Rebecca:
Als ich die Haustür hinter mir ins Schloss fallen lasse, atme ich tief durch.
„Was war das denn Rebecca?“ beginne ich mein pädagogisches Selbstgespräch und schaue mich wie eine Fremde im schmalen Garderobenspiegel an. Betreten starrt mein Spiegelbild zurück und bleibt mir die Antwort schuldig. Unruhig wandere ich durch das Wohnzimmer und bemühe mich, mein Gefühlschaos und das vernebelte Durcheinander in meinem Kopf zu sortieren.
Warum hatte ich mich nicht unter Kontrolle? Was ist nur in mich gefahren? Der Alkohol? Mein ungezügeltes Temperament? Ich muss grinsen. Auf jeden Fall Torbens geschickte Zunge. Verträumt denke ich an sein liebevolles Züngeln und sein genussvolles Lecken, dass sämtliche Schmetterlinge in mir zum Fliegen brachte. Es wirkte alles so vertraut, so unkompliziert. Seine zunächst zurückhaltende höfliche Art, seine wohltuende Umarmung, sein leidenschaftliches Küssen, sein bedingungsloses Fügen in diese absurde Situation und nicht zuletzt sein Verständnis für mich und meine Gefühlsachterbahn.
Hatte ich nicht immer davon geträumt? Ein rücksichtsvoller Typ, der keine unnötigen Fragen stellt und mich so akzeptiert wie ich bin. Und impulsiv bin ich nun einmal. Robert zuliebe habe ich dies viel zu lange unterdrückt. Ihm ging es sowieso immer nur um sich und seine Karriere, seine angebliche Zuneigung ein Teil seines falschen Spiels. Torben scheint da völlig anders zu sein.
Allmählich beruhige ich mich wieder und gehe in die Küche. Nachdenklich stelle ich die Proseccogläser in den Geschirrspüler und starte das Programm. Aus reiner Gewohnheit ziehe ich mich wieder aus und fühle mich sofort wohler. „Nein Rebecca, es ist dein Leben. Es gibt rein gar nichts zu bereuen, selbst wenn die Nachbarn in der Straße anfangen über dich zu reden. Dafür war die Zeit mit Torben Wolf viel zu schön. Oje, Torben – der Arme. Wie er die Dinge wohl sieht?“
Torben:
Da sitze ich wieder an meinem Küchentisch und schaue hinaus. Ich kann Rebeccas Haus sehen und frage mich, wie es ihr wohl gerade geht. Ich wollte doch nur einen losen Kontakt machen, mal schauen, was bei den Reuters los ist. Und jetzt? Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Schließlich bin ich alles andere als ein Frauenheld.
Es war die Situation, die Einsamkeit. Wir waren einfach beide sexuell ausgehungert, da passiert so etwas. Aber es war schön, sehr schön sogar. Ach, Torben, hör endlich auf zu grübeln! Es dauert nicht lange, bis mir klar wird, dass ich mit meinen Gedanken nicht weiter komme. Will ich denn weiter kommen? Das ist die richtige Frage? Will ich tatsächlich etwas von Rebecca? Sie ist verheiratet, noch! Ich kenne sie eigentlich gar nicht! Aber es war schön und wir waren uns nah, nicht nur körperlich!
Ja, ich habe sie sehr genossen, selbst ihre Zweifel kann ich gut verstehen. Und jetzt? Nein, ich bin nicht der Typ, der so etwas vorher am grünen Tisch klären kann. Wir müssen uns weiter kennen lernen, Zeit miteinander verbringen, quatschen und … Ich sehe Rebeccas traumhaften Körper vor mir, wie sie ihren Bademantel fallen lässt und zu mir aufs Bett kommt. Ich rieche ihren Duft, spüre ihre weiche Haut. Oja, ich würde sie gerne wieder berühren, ihre Lust spüren, mit ihr schlafen.
