Eine Geschichte in 4 Teilen
Die nachfolgende Geschichte ist ein Produkt meiner eigenen Träume. Sie ist entsprungenen aufgrund von Fantasien und Gedanken und nicht auf Basis von Realität und Wirklichkeit. Alle Namen, Orte und Handlungen sind wahllos aufgegriffen. Jegliche Ähnlichkeit und Übereinstimmung mit real existierenden Personen und Orten sind rein zufällig und nicht gewollt.
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Ein, zumindest für mich, interessanter Gedanke ist, „Was wäre, wenn ich die Macht hätte, ganz bestimmte Abläufe zu verändern, indem ich andere Personen beeinflussen könnte.“
Ein auf der einen Seite sehr verheißungsvoller Gedanke, auf der anderen Seite, sind wir ehrlich, aber auch sehr angsteinflößend. Ganz so dramatisch wird es nicht in meiner Geschichte, keine Angst, obwohl der Titel schon ziemlich reißerisch daherkommt. Ich habe mich von einigen meiner Schreiber Kolleginnen und Kollegen inspirieren lassen, die auf dem Gebiet von Mind Control schon so tolle Geschichten verfasst haben. Der ganze Plot ist ziemlich überspitzt und mit einem Augenzwinkern zu genießen. Ich denke, dass man an einigen Stellen lieber lacht über den Protagonisten, als an weltumfassende Veränderungen zu denken.
In diesem Sinne…viel Spaß beim Lesen
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Vorwort
Gegenwart
Wenn ich es so im Nachhinein überlege, ist es schon eine Geschichte, die man glauben und den Kopf schütteln oder aber als absoluten Schwachsinn abtun kann. Wenn ich es nicht selbst erlebt hätte, ich würde es nicht glauben.
Ich sitze auf der Terrasse meines Bungalows, auf einer Insel im Südpazifik. Eine Insel auf der es Bungalow Ressorts gibt. Alle weit auseinander. Privatatmosphäre. Kompletter Service bis ins letzte Detail. Allein diese Location hier, wäre für mich vor 2 Jahren ein Platz gewesen, den ich mir auf einem Poster in einem Reisebüro angesehen hätte und zwar von außen, durch die Scheibe. Dass ich hier sitze, unter Palmen, das Meeresrauschen, das blubbern des Jacuzzis und des Pools, all das ist das Endresultat der Geschichte die ich erzählen will und die vor ca. 2 Jahren, an einem eisigkalten, nebligen Freitag im Januar anfing.
Ich darf mich kurz vorstellen. Mein Name ist Mertens, Tom Mertens. Ich bin heute 34 Jahre alt. Ich bin 1,85 groß, gut gebaut, athletisch. Wie gesagt: heute. Das war nicht immer so, aber das ist bereits ein Teil der Geschichte…
Einleitung
Ich war etwas, was man eine Laborratte nennt. Eine fleißige, in die Materie vertiefte Laborratte. Genial wie viele sagten und wichtig für das Unternehmen. Das sagten sie aber nicht öffentlich, sondern nur unter der Hand oder in einem elitären Kreis, wie mir später bekannt wurde. Ansonsten war ich für alle nur ein Spinner. Total Weltfremd, Abwesend. Manchmal kam ich tagelang mit den gleichen Klamotten ins Labor. Meine Welt war das Labor und die Forschung. Ich hatte 8 Wochen zuvor den Durchbruch geschafft, bei einem Wirkstoff, der unheimlich wichtig war für die HIV Behandlung. 