Lara
Eine empfindsame BDSM-Geschichte über einen Studentenbesuch mit weiblicher Dominanz.
Ihre manische Gefühlswelt drängt ihn in die Unterlegenheit.
[ © Emanuel Senden, 2018 / Weiterverbreitung untersagt / This story makes use of italics ]*
Ich kannte sie vom Studium. Sie machte in Kunstgeschichte, aber ich hatte direkt gesehen, dass sie dahinter noch etwas anderes verbarg. Ein Glitzern, ein Schelmen und ich war ihr verfallen. Es war während einer Exkursion an ihre Uni gewesen, dass wir ins Gespräch kamen; so kam es, dass ich sie nun übers lange Wochenende in ihrer Stadt besuchte.
Sie öffnete mir die Tür zu ihrer Wohnung, wir waren verabredet; ein goldener Schein erhellte das schummrige Treppenhaus. Zu ihrem Äußeren fehlte nur wenig Vorstellungskraft, um sie im kleinen Schwarzen anzuschauen: schwarz waren ihre körperenge Jeans, ihr schmales Top und ihre Schuhe, mit ungewöhnlich hohem Absatz für eine formlose Verabredung unter Studenten. Es setzte sich in ihr Gesicht fort: Kajal und Wimperntusche, dafür keinen Lippenstift und die Haare im üblichen, fließenden Braun. Sie grinste erfreut, als hätte sie mich nicht erwartet.
Wir aßen Penne, die sie gekocht hatte mit Pestosoße und warfen uns kecke Blicke zu. Ich machte mir so meine Gedanken, dass sie sich geschminkt hatte; für mich? Und ließ meinen Blick fallen in die fließenden Konturen ihres Shirts. Unsere Unterhaltung schwamm so dahin, sie bot mir Wein an. Als ich anmerkte, mir noch ein Hostel organisieren zu müssen, denn wir waren schon dabei, die folgenden zwei Tage zu verabreden, beteuerte sie, ich müsse bei ihr schlafen; und mich soll der Teufel holen, wenn sie dabei nicht absichtlich ein paar Mal wie von Müdigkeit verspannt ihre Schultern kreisen ließ, nur um ihre mädchenhafte Brust zu präsentieren. In ihren Augen fast wieder ein spöttisches Funkeln; Sie wischte sich den Mund mit einer Serviette ab.
Ich verwunderte mich doch sehr darüber, dass sie tatsächlich ein unbenutztes Schlafzimmer, »Gästezimmer« besaß mit einem Doppelbett darin. Wie viel diese Wohnung wohl kosten mochte? Über die Arbeit ihrer Eltern hatten wir noch nicht gesprochen.
Der Wein musste ihr zu Kopf gestiegen sein. Sie schwang überdeutlich aufreizend ihren Po, wie sie so vor mir her ins Gästezimmer lief. Sie selbst hatte ihr eigenes Bett in ihrem eigenen Zimmer, wie sie mir ausführlich darlegte und dabei auf diejenige Tür im gestauchten Flur wies.
Ihre Verführung stimmte mich eher etwas perplex als denn tatsächlich aufgeregt oder zugeneigt. Ich sollte wohl erwähnen, welche Art Person sie eigentlich war. Denn gerade ihre Schüchternheit, ihre keusche Zurückhaltung mit diesen verschämten Augenniederschlägen waren es gewesen, die meine Instinkte vom ersten Treffen an aufgereizt hatten. Wie sie sich in den längeren Chats mit mir stets so überdeutlich platonisch hielt, als wartete hinter jeder Zeile ein Sturzbach von Wollust und leidenschaftlichem Aufbruch.
War denn auch ihre Statur von ausgesuchter Zartheit, ja sie mochte geradezu verletzlich erscheinen, dass diese schmalen Glieder, die kompakte Hüfte mit den süßen Gesäßbäckchen, die züchtig aufgewellten Busen unter ihrem schlanken Köpfchen, ihre ranken Arme und Beine sich so eingängig bewegten, wie an Seidenfäden gezogen und nicht etwa aus eigenen, kaum konturierten Muskeln.