Sind wir nicht erwachsen genug, um es zu wagen und im Erleben zu spüren, ob da mehr zwischen uns ist oder entstehen kann? Liebe? Wahrscheinlich will sie, nach den Erfahrungen mit ihrem Mann, erst einmal an so etwas gar nicht denken. Müssen wir ja auch nicht. Eins nach dem anderen. Die Hauptsache ist doch, dass wir uns beide sympathisch sind und hat sie das nicht gesagt?
So langsam erwache ich aus meinen Grübeleien. Heute soll sie ihre Ruhe haben und ihr Alleinsein. Aber morgen werde ich mich bei ihr in Erinnerung rufen, ganz dezent. Vielleicht schicke ich ihr ein paar Blumen? Oder eine Einladung zu mir zum Kaffee oder besser zum Abendessen? Vielleicht finde ich noch eine originellere Lösung, aber wenn sie es heute genauso schön fand wie ich, dann muss es auch nicht originell sein. Ehrlich muss es sein und von mir.
Rebecca:
Oje schon nach 12 Uhr. Etwas lustlos widme ich mich den unfertigen Rohentwürfen der beiden Artikel, die bis zum Redaktionsschluss am nächsten Tag fertig sein sollten. Als freie Journalistin mehrerer lokaler Tageszeitungen, kann ich mir meine Zeit zwar selbst einteilen, aber natürlich gilt auch für mich die vorgegebene, strenge deadline der Chefredakteure.
Vertieft in meine Arbeit, tippe ich auf dem Notebook und merke nicht wie die Zeit vergeht. Am späten Nachmittag vibriert mein Smartphone. Oh, schon 17:30. Verwundert schaue ich auf das Display mit der unbekannten Nummer und nehme den Anruf entgegen: „Reuter.“
„Spedition Tillmann & Schitz. In fünf Minuten liefern wir die Gartenmöbel. Bis gleich.“ Klick. Bevor ich überhaupt zu Wort kommen kann ist das kurze Gespräch, bzw. der unhöfliche Monolog auch schon beendet.
Die anstehende Lieferung der neuen Terrassenmöbel hatte ich völlig vergessen. Die anfälligen und unbequemen Rattanstühle waren mir schon seit längerem ein Dorn im Auge und so hatte ich mich vergangene Woche im Möbelmarkt für eine hochwertige Sitzgruppe mit massivem Holztisch entschieden.
Hastig vervollständige ich den Artikel über den besorgniserregend niedrigen Grundwasserspiegel in der Region und klappe den Laptop zu. Erneut schlüpfe ich in mein geblümtes Sommerkleid, als es auch schon klingelt. Kurz kontrolliere ich den Sitz meines Kleides und eile nach draußen zur Gartentür.
Ächzend wuchten zwei ältere Herren fünf große lange Kartons aus dem Transporter und lehnen sie an den Gartenzaun. „Hier noch unterschreiben, Schätzchen!“ Genervt hält mir der bierbäuchige Kerl die Lieferbestätigung hin und tippt mit dem Kugelschreiber auf das große Kreuz. Der andere steigt bereits wieder in den Lieferwagen.
„Ihr Ton lässt aber ganz schön zu wünschen übrig“, beschwere ich mich verärgert und schaue dem unfreundlichen Blödmann ins unrasierte, verschwitzte Gesicht. Wütend setze ich meine Unterschrift auf das Papier und beschließe, auf das obligatorische Trinkgeld zu verzichten.
„Die Terrasse befindet sich auf der Rückseite des Hauses“, weise ich ihn an. „Wir liefern immer nur bis zur Grundstücksgrenze, steht so in den Lieferbestimmungen“, antwortet der unsympathische Kerl. Dann schaut er unverhohlen mit anzüglichem Grinsen auf meine Brüste: „Obwohl mir da spontan eine angemessene Gegenleistung für ihr Problem einfällt.“ Anzüglich greift er sich in den Schritt seines Blaumanns und wölbt mit seiner Zunge seine Wange nach außen.