6 Jahre Forschung lagen hinter mir mit vielen Rückschlägen, einer gescheiterten Ehe und vielen Nächten im Labor. Das mich so gut wie keiner Unterstützte war mir eigentlich recht. Ich war gerne alleine, lebte wie gesagt in meiner Welt. Einzig mit Julia Helmstedt, einer Studentin im letzten Semester die bei uns ein Praktikum machte, arbeitete ich die letzten 6 Monate gerne zusammen. Elvira Schmitt, die Leiterin des Forschungslabors, mahnte mich immer an, meine Forschungsergebnisse abzugeben, was ich sehr widerwillig tat, da ich mich mit unnützen Organisationsaufgaben nicht abgeben wollte. Sie sah keinen Sinn in meiner Forschung, da sich keine Fortschritte einstellten. Sie und der Geschäftsführer der klinischen Forschung, Richard Nauroth, gleichzeitig der Schwiegersohn von Direktor Müller, suchten den schnellen Erfolg und kürzten mir immer mehr den Etat. Der Forschungsauftrag war mir damals noch vom alten Müller aufgetragen worden. Als ich damals, mit 25, zur Müller AG ging, war Alfons Müller derjenige, der mich einstellte. Ich kann mich heute noch an das Gespräch erinnern. Ich hatte das Studium mit Auszeichnung abgeschlossen und drängte danach, die Theorie nun in der Praxis anzuwenden. Alfons Müller war damals 78 und Vorstandsvorsitzender der Müller AG. Vor mir saß damals ein Mann, den ich nie und nimmer für so alt gehalten hätte. Klar, man sah es an der Haut und seinen Zipperlein, aber Müller strahlte eine Agilität aus, die so manchem Manager von heute abgeht. Er war ein Mann mit Visionen und, so wie man munkelte, einem unermesslichen Sexualtrieb. Gerüchten zufolge hatte er mit allen seinen Sekretärinnen eine Affäre und hat wohl einige uneheliche Kinder gezeugt, die aber wohl versorgt bleiben. Ich selbst kam aus ärmlichen Verhältnissen. Eltern früh gestorben. Waisenhaus. Zum Glück erkannte ein Erzieher im Heim mein Potential. Das Heim, unterstützt von der Müller AG, man beachte diese Pointe, ermöglichte einigen von uns ein Studium. Wahrscheinlich hatte der alte Müller sowieso seine Finger überall mit drin, denn nicht umsonst bekam ich eine Woche vor bekannt werden der Ergebnisse eine Nachricht von ihm, ich solle mich vorstellen.
2 Tage später stand ich vor seinem Schreibtisch, auf dem meine Diplomarbeit lag. Ich weiß noch was ich damals als Erstes dachte: Wie zum Teufel kommt dieser alte Sack an meine Arbeit. Ich hatte ja noch nicht mal mein Ergebnis, aber, wie sich herausstellte, Alfons Müller.
„Junge“, fing er an, dabei eine Zigarre paffend, „du hast die beste Diplomarbeit geschrieben, die mir seit langem untergekommen ist. Ich möchte, dass du bei mir anfängst und an dem Thema deiner Arbeit weiterarbeitest.“
Ich war zunächst baff. Noch nicht mal das Ergebnis und schon eine Stelle in einem führenden Unternehmen der Chemie und Pharmaindustrie.
„Aber ich weiß doch noch gar nicht, ob ich bestanden habe“, stotterte ich mir einen zu recht.
„Papperlapapp. Natürlich hast du bestanden. Mit Auszeichnung.
Du bekommst das Ergebnis in den nächsten Tagen. Ich weiß es jetzt schon. Ich möchte, dass du zu mir kommst, bevor dich die Geier der Konkurrenz wegschnappen.“
Sein Gesicht war hinter einer Qualmwolke fast gar nicht zu sehen, als plötzlich die Tür aufging und seine Sekretärin hereinkam.
Seine damalige Sekretärin, eine Frau Mitte Fünfzig, groß, blond, gutaussehend, mit einem riesigen Vorbau, ging schnurstracks zu ihm und nahm ihm die Zigarre aus dem Mund ohne ein Wort zu sagen, drückte sie im Aschenbecher aus und verließ den Raum wieder.
Müller sah ihr hinterher ohne ein Wort zu sagen.
Er drehte den Kopf und sah mich wieder an und nuschelte sich in den Bart. „Behandeln einem wie die kleinen Kinder. Nachher versohl ich ihr den Arsch“, konnte ich noch verstehen. Ich war etwas verblüfft und wohl ein wenig eingeschüchtert, als er wieder den Faden aufnahm.
