudio oder sich sinnlos betrinken. Der Frau wollte Helenm aber auf keinem Fall begegenen, sie lauerte da draussen. Helen kramte sogar ihre letzte Flasche Bourbon hervor, doch bis auf einen winzigen Schluck war sie leer. Einen Freund anrufen, konnte sie auch nicht. Sie hatte menschlich in Vegas nie richtig Fuß gefasst. Da war nur Eve, doch seit ihr Mann sie gezwungen hatte mit Helen Schluss zu machen, war es undenkbar dort anzurufen. Ansonsten hatte sie in Vegas keine Freunde, nur Bekanntschaften.
Was gab es sonst zu tun? Rechnungen durchgehen? – Nein, die Planung für den neuen Kurs aufstellen? Auch nein. Lesen? Eine ihrer Schülerinnen hatte Helen aus Freude über ihr erstes Engagement ein Buch geschenkt. Einen Bestseller, in dem es um ein Mädchen ging, dass sich Gedanken über Philosophie machte. Bisher hatte Helen immer einen Vorwand gefunden, es wieder aus der Hand zu legen. Sollte sie wirklich? Nein auch dazu fehlte Helen die Ruhe. Blieb nur noch viel Schokolade und ein Film. Natürlich würde isie sich hinterher schrecklich fühlen. Aber eine Riesentafel Hersheys vor sich zu haben, war eine verlockende Vorstellung. Sie stellte also den Stuhl vor den Schrank und sucht obenauf nach ihrer Notfallschokolade. Mit Bedauern stellte sie fest, das sie ihr Geheimversteck nach der Sache mit Eve nicht wieder aufgefüllt hatte.
Blieb nur eine heiße Dusche, der Film und eine großes Glas Milch mit Honig. Als Helen es sich auf Ihrem Futonbett bequem machte, dachte sie noch kurz mit Bedauern an die entgangene Schokolade, dann wählte sie auf ihrem Handy einen ihrer Lieblingsfilme, „Das Piano“.
Die Handlung im neuseeländischen Dschungel nahm sie wieder gefangen. Die Stumme Ada, verstummt durch eine schicksalhafte Begebenheit, die ihre Gefühlen durchs Klavierspiel Ausdruck verleihen konnte. Diesmal war sie bei ihr. War sie Ada, oder war Ada Hellen? Sie löste sich vom Klavier, erzählte ihm durch Pantomine, Gesten, durchs Tanzen von ihren Leidenschaften, von ihren Sehnsüchten, von ihrer Liebe. Jemand beobachtet sie, während sie miteinader schliefen. Jemand schlich um ihre Hütte im Wald. Es pochte an Tür. Sie würde niemanden hereinlassen. Das Pochen wollte nicht aufhören.
Helen schlug die Augen auf. Sie war wieder in ihrer Wohnung mit dem gelblichen Lichtschein der Straßenlaternen. Sie musste beim Videoschauen eingenickt sein. Das Handy lag auf der Bettdecke, ein Kopfhörer steckte ihr noch im Ohr. Wieder das Klopfen. Einen Augenblick lang versetzte Helen die Vorstellung in Panik, dass es die Frau war die da vor ihrer Tür stand. Der Moment verging und mit klarem Verstand kam sie zu dem einzig möglichen Schluss. Es gab nur einen der so klopfte. Hank, der Besitzer der Dojo, mit dem sie sich die Übungsräume teilte. „Ich komm gleich Hank, ich muss mir nur was überziehen.“ Helen warf sich einen Bademantel über und öffnete die Tür.
Natürlich war es Hank. Er sah sah aufmerksam und irgendwie alarmiert an. „Hi Hellen, alles ok bei Dir?“ fragte er mit seiner rauchigen Stimme „Alles ok Hank, sorry das es so lange gedauert hat, ich konnte meinen Bademantel nicht finden. Gibts was, hab ich irgendwas vergessen? Sorry, heute war ein Scheißtag.“ „Nein war alles in Ordnung, Training ist vorbei, alle sind schon weg, ich wollte grad gehen aber draussen steht so´n dicker SUV. Da sitzt jemand drin, der den Laden beobachtet. Den Wagen hab ich hier noch nie gesehen. Hast Du mit jemanden Probleme, soll ich mal nachschauen?“
Das „nachschauen“ betonte er so, dass Hellen genau wusste was er damit meinte. Hank war ein ehemaliger Mixed Martial Arts Kämpfer und trotz seiner 53 Jahre ein harter durchtrainierter Brocken.“ Sie wollte auf keinen Fall, dass er bei Jons Ehefrau auf seine liebenswürdige Art „nachschaute“. Helen musste sich was ausdenken. Sie legte ihm ihre Hand weich auf den knorrigen Oberarm. „Danke Hank, dass Du Dich um mich sorgst, aber da sitzt nur ein Mädchen mit Liebeskummer drin. Ne Affäre von mir, ich war wohl etwas lieblos beim Schlussmachen, mit einer SMS.“ Helen schaute schuldbewußt und zuckte mit den Schultern. „Die lässt nicht locker und will sie sich unbedingt aussprechen. Ich kümmer mich selber drum. Wenn ich drüber nachdenke, dann war das wirklich nicht richtig, was meinst Du Hank?“ Seine Mine hellte sich auf, war da ein kleines anzügliches Grinsen? „Na das ist Deine Sache Helen. Ich denk mit ner Mieze wirst Du noch selber fertig. Also dann, wir sehen uns.“ „Ja machs gut Hank und vielen Dank nochmal.“
Nachdem Helen die Tür geschlossen hatte bedauerte Helen fast, dass sie Hank nicht doch hatte nachschauen lassen. Mit seiner Glatze und der ein paar mal zu oft gebrochenen Nase sah er wirklich zum fürchten aus. So jedoch, blieb ihr noch etwas zu tun.