Ich spüre die Wut in mir hochsteigen. Wofür hält mich dieser Typ? Ich hole mit meinem Arm aus und verpasse ihm eine schallende Ohrfeige. In diesem Moment läuft Frau Kethke, meine gleichaltrige Nachbarin mit ihrem Terrier an mir vorbei. Mit offenem Mund schaut sie mich schockiert an und schüttelt missbilligend ihren Kopf, während der Geohrfeigte fluchtartig zu seinem Kollegen ins Auto steigt.
Ich spüre das Surren meiner schmerzenden Hand, während der Möbeltransporter mit aufheulendem Motor an mir vorbeifährt. Die Ohrfeige hat gesessen. Vergeblich versuche ich eine der unhandlichen Kisten anzuheben. Zu schwer um sie allein zu tragen.
Vor mich hinschimpfend greife ich mir einen der leichteren Kartons und schleife ihn über den Gartenweg und über den Rasen bis auf die Rückseite meines Hauses zur Terrasse. Dabei stolpere ich, falle hin, rappel mich wieder auf und ärgere mich über die Schmutz- und Grasflecken auf meinem Kleid. Tapfer kämpfe ich mich weiter voran. Als ich die erste Kiste auf die Steinfliesen der Terrasse wuchte, bin ich fix und fertig. Und nach der Schlepperei alles noch zusammenbauen. Ich fühle mich überfordert und hilflos, werde jedoch nicht aufgeben. Niemals!
Torben:
Den freien Nachmittag habe ich genutzt, um ein paar Dinge zu erledigen und einzukaufen. Tatsächlich bekommt Rebecca auch einen Blumenstrauß, der morgen zugestellt werden soll, natürlich keine roten Rosen, das wäre zu aufdringlich und plump. Die orange/hellroten Blütenköpfe wirken auch beeindruckend und ich finde, so lebensfroh wie ein bunter Frühlingsstrauß und doch zugleich verbindlicher, ich sag mal feuriger! Ganz gleich, was sich morgen zwischen uns ergibt, die Blumen werden eine schöne Geste sein.
Als ich gegen 18 Uhr nach Hause komme, wundere ich mich über die großen Kartons, die an Rebeccas Gartenzaun lehnen. Von ihr keine Spur. Ich überlege einen Moment, wie ich mich verhalten soll, da kommt sie ums Haus herum. Sie sieht total fertig aus, verschwitzt, Spuren von Schmutz am Kleid, so ganz anders als heute Morgen. Als sie mich sieht, bleibt sie unvermittelt stehen. „Was ist Dir denn passiert?“ fällt mir keine geistreichere Frage ein. „Ach nichts,“ erwidert Rebecca schnippisch, „nur ein unverschämtes Transportunternehmen, ein ekliger alter Sack, der mich dreist angemacht hat und neue Gartenmöbel, die einfach nicht von alleine dahin wollen, wo sie hingehören.“ Ich muss grinsen: „Immerhin hast Du Deinen Humor nicht verloren!“ ermuntere ich sie, „Ich bring nur kurz meine Sachen ins Haus, dann helfe ich dir!“ Und ehe sie widersprechen kann, trage ich meine Einkäufe ins Haus und gehe dann wieder zu ihr rüber. Mit der kleinen Sackkarre, die ich mitgebracht habe, ist es kein großes Problem, die Pakete auf die Terrasse zu bringen, aber ich spüre, dass sie nicht glücklich darüber ist, meine Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen.