„Also, was ist?“
„Ehem. Das ist ein tolles Angebot Herr Müller. Ich weiß nicht was ich sagen soll.“
„Gut. Du fängst nächsten Montag hier an. Ich möchte, dass du mit deiner Arbeit in die Tiefe gehst.“
In den nächsten 2 Stunden erklärte er mir, wie er sich das vorstellte. Bei meiner Diplomarbeit ging es, um es kurz zu machen und nicht zu sehr ins Detail zu gehen, um neue Wege wie man das HIV-Virus knacken konnte.
Er bot mir eine Stelle, ein eigenes Forschungsbudget und, damit kam er dann zum Schluss, einen Bonus bei Erfolg.
„Solltest du Erfolg haben und wir ein Mittel auf den Markt bringen, dass das HIV-Virus bekämpfen kann, bekommst du 1% aus den Einnahmen des Mittels.“
Er sah mich an, schnitt eine neue Zigarre an und zog dann gierig, bis das Ende rotglühte.
Dann reichte er sie mir.
„Entschuldigung Herr Müller, aber ich rauche nicht.“
„Das weiß ich. Du sollst sie nur halten, falls der Drachen wieder reinkommt.“
Nun saß ich da im Büro des Vorstandsvorsitzenden, eine qualmende Zigarre in der Hand und konnte mit dem Angebot eigentlich nichts anfangen.
Er nahm mir kurz den Stumpen aus der Hand und zog daran, bevor er sie mir wiedergab und mich ansah.
„Okay“, war das einzige was ich sagte.
„Gut. Dann machen wir das schriftlich fest.“
In den darauffolgenden Jahren stürzte ich mich in das Projekt.
3 Jahre nach dem ich angefangen hatte, starb Alfons Müller. Angeblich ein Herzinfarkt beim Sex.
Zunächst änderte sich nichts für mich, aber die Budgetaufstockungen, die immer genehmigt worden waren, blieben nun aus und wurden sogar gekürzt. Konrad Müller, der einzige eheliche Sohn von Alfons Müller, sah keinen Sinn und Zweck in meiner Forschung. Lange Jahre stand er unter der Knute seines Vaters. In den Gesprächen mit Alfons Müller, wenn er mich besuchte im Labor, hörte ich oft den verächtlichen Unterton heraus, wenn er von seinem Sohn sprach.
Keine Eier in der Hose, Schlappschwanz, Möchtegerncasanova waren noch die harmloseren Beschimpfungen. Ich glaube, dass Konrad Müller das Projekt boykottierte, weil es von seinem Vater kam und nicht, weil er daran nicht glaubte.
Die Schikanen nahmen zu, aber ich ließ mich nicht beirren. Irgendwie, wollte ich es auch fertig machen für den alten Müller, den ich in den ganzen Jahren schätzen gelernt hatte. An den Bonus dachte ich nicht bei meiner Arbeit. Privat ging auch alles den Bach runter. Ich hatte meine ehemalige Schulfreundin, Claudia Siebert, geheiratet. Warum ich das gemacht habe, weiß ich bis heute nicht. Claudia hatte damals, als wir uns wieder über den Weg liefen, finanzielle Probleme und irgendwie hat sie mich in den Monaten in denen wir uns trafen überredet, dass wir heiraten sollten. Eigentlich fand ich das gar nicht so schlecht. Durch Claudia hatte selbst ich damals ein Sexualleben, wenn auch nicht so einen ausgeprägten Sexualtrieb wie Claudia. Sie war schier unersättlich. Wollte an allen möglichen Orten von mir bestiegen werden, obwohl mir gar nicht der Sinn danach stand. Ich war dermaßen in meiner Arbeit gefangen, dass ich gar nicht merkte, dass sie sich ihre Sex Dosis bei anderen holte. Meistens war ich ja bis spät abends im Labor und las dann bis spät in die Nacht noch in