Sie wies mir das erstaunlich große Bett zu, das den Raum abgesehen von einem türkisgrünen Couchsessel voll ausfüllte (ich hatte nicht einmal das Stockwerk für so geräumig gewähnt) und bedeutete mir noch den Weg ins Badezimmer.
Sie müsse jetzt noch was für Kunstgeschichte lesen und dann selbst schlafen gehen. Morgen könnten wir alles mögliche unternehmen und bei diesem »alles mögliche« strich sie mir so zärtlich anschmiegend mit ihren Fingerkuppen über meinen Arm, dass mir ein Schauder durch den ganzen Brustkorb lief, der sich in meiner Kehle verfestigte, als ich ihr eine gute Nacht wünschte.
*
Nacht. Ich war weggedämmert, obwohl es für meine Verhältnisse noch zu früh gewesen war. Nun schlug ich die Augen auf — irgendetwas musste mich geweckt haben. Kalt bläute das Licht von Straßenlaternen herein, das war ich von meiner eigenen Bude gewohnt. Nein, irgendetwas in diesem Zimmer: Ich lauschte. Jemand war hier! Ein mühsam unterdrücktes, aber aufgeregtes Atmen, durchbrochen von einigen Seufzern.
Ich legte meinen Kopf auf die Seite und erschrak angesichts der ausformulierten Szene: Dort kniete fast unmittelbar neben der Bettkante ihr kleiner Körper — und damit meine ich ein durchsichtiges Nachthemdchen, kaum mehr als ein luzenter Schleier, und darunter nur die Unterwäsche, schlicht, aber knapp genug für die beschatteten Schneefelder ihrer Haut.
Aber ihr Gesicht glühte, ihre Augen gerötet, von der Nacht oder von Tränen umflort und sie atmete hitzig, fast schluchzend. Das war ein anderes Mädchen, als welches vorhin in aufreizender Gefälligkeit mich bewirtet hatte — das blauweiße Nachtlicht der Stadt verwandelte sie in ein kümmerliches Gespenst. Trotzdem konnte ich mich nicht erwehren, meine Blicke bis in das Zentrum ihres Slips hinuntertreiben zu lassen, dass mein Körper mit Wärme reagierte, und dem Drang, die Decke zurückzuschlagen.
Sie erschrak mit einem weiteren Luftschnapper, sie musste eine ganze Weile dort neben mir gesessen haben, ohne sich zu trauen, mich Schlafenden mit ihrer Misere zu wecken.
»Lara?« murmelte ich. »Ist es spät?« Ich war immer noch im Halbschlaf.
»Ich kann nicht schlafen.« flüsterte sie, ihre Stimme erstaunlich fest, dafür, dass ihr Körper zitterte.
»Warum?«
Sie druckste herum, wand ihre Schultern hin und her, dass ein Schauder durch ihre von den BH-Riemen gerahmten Busenhügel ging.
»Ich habe Angst.« gab sie schließlich zu.
Angst vor der Dunkelheit? Da schossen mir bereits Ahnungen ein von zwei warmen Körpern unter einer Decke, wie ich sie behüten könnte vor den Schatten unter dem Bett und meine Arme ihren Busen vor der dunklen Nacht schützen. Umhüllen, während meine Finger zärtlich um ihre bibbernden Lippenenden strichen, die sich dankbar hoben. Bis endlich ihre warmen dünnen Glieder diese Hebung an mir nachvollzogen….
Da weinte sie plötzlich: »Vor Dir.« und starrte unters Bett und rang mit sich in höflicher Verzweiflung.
Ich schwieg betroffen.
Sie haderte sichtlich damit, weiterzusprechen, knabberte auf ihrer Unterlippe. »Du bist so…, ich — Ich bin das nicht gewohnt und ich hab immerzu Angst, Du…«
Sie stockte und brach ab, schlug die Augen wieder zu mir auf, die im Straßenlicht glänzten. »Ja?« fragte ich und versuchte, behutsam zu klingen. Offenbar schien sie recht anfällig für Nacht-Gedanken. Schließlich war es ihre Idee gewesen, mich einzuladen. Der Begriff »Umnachtung« schien für sie erfunden. Ich verbat mir einen Seufzer.