„Ich komme mir so blöd vor,“ sagt sie kleinlaut, als alle Pakete auf der Terrasse liegen, „erst schicke ich dich nach Hause und dann bin ich noch nicht einmal in der Lage, alleine mit diesen blöden Möbeln fertig zu werden.“ Ich kann nicht anders, als sie einfach in den Arm zu nehmen, ohne Hintergedanken, sie wirkt so erschöpft, angespannt und fast den Tränen nahe, aber dann lehnt sie sich an mich und ich spüre, wie sie ruhiger wird. Wir stehen einfach nur da, spüren unsere Körper, die Wärme und Nähe. Dann löst sich Rebecca wieder aus meinen Armen: „Danke, Torben,“ sagt sie, „das hat gut getan und natürlich danke für Deine Hilfe.“ Ich schaue sie an. „Ich mache dir einen Vorschlag: Du gehst jetzt ins Haus und machst dich frisch oder was immer du tun willst und ich packe hier noch die Möbel aus, bevor ich gehe. Ich habe Zeit und dann musst du dich damit nicht mehr herumplagen.“
Sie zögert und für einen Moment denke ich, dass ich ihr jetzt zu nahe getreten bin, sie sich bedrängt fühlt, Angst hat, dass meine Hilfe sie zu etwas verpflichtet, das sie gar nicht will, aber dann zieht zum Glück ein Lächeln über ihr Gesicht. „Du bist wirklich ein Schatz,“ sagt sie, „ich müsste das eigentlich selber machen, ich weiß, aber ich bin gerade irgendwie durch den Wind. Es wäre wirklich eine Hilfe. Ich mach dir einen Gegenvorschlag: Ich muss noch was fertig machen für meine Arbeit und mich frisch machen, aber in spätestens einer Stunde könnte ich uns eine Kleinigkeit zu essen machen, was hältst Du davon?“
Ich spüre, wie ein Glücksgefühl mich durchströmt. Ich hatte mich auf einen Abend allein eingestellt und jetzt lud mich Rebecca zum Essen ein! „Das Angebot nehme ich gerne an,“ sage ich, „und wenn das Aufbauen der Möbel nicht zu kompliziert ist, können wir die gleich einweihen hier auf der Terrasse.“ Auch Rebecca scheint glücklich mit ihrem Vorschlag. Ihre Niedergeschlagenheit ist wie weggeblasen und sie strahlt mich an: „Dann, auf ans Werk, Herr Nachbar, ich weiß nicht, was ich heute ohne dich machen würde!“ Damit dreht sie sie sich schwungvoll um und geht ins Haus und ich beginne mit dem Auspacken.
Rebecca:
Beflügelt eile ich die Treppe nach oben. Erst einmal den Schmutz und Ärger abduschen. Während ich meine Brüste einschäume und das angenehme Kribbeln des Duschstrahls genieße, denke ich kurz an den absinkenden Grundwasserspiegel und seine Folgen. Ich muss diesen Artikel gleich noch mal Korrekturlesen und dann für die Redaktion freigeben.
Frisch geduscht öffne ich meinen Kleiderschrank. Kurzentschlossen entscheide ich mich für eine knappe und eng anliegende Jeansshort, bei der die ausgefranste Saumkante meinen Po nur teilweise bedeckt. Dazu eine passende dünne, weiße Bluse, welche die Konturen meines roten BH’s durchschimmern lässt. Es ist einfach zu verlockend und reizvoll noch einmal Torbens schmachtendem Blick ausgesetzt zu sein. Zufrieden drehe ich mich vor dem Spiegel. Ja, so gehts.
Schnell habe ich die beiden Artikel für die Tageszeitung von Übermorgen fertiggestellt und an die Redaktion weitergeleitet. Als ich den Laptop zuklappe, halte ich kurz inne. Durch das angekippte Fenster höre ich Torben, der auf meiner Terrasse schraubt und werkelt. Es tut gut, sich nicht allein zu fühlen und diese unerklärliche Vertrautheit und wohltuende Normalität zu spüren.
In der Küche schalte ich das Radio an. Während ich gut gelaunt die Melodien mitsumme, koche ich mein Pasta-Spezialgericht. Schnell, einfach und lecker. Zum Essen wähle ich einen leichten Roséwein. Bloß nicht wieder die Kontrolle verlieren!
Als ich mit voll beladenem Tablett die Terrasse betrete bin ich sprachlos. Torben hat sich nicht nur ins Zeug gelegt, sondern selbst übertroffen. Umringt von vier bequemen Stühlen steht der massive Holztisch fertig aufgebaut vor mir. Selbst der große polsterbestückte Liegestuhl steht einladend im Licht der Abendsonne.
„War ich wirklich solange weg?“ finde ich meine Sprache wieder.