Fachbüchern, während sie ihren Vergnügungen nachging. Irgendwann kam ich dann doch mal früher nach Hause, da es mir gesundheitlich, eine Magen-Darm-Geschichte, nicht gut ging. Ich hörte die Stöhnlaute schon nach betreten der Wohnung. Die Stimme von Claudia, die darum bettelte, endlich richtig gefickt zu werden. Eine brummelnde Antwort, die ich nicht verstand. Als ich das Schlafzimmer betrat, sah ich Claudia die auf dem Bett kniete, die Stirn auf der Matratze, ihren Hintern hochreckend. Von dem untersetzten Typ, der sie durchvögelte, sah ich nur den haarigen Arsch. Zunächst sagte ich nichts, aber nach einer Weile räusperte ich mich. Die beiden drehten sich zu Tür und sahen mich an. Der Typ hörte auf, aber Claudia fuhr ihn an, er solle weitermachen. Der „Loser“ könne ja zuschauen, damit er mal sieht wie eine Frau richtig bedient wird. Den Typ, der mich daraufhin angrinste und „Hey Tom, schön dich zu sehen“, zu mir sagte, kannte ich auch. Holger Stumpfer. Auch ein ehemaliger Klassenkamerad. Er hatte mich früher schon in der Schule immer gehänselt, war aber der Mädchenschwarm, weil Sportskanone. Na ja, damals, heute sah er nicht mehr so sportlich aus. Komisch war, dass ich nichts fühlte. Okay, sauer war ich schon. Warum vögelt dieser Stumpfer, ausgerechnet in meinem Bett dieses Flittchen. Sollten sie doch woanders hingehen. Aber Eifersucht oder dergleichen fühlte ich nicht. Es war mir gleichgültig. Ich packte meine Sachen, während die beiden mit noch mehr Spaß weitermachten und verließ den Raum. Das letzte was ich von Claudia, meinem noch angetrauten Eheweib hörte, waren die Schmähungen die sie mir nachrief.
„Du Schlappschwanz geh doch, ich brauch dich nicht. Holger ist mein Hengst. Nicht war Holger?“
Bevor ich die Tür zuzog, hörte ich noch ihr schallendes lachen und das wiehern des Hengstes.
Ich zog zunächst in ein Hotel, später dann in eine kleine Mansarde. Meine Bücher und Unterlagen holte ich mir aus meiner Wohnung, bessergesagt ehemaligen Wohnung, als ich wusste, dass Claudia nicht da war.
Die Scheidung war schnell eingereicht und lief auch ohne Probleme ab.
Mir gefiel mein neues Leben. Alleine in meiner Dachkemenate, las ich meine Bücher und vertiefte mich in meine Forschung. Wenn ich wirklich mal triebhaft wurde und mein kleiner Freund in der unteren Etage sich bemerkbar machte, besorgte ich es mir schnell selbst. Ich vermisste nichts.
Das war auch die Zeit, in der ich wieder gute Fortschritte machte in meiner Forschung und die die Wendung brachte.
Ich hatte es geschafft. Der Auftrag war erledigt.
Wahrscheinlich wäre ich ewig diese Laborratte, dieser Schlappschwanz geblieben, wenn es da nicht diesen Tag im Januar gegeben hätte.
1
München, 14.01.2010
Müller AG
Die große Zeremonie konnte beginnen. Die Müller AG hatte zur Pressekonferenz geladen. Gerüchte waren schon gezielt gestreut und lanciert worden. Ein bisschen freute ich mich auch auf die Bekanntmachung, immerhin war ich ja der Entdecker und hatte lange Jahre daran gearbeitet. Komisch war zwar, dass man mich in den letzten Wochen kaum kontaktiert hatte, nachdem ich sämtliche Forschungsberichte geschrieben und abgegeben hatte, aber ich maß dem keine große Bedeutung bei.