»Du könntest herüberkommen und… mich, naja — dich meiner bemächtigen. So als Mann.« schloss sie schließlich, wieder fokussierter. Auf einmal zuckte sie zusammen, schien meine Blicke zu bemerken und ihre offene Nacktheit. Sie schlang die Arme um ihre Brust und kreuzte ihre Schenkel.
Sie fürchtete, ich würde nachts in ihr Zimmer eindringen, um sie zu vergewaltigen? Dass mich meine Männlichkeit wortwörtlich übermannte? Ich schwieg. Hielt lakonische Phrasen zurück wie »Und was machen wir da?« Ich musste mir eingestehen, wie ich sie so zitternd und in weiblicher Sorge um die Wollust ihres Besuchers vor mir knien sah, dass die Vorstellung meinem Gedankenkreis nicht fern lag — meinen Gedanken. Und nicht fern. Irritierenderweise fühlte ich keine Beleidigung.
Sie sah sich durch mein Schweigen verpflichtet, sich weiter zu erklären: »Meine Mutter meinte immer, dass Jungen sich schlechter unter Kontrolle hätten, und dass ein Mädchen wie ich aufpassen müsste, wegen…« Sie schaute in ihren eigenen von ihren Armen komprimierten Ausschnitt. Für einen Moment stockte sie, vielleicht über die weichen Schatten in ihrer eigenen Brust. »…Naja. Da hab ich vorhin einfach nicht so dran gedacht. Verzeihst Du mir?«
»Ja.« antwortete ich instinktiv, bereute es aber im nächsten Moment. Was denn verzeihen? Ihre Verletzlichkeit verwirrte mich. »Und du kannst so nicht schlafen?« versetzte ich, um überhaupt nur irgendetwas zu sagen. Ein wenig argwöhnte ich ja schon mit der Konstruiertheit dieses Vorwurfs. So kannte ich sie gar nicht.
»Nein, wirklich nicht.« Irgendetwas klirrte unter der Bettkante. »Wenn ich im Dunkeln in meinem Zimmer liege, und immer, wenn dann mein Nachthemd ein Stück zu weit hochrutscht…«
»Schon gut.« unterbrach ich sie. Sie brauchte mir jetzt nicht darlegen, was sie fühlte, wenn ihr Nachthemd zu weit hochrutschte.
»Darf ich dich ans Bett fesseln?«
»Was?« Sie hatte sich deutlich artikuliert. Sie zitterte nicht mehr. Sogar ihre Arme hatten sich von ihrer Brust gelöst. Was wollte sie?
»Nur bis morgen früh, ich komme ganz früh rein, wahrscheinlich noch bevor du überhaupt aufwachst. Und mache dich wieder los.« Und damit holte sie auf einmal silbern blitzende Handschellen unter der Bettkante hervor. Die musste sie die ganze Zeit dort verborgen haben.
»Lara. Du…« begann ich, aber irgendwie verließ mich die Kraft, weiterzusprechen. Ich traute mich nicht mehr, in ihre Augen zu schauen. Wenn, dann hätte ich dort vielleicht schon mehr entdecken können, als nur eine jungfräuliche Angst vor meiner Wollust und einer drängenden Bitte der Keuschheit. Aber so streckte ich nur schicksalsergeben meine Hand unter der Decke hervor. Ich war müde und wollte endlich schlafen. Ob meine Hand dafür nun unter der Decke lag, oder am Bettgestell, schien mir herzlich egal.
Sie griff mein Handgelenk mit zarten, aber festen Fingern und hob meinen Arm ans Kopfende, wo das Bettgestell aus eisernen Stangen die Rückwand bildete. Kühl schloss sich das Eisen der Schelle um meine Handknöchel und mit einem scharrenden Klacken das Gegenstück um einen Barren am Gestell. Sie nahm meinen kraftlosen Arm und ruckte ein paar Mal hin und her, dass die Fessel sich spannte und an meinem Unterarm zog. Unweit meines Gesichtes hing dabei ihr Oberkörper und warf seinen dunstigen Schatten auf mich. Offenbar zufriedengestellt von meiner Unfähigkeit, mich aus dem Bett zu entfernen und ihr Zimmer zu entern, zog sie sich zurück.