Torben schaut mich musternd an: „Viel zu lange, Rebecca.“
Mit glühenden Wangen stelle ich das Tablett auf den Tisch: „Vielen Dank Torben. Ich weiß gar nicht wie ich dir…“ … doch natürlich weiß ich wie. Dankbar nehme ich sein Gesicht in meine Hände und küsse mehrmals sanft auf seine weichen Lippen, die sich bereitwillig für mehr öffnen. Ungläubig lächelnd schüttelt Torben seinen Kopf und neigt ihn zu mir hinab. Wie selbstverständlich legen sich seine Hände auf meinen Rücken und ziehen mich in seine Umarmung, die ich wie selbstverständlich erwidere. Ich fühle mich wie weiches Wachs in seinen Händen. Unsere Lippen verschmelzen, die Zeit scheint still zu stehen, die Pasta wird kalt.
Kontrolle… verlier nicht die Kontrolle! mahnt mich mein Verstand. Behutsam löse ich mich von Torben, ohne den Augenkontakt zu verlieren. Noch einmal gleitet seine Hand lustvoll über meinen jeansbedeckten Hintern.
„Du bist so wundervoll Rebecca.“
„Beccy.“
„Wie?“
„Nenn mich Beccy!“
„Ok… Beccy.“
„Ich habe Hunger Torben.“
„Ich auch Beccy“, seufzt er.
Ich spüre sein Verlangen und weiß, dass er nicht das Essen meint. Nur zu gerne würde ich mich jetzt einfach weiter treiben lassen, meine aufkeimende Lust mit ihm gemeinsam zügellos ausleben und mich an Ort und Stelle von ihm ficken lassen. Ich will ihm jedoch beweisen, dass er mir viel mehr bedeutet, dass mein körperlicher Überfall am Vormittag ein peinlicher Ausrutscher war, der ein falsches Bild von mir gezeichnet hat.
Wir setzen uns an den Tisch. Gluckernd gießt Torben den Rosè in die Gläser: „Lecker. Fantastisch sieht das aus Beccy. Was hast du da gezaubert?“
„Papetofepa à la Beccy.“
„Papeto was?
„Papetofepa. Pasta – Pesto – Tomaten – Feta – Parmesan.“
Torben lacht amüsiert, während ich das Glas hebe und ihm zuproste: „Auf dich Torben.“
„Nein, Beccy Reuter… auf uns!“
Torben:
Das Essen schmeckt fantastisch, aber ich kann meine Augen nicht von meiner Tischnachbarin lassen. Ich bin verunsichert, zu viele verschiedene Signale kommen von ihr: Einerseits wirkt sie so allein und verletzlich, dass alle meine Beschützerinstinkte Alarm schlagen und ich sie am liebsten einfach in den Arm nehmen würde. Andererseits weiß ich, wo das endet, denn sie hat auch diese andere Seite. Ich muss gar nicht an unsere Begegnung im Schlafzimmer denken. Es genügt völlig, sie jetzt anzusehen. Sie hat sich doch nur für mich so angezogen! Ich meine, noch ihre Lippen auf meinen zu spüren und wie sich ihr Körper an mich schmiegt. Spielt sie mit mir oder geht es ihr ganz genauso wie mir, dass sie unsicher ist und nicht weiß, wie sie sich verhalten soll?
Ich habe nicht sehr viel Erfahrung mit Frauen und Beziehungen, aber ich weiß, dass Schweigen in solchen Situationen nicht weiter führt. Da macht sich nur jeder seine Gedanken und steigert sich hinein. Wir müssen reden, davon bin ich überzeugt. „Bereust Du, was heute morgen passiert ist?“ frage ich deshalb einfach, als unsere Teller leer sind, ohne groß darüber nachzudenken, ob das ein geschickter Anfang ist. Es ist einfach das, was mich wohl unbewusst den ganzen Tag beschäftigt hat, wieso sie mich nach so einer Aktion einfach vor die Tür gesetzt hat.