Ich hatte mir sogar für diesen Tag einen frischen weißen Kittel angezogen und einen Schlips gekauft, den ich allerdings erst kurz vorher anziehen wollte. Julia hatte ihn mir gebunden. Sie freute sich aufrichtig für mich und strahlte mich an.
„Das hast du verdient Tom. Du bist großartig.“
Als sie mich drückte und einen Kuss auf die Wange gab, konnte ich ihr Parfüm riechen. Mein Kleiner regte sich und ich sah das nur als gutes Zeichen, dass ich zu solchen Gefühlen noch fähig war, anstatt sie zu packen in eine dunkle Ecke zu schieben und zu knutschen. Mein Gott wie armselig ich doch damals war.
Stutzig hätte ich werden müssen, als mir Elvira Schmitt noch einen Auftrag im Labor gab, der angeblich keinen Aufschub duldete. Schwachsinn. Sie selbst herausgeputzt bis zum geht nicht mehr. Kurzer Rock aber immer noch Business mäßig, hohe Schuhe, graue Nylons, weiße Bluse, tiefes Dekolleté. Selbst ich musste anerkennen, dass sie heiß aussah. Nun gut, fleißige Laborratte die ich war, habe ich diesen Auftrag natürlich erledigt und über der Arbeit nicht mehr an die Pressekonferenz gedacht.
Es war spät als ich fertig wurde. Es war alles schon ruhig und auf dem nach Hause Weg kaufte ich mir die aktuelle Abendzeitung, auf der in großen Lettern die Sensation angekündigt wurde.
Zuhause angekommen, nahm ich mir Zeit den Bericht zu lesen und wurde dann immer nachdenklicher. Mit keiner Silbe sah ich da meinen Namen. Den des Entdeckers, des Forschers, den der die ganze Arbeit gemacht hatte. Nein, im Gegenteil, ich musste lesen, dass die Entdeckung ein gemeinsames Werk von Richard Nauroth und Elvira Schmitt sei unter der großzügigen, aber immer wieder fordernden Führung von Direktor Müller jr. selbst. Ich war fassungslos. Immer wieder las ich den Artikel, aber es kam nichts Anderes dabei raus. Die Federn hatten sich andere angesteckt. Zum ersten Mal seitdem ich aus dem Waisenhaus wieder draußen war, spürte ich so was wie Wut. Mit dieser Wut ging ich zu Bett. Am nächsten Tag sollten die mich kennenlernen.
München, 15.01.2010
Der Tag der Entscheidung oder Die Begegnung
Als ich am nächsten Morgen beim Pförtner vorbeikam, wurde mir gleich gesagt, ich solle in die Vorstandsetage kommen. Aha, dachte ich, man will das korrigieren. Na gut.
Überall standen Pressewagen. Fernsehmoderatoren sprachen in Fernsehkameras. Alle Nationen waren vertreten.
In der Vorstandsetage ging ich gleich zum Büro von Direktor Müller. Seine Sekretärin meldete mich an und auf sein „Soll reinkommen“, betrat ich das Büro, das einmal dem alten Müller gehört hatte. Gegenüber damals hatte sich viel geändert. Der große robuste Schreibtisch war verschwunden, ebenso die Sitzecke mit dem alten Ledersofa. Modern, stylisch herrschte vor.
Mit im Raum waren neben Direktor Müller, noch seine Frau, Evelyn, eine große Blonde, Ex-Model so viel ich wusste, aber arrogant bis dort hinaus, Elvira Schmitt, sowie Richard Nauroth und seine Frau Jaqueline, die Tochter der Müllers. Jaqueline Nauroth hatte ich einige Male gesehen, wenn sie in der Firma war und ihren Mann im Forschungsbereich besuchte. Sie war immer sehr freundlich, darüber hinaus sah sie atemberaubend attraktiv aus. Selbst ich, die Laborratte von damals, sah ihr immer ein wenig länger in die Augen und schmachtete ihr hinterher. Sie war auch die einzige die mich anlächelte als unsere Blicke sich trafen. Ich stand ziemlich unbeholfen in der Mitte des Raums. Die Gruppe um Müller und Nauroth hatte Sektgläser in der Hand, die Stimmung war super.