»Bitte ruf mich, wenn irgendetwas sein sollte, ja? Egal was!« Sie war wieder die gute Gastgeberin. Entschuldigend.
Ich dämmerte bereits ein, aber blickte ihr noch stumm hinterher. Ihr süßer Arsch, zwei formrunde Kuppen wanderten entblößt davon. Ihr Nachthemd war schon wieder zu weit hochgerutscht.
*
Der nächste Morgen. Ich erwachte zögerlich. Spürte erst nach und nach in meinen Körper hinein. Hell durchleuchtete mein Zimmer das Morgenlicht, ein Doppelbett mit hellweißen Laken. Dann erinnerte ich mich an die Szene von gestern Nacht. Und an meinen Arm — ein nachklingender Ruck fuhr durch meine müde Schulter, als ich meinen Arm heranziehen wollte — sie war noch nicht gekommen, um mich loszumachen. Ich zerrte ein paar Mal an der Fessel, in der Hoffnung, meine Festsetzung durch sie sei nur Show gewesen.
In meinem Augenwinkel störte ein schwarzer Schemen das Weiß des Bettlakens. Die Fessel verhinderte, dass ich mich dahin und zum Fenster umwenden hätte können und so musste ich meinen Kopf etwas überdrehen, um zu erkennen, was dort, fast direkt neben meinem Kopf auf dem Bett stand in säuberlicher Ordnung: Ihre High-Heels. Die schwarzen von gestern Abend. Eigentlich kaum mehr als schmucklose Halbschuhe mit einem etwas reizenderen Absatz, aber dennoch eigentlich zu hoch für eine Studentin und ihren höflichen Besucher.
Die Schuhe standen geradezu drapiert neben mir, so dass ich sogar eigentlich noch… Nun wendete ich doch meinen ganzen Körper um meinen Arm herum und zog die Bein an, um mein Gesicht näher an ihre Schuhe zu bringen. Genauer, meine Nase. In einem Anfall von Neugier (ich konnte mein Lager ja eh nicht verlassen) roch ich am Fußbett, wo es in die gezogenen Spitzen überging, in denen ihre Zehen gestern den ganzen Abend gesteckt hatten. Und richtig: Leder und ein Anflug von Schweiß, und darin eine Art undefinierbarer Geruch von ihr.
Schnell zog ich meinen Kopf zurück, als im Flur eine Tür klackte. Warum standen ihre Schuhe auf meinem Bett? Noch dazu am Kopfende, direkt neben meinem Gesicht?
Sie erschien in der Tür, diesmal angekleidet in Jeans und dünnem T-Shirt, unter dem ihr BH durchschimmerte, und einem gewinnenden Lächeln.
»Guten Morgen! Wolln wir gleich frühstücken?« Sie musterte mich von den Füßen unter der Decke aufwärts.
»Gerne. Machst Du mich los?« antwortete ich unumwunden.
»Oh, da hab ich meine Pömps gelassen!« rief sie nur, und verschwand dann wieder aus der Tür, ohne Anstalten zu machen weder ihre Schuhe mitzunehmen noch mich zu befreien. Dabei musste ich bald mal aufs Klo.
Als sie zurückkam hatte sich nichts verändert, außer, dass sie über ihr allzu sommerliches T-Shirt noch einen Wollpullover gezogen hatte. »Ups.« meinte sie nur, ließ dann ein kleines Schlüsselpaar aus der Tasche klingeln, trat an mein Bett, um meine Fessel aufzuschließen. Ich wollte meinen Arm behutsam wegnehmen, aber er klappte in einem langen Schwung um und klatschte leblos auf die Bettdecke. Alles Blut war aus ihm gewichen und er fühlte sich kalt und schlaff an, wie ein Leichenteil. Ich konnte ihn auch zuerst nicht bewegen, bis endlich das Blut kribbelnd zurückkehrte.