Rebecca sieht mich an, schüttelt aber sofort und ohne zu zögern den Kopf: „Nein, Torben, das ganz sicher nicht. Wenn ich eines sicher weiß, dann, dass ich nicht bereue, was zwischen uns passiert ist, im Gegenteil, es war so schön und ich habe es genossen, genauso, wie ich es genieße, jetzt hier mit dir zu sitzen.“
„Aber?“ bohre ich nach, „das ist doch noch nicht alles.“
„Nein, du hast recht, das ist noch nicht alles, aber ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, ich habe Angst, dass du mich nicht verstehst.“
„Bis jetzt haben wir uns doch ganz gut verstanden, meinst du nicht?“ kontere ich grinsend, „was soll denn schon passieren?“
„Ich könnte dich wieder verlieren,“ flüstert Rebecca mehr zu sich selbst, als dass sie es laut ausspricht.
Ihre Worte gehen mir durch und durch. Ich stehe auf, nehme mir einen der freien Stühle und setze mich neben sie. Rebecca dreht ihren Stuhl, so dass wir uns direkt gegenüber sitzen, bevor ich ihre Hände in meine nehme: „Beccy, was redest Du da? Wieso solltest Du mich verlieren? Ich finde Dich toll, so wie du bist, und auch ich habe es sehr genossen heute morgen. Am liebsten würde ich dich gleich wieder in den Arm nehmen.“
Rebecca muss lachen und dann höre ich noch leiser als ihre letzten Worte: „Ich auch.“
Diesmal bin ich es, der seine Lippen auf ihre legt und einen zärtlichen Kuss beginnt. Ein Kuss, der nach und nach begehrlicher wird, dem unsere Zungen und die Hände folgen, soweit es die Sitzposition, in der wir uns befinden zulässt. In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken. Ich wollte reden, verstehen, was in Rebecca vorgeht, aber jetzt will ich eigentlich nur noch fühlen, ihr nahe sein, in ihr versinken. Heftig atmend lösen wir unsere Münder schließlich wieder voneinander und sehen uns an. Ich werde nicht über sie herfallen, auch wenn mein Verlangen noch so groß ist. Ich will sie nicht drängen, aber ich spüre, dass sie sich selber unter diesen Druck stellt jetzt zu entscheiden, wie es weitergeht. Ich sage nichts, schaue sie nur erwartungsvoll an.
Rebecca:
In Torbens Blick erkenne ich, wie er verzweifelt versucht, meine Gedanken zu lesen, um aus mir schlau zu werden. Mein widersprüchliches Verhalten und meine Selbstzweifel sind aber auch verdammt schwer zu erklären. Trotzdem beschließe ich, es zumindest zu versuchen und hoffe, dass er mich und mein Dilemma zumindest teilweise versteht:
„Es ist so Torben. Einerseits sehne ich mich danach, nicht mehr allein sein zu müssen, fühle mich aber andererseits nicht in der Lage, eine neue Beziehung einzugehen. Ich habe panische Angst davor, wieder enttäuscht zu werden. Mit ernstem Gesicht hört Torben aufmerksam zu und nickt verständnisvoll.
„Ich genieße es sehr, die Zeit mit dir zu verbringen, mit dir zu reden, dich zu spüren, kann dabei aber meine sexuellen Bedürfnisse nicht ignorieren oder ausschalten.“ Kurz muss ich grinsen. „Naja und auch nicht immer kontrollieren, wie du heute Vormittag ja selbst erleben konntest. Eigentlich weiß ich selbst nicht so richtig, was ich möchte… was ich von dir möchte. Ich weiß nur, dass ich mich wohlfühle, wenn du da bist und mir deine Nähe unglaublich gut tut. Ich fühle mich wie eine egoistische Hexe, die deine Gutmütigkeit und Hilfsbereitschaft ausnutzt. Ich denke du solltest dich vor mir lieber in Acht nehmen.“
Jetzt steht er sicher gleich auf und verschwindet, geht es mir kurz durch den Kopf. Ein kurzer Moment des Schweigens entsteht. Torbens Mundwinkel kringeln sich und deuten ein süßes Lächeln an, bevor er die Stille mit seiner ruhigen Stimme durchbricht:
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