Es gibt Augenblicke, da wird einem auf einmal klar was man tun muss. Ohne das Helen darüber nachgedacht oder mit sich gerungen hätte war eine Entscheidung gefallen. Sie ärgerte sich fast darüber, das sie dafür einen äußeren Anstoß gebraucht hatte. Sie zog die Notwendigkeit dessen was zu tun war nicht in Zweifel. Nein, es war ihr jetzt vollkommen klar. Sie würde also heute abend noch ausgehen.
Die Müdigkeit war von ihr abgefallen und hatte einer plötzlichen Euphorie platz gemacht. Helen wollte beeindrucken, wollte zeigen wie ein EES Mädchen glänzen konnte. Mit Lust machte sie sich zurecht. Sie wählte einen kurzen, sehr eng anliegenden Rock und eine asymetrisch ausgeschnittenes, bauchfreies Top. Dazu trug sie, trotz der spätsommerlichen Kühle nur einen winzigen Tanga der kaum auftrug.
Sie überlegte kurz, ob sie sich den Spitzen-BH gönnen sollte, denn ohne zeichneten sich ihre Brustwarzen deutlich durch den elastischen Stoff des Tops ab. Sie entschied sich dagegen, es durfte ruhig ein bisschen verrucht aussehen. Für das Makeup lies sie sich Zeit.
Ihre Augen bedurften besonderer Aufmerksamkeit, sie sahen verheult aus und diesen Eindruck wollte Helen auf keinen Fall vermitteln. Sie gab sich Mühe, war gründlich, man würde schließlich sie warten, egal wie lang es dauerte. Doch irgendwann gab es nichts mehr zu verbesseren, gab es keinen Grund für weiteren Aufschub. Helen atmete tief durch und betrachtete sich das Ergebnis im Spiegel. Die Verwandlung war perfekt. Sie sah nach High End Escort aus und machte ihrer Agentur alle Ehre. Mit einem gewissen bedauern Bedauern nahm Helen Abschied von jener Lady die ihr da aus dem Spiegel entgegen sah. Sie zwinkerte dem Callgirl im Spiegel ein letztes Mal mit langen Wimpern zu. Es war nicht alles schlecht gewesen. Der Glamour und die Frivolität dieser Rolle würden ihr fehlen.
Sie war mit sich zufrieden. Nur bei den Schuhen musste sie Abstriche machen. Auf der Flucht aus dem Hotel, hatte sie ihr bestes Paar Schuhe zurück lassen müssen, echte Manolo Blahniks. Das Mädchen in ihr weinte ihren Lieblingsschuhen hinterher. Mit einem Aufseufzen schlüpfte sie in ihre Ersatzschuhe. Es würde auch etwas weniger elegant und etwas wenige bequem gehen müssen. Dann war sie schon vor der Tür. Der Hinterhof war kaum beleuchtet und Helen musste bei den schäbigen Pflaster aufpassen wohin sie trat.
Wenigstens lenkte sie dies noch eine kleine Weile vom dem auf sie wartenden Schrecken ab. Kaum war sie aus dem Schatten des Hinterhofs getreten, sah Helen den angesprochenen SUV allein auf dem Parkplatz vor dem Dojo stehen. Von hinten durch das spärliche Licht der Straßenlaternen beleuchtet, war außer einer dunklen grauen Masse im Inneren nichts zu erkennen. Doch Helen war sich sicher, dass Jons Frau drinnen auf sie wartete.
Ohne Umschweife ging sie direkt auf den Wagen zu und klopfte gegen die Beifahrertür – nichts geschah. Helen machte weiter bis ihr die Knöchel weh taten. Langsam kamen ihr Zweifel, ob sie sich nicht doch geiirt hatte, als ein Licht im Innenraum anging und die Fensterscheibe mit einem Surren nach unten glitt. Da war sie. Jons Frau machte einen müden Eindruck und musste ob des plötzlichen Lichtscheins blinzeln. Sie sah Helen verständnislos an, wie sie sich da von der Fahrerseite herüberbeugte. Helen sagte „Nun da bin ich“. Überrrascht begriff die andere erst da, wen sie vor sich hatte „Oh, sie sind es.“ Hellen fuhr fort „Darf ich einsteigen? sie wollen doch noch mit mir reden?“
Die Tür öffnete sich und Helen setzte sich mit einem mulmigen Gefühl in das weiche Leder der breiten Sitzbank. Der Geruch eines Luxuswagens hüllte sie ein. Helen musste sich zwingen, ihren Blick auf Jons Frau zu lenken und beinahe tat sie ihr leid, als sie sie dort so zerknautscht und müde sitzen saß. Jons Frau putze sich ihre Brille mit einem Tuch doch legte sie sie weg, ohne sie aufzusetzen.
Sie warf Helen einen kurzen Blick zu, dann wandte sie sich wieder ab, als wäre es ihr unangenehm die andere zu betrachten. Sie sprach „Ich hätte sie fast nicht erkannt. Sie haben heute noch was vor?“ „Ja, Mam, das ist ja das Problem, Harry holt mich in ner halben Stunde hier ab, bis dahin müssen sie verschwunden sein.“.
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