»Oh.« sagte sie.
Wie sie so über mir stehen blieb, musste ich peinlich daran denken, dass ich zum Schlafen nur eine Boxershorts trug, während ihre heutige Kleidung jegliche ihrer Reize gut verbarg. Sie schien jedenfalls darauf zu warten, dass ich vor ihren Augen ins Badezimmer ging und schaffte es irgendwie, dabei gerade desinteressiert genug auszusehen, dass es mich zwang, ihr eben zwanglos in den Flur zu folgen.
Sie maß meinen Körper mit einem schnellen, aber schalkhaften Blick — ich traute mich nicht einmal, an mir hinunterzublicken, ob ich nicht eine Morgenlatte hätte. Ohnehin spannte sich die Boxershorts eng um meinen Unterleib; da hatte sie sich auch schon freundschaftlich abgewendet und ging voraus in Richtung Küche. Dann aber erdreistete sie sich tatsächlich, mir die Badezimmertür nach innen hin mit einem auffordernden Lächeln aufzuhalten — ganz freundlich, wie um mir den richtigen Weg zu zeigen. Ich zerging in unterdrückter Scham und gab meine Bewegungen locker, als ich ins Badezimmer trat und für einen Moment unschlüssig in dessen Mitte fußte; während sie, noch hereinblickend, die Tür mit einem sehr bewussten Klacken der Türklinke schloss. Dann erst streifte ich die Unterhose ab und wusch mir das Erwachen davon.
*
»Ich hoffe, das hat dir jetzt keine Unannehmlichkeiten bereitet.« eröffnete sie das Frühstück förmlich. Während ich mich noch duschte, hatte sie Brötchen geholt, die wir jetzt einträchtig mampften.
»Ich weiß wirklich nicht, was gestern Nacht in mich gefahren ist.« erörterte sie, während sie an den Küchentresen trat, um sich einen Orangensaft einzuschütten. »Manchmal überkommt es mich so, dann träume ich dies und das und plötzlich habe ich Angst vor meinen eigenen Fingerspitzen!« Dabei zog sie eine entschuldigend abfällige Miene und tippte sich mit dem Mittelfinger zweimal in den Schritt. »Also nichts gegen dich, ja?« meinte sie und drehte sich schon wieder allzu elegant durch die beengte Küche.
»Neinein« murmelte ich nur kauend.
»Manchmal würde man es sich ja geradezu wünschen, dass mal einer ohne Hose Nachts ins Zimmer kommt und…« Sie kicherte spitzbübisch. (War das jetzt die Friendzone?) »…und dann freake ich regelrecht out. Naja. Ist son Nacht-Syndrom. Zack! Es ist dunkel — und ich würde meine ganzen Stellen am liebsten mit Eisen zuschweißen!« Sie kratzte sich am Brustansatz. Sie schien wirklich in ausgezeichneter Plauderstimmung. »Schade dass es nie Rüstungen für Frauen gegeben hat. Für Ritterinnen.« Sie lachte.
Irgendwie rutschte mir das Gespräch in eine Ebene, die mir für ihren unschuldigen Teint zu vulgär anmutete. »Keuschheitsgürtel.« kommentierte ich bloß. Ihr fiel wohl auf, wie mürrisch das klang — eigentlich schon zu launig, als ich das beabsichtigte.
»Genau.« antwortete sie nur noch und wir aßen schweigend ein wenig weiter.
Sie beendete das Frühstück ohne mir in die Augen zu sehen. »Tschuldigung übrigens, dass ich meine Schuhe auf deinem Bett vergessen habe.« murrte sie und drehte sich dabei schon von mir weg um abzuräumen, als hätte ich sie in irgendetwas enttäuscht.
Ich verstand nicht ganz, worauf sie hinauswollte. Wie seltsam es sich anhörte, seine Schuhe neben dem Kopfkissen seines Gastes zu »vergessen«, schien ihr nicht aufzustoßen.