Frau Müller und Elvira Schmitt kicherten.
Prima, sie wollen das bestimmt korrigieren, was in der Presse steht. Das stimmte mich gnädig. Was war ich doch für ein Arschloch.
„Papa“, hörte ich Jaqueline Nauroth ihren Vater ansprechen,
„Herr Mertens ist da. Er wartet.“ Dabei lächelte sie mich an.
Wow. Was für ein Lachen. Allein dafür war ich schon dankbar.
„Ah ja, Mertens. Da sind sie ja.“ Müller kam auf mich zu und zog mich in die andere Ecke des Büros.
Er räusperte sich und ich erwartete jetzt die Worte die ich hören wollte.
Sind ihnen dankbar, wertvolle Arbeit, geniale Erfindung, Stolz, Schulter klopf-klopf, blablabla….
Mit was ich nicht gerechnet hatte waren die Worte die tatsächlich aus seinem Mund herauskamen.
Er warf mir tatsächlich vor, ich hätte vom Forschungsbudget privat Geld abgezweigt. Quittungen würden das belegen. Man wolle kein großes Aufsehen erregen wollen. Ich war baff. Glatt gelogen.
Bevor ich etwas erwidern konnte fuhr er weiter fort und das traf mich dann frontal.
„Sie haben ja von unserer großen Entdeckung gehört (häh, du Trottel, ich hab´s entdeckt). Das Projekt wird sehr viel Geld in unsere Kassen spülen und wir werden uns organisatorisch verändern (prima, neue Projekte, ein kleiner Geldbetrag ist ja für mich sicher auch drin. Ich sah mich schon in einem neuen Labor mit allen Schikanen. Nur mit einem halben Ohr hörte ich ihm weiter zu) Aus diesem Grund wollen wir uns auch noch einmal bei ihnen für ihre langjährige Treue bedanken und wünschen ihnen alles Gute für ihren weiteren Weg, sowohl beruflich wie auch privat. Als Zeichen unseres Wohlwollens, habe ich hier eine großzügige Abfindung für sie. Allerdings müssten sie heute noch das Labor räumen.“
Ich war zunächst wie betäubt, als ich den Scheck entgegennahm.
Hatte ich etwas verpasst? Bin ich in einem falschen Film, eventuell in einer Parallelwelt, entkommen durch ein Wurmloch das sich aufgetan hatte?
Müller klopfte mir jovial auf die Schulter und schob mich Richtung Ausgang. Ich warf einen Blick auf die Gruppe um Nauroth und den Frauen, die ihr Gespräch unterbrochen hatten und uns ansahen. In den Gesichtern von Richard Nauroth und Elvira Schmitt sah ich nur ein hämisches Grinsen, im Gesicht von Frau Müller, die Brauen nach oben gezogen die übliche Arroganz. Jaqueline Nauroth hatte die Stirn gerunzelt und sah mich ratlos an. Dann blickte sie zu ihrem Mann und ihrem Vater.
„Halt“, sagte ich und stemmte mich gegen die Hand von Direktor Müller.
„Ach Mertens. Jetzt machen sie es doch nicht theatralischer wie es ist. Wir brauchen sie nicht mehr. Verstehen sie das doch. Sie haben jetzt 6 Jahre hier rumgeforscht und nichts Anständiges rausgefunden.“
„Was?“, schrie ich ihn an. „Ich habe das Projekt erfolgreich beendet. Ich alleine. Fragen sie doch Frau Schmitt.“
Ich drehte mich um, um sie anzusehen. Dieses Miststück schaute mich nur mitleidig an und schüttelte den Kopf.
„Jetzt will er sich noch mit fremden Federn schmücken.“
„Fremde Federn? Was soll das? Wo sind die Forschungsberichte? Die werden alles aufdecken, dass ich derjenige bin, der alles, und zwar alleine, entdeckt hat.“