»Nicht schlimm.« wollte ich sie trotzdem beruhigen. »Sie haben ja nicht gestunken oder so.«
Nun erhielt ich doch wieder einen fast neugieriges Glitzern aus ihren Augen. »Ist ja nicht so, dass du einen Schuhfetisch hättest oder so.« kommentierte sie lachend. Ich spürte die Echtheit des Vorwurfs, aber gleichzeitig, dass ich es als nicht mehr verstehen sollte, als ein Scherz unter Freunden, mit dem sie endlich die drückende Spannung zwischen uns lösen wollte. Trotzdem konnte ich ein wenig Aufregung nicht unterdrücken. Immerhin hatte ich daran gerochen.
»Schöne Schuhe hast du da.« fühlte ich mich verpflichtet hinzuzufügen.
»Gefallen Dir?« fragte sie, unnötigerweise.
»Hm.«
Sie lächelte. Und jetzt räumten wir gemeinsam ab.
*
Den Tag über verbrachten wir in der Stadt, sie verwandelte sich in meine Fremdenführerin. Warf sogar ein paar chinesische Brocken hinein, wenn sie in gespieltem Erstaunen an der Kathedrale hinaufsah oder einen besonders hohen Europäer erspähte.
Wir besuchten das Naturkundemuseum und die meiste Zeit tänzelte sie vergnügt vor mir her, wobei sie der Zierlichkeit ihres Körpers alle Ehre machte und ich mir Mühe geben musste, nicht ihren Gesäßschwingungen und dem Wenden ihres Stupsnäschens zu folgen und lieber in die Schaukästen mit den schon gilbenden Wachsfiguren zu schauen.
Als sie sich einmal zu einem exponiert angestrahlten Faustkeil tief hinunterbeugte und ich ehrfürchtig hinter ihr zum Stehen kam, ertappte sie mich mit einem schnellen Sicherungsblick nach hinten und warf mir den Rest des Nachmittags irritierte wie nachdenkliche Blicke zu, wenn sie mich wieder dabei beobachtet zu haben glaubte, der Spannung ihrer Brust nachzuträumen.
Wir aßen noch einen Döner, weil sie keine Lust hatte auf Kochen (was ich mir gemeinsam ganz romantisch ausgemalt hätte) und schließlich stapften wir erschöpft wie zufriedengestellt von einem facettenreich dahingetriebenen Tag wieder das diesige Treppenhaus zu ihrer Wohnung hinauf.
Draußen war es bereits dunkel geworden und sie zog die Gazevorhänge zu. Als wir uns gerade auf dem Sofa einrichteten im dunkelgelben Schein der Stehlampe, schlug sie sich übertrieben mit der Hand an die Stirn und fluchte: »Scheiße. Ich hab noch was vergessen. Wollte noch was einkaufen.«
Ärgerlich, aber was sollte ich machen? Eigentlich wollten wir ja nen Film gucken, Indianer Jones oder so, irgendwas altes cooles. Hauptsache John Williams.
»Bleib nicht zu lange weg.« beschied ich ihr.
»Ha. Ha.« meinte sie in kühlem Schmunzeln, »Du bekommst mich eh nicht noch mal im Nachthemd zu sehen.«
Im Flur stand sie wie unschlüssig vor ihrem hängenden Mantel und rieb sich wie fröstelnd über die Ärmel. Ich sann noch über die Bedeutung dessen nach, was sie eben so ironisch zum Ausdruck gebracht hatte und beobachtete sie beim Hinausgehen. Die Tür klappte in die Schließe.
*
»Kannst Du mir nicht einfach vertrauen, dass ich nicht nachts aufstehe, um dich zu vergewaltigen?« schlug ich vor, in bitterem Sarkasmus.
Den Abend hatte ich weitestgehend allein verbracht, sie war lange ausgeblieben. Nun saß ich bereits auf dem Bett und hatte bis eben noch vor meinem Laptop gelegen bis sie hereingetreten war. Mit einer neutralen weißen Plastiktüte, die nichts gutes verhieß.
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